Wie verwandelt man Tabus in weltprämiertes Design?
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Eva Wünsch: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrum s Nürnberg. #00:00:10-9#
Hannah Diemer: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast Folge von Kontaktaufnahme. Mein Name ist Hannah Diemer und ich darf heute im Büro von Wünsch und Stömer sein. Wir sind hier mitten in Gostenhof und ich bin zu Besuch bei Lu und Eva. Die beiden sind Illustratorinnen, Grafikerinnen und Autorinnen aus Nürnberg, die sich seit vielen Jahren als Team mit sehr vielen verschiedenen Themen beschäftigen. Eine ganz, ganz besondere Arbeitsweise haben und darüber möchte ich heute im Podcast sprechen und ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Sichtweise. Was ich schon mal sagen kann ist, dass die beiden extrem erfolgreich sind mit dem, was sie machen. Ihre Arbeit ist jetzt ganz zuletzt. Gekrönt wurden mit dem World Illustration Award von 25 dazu. Herzlichen Glückwunsch. #00:01:02-0#
Luisa Stömer: Danke schön. #00:01:02-9#
Hannah Diemer: Wann habt ihr beiden euch denn kennengelernt? #00:01:05-1#
Luisa Stömer: Eigentlich sind wir Luftlinie drei Kilometer voneinander aufgewachsen, in Wendelstein. Das ist ein Vorort von Nürnberg und wir kannten uns quasi aus dem Bus. Der Wendelstein und die Stadt verbindet. Der 600 Dreier nach Langwasser und wir haben uns aber immer nur so zugenickt. Wir wussten, wer wir sind. Aber ich würde nicht sagen, dass wir uns richtig kannten. Und dann haben wir uns am ersten Tag des Bachelorstudium kennengelernt. #00:01:29-2#
Eva Wünsch: Bei der Eignungsprüfung, da haben wir uns nebeneinander gesetzt und da ist es ja auch gut, wenn man jemanden schon kennt. Und diese Eignungsprüfung geht dann drei Tage, und die haben wir miteinander verbracht und dann natürlich auch beide gehofft, dass wir in diesen Studiengang reinkommen. Und das hat dann geklappt. Und so hat unser gemeinsames Studium begonnen, in dem wir dann auch relativ schnell angefangen haben zusammenzuarbeiten. Ich glaube zum einen, weil wir uns gut verstanden haben und zum anderen auch, weil wir gemerkt haben, dass wir, was die Ästhetik angeht, ähnliche Dinge gut finden und auch relativ ähnlich zeichnen. Dazu muss man sagen Wir haben in Nürnberg an der Technischen Hochschule Design studiert und das war Kommunikationsdesign Studiengang. #00:02:11-8#
Hannah Diemer: Das heißt, ich habe schon von Anfang an gemerkt, dass ihr so ein Gespür auch füreinander habt. Wie hat sich das denn entwickelt? #00:02:19-0#
Luisa Stömer: Ich glaube, dieses Gespür ist, glaube ich, zum einen, was Eva gesagt hat, ziemlich schnell aufgefallen. Vor allem dadurch, dass uns dieselben Dinge angesprochen haben visuell. Und ich glaube, das Gespür für die eigene Arbeit oder wie wir zusammenarbeiten und was wir von der Arbeit erwarten, ergab sich dann einfach aus diesem. Okay, wir machen dieses Buchprojekt im ersten Semester über Schriftarten einfach zusammen. Also dieses zu probieren, Dinge nicht alleine zu machen, sondern eben gleich mit dem eigentlich nur dem Punkt der Teamarbeit zu starten und zu gucken, was rauskommt. Das hat es dann aufgenommen und glaube ich dann erst geschult über die Zeit hinweg. Dieses Gespür dafür. Es hat einfach irgendwie. Wir hatten ähnliche Vorstellungen vom Endprodukt, glaube ich. Und den Rest haben wir dann irgendwie so hingedreht. Ja, und ich glaube auch diese Idee von was wäre eigentlich, wenn wir nicht in Konkurrenz zueinander stehen im Studium, weil man ja oft dann Arbeiten vergleicht, Wer hat das jetzt gut gemacht oder wer schlechter? Sondern was passiert, wenn man sich zusammenschließt. Das war damals noch sehr ungewöhnlich. Oder wir waren die Einzigen, die das gemacht haben in unserem Semester. Es war aber erlaubt und wurde dann auch gefördert. Ja, und hat sich dann als sehr produktiv erwiesen. #00:03:38-6#
Hannah Diemer: Das heißt, ihr habt von Anfang an Projekte gemeinsam gemacht? #00:03:42-1#
Luisa Stömer: Ja, und ich weiß noch, in der Schule war das, glaube ich eher was, was betrachtet wurde als man macht es sich irgendwie einfach, weil man die Arbeit dann teilen kann. Und ich weiß noch, so Teams waren irgendwie eher so betrachtet als etwas, was man so. Naja gut, dann machen die das zusammen und dann haben die irgendwie beide weniger zu tun. Im Studium war das anders, so irgendwie. Es hat vor allem hat es mehr Spaß gemacht und dann schafft man zu zweit auch mehr. Genau. Und irgendwie ging das voll. Und dann hat sich das alles natürlich auf die Bachelorarbeit hinbewegt und da hatten wir dann auch vor, eine gemeinsame Bachelorarbeit zu machen, was zu dem Zeitpunkt auch noch neu war. Und da ist dann unser erstes Buch entstanden. Das heißt, Ebbe und Flut beschäftigt sich mit dem Menstruationszyklus und war damals für uns ein ganz wichtiges persönliches Projekt, weil wir uns zu der Zeit viel über den eigenen Zyklus informiert haben oder nachgelesen haben, uns ausgetauscht haben und vor allem gemerkt haben, dass wir ganz viel darüber nicht wissen. Dass auch in unserem Umfeld die meisten nichts wissen, vor allem auch männliche Personen absolut lost sind mit diesem Thema. Und so saßen wir dann zusammen, ich glaube sogar im Cafe des Bildungszentrum s und haben da diese Idee besiegelt oder uns die Hand darauf gegeben Wir machen das jetzt. Ja. #00:05:03-5#
Hannah Diemer: Ihr seid dann auch sehr gut befreundet gewesen oder immer noch seid sehr gut befreundet. Wie ist es denn, so eng befreundet zu sein und gleichzeitig jeden Tag zusammenzuarbeiten? #00:05:13-6#
Luisa Stömer: Also wenn, wenn ich versuche, das von weit aus, von weit außerhalb zu betrachten, dann ist es, glaube ich, die absolute Traumvorstellung und gleichzeitig ist es die an uns häufig am häufigsten gerichtete Frage ist Streitet ihr manchmal oder wie ist das? Also eigentlich schon mit so einer negativen Konnotation einer Person, die man privat aufsucht und die eine gute Freundin von einem ist, auch beruflich zu treffen? Und dann, da diese manchmal sehr konfliktbehafteten Dinge irgendwie miteinander zu teilen oder auszutragen? Das heißt, wir werden ständig darauf angesprochen, dass das ja ein gefahrvolles Miteinander zu sein scheint, Privates und Berufliches zu verknüpfen. #00:05:54-6#
Hannah Diemer: Vor allem als zwei Frauen, die ja sowieso immer in Konkurrenz stehen. #00:05:57-4#
Luisa Stömer: Genau da muss man irre aufpassen. Genau. Und die Innensicht ist das krasse Gegenteil von dieser Gefahr. Also ich stelle das. Vielleicht ist es was Persönliches. Ich glaube aber eigentlich nicht. Ich glaube, es ist eine Form von. Zugewandt sein auf all jenen Ebenen. Wir können Konflikte austragen. Und manchmal machen wir das. Wir sind selten unterschiedlicher Meinung. Und wenn, dann diskutieren wir einfach darüber und dann passt es. Aber es ist die Verknüpfung aus den aus meiner Sicht schönsten Dingen. Man kann berufliche Perspektiven miteinander verknüpfen, irgendwie gewisse Träume oder Ziele miteinander teilen. Alles, was so pathetisch das klingt irgendwie, wo man zurückstecken muss oder Probleme erlebt, das teilt sich auch besser auf. Wenn man das nicht alleine verkraften muss, dann macht es total viel Freude. Heute Morgen haben wir uns um zehn hier zum Kaffeetrinken verabredet und das ist eigentlich jeden Morgen so reden wir eine halbe Stunde erst mal darüber, was gestern zwischen 18 und null uhr passiert ist. Also es ist sehr schön und überhaupt nicht. Ich finde es nicht gefahrvoll. #00:06:58-6#
Eva Wünsch: Ja, geht mir auch so! Also ich habe dadurch glaube ich, jeden Tag freue ich mich sehr aufs Büro und habe ja einfach meine beste Freundin jeden Tag gegenüber. Was ich auch toll besonders finde, weil viele Leute sieht man ja im Alltag gar nicht so viel. Ich glaube, wir verbringen sehr viel Zeit miteinander, durch die Arbeit natürlich, aber schaffen es auch immer wieder ins Private, ausschließlich so zu gehen. Also wir reden nicht die ganze Zeit über die Arbeit, sondern können das Gut abwechseln. Und das genieße ich auch voll, dass das beides geht nebeneinander. Ja, es geht mir auch so! #00:07:35-4#
Hannah Diemer: Was würdet ihr sagen, wer ihr seid? Was? Was macht euch so aus? #00:07:40-4#
Luisa Stömer: Einzeln oder zusammen. #00:07:42-4#
Hannah Diemer: Wie ihr wollt. Wenn man das voneinander trennen kann, auch gerne einzeln. Ansonsten noch beides zusammen. #00:07:48-2#
Eva Wünsch: Was macht uns aus? Ich würde sagen, wir sind oder? Unser Berufsfeld besteht aus verschiedenen Disziplinen, die wir miteinander verbinden. Wir sind zum einen Illustratorinnen, aber auch Grafikdesignerin, Autorinnen. Wir unterrichten auch. Und so setzt sich das alles eben aus diesen verschiedenen Komponenten zusammen und wird dadurch sehr vielfältig und flexibel. Und gleichzeitig würde ich auch sagen, dass sich unser Berufsalltag und dadurch auch unser wahrscheinlich unsere Persönlichkeit immer wieder weiterentwickelt dadurch, dass das nicht so stehen bleibt, was wir machen. Man kann natürlich irgendwie erkennen, dass bestimmte Arbeiten von uns sind oder wir uns immer wieder mit ähnlich relevanten Themen beschäftigen. Aber es ist offen in die Zukunft gerichtet. #00:08:39-5#
Luisa Stömer: Das stimmt ja. Das würde ich, glaube ich, auch sagen, dass es zwischen uns auch so eine bestimmte Form von ständiger Gegenseitiger zu einer Motivation gibt. Also so ein Hin und Herspielen von Begeisterungsfähigkeit. Ich glaube, da sind wir uns sehr ähnlich. Wir sind sehr begeisterungsfähig für neue Themen, neue Sachen und ich glaube, das ergibt sich auch aus diesem Miteinander. Die eine wirft irgendwie was rein, ein Thema, die andere sagt was dazu. Man liest sich vielleicht gemeinsam etwas durch oder sieht sich was an. Es geht dann so auf der inhaltlichen und auf der visuellen Ebene. Ja, okay, das ist cool. Okay, was gibt es da noch? Und dann ist das so eine Weiterentwicklung davon. Und dann bauen wir in diesem Miteinander oder in diesem Hin und Her eigentlich dann schon so eine Idee auf. Und wir haben da beide so Bock. Das ist auch so ein bisschen so wir wir trennen manchmal so Aufträge in. Das sind Dinge, die wir tatsächlich machen wollen. So thematische, absolute Interessenspunkte, die uns gerade irgendwie gefallen. Und dann gibt es aber Sachen, die machen wir natürlich auch gerne. Aber da geht es dann eher darum, Aufträge abzuwickeln, die einfach auch Kohle in die Kassen spülen, damit wir die Themen oder die Dinge, die uns dann gerade besonders interessieren, auf der anderen Seite besser machen können. Und dann treiben wir uns manchmal. Es gibt so Tage. Okay, jetzt komm, jetzt machen wir das noch fertig und dann machen wir das noch fertig. Und damit wir dann irgendwie das machen können, was wir uns gerade ausgedacht haben, was irgendwie voll interessant wäre. Und so finde ich auch, das ist so eine ständige Weiterentwicklung. Aber aus uns beiden heraus gibt. So alleine glaube ich, wäre ich viel langsamer oder hätte glaube ich auch gar nicht so viel Lust darauf. Und zu zweit habe ich auch in der Rückschau das Gefühl, wir schaffen einfach so viel Unterschiedliches, dann viel schneller. Und deshalb sind so viele Dinge möglich. Und diese Vielfalt ist, glaube ich, die, die uns wahrscheinlich da dann so ausmacht. #00:10:24-9#
Eva Wünsch: Und ich würde noch sagen, dass wir beide auf eine ähnliche Art pragmatisch agieren, dass wir uns nicht so viele Gedanken darüber machen, was jetzt die Probleme vielleicht gerade an der Sache sind, sondern eher so konstruktiv weiter pushen in dem Projekt und dann ganz am Ende noch mal so einen halben Tag Perfektionismus dranlegen. Wo wir beide noch mal sagen Moment, warte mal, lass das noch mal angucken. So ganz passt es doch nicht. Also das würde ich sagen, passiert eigentlich regelmäßig. #00:10:57-2#
Luisa Stömer: Das stimmt. Und wir hängen, wenn man jetzt die einzelnen Personen darin betrachtet. Wir arbeiten. Die meisten Aufträge. Mittlerweile arbeiten wir zu zweit. Aber es gibt hin und wieder Dinge aus der Vergangenheit, die wir als Soloselbstständige bearbeiten. Das wird immer weniger, weil wir die meisten Dinge einfach in die GbR dann einbringen und zu zweit bearbeiten. Manchmal gibt es das aber und da ist voll interessant, dass wir auf eine ähnliche Art und Weise überhaupt nicht an unserem eigenen Bild hängen. Also ich bin so völlig okay. Das habe ich gezeichnet und das ist meistens mittelmäßig. Manchmal finde ich es okay. Und ich finde immer, dass es besser wird, wenn Eva damit noch zu tun hat. Wahrscheinlich auch aus der Perspektive, dass ich da einen Schritt zurück machen kann und das, was sie macht, anders bewerten kann als mein eigenes Bild. Aber das ist so voll in uns beide, glaube ich. Eingesunken oder? Ist wahrscheinlich auch einfach schon immer so. Es ist uns dann nicht so wichtig, was aus uns selbst herauskommt, sondern es ist immer irgendwie besser. Wenn wir es zu zweit bearbeiten, würde ich auch sagen. Man kann es dann mehr wertschätzen. Das Ergebnis, wenn noch was von der anderen mit drinsteckt und dann auch wirklich zufrieden sein mit einer Illustration zum Beispiel. Mir ist ganz oft so, wenn ich oder oft passiert es natürlich nicht, aber wenn ich mal einen Auftrag alleine abwickle, dann bin ich am Ende gar nicht so zufrieden. Ja, ich auch nicht. Stimmt, aber mache es dann eben fertig. Aber freue mich gar nicht so sehr drüber, weil ich es nicht teilen kann, oder? Klar können wir es auch miteinander teilen, aber es ist nicht so, dass ich, dass ich da so eine große Freude empfinde, wie wenn wir das gemeinsam gemacht haben. Ja. #00:12:31-8#
Hannah Diemer: Diese gemeinsame Arbeitsweise ist ja schon was sehr, sehr Besonderes. Vor allem im Design und Kunstfeld, würde ich jetzt behaupten, weil da ging es vor allem historisch gesehen ja immer sehr viel um irgendwie so ein künstlerisches Genie, das ganz allein Meisterwerke erstellt. Und das kommt nur aus dieser einen Person heraus. Und jetzt stellt ihr das so krass auf den Kopf und findet da, dass das Positive in der Gemeinschaft. Wie kommt es denn an bei eurem Umfeld? #00:13:00-7#
Luisa Stömer: Gemischt? Also ich, ich denke so die Historie in der Illustration oder im Grafikdesign ist auf jeden Fall, wie du sie gerade geschildert hast, so es gibt die Quelle der guten Idee und die ist allein gestellt und stellt sich aber auch dann im Ergebnis alleine als als Quelle auf. Das gibt es bei uns ja nicht. Und der Reflex von außen ist ganz oft die Frage, wer jetzt was gemacht hat. Also alle sind schon begeistert, denn irgendwie. Also auf Lesungen ist mir aufgefallen, wir hatten jetzt dieses Jahr einfach viele Lesungen mit unserem aktuellen Buch und dann sitzen wir da immer zu zweit und beantworten Fragen. Und unsere Namen stehen aber auch beide auf dem Cover des Buches. Und es gibt eigentlich. Bei jedem Termin gab es mindestens einmal die Frage, wer nun die Illustratorin ist und wer die Autorin. Und ob wir sagen können, wer welche Illustrationen gemacht hat. Also auf Seite 200 die und auf Seite 203. Eva Also der Reflex, das teilen zu wollen, um zu verstehen, wie das geht, den gibt es immer. Und dann gibt es aber die Faszination, wenn wir sagen Hey, wir können das selber nicht mehr auseinanderhalten. Ich weiß überhaupt nicht mehr, welchen Absatz ich geschrieben habe und welchen Eva, Weil wir in diesem ja auch über die Jahre hinweg sich entwickelnden Ping Pong Verfahren beide an Formulierungen beteiligt sind und beide an Illustrationen. Das heißt, ich weiß überhaupt nicht mehr, was gemalt hat. Ich weiß nicht mehr, wer wann was geschrieben hat. Und dann ist die Reaktion darauf immer positiv. Also es gibt das, das gibt es nicht, dass irgendwer sagt, dass es dadurch irgendwie schlechter oder irgendwie. Unverständlich. Aber der Reflex ist da, das trennen zu wollen, weil es, glaube ich, auch einfach sehr untypisch ist. #00:14:43-3#
Hannah Diemer: Wie funktioniert es denn, euer alltägliches Arbeiten? Ihr habt mal so schön gesagt, es entsteht aus vier Händen und zwei Köpfen Alles zusammengeworfen. Wie kann man sich das vorstellen? Sitzt ihr gemeinsam an einem Blatt oder an einem Text oder passiert es in so einem Hin und Her? #00:14:57-8#
Eva Wünsch: Ich glaube, ursprünglich hat es angefangen mit den Collagearbeiten, die wir gemacht haben. Einfach weil man da durch die Technik Dinge aneinanderkleben kann. Eine kann anfangen, die andere fügt was hinzu. Und so entsteht ein Bild, wo man am Ende nicht mehr sehen kann, wer was gemacht hat. Und das hat sehr gut funktioniert. Und mittlerweile hat sich das aber nicht nur in der Illustration weiterentwickelt, sondern natürlich auch im Text. Da funktioniert das ganz ähnlich. Also man kann sich das auch so vorstellen. Luisa fängt zum Beispiel an, einen Text zu schreiben, gibt ihn mir, ich überarbeite den und gebe ihn ihr wieder zurück. Und dann fügt sie wieder was hinzu, bis am Ende ein Text entsteht, den wir ganz gut finden. Und mittlerweile haben wir versucht, auch in der Zeichnung uns zu verbinden. Also eine fängt an zu zeichnen, die andere nimmt wieder was weg davon oder mal drüber. Und so entstehen ganz viele Schichten. Und wir arbeiten schon auf einem Blatt. Also das Blatt hat natürlich dann eine von uns und gibt es der andere. Wir sitzen jetzt nicht gemeinsam davor, sondern es ist ja sehr spannend, auch weil man was bekommt, womit man nicht rechnet, dann irgendwas damit macht, es zurückgibt und dadurch bleibt es einfach. Sehr aufregend finde ich diese ganze Arbeitsweise und auch sehr wertschätzend, weil ich habe nie das Gefühl, dass es schlechter wird, wenn ich es Luisa gebe, sondern meistens bin ich froh oder sagt Oh Gott, kannst du mich retten? Ich habe hier irgendwas einfach gemacht. Und es entlastet natürlich auch, weil man einfach was machen kann, was dann jemand anderes noch mal verändern wird. #00:16:25-2#
Luisa Stömer: Genau. Es gibt ja dann in der Illustration oder in der Kunst immer so diesen, diesen ganz berühmten Augenblick oder diese zwei eigentlich zum einen mit dem weißen Blatt Papier umzugehen, also dem Moment, wo noch nichts da ist. Da erkenne ich bei uns Unterschiede. Da bin ich zum Beispiel relativ schlecht darin, so einen Anfang zu finden. Eva ist da sehr schnell und sehr gut und das macht sie dann einfach und gibt es an mich weiter. So, das heißt, dieser erste Moment, dieses überhaupt etwas aufs Papier zu bringen, wird dann von Eva schon überbrückt in dem Fall. Und dann gibt es meistens im Verlauf von so einer Illustration den Moment, in dem man irgendwie die Lust daran verliert. Dann würde man, glaube ich, alleine arbeiten. Oder die Motivation. Oder man überkommt bestimmte Punkte der Frustration einfach nicht alleine. Und dann würde ich das manchmal wahrscheinlich einfach nie wieder anfassen und würde aufgeben. Und in dem Moment kann ich es an sie weitergeben. Das heißt, sie rettet mich ein zweites Mal über diesen typischen Prozess Eigentlich auch. Und so macht es einfach, glaube ich, unterm Strich viel mehr Spaß. Es ist einfach viel lustiger. Es macht Spaß. Genau. Es ist spannend, wie du sagst. Man weiß nicht, was man zurückbekommt und meistens ist es aber voll gut und dann setzt man was drauf oder das, was du machst, kommt er dann an mich zurück und ich habe dann plötzlich eine weitere Idee Ich kann was draufsetzen. Das, was sie gemacht hat, löst irgendwas in mir aus und so. Und dadurch, dass wir uns meistens dabei auch gegenübersitzen oder eben nebeneinander. Sprechen wir dann darüber oder auch nicht, sprechen über irgendwas anderes und dann ist es so ein immerwährender Kreislauf, irgendwie. Dazu muss man sagen, das funktioniert analog. Also wenn wir mit Stift und Papier oder Farben und tatsächlichem Papier arbeiten, Das machen wir aber nur noch relativ selten. Meistens sind es digitale Zeichnungen und dann können wir die uns tatsächlich als Dateien hin und herreichen. #00:18:06-4#
Hannah Diemer: Und genau ihr habt das vorher schon ganz kurz angesprochen. Euer allererstes veröffentlichtes Buchprojekt war eure Bachelorarbeit zu Ebbe und Flut. Da geht es um Menstruation. Ich hatte das damals, als es rausgekommen ist, das war vor zehn Jahren und kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie viele Lichter mir da aufgegangen sind. Also ich habe da ganz viele Sachen mit aufgedeckt, die Mir damals, obwohl ich quasi schon 20 Jahre alt war, überhaupt noch nicht klar war, was in meinem Körper passiert, was es überhaupt alles für verschiedene Teile gibt. Wie seid ihr denn damals auf das Thema gekommen und warum war es so wichtig, das umzusetzen? #00:18:46-9#
Luisa Stömer: Ich glaube, dass die Arbeit an Ebbe und Flut steht, stellvertretend dazu, was sich dann weiterentwickelt hat oder was wir heute noch so als unsere Arbeit begreifen. Und zwar die, dass man total gut Gestaltungsarbeit und inhaltliche Arbeit verknüpfen kann, um sie zu irgendwas zu machen, was letzten Endes sowohl über die Achse der Visualität wie über die Achse des Inhaltes oder des Textes eine andere Zielgruppe erreicht. Und das war bei uns in Bezug auf die Menstruation, den Zyklus oder ganz grob irgendwie den weiblich gelesenen Körper. Etwas, wo wir gemerkt haben, wir wissen erst mal bei uns angefangen viel zu wenig Bescheid darüber, was eigentlich passiert. Wir waren damals ja auch irgendwie Mitte 20, wahrscheinlich beide und haben gemerkt okay, wir haben unsere Menstruation und wir nehmen Schmerztabletten, weil es weh tut. Und irgendwie haben wir überhaupt keine Ahnung, wieso eigentlich und was genau passiert und wie man wie man damit umgehen kann. Und es war schwer, darüber ins Gespräch zu kommen. Unter Freundinnen ja, aber es war irgendwie klar, wir wissen alle nicht genug. Und dann haben wir den Blick nach außen gewagt und es war relativ schnell klar okay, es sind nicht nur wir, sondern es geht ganz, ganz vielen so, dass irgendwie das ist super schambehaftet alles gewesen. Keiner wusste irgendwie mehr darüber zu sagen, als dass das halt bei Frauen so ist und dass man das vielleicht aber auch einfach eher verschweigt, als darüber spricht. Und wenn, dann auch nur unter weiblichen Personen, weil es irgendwie eklig ist. Also es gab so eine ganz große Verschränkung aus okay, hier wird irgendwas gedeckelt und wir wollen das nicht mehr. Und wie klug wäre es eigentlich, ein Buch zu machen? Tatsächlich? Also das Medium spielt ja schon eine Rolle, mit dem man sich länger beschäftigen kann, dass man auf eine Art zu Hause einfach hinlegen kann oder in die Läden legen. Das war ja damals noch nicht so klar, dass das wirklich funktioniert. Aber etwas, was nicht so aussieht, als sollte man sich nicht damit beschäftigen, sondern die. Diese Gestaltung war total wichtig und der Einstiegsgedanke dazu. Hey, hier liegt was das betrifft, Dich und uns und irgendwie alle. Schau es dir an, schäm dich nicht dafür. Und dieses Buch ist irgendwie gut gestaltet und du musst es nicht unter dem Bett verstecken. Das war der erste Gedanke, glaube ich. Ich glaube, es war auch der Moment, in dem viele aus unserem Freundinnenkreis gerade die Pille abgesetzt haben, nach ganz vielen Jahren und dann zum Ersten Mal mit dieser Körperlichkeit richtig konfrontiert worden sind, weil eben alles nicht mehr so geregelt abläuft, oder? Also diese scheinbare Regelmäßigkeit durch die Pille natürlich chemisch produziert ist und man dann den Körper noch mal anders wahrnimmt, vielleicht auch darauf wartet, dass sich das wieder einstellt und dann viele Fragen aufkommen. Vielleicht wie kann man auch verhüten ohne die Pille oder Welche? Welche Themen kommen da auch mit mit ins Spiel? Und das war dann für uns beide glaube ich auch was, was wir uns selber beibringen wollten, aber auch, was wir anderen auch natürlich offenlegen wollten, dass es da ganz viel Information gibt, die einem auch eine Sicherheit geben kann mit dem eigenen Körper und auch mit den eigenen Befindlichkeiten, die vielleicht auch unangenehm sind. Ja, und Selbstbestimmung auch. Also ich weiß noch, dass ich bei etlichen Frauenärztin war und irgendwie über Probleme berichtet habe, über Schmerzen während meiner Menstruation und und und. Und irgendwie hieß es dann immer Naja, es gibt zwei Möglichkeiten. Die eine heißt Ibuprofen und die andere heißt die Antibabypille. Also es hat mir dann auch irgendwann Informationen in die Hand gegeben zu sagen Hey, irgendwie bräuchte ich mehr als diese zwei Möglichkeiten und das gibt einem irgendwie in einem bestimmten Rahmen Selbstermächtigung zu sagen Nein, so will ich es einfach nicht und das will ich mir nicht sagen lassen. Und überhaupt will ich eigentlich ganz laut darüber sprechen. Und das war bei Ebbe und Flut. Obwohl. Wann haben wir damit angefangen? 2014 2015 haben wir damit angefangen, dazu zu recherchieren. Und dann ist dieses Buch eben erst unsere Bachelorarbeit an der derselben Fakultät gewesen und letztlich dann erschienen, ein Jahr später beim Gräfe und unser Verlag. Und wir haben dann bestimmt ein halbes Jahr, vielleicht ein Jahr Pressearbeit dazu gemacht. Und ich kann mir das heute gar nicht mehr vorstellen. Aber es war ein Riesending, dass zwei Personen im Fernsehen oder im Radio oder sonst irgendwo über die Menstruation gesprochen haben. Das war damals ein absolutes Ultra Tabu. Es wurde gleichgesetzt mit dem Roman von Charlotte Roche. Wie hieß der noch? #00:23:06-4#
Eva Wünsch: Feuchtgebiete. #00:23:07-5#
Luisa Stömer: Also absolut skandalös. Genau. Uns wurde in Ich weiß nicht mehr. Den Sender weiß ich nicht mehr. Aber wir hatten sehr, sehr lange, sehr strenge Vorgespräche, bevor wir irgendwo eingeladen wurden, um Interviews zu geben, was wir sagen sollen, was wir bitte nicht sagen sollen, dass das irgendwie eklig ist, wenn wir bestimmte Begriffe verwenden. Und daran zeigte sich, was das für eine Zeit damals war und auf welches Klima oder auf welchen Boden dieses Buch dann auch irgendwie gefallen ist. Das war irgendwie total spannend zu sehen. Dadurch war auch klar, irgendwie ist es notwendig. Ich weiß noch, dass in den. In den Werbeclips für Binden und Tampons war damals das Blut blau dargestellt. Das ist glaube ich jetzt ganz anders, aber damals war das so, Ne, auf gar keinen Fall. Stell mir das so dar, wie es ist. Das ist irgendwie peinlich und das ist uns irgendwie auch begegnet. Ganz viel in diesen Jahren. #00:24:01-0#
Eva Wünsch: Ich habe auch letztens mal in unser Archiv geguckt von den ganzen Zeitungsartikeln, die damals erschienen sind. Und wir wurden dann natürlich auch als zwei junge Frauen extrem vermarktet mit diesem Thema. Ich weiß noch, es gab irgendeine Überschrift, die hieß Die Menstruationsmädchen, so als wären wir die einzigen, die menstruieren. #00:24:21-3#
Luisa Stömer: Und. Ja. Auch. Keine Mädchen mehr. Also das war schon extrem. Und ich glaube, das würde heute auch nicht mehr so passieren. Aber er hat auch gezeigt, wie wie die Medienwelt damals eingestellt war. Schon allein, dass es eben so einen Aufruhr gab um dieses Buch. Und wir natürlich auch viel negative Rückmeldung bekommen haben. Ich weiß noch. Irgendwann haben wir aufgehört, die Rezensionen über das Buch zu lesen, weil die teilweise auch richtig böse waren. Natürlich hauptsächlich von männlichen Personen, die das sehr, sehr eklig fanden, dass wir dieses Buch gemacht haben. #00:24:57-7#
Eva Wünsch: Und da schon einfach viel Gegenwind Hatten. Umso besser auch da, dass wir es gemeinsam gemacht hatten und dann, wenn dann darüber lachen konnten oder das irgendwie miteinander besprechen. #00:25:08-3#
Luisa Stömer: Das stimmt, das haben wir auch häufig gesagt in der Zeit immer wieder wiederholt. Alleine, ich würde es niemals machen. Ich setze mich doch nicht ins Frühstücksfernsehen alleine, damit wir danach irgendwer sagt Ja, keine Ahnung, Wie peinlich das ist oder wie eklig. Es war eigentlich dann genau der richtige Zeitpunkt für das Buch. #00:25:28-6#
Hannah Diemer: Wie habt ihr das denn damals geschafft, daraus wirklich ein Buch zu veröffentlichen? #00:25:33-3#
Eva Wünsch: Das Buch war ja schon fertig, als es die Bachelorarbeit war. Also es gab einen Prototypen, der war gedruckt, gebunden und lag schon auf dem Tisch. Und in diesem Fall dann auf Luisas Küchentisch, an dem wir nach der Bachelorverleihung saßen. Und dann haben wir einfach gegoogelt Was gibt es für Verlage, die Sachbücher veröffentlichen? Und haben dann ganz unbedarft Emails geschrieben. Einen Nachmittag über an den Leser Service von den Verlagen. Also so gut waren auch unsere. So sollte man es nicht machen. Und es ist dann aber bei Gräfe und uns im Leserservice gelandet. Und da saß aber eine Person, die das total cool fand und es dann glücklicherweise weitergeleitet hat, an die richtige Stelle. Und dann ging es sehr schnell. Ich glaube, innerhalb von zwei Wochen waren wir schon im Verlag eingeladen, haben über den Vertrag gesprochen und dann war das schon eingetütet. Also es ging sehr, sehr schnell. Ich glaube, da kamen mehrere Dinge zusammen. Zum einen dieses Designstudium, das einfach möglich macht, dass man ein fertiges Buch da als Bachelorarbeit einreichen kann. Dann der Fakt, dass wir das schon damals haben wir nicht nur das Buch gemacht, sondern wir haben diesem Buch dann eine kleine Website gebaut, haben Fotos davon gemacht. Wir haben so die Skills, die wir im Studium gelernt haben, irgendwie voll ausgeschöpft. Das heißt, ich weiß noch, wir haben in diese Mails auch schon diese Website mit angehangen. Und das war irgendwie einfach, glaube ich dann insofern professionell aus, als das klar war okay, ein Verlag muss da auch nicht mehr so viel Arbeit reinstecken, weil zwei Grafikerinnen dieses Buch schon gemacht haben. Und dann hatten wir damals den Fakultäts oder Hochschulpreis für diese Bachelorarbeit gewonnen. Und ich weiß noch, auf der Verleihung war ein Journalist, von der schon einen Artikel über dieses Buch geschrieben hat, bevor es überhaupt in Verlags Hände geraten ist. Und das hat uns auch in die Hände gespielt, dass es da schon so öffentliche Stimmen dazu gab. Und irgendwie waren das alles ganz glückliche Fügungen, die dann dazu geführt haben, dass wir eben genau zwei Wochen nach Bachelorabschluss den Verlagsvertrag in der Hand hatten. Ich habe natürlich niemals damit gerechnet. Das war aber richtig cool. #00:27:41-1#
Hannah Diemer: Danach ist es auch richtig toll für euch weitergegangen. Ihr seid inzwischen Dozentinnen an dieser Designfakultät. Ihr macht Projekte für ganz große Zeitschriften, für die Süddeutsche Zeitung, für die Psychologie heute, hat die verschiedensten Designprojekte. Wie hat sich das denn für euch entwickelt? Wie ist das? Wie hat sich das angefühlt? #00:28:01-6#
Luisa Stömer: Ja, eigentlich hat es sich ganz rasant entwickelt, kann man sagen. Weil viele nach dem nach dem Studium ja gar nicht unbedingt wissen Will ich jetzt selbstständig sein, möchte ich mich anstellen lassen. Und diese Frage hat sich für uns zum Beispiel gar nicht gestellt. Sondern dadurch, dass wir mit diesem Buch in dieser Frauengesundheit Ecke verortet wurden, haben wir ganz, ganz viele Anfragen bekommen und wurden in diese Selbstständigkeit total reinkatapultiert, kann man sagen. Und das wurde dann für uns sozusagen entschieden. Auch dass wir gemeinsam weiterarbeiten, hat sich dann so ergeben, dass wir ganz viele Illustrationen für Magazine gemacht haben, die uns dann natürlich für Collagen zum Beispiel angefragt haben, weil sie die aus dem Buch kannten. Oder auch andere feministische Zentren haben uns angefragt. Und so hat sich dann unser Portfolio darum aufgebaut, was ein ganz, ganz schöner Start war für eine Selbstständigkeit. Dass man sich erst mal keine Sorgen machen muss, wo die Aufträge herkommen. Und natürlich auch besonders, dass das funktioniert hat. So? Ja, total. Und dann? #00:29:04-7#
Luisa Stömer: Eigentlich haben wir nach dem Bachelor zwei Jahre lang durchgearbeitet. Also das klingt so, das meine ich total positiv. Wir haben einfach einen Auftrag nach dem anderen abgewickelt. Was für Grafikerinnen, die gerade Bachelor gemacht haben, sehr, sehr untypisch ist. Wir hatten erst hier in Nürnberg im Heizhaus auf AEG und dann auf AEG. Wir haben uns Räume dazu angemietet, waren immer eingebunden in kollektive oder in so größere Räume und haben einfach recht. Ich glaube, wenn wir so zurückblicken oder auch gerade mit unseren Studierenden so darüber reden wie entwickelt sich so was? Wir haben, glaube ich, einfach alles gemacht, was man halt machen kann. Also wir haben irgendwie Logos für das feministische Zentrum in Erlangen gemacht und für große Verlage gearbeitet. Wir haben irgendwie einfach gearbeitet. Es hat so Spaß gemacht und es war immer. Ja, genau. Also wir haben einfach jedes Projekt irgendwie dafür genutzt, das zu umzusetzen und dann weiterzumachen. Und irgendwann war aber klar, okay, irgendwie fühlen wir uns beide noch nicht so richtig fertig. Also ich hatte irgendwie den Gedanken, dass ich diese Wissenschaftskommunikation oder dieses inhaltsbasierte Design arbeiten, dass ich immer ein Thema habe und mir dann überlege, welche Form tatsächlich passt, am besten, um es ausdrücken zu können oder verständlich machen zu können. Das haben wir mit Ebbe und Flut gemacht und in vielen weiteren Arbeiten danach. Aber mir war irgendwie bewusst, ich kann das irgendwie, weil ich so Trial and Error mäßig machen muss. Aber ich habe es nicht wirklich gelernt. Und da gibt es ganz, ganz, ganz viel dazu zu lernen. Und da ist dann so schnell die Entscheidung gefallen, dass ich gerne einen Master machen würde. Und bei dir war es, glaube ich, genau so, dass wir uns überlegt haben okay, wir können jetzt auch die nächsten Jahre oder Jahrzehnte so weitermachen, aber irgendwie brauchen wir Input. Und wir waren eben in dieser Frauengesundheit total verortet und das ist auch mega cool. Aber es gibt ja ganz, ganz viele andere Dinge, die man machen kann. Und ich hatte oder wir hatten auch, glaube ich, beide Lust, aus Nürnberg rauszugehen. Und dann habe ich in Hamburg Wissenschaftskommunikation oder wissenschaftliche Illustration studiert und Eva in Leipzig Illustration Auf Diplom? #00:31:13-6#
Eva Wünsch: Genau. Und ich glaube genau das, was Luisa sagt, dass wir erst ganz intuitiv dieses Buch gemacht haben und diese Wissenschaftlichkeit da reingebracht haben. Das war so wie so ein Zufall, dass es geklappt hat. Aber wir wollten beide eher noch einen theoretischen Untergrund dem Ganzen schaffen, dass man nicht einfach irgendwas macht, sondern dass man auch versteht, was da genau passiert oder wie so was angeordnet werden muss, damit es funktioniert. Und unsere Studiengänge im Master und Diplom waren dann sehr unterschiedlich, weil bei mir war es zum Beispiel sehr auf das auf das einzelne Bild ausgelegt. Es ging viel um auch künstlerische Illustrationen. Wir haben beide aber auch Malerei nebenbei gemacht an den Hochschulen. Und bei Luisa war diese diese dieser Fokus, glaube ich, noch stärker auf die auf die Wissenschaftsillustration Gelegt und so konnten wir aber trotzdem voneinander ganz viel lernen, weil wir dadurch ja zwei Studiengänge eigentlich studiert haben und uns da gut austauschen konnten, was da so passiert, wie unterschiedlich auch gelehrt wird, was ja auch interessant ist. Und am Ende dieser Studiengänge haben wir uns dann wieder dazu entschieden, diesmal hochschulübergreifend eine gemeinsame Master und Diplomarbeit zu machen. Und das war dann natürlich über zwei Städte hinweg auch spannend, weil wieder eigentlich bürokratisch. #00:32:42-4#
Luisa Stömer: Gar kein Problem. Es macht nur oft niemand. Und ich habe auch damals, als wir diese Idee hatten, wir haben ja währenddessen selbstständig weitergearbeitet, also Eva in Leipzig, ich in Hamburg. Zum Glück war damals Covid. Also nicht, dass es gut gewesen ist, aber alle haben irgendwie gemerkt, okay, man kann über Zoom genauso arbeiten, wie wenn man an einem Ort ist. Das heißt, wir haben eigentlich so unsere Arbeitstage immer so simuliert. Ich weiß nicht, ob morgens um neun oder so, dann von meinem Bett an den Schreibtisch und habe mit Eva angefangen zu suchen, weil wir natürlich noch so laufende Aufträge hatten und unsere Selbstständigkeit so Städte übergreifend gemacht haben. Und dann ist irgendwann die Idee entstanden Wie wäre es, wenn wir unsere Master und Diplomarbeiten zusammen machen? Und ich hätte niemals damit gerechnet, dass die Hochschule sagt Ja klar kann man das machen. Ich habe wirklich gedacht, ein Ding der Unmöglichkeit. Und wir müssen jetzt so tun, als würden wir zufällig ein gleiches Buch machen, aber an den beiden Hochschulen prüfen lassen. Also separat. Und das ging total gut. Also wir konnten einfach in Leipzig und in Hamburg gleichzeitig abschließen. Das heißt, ich hatte, wir hatten Prüfungen in Leipzig, an der Hochschule und in Hamburg auch. Und so haben nicht nur wir voll viel miteinander an diesen Projekten gearbeitet, sondern unsere Professorinnen auch. Also irgendwie hatten die dann auch was miteinander zu tun und das war so cool. Und dann waren wir eben vor dem Moment gestanden okay, was machen wir denn als nächstes? Es ist Ebbe und Blut, irgendwie in den Regalen. Wir haben total viele andere Dinge gearbeitet. Was wollen wir jetzt machen? Thematisch und inhaltlich. Und das ist ganz oft, das passiert in unserer Arbeit eigentlich ständig. Wir sind mit neuen Themen befasst und dann überlegen wir uns okay, und wie können wir uns auch visuell weiterentwickeln, Worauf haben wir Bock, was können wir noch nicht? Und so war das thematisch auch so Welche Themen haben wir denn noch nicht angefasst? Was ist was ganz anderes? Worin sind wir richtig schlecht? Und aus den Gesprächen unter uns und da ist es halt auch super, dass wir so eng befreundet sind und so viel Zeit im Gespräch miteinander verbringen. War irgendwie klar. Wir sind beide richtig schlecht, was Sterben, Tod und Trauer angeht. Weder können wir gut darüber reden, noch wissen wir viel. Es ist. Wir sind ganz beklemmt davon, überhaupt Worte dafür zu finden. Wir haben keine. Eigentlich herrscht so eine Angst vor, die aber aber so ein, so ein eigentlich fast schon so ein schwarzes Loch ist. Man kann damit ganz schwer umgehen. Man hört eigentlich wieder auf, darüber zu sprechen, aus vielen verschiedenen Gründen. Und dann haben wir ein bisschen angeschaut, was gibt es denn eigentlich dazu und wie sind die Dinge gestaltet, die zu sterben, Tod und Trauer veröffentlicht werden? Bücher, Postkarten, Trauerkarten? Wie sehen Urnen aus? Wie. Wie sieht alles aus, was mit dem Tod zu tun hat? Was sind Logos von Bestattungshäusern? Und. Uns war ganz schnell bewusst, dass dieses Schweigen oder diese Art, wie wir eigentlich überhaupt nicht damit umgehen können, mit dieser Angst im Vordergrund und diese Abwehr, dass sie sich auch in der Visualisierung zeigt. Also die Symbole, die damit einhergehen, sind die, die irgendwie religiös konnotiert sind. Womit wir alle gefühlt nicht mehr viel anfangen können, die wir auch nicht mehr zuordnen oder kennen. Das heißt, es gibt eine ganz große Sprachlosigkeit, sich neue Dinge dazu auszudenken oder so eine visuelle Sprache zu entwickeln, was wiederum total Abbild davon ist, wie die tatsächliche Sprache oder diese Zugänglichkeit dazu möglich ist, nämlich einfach fast nicht. Und da war klar okay, wenn wir uns thematisch mit diesen Themen beschäftigen und da irgendwie in der Recherche einsteigen, genau die gleiche Recherche und genau gleiche Umwälzung von innen in das Gespräch oder in die Kommunikation darüber zu kommen, funktioniert auch visuell, oder? Da gibt es auch ganz viel zu tun. So. Und so war dann klar okay, wir machen eine hochschulübergreifende Masterarbeit und Diplomarbeit und wir beschäftigen uns mit Sterben, Tod und Trauer. #00:36:20-9#
Hannah Diemer: Sehr beeindruckender Prozess, den ihr da immer wieder habt. Ich finde das mega stark, wie ihr euch mit diesen Themen auseinandersetzt, die ja davor noch nicht zu viel Beachtung geschenkt bekommen habe und wie ihr das jedes Mal geschafft habt, da so einen Fokus drauf zu legen, Das finde ich wirklich was ganz besonderes und würde noch mal von euch wissen wollen. Wie schafft man das denn über so Visualisierungen und Grafiken dann so entweder tabuisierte Themen oder so sehr schwere Themen dann doch wieder so aufzubereiten, dass die Leute dranbleiben und dass man doch irgendwie ein Interesse daran hat, noch tiefer reinzugehen, obwohl es vielleicht schmerzhaft ist. #00:36:59-8#
Eva Wünsch: Ich glaube, das ist. Eine ganz gute Frage, die wir uns auch gestellt am Anfang. Wir wussten auch nicht genau, wie man illustrativ visuell da rangehen soll. Und so war der Beginn von diesem Ganzen eigentlich, dass wir uns für mehrere Wochen abgekapselt haben. Wir sind aufs Land gefahren, waren in so einer Artist Residency, wo wir, glaube ich, niemanden gesehen haben sonst irgendwo in Brandenburg. Es gab eine Straußenfarm nebenan, da sind wir manchmal spazieren gegangen und da war nichts. Und wir haben einfach angefangen zu lesen, uns Podcasts anzuhören. Wir haben angefangen, Kontakte rauszusuchen von Leuten, die sich schon mit dem Thema beschäftigen, von Bestatterinnen und die mal angerufen und sind dann ganz tief eingetaucht. Relativ schnell, erst mal nur durch die Recherche und um dem dann visuell auch etwas entgegenzusetzen, haben wir einfach angefangen zu malen, ohne figürlich zu werden. Einfach nur Blätter voll. Es klingt ein bisschen so wie so ein Kinderworkshop, aber es funktioniert tatsächlich manchmal einfach, ohne dass man an ein Endprodukt denkt, was aufs Blatt zu setzen. Und ich habe dann in einer Farbe angefangen. Dann lagen da 50 Blätter auf dem Tisch, die dann, als sie getrocknet waren, an Luisa weitergegeben wurden. Und sie hat dann was drüber gemalt. Und so sind ganz viele Schichten entstanden. Und diese Blätter waren der Beginn von, ja von der Idee, dass man zusammen malt, illustriert. Und erst im Laufe der Zeit sind dann aus diesen Blättern, die wir dann gescannt haben und archiviert, so Texturen entstanden, die wir dann in andere Ideen eingeflochten haben. Es ist aber tatsächlich, gerade wenn man ein Thema neu bespielt und auch noch nicht weiß, wie das am Ende aussehen soll, auf jeden Fall ein verrückter Prozess irgendwie sich darauf einzulassen, eben noch nicht zu wissen, was am Ende rauskommt. Und da muss man, glaube ich, durchhalten und das auch zulassen, dass es ein Prozess ist. #00:39:03-6#
Luisa Stömer: Und ich glaube, da war uns ziemlich schnell klar, dass es, wenn es um solche Themen, also so ganz stark tabuisierte Dinge geht, ist es. Das ist ja zu Anfang. Also du hast es jetzt gerade geschildert. Deine Frage kommt daher, dass du, dass wir schon draufklicken können auf zwei Bücher, die irgendwie veröffentlicht sind und die im besten Falle Personen weiterhelfen können. In dem Prozess hat man natürlich keine Ahnung. Also wir wussten nicht, ob uns irgendwann wieder ein Verlag dieses Buch abnehmen wird. Und ich kann auch vorgreifen. Das war ein ganz anderer Prozess als bei Ebbe und Flut. Der Tod lässt sich viel schwieriger vermarkten als alles andere. Er trägt viel mehr Angst und viel mehr Abwehr mit sich. Und wir haben ganz klar von Verlagshäusern gehört Hey Leute, es ist ein so schönes Buch, aber der Tod lässt sich einfach nicht verkaufen. Wir können es nicht veröffentlichen. Das ist nicht wirtschaftlich. Das heißt, damit konnten wir nicht rechnen. Aber wir haben natürlich versucht, das irgendwie thematisch oder visuell vorzugreifen. Was würde uns denn am einfachsten fallen? Und da geht es bei Sterben einfach erst mal darum, überhaupt den Zugang dazu zu schaffen, sich damit zu trauen, zu beschäftigen. Sich selbst und aber auch das Umfeld. Und ich weiß, wir haben voll arg versucht, alle Fragen zu stellen, die uns irgendwie eingefallen sind und wir haben unser ganzes Umfeld befragt und dabei gemerkt Wow, es sind ja alle selbst so unsere Eltern und Personen, die einfach schon schon Personen zu Grabe getragen haben und die einfach viel mehr Lebenserfahrung haben. Selbst die sind irgendwie, die haben keine Worte dafür. Und wir haben einfach irgendwie nach dem Motto begonnen zu versuchen, Sprache dafür zu finden, die uns das möglich macht, sich damit zu beschäftigen. Und ich glaube, daraufhin haben wir angefangen, den Rest dieses Buches zu machen. Also ich weiß noch, dass wir Illustrationen gemacht haben am Anfang, die habe ich dann an meiner Hochschule damals besprochen und dann hat mein Prof zu mir gesagt, dass er findet, dass wir total aufpassen müssen, dass wir nicht genau diesen diese Übertreibung bei diesem Thema schaffen. Also dass die Illustrationen eigentlich aussehen, als würden sie auch in der Brigitte abgedruckt werden können. Die waren super bunt und das heißt, wir sind einmal eins drübergegangen. Wir haben versucht, irgendwie eine neue visuelle Sprache für etwas zu finden, was irgendwie stiefmütterlich oder gar nicht behandelt wird. Oder mit schwarz oder Grau, um in den Farben zu sprechen belegt wird. Und jetzt haben wir es übertrieben und es ist irgendwie alles orange und rosa und man kann den Kontext nicht mehr verstehen und einem Thema damit aber auch so total seine Tatsächlichkeit zu nehmen. Und zwar ist der Tod schwer. Er ist düster und dunkel und er macht Angst. Und das muss auch alles Teil dieser visuellen Sprache sein. Also was die Illustrationen angeht, war das der Versuch von uns, erst mal das Gegenteil zu schaffen, und zwar absolute Zugänglichkeit. Durch das Verwischen von Kontext und der Mittelweg. Und dann der Weg, den wir bei Schwellenangst versucht haben, dann später komplett durchzuziehen. Der war der, ein Mischverhältnis aus all jenen Dingen zu schaffen, also ein Buch zu machen, das uns dazu ermuntert, sich mit etwas zu beschäftigen, ohne aussparen. Dass die Beschäftigung damit hart sein kann und dass das, was auf uns zukommt, im Prinzip auch nicht vorgegriffen werden kann. Keine Ahnung, wie sich das anfühlt, wenn jemand stirbt, der mir unglaublich nahesteht. Ich glaube, das wird die Hölle. Egal, was ich für ein Buch dazu gemacht habe, es ist die Hölle. Aber sich selbst damit beschäftigen zu können. Was macht es denn mit meiner eigenen Angst? Wo ist die? Wie? Wie gehe ich mit meinem, mit meiner eigenen Sterblichkeit um? Das ist dann noch mal eine andere Frage. Und diese verschiedenen Blickwinkel auf den Tod, die sind entstanden. Und sprachlich war es so ähnlich. Wir können in dem Buch über den Tod nicht so witzig sein Seien wie bei Ebbe und Flut vielleicht, wo es vielleicht viel einfacher ist, über körperliche Dinge mit Humor hinweg zu gehen. Aber es gibt auch eine gewisse Leichtigkeit oder eine gewisse keine Flapsigkeit, Aber so eine Zugänglichkeit, wie man auch über den Tod anders sprechen kann, ohne sich über Humor davon abzugrenzen. Und das war auch, glaube ich, Trial and Error. Wir haben es einfach probiert und dann geguckt, was resoniert dann mit uns am besten? #00:43:20-0#
Hannah Diemer: Ich habe dann doch geschafft, das Buch zu veröffentlichen und seid jetzt ganz viel auf Lesereise. Welchen Menschen begegnet ihr denn auf euren Lesungen? Was kommen da für Gespräche zustande? #00:43:32-5#
Luisa Stömer: Das ist eigentlich ganz unterschiedlich. Wenn, wenn man sich das Publikum anschaut. Viele Leute kommen natürlich, weil sie sich selbst auch mit dem Thema beschäftigen. Es sind oft Trauerredner innen, Sterbebegleiterin, Bestatterinnen aus der Branche, auf jeden Fall ganz viel. Aber auch Leute, die sich dafür interessieren, die vielleicht jemanden verloren haben, vor kurzem oder vor längerem, und sich das gewünscht hätten, dass es damals schon irgendwie ein Buch gegeben hätte, was sie begleitet. Für uns war das ja auch eine große Hürde, würde ich sagen. Oder eine große Angst. Wie reagieren jetzt Leute darauf, die gerade jemanden verloren haben? Weil wir natürlich nicht aus dieser Motivation heraus dieses Buch geschrieben haben, dass wir selbst einen Verlust erlebt hatten. Und da war das natürlich dann aufregend und auch hat mir manchmal so ein bisschen Sorge davor, wie. #00:44:29-4#
Eva Wünsch: Gerade diese Personen reagieren. Man kann aber sagen, dass es durchweg ganz, ganz schöne Begegnungen waren und die die Leute danach mit uns ins Gespräch gegangen sind Und das immer sehr verbindende Abende waren diese Lesungen. Also es war immer ein angeregtes Gespräch danach. Und wir sind ganz. Ja, mit so einem Mist, ohne dass. Es. Jetzt so kitschig klingen soll, mit so einem vollen Herzen aus diesen Abenden rausgegangen, weil viele positive Rückmeldungen natürlich gekommen sind, aber auch viel Input wieder für uns da war und was irgendwie über diesen Abend in der Lesung geschwebt hat. Wie aber auch die Resonanz, die zu dem Buch auf anderem Wege kommt, ist so Das und das ist eigentlich der Punkt, bei dem wir irgendwann angesetzt haben, dieses Buch zu machen. Diese irgendwie ja, ich benutze den Begriff aber diese Dankbarkeit, überhaupt Anknüpfungspunkte zu haben. Die ist so riesig, das merken wir auch auf diesen Lesungen. Das sind Personen, weiß ich nicht. 85 war mal eine Person, die wir gefragt haben, wie alt er ist oder 15, drei Schwestern, die ihren Papa verloren haben, wenige Wochen, bevor sie auf unsere Lesung gekommen sind. Das sind dann quasi Menschen, die irgendwie sehr alt sind und eine ganz andere Lebenserfahrung haben. Und junge Frauen, die irgendwie ihren Vater verloren haben. Und alle verbindet diese eine Sache. das ist endlich Raum oder Möglichkeit gibt, egal in welcher Form eigentlich. Sich damit zu beschäftigen und Anknüpfungspunkte zu schaffen. Und zwar auch nicht nur mit denen, die in derselben Situation sind, sondern überhaupt ein Gespräch darüber zu führen. Und ich weiß noch, dass die Präsentation, die wir da machen oder die Art von Lesung, die wir gestalten, war immer so eine Stunde. Und dass wir bei vielen Abenden oder eigentlich bei allem doppelt so viel Zeit damit verbracht haben, ins Gespräch zu kommen oder Fragen zu beantworten. Und meistens mussten wir dann irgendwann sagen Okay, jetzt reicht's, jetzt müssen wir was essen oder trinken. Wir hätten das noch ewig fortführen können. Also dieser Hunger nach Kommunikation darüber, die dieses Buch ja irgendwie auch schaffen sollte, der ist riesengroß. Und das ist irgendwie das Schönste daran, dass es das jetzt gibt. #00:46:31-9#
Hannah Diemer: Euch ist es dann nicht nur gelungen, inhaltlich und emotional ein gutes Buch zu machen, sondern ihr habt dafür ja wirklich auch diesen World Illustration Award bekommen. Aus 84 Ländern gab es Einsendungen, 5000 Exemplare wurden eingeschickt und ihr habt es gewonnen. Wie ist denn dieser Prozess? Habt ihr das selber eingereicht? Wird man da vorgeschlagen? Wie passiert das? #00:46:54-4#
Eva Wünsch: Also das Buch haben wir dort selbst eingereicht. Wir machen da schon lange mit. Bei dem Wort Illustration Award. Das ist so ein Teil von unserem bürokratischen Dasein, dass wir die Sachen natürlich auch irgendwo hinschicken, wo sie dann vielleicht honoriert werden. Und ich glaube das. Also wir haben natürlich beide nicht damit gerechnet, diesen Award zu gewinnen. Aber ich glaube, weil eben die Illustration in diesem Buch keine Dekoration ist, sondern noch mal eigenständig den Inhalt nicht nur transportiert, sondern weiterführt. Hatte das dann auch eine Chance? Weil ich glaube. Dass. Dieser Award oft Projekte honoriert, die genau diesen Übertrag schaffen. Und damit würde ich das, glaube ich, verknüpfen, dass das funktioniert hat. Ich freue mich natürlich sehr. Und das ist eine ganz, ganz tolle Sache, dass das Buch auch international sichtbar wird. Auch wenn. Es. Auf Deutsch geschrieben ist, hoffen wir natürlich auch immer noch darauf, dass sich in der Zukunft vielleicht auch mal eine Übersetzung ergibt. Dementsprechend glaube ich, haben wir den Weg, den wir da mit der Illustration eingeschlagen sind. Der ist nicht nicht typisch für die Illustration, weil oft ist sie ja ein Dekoelement oder etwas, was man vielleicht sogar schon sieht. Und in den Bildern in unserem Buch geht es ja auch darum, dass man sich vielleicht auch nur über die Bilder erst mal dem Thema annähert. #00:48:17-9#
Luisa Stömer: Viele haben uns erzählt, dass sie genau das gebraucht haben, um das Buch überhaupt aufzuschlagen, dass der Bilder drin sind, wo man mal gucken kann und vielleicht schon mal so vorführt, worum geht es da oder was kann ich da selber hineinlesen und interpretieren? Mhm. Und dann hat dieses Buch natürlich unterschiedliche Kapitel, die unterschiedlich schwer zu fassen sind. Also wenn wir zum Beispiel über Erbe und Vermächtnis sprechen, dann ist das ein Kapitel, von dem ich denke, dass es das man sich textlich von. Einfach nähern kann. Und dann gibt es Themen wie Sterbehilfe oder Suizide, wo man vielleicht ein Kapitel aufschlägt und nur die Bilder anschaut zu Anfang, um irgendwie fassen zu können. Wie wird da darüber gesprochen? Also auch die Visualität ist ja eine Sprache. Und genau ich glaube, das wurde da irgendwie erkannt. Glücklicherweise. Gut. #00:49:04-5#
Hannah Diemer: Wer sich Bildungszentrum noch weiter mit dem Thema Tod und Sterben auseinandersetzen will, für den haben wir zwei Angebote. Ihr könnt sehr gerne zu unserem Trauercafe kommen. Das ist jeden Sonntag im Südpunkt unter dem Titel Heißer Kaffee und warme Worte mit der Trauerbegleiterin und Theologin Elke Janosch. Der Einstieg ist da jederzeit möglich. Das heißt, ihr könnt da wirklich immer dazukommen. Und es gibt ja, wie Luisa gerade gesagt hat, auch so praktische Themen zum Sterben, zum Beispiel Testament schreiben. Da haben wir einen Kurs für euch am Samstag, den 6. Dezember. Nach diesen ganzen fantastischen Phantastischen Themen interessiert es mich natürlich brennend, was sie als nächstes vorhabt. Welche Tabuthemen findet ihr denn spannend, wo man weiter dran arbeiten kann? Was habt ihr denn für nächste Projekte für euch? #00:49:53-6#
Luisa Stömer: Achilles Das so lange es geht, natürlich. Es gibt natürlich eine Liste, die wir so mit uns herumtragen, wo wir immer mal wieder was draufschreiben. #00:50:02-2#
Eva Wünsch: Was uns. Interessiert, was wir jetzt aktuell als nächstes planen. Darf ich das erzählen? Ja, okay. Was wir schon. Was wir aktuell als nächstes planen, ist ein Buch, was sich nochmal mit dem Menstruationszyklus beschäftigt. Jetzt, zehn Jahre später, Weil es hat sich ja viel verändert. Unser Buch Ebbe und Flut ist nicht mehr so aktuell. Zum Glück. Das heißt, anhand dessen kann man sehen, wie viel sich da schon getan hat, wie viel neue Forschung es auch gibt. Und wir versuchen uns jetzt gerade über die Recherche diesen ganzen Themen wieder zu widmen und zu gucken, was gibt es da Neues, wie kann man vielleicht auch noch mal jetzt als zehn Jahre ältere Person als damals darauf gucken, wie Wie geht es Menschen, die ihren Zyklus beobachten und den. Welchen Einfluss hat er auf unser Leben? Wie kann man vielleicht auch das Leben ein bisschen danach ausrichten? Oder geht das überhaupt? Und ist es erstrebenswert, diese diese Fragen? Und dann ist es natürlich. #00:51:05-3#
Luisa Stömer: Was den Menstruationszyklus irgendwie berühmt gemacht hat, ist die Menstruation, das, was alle kennen, wofür es Mittel und Wege gibt, Geld damit zu verdienen. Also Menstruationsprodukte. Also man blutet einmal im Monat und dann kann man dafür sehr viel Geld ausgeben und das ist sichtbar. Und dann gibt es aber eben drei Wochen oder einen größeren Zeitraum. Der, der keine Symptome hat nach außen, also für uns selbst ja, schon, aber für das Außen nicht so sehr. Es ist nicht so bekannt und auch nicht so, da gibt es nicht so viel zu erkennen. Also was ist mit diesen Wochen? In den Wochen gibt es genauso Hormonschwankungen. Es gibt bestimmte Symptome. Es gibt bestimmte Einflussfaktoren unter den Körper stehen und wir haben uns jetzt zur Aufgabe gemacht, uns da in die Recherche zu begeben und zu überlegen Was gibt es da noch zu sagen und zu wissen und zu erkennen? Und genau. #00:51:58-8#
Hannah Diemer: Herzlichen Dank für das Gespräch mit euch. Ich könnte noch so lange weitersprechen. Ich finde das wahnsinnig interessant, wie wie ihr arbeitet und an was ihr arbeitet. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt für unseren Podcast. #00:52:13-2#
Luisa Stömer: Vielen Dank. #00:52:14-0#
Eva Wünsch: Danke dir. #00:52:14-8#
Luisa Stömer: Das war schön. #00:52:15-7#
Eva Wünsch: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrum s Nürnberg. #00:00:10-9#
Hannah Diemer: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Podcast Folge von Kontaktaufnahme. Mein Name ist Hannah Diemer und ich darf heute im Büro von Wünsch und Stömer sein. Wir sind hier mitten in Gostenhof und ich bin zu Besuch bei Lu und Eva. Die beiden sind Illustratorinnen, Grafikerinnen und Autorinnen aus Nürnberg, die sich seit vielen Jahren als Team mit sehr vielen verschiedenen Themen beschäftigen. Eine ganz, ganz besondere Arbeitsweise haben und darüber möchte ich heute im Podcast sprechen und ich bin schon sehr gespannt auf Ihre Sichtweise. Was ich schon mal sagen kann ist, dass die beiden extrem erfolgreich sind mit dem, was sie machen. Ihre Arbeit ist jetzt ganz zuletzt. Gekrönt wurden mit dem World Illustration Award von 25 dazu. Herzlichen Glückwunsch. #00:01:02-0#
Luisa Stömer: Danke schön. #00:01:02-9#
Hannah Diemer: Wann habt ihr beiden euch denn kennengelernt? #00:01:05-1#
Luisa Stömer: Eigentlich sind wir Luftlinie drei Kilometer voneinander aufgewachsen, in Wendelstein. Das ist ein Vorort von Nürnberg und wir kannten uns quasi aus dem Bus. Der Wendelstein und die Stadt verbindet. Der 600 Dreier nach Langwasser und wir haben uns aber immer nur so zugenickt. Wir wussten, wer wir sind. Aber ich würde nicht sagen, dass wir uns richtig kannten. Und dann haben wir uns am ersten Tag des Bachelorstudium kennengelernt. #00:01:29-2#
Eva Wünsch: Bei der Eignungsprüfung, da haben wir uns nebeneinander gesetzt und da ist es ja auch gut, wenn man jemanden schon kennt. Und diese Eignungsprüfung geht dann drei Tage, und die haben wir miteinander verbracht und dann natürlich auch beide gehofft, dass wir in diesen Studiengang reinkommen. Und das hat dann geklappt. Und so hat unser gemeinsames Studium begonnen, in dem wir dann auch relativ schnell angefangen haben zusammenzuarbeiten. Ich glaube zum einen, weil wir uns gut verstanden haben und zum anderen auch, weil wir gemerkt haben, dass wir, was die Ästhetik angeht, ähnliche Dinge gut finden und auch relativ ähnlich zeichnen. Dazu muss man sagen Wir haben in Nürnberg an der Technischen Hochschule Design studiert und das war Kommunikationsdesign Studiengang. #00:02:11-8#
Hannah Diemer: Das heißt, ich habe schon von Anfang an gemerkt, dass ihr so ein Gespür auch füreinander habt. Wie hat sich das denn entwickelt? #00:02:19-0#
Luisa Stömer: Ich glaube, dieses Gespür ist, glaube ich, zum einen, was Eva gesagt hat, ziemlich schnell aufgefallen. Vor allem dadurch, dass uns dieselben Dinge angesprochen haben visuell. Und ich glaube, das Gespür für die eigene Arbeit oder wie wir zusammenarbeiten und was wir von der Arbeit erwarten, ergab sich dann einfach aus diesem. Okay, wir machen dieses Buchprojekt im ersten Semester über Schriftarten einfach zusammen. Also dieses zu probieren, Dinge nicht alleine zu machen, sondern eben gleich mit dem eigentlich nur dem Punkt der Teamarbeit zu starten und zu gucken, was rauskommt. Das hat es dann aufgenommen und glaube ich dann erst geschult über die Zeit hinweg. Dieses Gespür dafür. Es hat einfach irgendwie. Wir hatten ähnliche Vorstellungen vom Endprodukt, glaube ich. Und den Rest haben wir dann irgendwie so hingedreht. Ja, und ich glaube auch diese Idee von was wäre eigentlich, wenn wir nicht in Konkurrenz zueinander stehen im Studium, weil man ja oft dann Arbeiten vergleicht, Wer hat das jetzt gut gemacht oder wer schlechter? Sondern was passiert, wenn man sich zusammenschließt. Das war damals noch sehr ungewöhnlich. Oder wir waren die Einzigen, die das gemacht haben in unserem Semester. Es war aber erlaubt und wurde dann auch gefördert. Ja, und hat sich dann als sehr produktiv erwiesen. #00:03:38-6#
Hannah Diemer: Das heißt, ihr habt von Anfang an Projekte gemeinsam gemacht? #00:03:42-1#
Luisa Stömer: Ja, und ich weiß noch, in der Schule war das, glaube ich eher was, was betrachtet wurde als man macht es sich irgendwie einfach, weil man die Arbeit dann teilen kann. Und ich weiß noch, so Teams waren irgendwie eher so betrachtet als etwas, was man so. Naja gut, dann machen die das zusammen und dann haben die irgendwie beide weniger zu tun. Im Studium war das anders, so irgendwie. Es hat vor allem hat es mehr Spaß gemacht und dann schafft man zu zweit auch mehr. Genau. Und irgendwie ging das voll. Und dann hat sich das alles natürlich auf die Bachelorarbeit hinbewegt und da hatten wir dann auch vor, eine gemeinsame Bachelorarbeit zu machen, was zu dem Zeitpunkt auch noch neu war. Und da ist dann unser erstes Buch entstanden. Das heißt, Ebbe und Flut beschäftigt sich mit dem Menstruationszyklus und war damals für uns ein ganz wichtiges persönliches Projekt, weil wir uns zu der Zeit viel über den eigenen Zyklus informiert haben oder nachgelesen haben, uns ausgetauscht haben und vor allem gemerkt haben, dass wir ganz viel darüber nicht wissen. Dass auch in unserem Umfeld die meisten nichts wissen, vor allem auch männliche Personen absolut lost sind mit diesem Thema. Und so saßen wir dann zusammen, ich glaube sogar im Cafe des Bildungszentrum s und haben da diese Idee besiegelt oder uns die Hand darauf gegeben Wir machen das jetzt. Ja. #00:05:03-5#
Hannah Diemer: Ihr seid dann auch sehr gut befreundet gewesen oder immer noch seid sehr gut befreundet. Wie ist es denn, so eng befreundet zu sein und gleichzeitig jeden Tag zusammenzuarbeiten? #00:05:13-6#
Luisa Stömer: Also wenn, wenn ich versuche, das von weit aus, von weit außerhalb zu betrachten, dann ist es, glaube ich, die absolute Traumvorstellung und gleichzeitig ist es die an uns häufig am häufigsten gerichtete Frage ist Streitet ihr manchmal oder wie ist das? Also eigentlich schon mit so einer negativen Konnotation einer Person, die man privat aufsucht und die eine gute Freundin von einem ist, auch beruflich zu treffen? Und dann, da diese manchmal sehr konfliktbehafteten Dinge irgendwie miteinander zu teilen oder auszutragen? Das heißt, wir werden ständig darauf angesprochen, dass das ja ein gefahrvolles Miteinander zu sein scheint, Privates und Berufliches zu verknüpfen. #00:05:54-6#
Hannah Diemer: Vor allem als zwei Frauen, die ja sowieso immer in Konkurrenz stehen. #00:05:57-4#
Luisa Stömer: Genau da muss man irre aufpassen. Genau. Und die Innensicht ist das krasse Gegenteil von dieser Gefahr. Also ich stelle das. Vielleicht ist es was Persönliches. Ich glaube aber eigentlich nicht. Ich glaube, es ist eine Form von. Zugewandt sein auf all jenen Ebenen. Wir können Konflikte austragen. Und manchmal machen wir das. Wir sind selten unterschiedlicher Meinung. Und wenn, dann diskutieren wir einfach darüber und dann passt es. Aber es ist die Verknüpfung aus den aus meiner Sicht schönsten Dingen. Man kann berufliche Perspektiven miteinander verknüpfen, irgendwie gewisse Träume oder Ziele miteinander teilen. Alles, was so pathetisch das klingt irgendwie, wo man zurückstecken muss oder Probleme erlebt, das teilt sich auch besser auf. Wenn man das nicht alleine verkraften muss, dann macht es total viel Freude. Heute Morgen haben wir uns um zehn hier zum Kaffeetrinken verabredet und das ist eigentlich jeden Morgen so reden wir eine halbe Stunde erst mal darüber, was gestern zwischen 18 und null uhr passiert ist. Also es ist sehr schön und überhaupt nicht. Ich finde es nicht gefahrvoll. #00:06:58-6#
Eva Wünsch: Ja, geht mir auch so! Also ich habe dadurch glaube ich, jeden Tag freue ich mich sehr aufs Büro und habe ja einfach meine beste Freundin jeden Tag gegenüber. Was ich auch toll besonders finde, weil viele Leute sieht man ja im Alltag gar nicht so viel. Ich glaube, wir verbringen sehr viel Zeit miteinander, durch die Arbeit natürlich, aber schaffen es auch immer wieder ins Private, ausschließlich so zu gehen. Also wir reden nicht die ganze Zeit über die Arbeit, sondern können das Gut abwechseln. Und das genieße ich auch voll, dass das beides geht nebeneinander. Ja, es geht mir auch so! #00:07:35-4#
Hannah Diemer: Was würdet ihr sagen, wer ihr seid? Was? Was mac

Hannah Diemer: Wie ihr wollt. Wenn man das voneinander trennen kann, auch gerne einzeln. Ansonsten noch beides zusammen. #00:07:48-2#
Eva Wünsch: Was macht uns aus? Ich würde sagen, wir sind oder? Unser Berufsfeld besteht aus verschiedenen Disziplinen, die wir miteinander verbinden. Wir sind zum einen Illustratorinnen, aber auch Grafikdesignerin, Autorinnen. Wir unterrichten auch. Und so setzt sich das alles eben aus diesen verschiedenen Komponenten zusammen und wird dadurch sehr vielfältig und flexibel. Und gleichzeitig würde ich auch sagen, dass sich unser Berufsalltag und dadurch auch unser wahrscheinlich unsere Persönlichkeit immer wieder weiterentwickelt dadurch, dass das nicht so stehen bleibt, was wir machen. Man kann natürlich irgendwie erkennen, dass bestimmte Arbeiten von uns sind oder wir uns immer wieder mit ähnlich relevanten Themen beschäftigen. Aber es ist offen in die Zukunft gerichtet. #00:08:39-5#
Luisa Stömer: Das stimmt ja. Das würde ich, glaube ich, auch sagen, dass es zwischen uns auch so eine bestimmte Form von ständiger Gegenseitiger zu einer Motivation gibt. Also so ein Hin und Herspielen von Begeisterungsfähigkeit. Ich glaube, da sind wir uns sehr ähnlich. Wir sind sehr begeisterungsfähig für neue Themen, neue Sachen und ich glaube, das ergibt sich auch aus diesem Miteinander. Die eine wirft irgendwie was rein, ein Thema, die andere sagt was dazu. Man liest sich vielleicht gemeinsam etwas durch oder sieht sich was an. Es geht dann so auf der inhaltlichen und auf der visuellen Ebene. Ja, okay, das ist cool. Okay, was gibt es da noch? Und dann ist das so eine Weiterentwicklung davon. Und dann bauen wir in diesem Miteinander oder in diesem Hin und Her eigentlich dann schon so eine Idee auf. Und wir haben da beide so Bock. Das ist auch so ein bisschen so wir wir trennen manchmal so Aufträge in. Das sind Dinge, die wir tatsächlich machen wollen. So thematische, absolute Interessenspunkte, die uns gerade irgendwie gefallen. Und dann gibt es aber Sachen, die machen wir natürlich auch gerne. Aber da geht es dann eher darum, Aufträge abzuwickeln, die einfach auch Kohle in die Kassen spülen, damit wir die Themen oder die Dinge, die uns dann gerade besonders interessieren, auf der anderen Seite besser machen können. Und dann treiben wir uns manchmal. Es gibt so Tage. Okay, jetzt komm, jetzt machen wir das noch fertig und dann machen wir das noch fertig. Und damit wir dann irgendwie das machen können, was wir uns gerade ausgedacht haben, was irgendwie voll interessant wäre. Und so finde ich auch, das ist so eine ständige Weiterentwicklung. Aber aus uns beiden heraus gibt. So alleine glaube ich, wäre ich viel langsamer oder hätte glaube ich auch gar nicht so viel Lust darauf. Und zu zweit habe ich auch in der Rückschau das Gefühl, wir schaffen einfach so viel Unterschiedliches, dann viel schneller. Und deshalb sind so viele Dinge möglich. Und diese Vielfalt ist, glaube ich, die, die uns wahrscheinlich da dann so ausmacht. #00:10:24-9#
Eva Wünsch: Und ich würde noch sagen, dass wir beide auf eine ähnliche Art pragmatisch agieren, dass wir uns nicht so viele Gedanken darüber machen, was jetzt die Probleme vielleicht gerade an der Sache sind, sondern eher so konstruktiv weiter pushen in dem Projekt und dann ganz am Ende noch mal so einen halben Tag Perfektionismus dranlegen. Wo wir beide noch mal sagen Moment, warte mal, lass das noch mal angucken. So ganz passt es doch nicht. Also das würde ich sagen, passiert eigentlich regelmäßig. #00:10:57-2#
Luisa Stömer: Das stimmt. Und wir hängen, wenn man jetzt die einzelnen Personen darin betrachtet. Wir arbeiten. Die meisten Aufträge. Mittlerweile arbeiten wir zu zweit. Aber es gibt hin und wieder Dinge aus der Vergangenheit, die wir als Soloselbstständige bearbeiten. Das wird immer weniger, weil wir die meisten Dinge einfach in die GbR dann einbringen und zu zweit bearbeiten. Manchmal gibt es das aber und da ist voll interessant, dass wir auf eine ähnliche Art und Weise überhaupt nicht an unserem eigenen Bild hängen. Also ich bin so völlig okay. Das habe ich gezeichnet und das ist meistens mittelmäßig. Manchmal finde ich es okay. Und ich finde immer, dass es besser wird, wenn Eva damit noch zu tun hat. Wahrscheinlich auch aus der Perspektive, dass ich da einen Schritt zurück machen kann und das, was sie macht, anders bewerten kann als mein eigenes Bild. Aber das ist so voll in uns beide, glaube ich. Eingesunken oder? Ist wahrscheinlich auch einfach schon immer so. Es ist uns dann nicht so wichtig, was aus uns selbst herauskommt, sondern es ist immer irgendwie besser. Wenn wir es zu zweit bearbeiten, würde ich auch sagen. Man kann es dann mehr wertschätzen. Das Ergebnis, wenn noch was von der anderen mit drinsteckt und dann auch wirklich zufrieden sein mit einer Illustration zum Beispiel. Mir ist ganz oft so, wenn ich oder oft passiert es natürlich nicht, aber wenn ich mal einen Auftrag alleine abwickle, dann bin ich am Ende gar nicht so zufrieden. Ja, ich auch nicht. Stimmt, aber mache es dann eben fertig. Aber freue mich gar nicht so sehr drüber, weil ich es nicht teilen kann, oder? Klar können wir es auch miteinander teilen, aber es ist nicht so, dass ich, dass ich da so eine große Freude empfinde, wie wenn wir das gemeinsam gemacht haben. Ja. #00:12:31-8#
Hannah Diemer: Diese gemeinsame Arbeitsweise ist ja schon was sehr, sehr Besonderes. Vor allem im Design und Kunstfeld, würde ich jetzt behaupten, weil da ging es vor allem historisch gesehen ja immer sehr viel um irgendwie so ein künstlerisches Genie, das ganz allein Meisterwerke erstellt. Und das kommt nur aus dieser einen Person heraus. Und jetzt stellt ihr das so krass auf den Kopf und findet da, dass das Positive in der Gemeinschaft. Wie kommt es denn an bei eurem Umfeld? #00:13:00-7#
Luisa Stömer: Gemischt? Also ich, ich denke so die Historie in der Illustration oder im Grafikdesign ist auf jeden Fall, wie du sie gerade geschildert hast, so es gibt die Quelle der guten Idee und die ist allein gestellt und stellt sich aber auch dann im Ergebnis alleine als als Quelle auf. Das gibt es bei uns ja nicht. Und der Reflex von außen ist ganz oft die Frage, wer jetzt was gemacht hat. Also alle sind schon begeistert, denn irgendwie. Also auf Lesungen ist mir aufgefallen, wir hatten jetzt dieses Jahr einfach viele Lesungen mit unserem aktuellen Buch und dann sitzen wir da immer zu zweit und beantworten Fragen. Und unsere Namen stehen aber auch beide auf dem Cover des Buches. Und es gibt eigentlich. Bei jedem Termin gab es mindestens einmal die Frage, wer nun die Illustratorin ist und wer die Autorin. Und ob wir sagen können, wer welche Illustrationen gemacht hat. Also auf Seite 200 die und auf Seite 203. Eva Also der Reflex, das teilen zu wollen, um zu verstehen, wie das geht, den gibt es immer. Und dann gibt es aber die Faszination, wenn wir sagen Hey, wir können das selber nicht mehr auseinanderhalten. Ich weiß überhaupt nicht mehr, welchen Absatz ich geschrieben habe und welchen Eva, Weil wir in diesem ja auch über die Jahre hinweg sich entwickelnden Ping Pong Verfahren beide an Formulierungen beteiligt sind und beide an Illustrationen. Das heißt, ich weiß überhaupt nicht mehr, was gemalt hat. Ich weiß nicht mehr, wer wann was geschrieben hat. Und dann ist die Reaktion darauf immer positiv. Also es gibt das, das gibt es nicht, dass irgendwer sagt, dass es dadurch irgendwie schlechter oder irgendwie. Unverständlich. Aber der Reflex ist da, das trennen zu wollen, weil es, glaube ich, auch einfach sehr untypisch ist. #00:14:43-3#
Hannah Diemer: Wie funktioniert es denn, euer alltägliches Arbeiten? Ihr habt mal so schön gesagt, es entsteht aus vier Händen und zwei Köpfen Alles zusammengeworfen. Wie kann man sich das vorstellen? Sitzt ihr gemeinsam an einem Blatt oder an einem Text oder passiert es in so einem Hin und Her? #00:14:57-8#
Eva Wünsch: Ich glaube, ursprünglich hat es angefangen mit den Collagearbeiten, die wir gemacht haben. Einfach weil man da durch die Technik Dinge aneinanderkleben kann. Eine kann anfangen, die andere fügt was hinzu. Und so entsteht ein Bild, wo man am Ende nicht mehr sehen kann, wer was gemacht hat. Und das hat sehr gut funktioniert. Und mittlerweile hat sich das aber nicht nur in der Illustration weiterentwickelt, sondern natürlich auch im Text. Da funktioniert das ganz ähnlich. Also man kann sich das auch so vorstellen. Luisa fängt zum Beispiel an, einen Text zu schreiben, gibt ihn mir, ich überarbeite den und gebe ihn ihr wieder zurück. Und dann fügt sie wieder was hinzu, bis am Ende ein Text entsteht, den wir ganz gut finden. Und mittlerweile haben wir versucht, auch in der Zeichnung uns zu verbinden. Also eine fängt an zu zeichnen, die andere nimmt wieder was weg davon oder mal drüber. Und so entstehen ganz viele Schichten. Und wir arbeiten schon auf einem Blatt. Also das Blatt hat natürlich dann eine von uns und gibt es der andere. Wir sitzen jetzt nicht gemeinsam davor, sondern es ist ja sehr spannend, auch weil man was bekommt, womit man nicht rechnet, dann irgendwas damit macht, es zurückgibt und dadurch bleibt es einfach. Sehr aufregend finde ich diese ganze Arbeitsweise und auch sehr wertschätzend, weil ich habe nie das Gefühl, dass es schlechter wird, wenn ich es Luisa gebe, sondern meistens bin ich froh oder sagt Oh Gott, kannst du mich retten? Ich habe hier irgendwas einfach gemacht. Und es entlastet natürlich auch, weil man einfach was machen kann, was dann jemand anderes noch mal verändern wird. #00:16:25-2#
Luisa Stömer: Genau. Es gibt ja dann in der Illustration oder in der Kunst immer so diesen, diesen ganz berühmten Augenblick oder diese zwei eigentlich zum einen mit dem weißen Blatt Papier umzugehen, also dem Moment, wo noch nichts da ist. Da erkenne ich bei uns Unterschiede. Da bin ich zum Beispiel relativ schlecht darin, so einen Anfang zu finden. Eva ist da sehr schnell und sehr gut und das macht sie dann einfach und gibt es an mich weiter. So, das heißt, dieser erste Moment, dieses überhaupt etwas aufs Papier zu bringen, wird dann von Eva schon überbrückt in dem Fall. Und dann gibt es meistens im Verlauf von so einer Illustration den Moment, in dem man irgendwie die Lust daran verliert. Dann würde man, glaube ich, alleine arbeiten. Oder die Motivation. Oder man überkommt bestimmte Punkte der Frustration einfach nicht alleine. Und dann würde ich das manchmal wahrscheinlich einfach nie wieder anfassen und würde aufgeben. Und in dem Moment kann ich es an sie weitergeben. Das heißt, sie rettet mich ein zweites Mal über diesen typischen Prozess Eigentlich auch. Und so macht es einfach, glaube ich, unterm Strich viel mehr Spaß. Es ist einfach viel lustiger. Es macht Spaß. Genau. Es ist spannend, wie du sagst. Man weiß nicht, was man zurückbekommt und meistens ist es aber voll gut und dann setzt man was drauf oder das, was du machst, kommt er dann an mich zurück und ich habe dann plötzlich eine weitere Idee Ich kann was draufsetzen. Das, was sie gemacht hat, löst irgendwas in mir aus und so. Und dadurch, dass wir uns meistens dabei auch gegenübersitzen oder eben nebeneinander. Sprechen wir dann darüber oder auch nicht, sprechen über irgendwas anderes und dann ist es so ein immerwährender Kreislauf, irgendwie. Dazu muss man sagen, das funktioniert analog. Also wenn wir mit Stift und Papier oder Farben und tatsächlichem Papier arbeiten, Das machen wir aber nur noch relativ selten. Meistens sind es digitale Zeichnungen und dann können wir die uns tatsächlich als Dateien hin und herreichen. #00:18:06-4#
Hannah Diemer: Und genau ihr habt das vorher schon ganz kurz angesprochen. Euer allererstes veröffentlichtes Buchprojekt war eure Bachelorarbeit zu Ebbe und Flut. Da geht es um Menstruation. Ich hatte das damals, als es rausgekommen ist, das war vor zehn Jahren und kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie viele Lichter mir da aufgegangen sind. Also ich habe da ganz viele Sachen mit aufgedeckt, die Mir damals, obwohl ich quasi schon 20 Jahre alt war, überhaupt noch nicht klar war, was in meinem Körper passiert, was es überhaupt alles für verschiedene Teile gibt. Wie seid ihr denn damals auf das Thema gekommen und warum war es so wichtig, das umzusetzen? #00:18:46-9#
Luisa Stömer: Ich glaube, dass die Arbeit an Ebbe und Flut steht, stellvertretend dazu, was sich dann weiterentwickelt hat oder was wir heute noch so als unsere Arbeit begreifen. Und zwar die, dass man total gut Gestaltungsarbeit und inhaltliche Arbeit verknüpfen kann, um sie zu irgendwas zu machen, was letzten Endes sowohl über die Achse der Visualität wie über die Achse des Inhaltes oder des Textes eine andere Zielgruppe erreicht. Und das war bei uns in Bezug auf die Menstruation, den Zyklus oder ganz grob irgendwie den weiblich gelesenen Körper. Etwas, wo wir gemerkt haben, wir wissen erst mal bei uns angefangen viel zu wenig Bescheid darüber, was eigentlich passiert. Wir waren damals ja auch irgendwie Mitte 20, wahrscheinlich beide und haben gemerkt okay, wir haben unsere Menstruation und wir nehmen Schmerztabletten, weil es weh tut. Und irgendwie haben wir überhaupt keine Ahnung, wieso eigentlich und was genau passiert und wie man wie man damit umgehen kann. Und es war schwer, darüber ins Gespräch zu kommen. Unter Freundinnen ja, aber es war irgendwie klar, wir wissen alle nicht genug. Und dann haben wir den Blick nach außen gewagt und es war relativ schnell klar okay, es sind nicht nur wir, sondern es geht ganz, ganz vielen so, dass irgendwie das ist super schambehaftet alles gewesen. Keiner wusste irgendwie mehr darüber zu sagen, als dass das halt bei Frauen so ist und dass man das vielleicht aber auch einfach eher verschweigt, als darüber spricht. Und wenn, dann auch nur unter weiblichen Personen, weil es irgendwie eklig ist. Also es gab so eine ganz große Verschränkung aus okay, hier wird irgendwas gedeckelt und wir wollen das nicht mehr. Und wie klug wäre es eigentlich, ein Buch zu machen? Tatsächlich? Also das Medium spielt ja schon eine Rolle, mit dem man sich länger beschäftigen kann, dass man auf eine Art zu Hause einfach hinlegen kann oder in die Läden legen. Das war ja damals noch nicht so klar, dass das wirklich funktioniert. Aber etwas, was nicht so aussieht, als sollte man sich nicht damit beschäftigen, sondern die. Diese Gestaltung war total wichtig und der Einstiegsgedanke dazu. Hey, hier liegt was das betrifft, Dich und uns und irgendwie alle. Schau es dir an, schäm dich nicht dafür. Und dieses Buch ist irgendwie gut gestaltet und du musst es nicht unter dem Bett verstecken. Das war der erste Gedanke, glaube ich. Ich glaube, es war auch der Moment, in dem viele aus unserem Freundinnenkreis gerade die Pille abgesetzt haben, nach ganz vielen Jahren und dann zum Ersten Mal mit dieser Körperlichkeit richtig konfrontiert worden sind, weil eben alles nicht mehr so geregelt abläuft, oder? Also diese scheinbare Regelmäßigkeit durch die Pille natürlich chemisch produziert ist und man dann den Körper noch mal anders wahrnimmt, vielleicht auch darauf wartet, dass sich das wieder einstellt und dann viele Fragen aufkommen. Vielleicht wie kann man auch verhüten ohne die Pille oder Welche? Welche Themen kommen da auch mit mit ins Spiel? Und das war dann für uns beide glaube ich auch was, was wir uns selber beibringen wollten, aber auch, was wir anderen auch natürlich offenlegen wollten, dass es da ganz viel Information gibt, die einem auch eine Sicherheit geben kann mit dem eigenen Körper und auch mit den eigenen Befindlichkeiten, die vielleicht auch unangenehm sind. Ja, und Selbstbestimmung auch. Also ich weiß noch, dass ich bei etlichen Frauenärztin war und irgendwie über Probleme berichtet habe, über Schmerzen während meiner Menstruation und und und. Und irgendwie hieß es dann immer Naja, es gibt zwei Möglichkeiten. Die eine heißt Ibuprofen und die andere heißt die Antibabypille. Also es hat mir dann auch irgendwann Informationen in die Hand gegeben zu sagen Hey, irgendwie bräuchte ich mehr als diese zwei Möglichkeiten und das gibt einem irgendwie in einem bestimmten Rahmen Selbstermächtigung zu sagen Nein, so will ich es einfach nicht und das will ich mir nicht sagen lassen. Und überhaupt will ich eigentlich ganz laut darüber sprechen. Und das war bei Ebbe und Flut. Obwohl. Wann haben wir damit angefangen? 2014 2015 haben wir damit angefangen, dazu zu recherchieren. Und dann ist dieses Buch eben erst unsere Bachelorarbeit an der derselben Fakultät gewesen und letztlich dann erschienen, ein Jahr später beim Gräfe und unser Verlag. Und wir haben dann bestimmt ein halbes Jahr, vielleicht ein Jahr Pressearbeit dazu gemacht. Und ich kann mir das heute gar nicht mehr vorstellen. Aber es war ein Riesending, dass zwei Personen im Fernsehen oder im Radio oder sonst irgendwo über die Menstruation gesprochen haben. Das war damals ein absolutes Ultra Tabu. Es wurde gleichgesetzt mit dem Roman von Charlotte Roche. Wie hieß der noch? #00:23:06-4#
Eva Wünsch: Feuchtgebiete. #00:23:07-5#
Luisa Stömer: Also absolut skandalös. Genau. Uns wurde in Ich weiß nicht mehr. Den Sender weiß ich nicht mehr. Aber wir hatten sehr, sehr lange, sehr strenge Vorgespräche, bevor wir irgendwo eingeladen wurden, um Interviews zu geben, was wir sagen sollen, was wir bitte nicht sagen sollen, dass das irgendwie eklig ist, wenn wir bestimmte Begriffe verwenden. Und daran zeigte sich, was das für eine Zeit damals war und auf welches Klima oder auf welchen Boden dieses Buch dann auch irgendwie gefallen ist. Das war irgendwie total spannend zu sehen. Dadurch war auch klar, irgendwie ist es notwendig. Ich weiß noch, dass in den. In den Werbeclips für Binden und Tampons war damals das Blut blau dargestellt. Das ist glaube ich jetzt ganz anders, aber damals war das so, Ne, auf gar keinen Fall. Stell mir das so dar, wie es ist. Das ist irgendwie peinlich und das ist uns irgendwie auch begegnet. Ganz viel in diesen Jahren. #00:24:01-0#
Eva Wünsch: Ich habe auch letztens mal in unser Archiv geguckt von den ganzen Zeitungsartikeln, die damals erschienen sind. Und wir wurden dann natürlich auch als zwei junge Frauen extrem vermarktet mit diesem Thema. Ich weiß noch, es gab irgendeine Überschrift, die hieß Die Menstruationsmädchen, so als wären wir die einzigen, die menstruieren. #00:24:21-3#
Luisa Stömer: Und. Ja. Auch. Keine Mädchen mehr. Also das war schon extrem. Und ich glaube, das würde heute auch nicht mehr so passieren. Aber er hat auch gezeigt, wie wie die Medienwelt damals eingestellt war. Schon allein, dass es eben so einen Aufruhr gab um dieses Buch. Und wir natürlich auch viel negative Rückmeldung bekommen haben. Ich weiß noch. Irgendwann haben wir aufgehört, die Rezensionen über das Buch zu lesen, weil die teilweise auch richtig böse waren. Natürlich hauptsächlich von männlichen Personen, die das sehr, sehr eklig fanden, dass wir dieses Buch gemacht haben. #00:24:57-7#
Eva Wünsch: Und da schon einfach viel Gegenwind Hatten. Umso besser auch da, dass wir es gemeinsam gemacht hatten und dann, wenn dann darüber lachen konnten oder das irgendwie miteinander besprechen. #00:25:08-3#
Luisa Stömer: Das stimmt, das haben wir auch häufig gesagt in der Zeit immer wieder wiederholt. Alleine, ich würde es niemals machen. Ich setze mich doch nicht ins Frühstücksfernsehen alleine, damit wir danach irgendwer sagt Ja, keine Ahnung, Wie peinlich das ist oder wie eklig. Es war eigentlich dann genau der richtige Zeitpunkt für das Buch. #00:25:28-6#
Hannah Diemer: Wie habt ihr das denn damals geschafft, daraus wirklich ein Buch zu veröffentlichen? #00:25:33-3#
Eva Wünsch: Das Buch war ja schon fertig, als es die Bachelorarbeit war. Also es gab einen Prototypen, der war gedruckt, gebunden und lag schon auf dem Tisch. Und in diesem Fall dann auf Luisas Küchentisch, an dem wir nach der Bachelorverleihung saßen. Und dann haben wir einfach gegoogelt Was gibt es für Verlage, die Sachbücher veröffentlichen? Und haben dann ganz unbedarft Emails geschrieben. Einen Nachmittag über an den Leser Service von den Verlagen. Also so gut waren auch unsere. So sollte man es nicht machen. Und es ist dann aber bei Gräfe und uns im Leserservice gelandet. Und da saß aber eine Person, die das total cool fand und es dann glücklicherweise weitergeleitet hat, an die richtige Stelle. Und dann ging es sehr schnell. Ich glaube, innerhalb von zwei Wochen waren wir schon im Verlag eingeladen, haben über den Vertrag gesprochen und dann war das schon eingetütet. Also es ging sehr, sehr schnell. Ich glaube, da kamen mehrere Dinge zusammen. Zum einen dieses Designstudium, das einfach möglich macht, dass man ein fertiges Buch da als Bachelorarbeit einreichen kann. Dann der Fakt, dass wir das schon damals haben wir nicht nur das Buch gemacht, sondern wir haben diesem Buch dann eine kleine Website gebaut, haben Fotos davon gemacht. Wir haben so die Skills, die wir im Studium gelernt haben, irgendwie voll ausgeschöpft. Das heißt, ich weiß noch, wir haben in diese Mails auch schon diese Website mit angehangen. Und das war irgendwie einfach, glaube ich dann insofern professionell aus, als das klar war okay, ein Verlag muss da auch nicht mehr so viel Arbeit reinstecken, weil zwei Grafikerinnen dieses Buch schon gemacht haben. Und dann hatten wir damals den Fakultäts oder Hochschulpreis für diese Bachelorarbeit gewonnen. Und ich weiß noch, auf der Verleihung war ein Journalist, von der schon einen Artikel über dieses Buch geschrieben hat, bevor es überhaupt in Verlags Hände geraten ist. Und das hat uns auch in die Hände gespielt, dass es da schon so öffentliche Stimmen dazu gab. Und irgendwie waren das alles ganz glückliche Fügungen, die dann dazu geführt haben, dass wir eben genau zwei Wochen nach Bachelorabschluss den Verlagsvertrag in der Hand hatten. Ich habe natürlich niemals damit gerechnet. Das war aber richtig cool. #00:27:41-1#
Hannah Diemer: Danach ist es auch richtig toll für euch weitergegangen. Ihr seid inzwischen Dozentinnen an dieser Designfakultät. Ihr macht Projekte für ganz große Zeitschriften, für die Süddeutsche Zeitung, für die Psychologie heute, hat die verschiedensten Designprojekte. Wie hat sich das denn für euch entwickelt? Wie ist das? Wie hat sich das angefühlt? #00:28:01-6#
Luisa Stömer: Ja, eigentlich hat es sich ganz rasant entwickelt, kann man sagen. Weil viele nach dem nach dem Studium ja gar nicht unbedingt wissen Will ich jetzt selbstständig sein, möchte ich mich anstellen lassen. Und diese Frage hat sich für uns zum Beispiel gar nicht gestellt. Sondern dadurch, dass wir mit diesem Buch in dieser Frauengesundheit Ecke verortet wurden, haben wir ganz, ganz viele Anfragen bekommen und wurden in diese Selbstständigkeit total reinkatapultiert, kann man sagen. Und das wurde dann für uns sozusagen entschieden. Auch dass wir gemeinsam weiterarbeiten, hat sich dann so ergeben, dass wir ganz viele Illustrationen für Magazine gemacht haben, die uns dann natürlich für Collagen zum Beispiel angefragt haben, weil sie die aus dem Buch kannten. Oder auch andere feministische Zentren haben uns angefragt. Und so hat sich dann unser Portfolio darum aufgebaut, was ein ganz, ganz schöner Start war für eine Selbstständigkeit. Dass man sich erst mal keine Sorgen machen muss, wo die Aufträge herkommen. Und natürlich auch besonders, dass das funktioniert hat. So? Ja, total. Und dann? #00:29:04-7#
Luisa Stömer: Eigentlich haben wir nach dem Bachelor zwei Jahre lang durchgearbeitet. Also das klingt so, das meine ich total positiv. Wir haben einfach einen Auftrag nach dem anderen abgewickelt. Was für Grafikerinnen, die gerade Bachelor gemacht haben, sehr, sehr untypisch ist. Wir hatten erst hier in Nürnberg im Heizhaus auf AEG und dann auf AEG. Wir haben uns Räume dazu angemietet, waren immer eingebunden in kollektive oder in so größere Räume und haben einfach recht. Ich glaube, wenn wir so zurückblicken oder auch gerade mit unseren Studierenden so darüber reden wie entwickelt sich so was? Wir haben, glaube ich, einfach alles gemacht, was man halt machen kann. Also wir haben irgendwie Logos für das feministische Zentrum in Erlangen gemacht und für große Verlage gearbeitet. Wir haben irgendwie einfach gearbeitet. Es hat so Spaß gemacht und es war immer. Ja, genau. Also wir haben einfach jedes Projekt irgendwie dafür genutzt, das zu umzusetzen und dann weiterzumachen. Und irgendwann war aber klar, okay, irgendwie fühlen wir uns beide noch nicht so richtig fertig. Also ich hatte irgendwie den Gedanken, dass ich diese Wissenschaftskommunikation oder dieses inhaltsbasierte Design arbeiten, dass ich immer ein Thema habe und mir dann überlege, welche Form tatsächlich passt, am besten, um es ausdrücken zu können oder verständlich machen zu können. Das haben wir mit Ebbe und Flut gemacht und in vielen weiteren Arbeiten danach. Aber mir war irgendwie bewusst, ich kann das irgendwie, weil ich so Trial and Error mäßig machen muss. Aber ich habe es nicht wirklich gelernt. Und da gibt es ganz, ganz, ganz viel dazu zu lernen. Und da ist dann so schnell die Entscheidung gefallen, dass ich gerne einen Master machen würde. Und bei dir war es, glaube ich, genau so, dass wir uns überlegt haben okay, wir können jetzt auch die nächsten Jahre oder Jahrzehnte so weitermachen, aber irgendwie brauchen wir Input. Und wir waren eben in dieser Frauengesundheit total verortet und das ist auch mega cool. Aber es gibt ja ganz, ganz viele andere Dinge, die man machen kann. Und ich hatte oder wir hatten auch, glaube ich, beide Lust, aus Nürnberg rauszugehen. Und dann habe ich in Hamburg Wissenschaftskommunikation oder wissenschaftliche Illustration studiert und Eva in Leipzig Illustration Auf Diplom? #00:31:13-6#
Eva Wünsch: Genau. Und ich glaube genau das, was Luisa sagt, dass wir erst ganz intuitiv dieses Buch gemacht haben und diese Wissenschaftlichkeit da reingebracht haben. Das war so wie so ein Zufall, dass es geklappt hat. Aber wir wollten beide eher noch einen theoretischen Untergrund dem Ganzen schaffen, dass man nicht einfach irgendwas macht, sondern dass man auch versteht, was da genau passiert oder wie so was angeordnet werden muss, damit es funktioniert. Und unsere Studiengänge im Master und Diplom waren dann sehr unterschiedlich, weil bei mir war es zum Beispiel sehr auf das auf das einzelne Bild ausgelegt. Es ging viel um auch künstlerische Illustrationen. Wir haben beide aber auch Malerei nebenbei gemacht an den Hochschulen. Und bei Luisa war diese diese dieser Fokus, glaube ich, noch stärker auf die auf die Wissenschaftsillustration Gelegt und so konnten wir aber trotzdem voneinander ganz viel lernen, weil wir dadurch ja zwei Studiengänge eigentlich studiert haben und uns da gut austauschen konnten, was da so passiert, wie unterschiedlich auch gelehrt wird, was ja auch interessant ist. Und am Ende dieser Studiengänge haben wir uns dann wieder dazu entschieden, diesmal hochschulübergreifend eine gemeinsame Master und Diplomarbeit zu machen. Und das war dann natürlich über zwei Städte hinweg auch spannend, weil wieder eigentlich bürokratisch. #00:32:42-4#
Luisa Stömer: Gar kein Problem. Es macht nur oft niemand. Und ich habe auch damals, als wir diese Idee hatten, wir haben ja währenddessen selbstständig weitergearbeitet, also Eva in Leipzig, ich in Hamburg. Zum Glück war damals Covid. Also nicht, dass es gut gewesen ist, aber alle haben irgendwie gemerkt, okay, man kann über Zoom genauso arbeiten, wie wenn man an einem Ort ist. Das heißt, wir haben eigentlich so unsere Arbeitstage immer so simuliert. Ich weiß nicht, ob morgens um neun oder so, dann von meinem Bett an den Schreibtisch und habe mit Eva angefangen zu suchen, weil wir natürlich noch so laufende Aufträge hatten und unsere Selbstständigkeit so Städte übergreifend gemacht haben. Und dann ist irgendwann die Idee entstanden Wie wäre es, wenn wir unsere Master und Diplomarbeiten zusammen machen? Und ich hätte niemals damit gerechnet, dass die Hochschule sagt Ja klar kann man das machen. Ich habe wirklich gedacht, ein Ding der Unmöglichkeit. Und wir müssen jetzt so tun, als würden wir zufällig ein gleiches Buch machen, aber an den beiden Hochschulen prüfen lassen. Also separat. Und das ging total gut. Also wir konnten einfach in Leipzig und in Hamburg gleichzeitig abschließen. Das heißt, ich hatte, wir hatten Prüfungen in Leipzig, an der Hochschule und in Hamburg auch. Und so haben nicht nur wir voll viel miteinander an diesen Projekten gearbeitet, sondern unsere Professorinnen auch. Also irgendwie hatten die dann auch was miteinander zu tun und das war so cool. Und dann waren wir eben vor dem Moment gestanden okay, was machen wir denn als nächstes? Es ist Ebbe und Blut, irgendwie in den Regalen. Wir haben total viele andere Dinge gearbeitet. Was wollen wir jetzt machen? Thematisch und inhaltlich. Und das ist ganz oft, das passiert in unserer Arbeit eigentlich ständig. Wir sind mit neuen Themen befasst und dann überlegen wir uns okay, und wie können wir uns auch visuell weiterentwickeln, Worauf haben wir Bock, was können wir noch nicht? Und so war das thematisch auch so Welche Themen haben wir denn noch nicht angefasst? Was ist was ganz anderes? Worin sind wir richtig schlecht? Und aus den Gesprächen unter uns und da ist es halt auch super, dass wir so eng befreundet sind und so viel Zeit im Gespräch miteinander verbringen. War irgendwie klar. Wir sind beide richtig schlecht, was Sterben, Tod und Trauer angeht. Weder können wir gut darüber reden, noch wissen wir viel. Es ist. Wir sind ganz beklemmt davon, überhaupt Worte dafür zu finden. Wir haben keine. Eigentlich herrscht so eine Angst vor, die aber aber so ein, so ein eigentlich fast schon so ein schwarzes Loch ist. Man kann damit ganz schwer umgehen. Man hört eigentlich wieder auf, darüber zu sprechen, aus vielen verschiedenen Gründen. Und dann haben wir ein bisschen angeschaut, was gibt es denn eigentlich dazu und wie sind die Dinge gestaltet, die zu sterben, Tod und Trauer veröffentlicht werden? Bücher, Postkarten, Trauerkarten? Wie sehen Urnen aus? Wie. Wie sieht alles aus, was mit dem Tod zu tun hat? Was sind Logos von Bestattungshäusern? Und. Uns war ganz schnell bewusst, dass dieses Schweigen oder diese Art, wie wir eigentlich überhaupt nicht damit umgehen können, mit dieser Angst im Vordergrund und diese Abwehr, dass sie sich auch in der Visualisierung zeigt. Also die Symbole, die damit einhergehen, sind die, die irgendwie religiös konnotiert sind. Womit wir alle gefühlt nicht mehr viel anfangen können, die wir auch nicht mehr zuordnen oder kennen. Das heißt, es gibt eine ganz große Sprachlosigkeit, sich neue Dinge dazu auszudenken oder so eine visuelle Sprache zu entwickeln, was wiederum total Abbild davon ist, wie die tatsächliche Sprache oder diese Zugänglichkeit dazu möglich ist, nämlich einfach fast nicht. Und da war klar okay, wenn wir uns thematisch mit diesen Themen beschäftigen und da irgendwie in der Recherche einsteigen, genau die gleiche Recherche und genau gleiche Umwälzung von innen in das Gespräch oder in die Kommunikation darüber zu kommen, funktioniert auch visuell, oder? Da gibt es auch ganz viel zu tun. So. Und so war dann klar okay, wir machen eine hochschulübergreifende Masterarbeit und Diplomarbeit und wir beschäftigen uns mit Sterben, Tod und Trauer. #00:36:20-9#
Hannah Diemer: Sehr beeindruckender Prozess, den ihr da immer wieder habt. Ich finde das mega stark, wie ihr euch mit diesen Themen auseinandersetzt, die ja davor noch nicht zu viel Beachtung geschenkt bekommen habe und wie ihr das jedes Mal geschafft habt, da so einen Fokus drauf zu legen, Das finde ich wirklich was ganz besonderes und würde noch mal von euch wissen wollen. Wie schafft man das denn über so Visualisierungen und Grafiken dann so entweder tabuisierte Themen oder so sehr schwere Themen dann doch wieder so aufzubereiten, dass die Leute dranbleiben und dass man doch irgendwie ein Interesse daran hat, noch tiefer reinzugehen, obwohl es vielleicht schmerzhaft ist. #00:36:59-8#
Eva Wünsch: Ich glaube, das ist. Eine ganz gute Frage, die wir uns auch gestellt am Anfang. Wir wussten auch nicht genau, wie man illustrativ visuell da rangehen soll. Und so war der Beginn von diesem Ganzen eigentlich, dass wir uns für mehrere Wochen abgekapselt haben. Wir sind aufs Land gefahren, waren in so einer Artist Residency, wo wir, glaube ich, niemanden gesehen haben sonst irgendwo in Brandenburg. Es gab eine Straußenfarm nebenan, da sind wir manchmal spazieren gegangen und da war nichts. Und wir haben einfach angefangen zu lesen, uns Podcasts anzuhören. Wir haben angefangen, Kontakte rauszusuchen von Leuten, die sich schon mit dem Thema beschäftigen, von Bestatterinnen und die mal angerufen und sind dann ganz tief eingetaucht. Relativ schnell, erst mal nur durch die Recherche und um dem dann visuell auch etwas entgegenzusetzen, haben wir einfach angefangen zu malen, ohne figürlich zu werden. Einfach nur Blätter voll. Es klingt ein bisschen so wie so ein Kinderworkshop, aber es funktioniert tatsächlich manchmal einfach, ohne dass man an ein Endprodukt denkt, was aufs Blatt zu setzen. Und ich habe dann in einer Farbe angefangen. Dann lagen da 50 Blätter auf dem Tisch, die dann, als sie getrocknet waren, an Luisa weitergegeben wurden. Und sie hat dann was drüber gemalt. Und so sind ganz viele Schichten entstanden. Und diese Blätter waren der Beginn von, ja von der Idee, dass man zusammen malt, illustriert. Und erst im Laufe der Zeit sind dann aus diesen Blättern, die wir dann gescannt haben und archiviert, so Texturen entstanden, die wir dann in andere Ideen eingeflochten haben. Es ist aber tatsächlich, gerade wenn man ein Thema neu bespielt und auch noch nicht weiß, wie das am Ende aussehen soll, auf jeden Fall ein verrückter Prozess irgendwie sich darauf einzulassen, eben noch nicht zu wissen, was am Ende rauskommt. Und da muss man, glaube ich, durchhalten und das auch zulassen, dass es ein Prozess ist. #00:39:03-6#
Luisa Stömer: Und ich glaube, da war uns ziemlich schnell klar, dass es, wenn es um solche Themen, also so ganz stark tabuisierte Dinge geht, ist es. Das ist ja zu Anfang. Also du hast es jetzt gerade geschildert. Deine Frage kommt daher, dass du, dass wir schon draufklicken können auf zwei Bücher, die irgendwie veröffentlicht sind und die im besten Falle Personen weiterhelfen können. In dem Prozess hat man natürlich keine Ahnung. Also wir wussten nicht, ob uns irgendwann wieder ein Verlag dieses Buch abnehmen wird. Und ich kann auch vorgreifen. Das war ein ganz anderer Prozess als bei Ebbe und Flut. Der Tod lässt sich viel schwieriger vermarkten als alles andere. Er trägt viel mehr Angst und viel mehr Abwehr mit sich. Und wir haben ganz klar von Verlagshäusern gehört Hey Leute, es ist ein so schönes Buch, aber der Tod lässt sich einfach nicht verkaufen. Wir können es nicht veröffentlichen. Das ist nicht wirtschaftlich. Das heißt, damit konnten wir nicht rechnen. Aber wir haben natürlich versucht, das irgendwie thematisch oder visuell vorzugreifen. Was würde uns denn am einfachsten fallen? Und da geht es bei Sterben einfach erst mal darum, überhaupt den Zugang dazu zu schaffen, sich damit zu trauen, zu beschäftigen. Sich selbst und aber auch das Umfeld. Und ich weiß, wir haben voll arg versucht, alle Fragen zu stellen, die uns irgendwie eingefallen sind und wir haben unser ganzes Umfeld befragt und dabei gemerkt Wow, es sind ja alle selbst so unsere Eltern und Personen, die einfach schon schon Personen zu Grabe getragen haben und die einfach viel mehr Lebenserfahrung haben. Selbst die sind irgendwie, die haben keine Worte dafür. Und wir haben einfach irgendwie nach dem Motto begonnen zu versuchen, Sprache dafür zu finden, die uns das möglich macht, sich damit zu beschäftigen. Und ich glaube, daraufhin haben wir angefangen, den Rest dieses Buches zu machen. Also ich weiß noch, dass wir Illustrationen gemacht haben am Anfang, die habe ich dann an meiner Hochschule damals besprochen und dann hat mein Prof zu mir gesagt, dass er findet, dass wir total aufpassen müssen, dass wir nicht genau diesen diese Übertreibung bei diesem Thema schaffen. Also dass die Illustrationen eigentlich aussehen, als würden sie auch in der Brigitte abgedruckt werden können. Die waren super bunt und das heißt, wir sind einmal eins drübergegangen. Wir haben versucht, irgendwie eine neue visuelle Sprache für etwas zu finden, was irgendwie stiefmütterlich oder gar nicht behandelt wird. Oder mit schwarz oder Grau, um in den Farben zu sprechen belegt wird. Und jetzt haben wir es übertrieben und es ist irgendwie alles orange und rosa und man kann den Kontext nicht mehr verstehen und einem Thema damit aber auch so total seine Tatsächlichkeit zu nehmen. Und zwar ist der Tod schwer. Er ist düster und dunkel und er macht Angst. Und das muss auch alles Teil dieser visuellen Sprache sein. Also was die Illustrationen angeht, war das der Versuch von uns, erst mal das Gegenteil zu schaffen, und zwar absolute Zugänglichkeit. Durch das Verwischen von Kontext und der Mittelweg. Und dann der Weg, den wir bei Schwellenangst versucht haben, dann später komplett durchzuziehen. Der war der, ein Mischverhältnis aus all jenen Dingen zu schaffen, also ein Buch zu machen, das uns dazu ermuntert, sich mit etwas zu beschäftigen, ohne aussparen. Dass die Beschäftigung damit hart sein kann und dass das, was auf uns zukommt, im Prinzip auch nicht vorgegriffen werden kann. Keine Ahnung, wie sich das anfühlt, wenn jemand stirbt, der mir unglaublich nahesteht. Ich glaube, das wird die Hölle. Egal, was ich für ein Buch dazu gemacht habe, es ist die Hölle. Aber sich selbst damit beschäftigen zu können. Was macht es denn mit meiner eigenen Angst? Wo ist die? Wie? Wie gehe ich mit meinem, mit meiner eigenen Sterblichkeit um? Das ist dann noch mal eine andere Frage. Und diese verschiedenen Blickwinkel auf den Tod, die sind entstanden. Und sprachlich war es so ähnlich. Wir können in dem Buch über den Tod nicht so witzig sein Seien wie bei Ebbe und Flut vielleicht, wo es vielleicht viel einfacher ist, über körperliche Dinge mit Humor hinweg zu gehen. Aber es gibt auch eine gewisse Leichtigkeit oder eine gewisse keine Flapsigkeit, Aber so eine Zugänglichkeit, wie man auch über den Tod anders sprechen kann, ohne sich über Humor davon abzugrenzen. Und das war auch, glaube ich, Trial and Error. Wir haben es einfach probiert und dann geguckt, was resoniert dann mit uns am besten? #00:43:20-0#
Hannah Diemer: Ich habe dann doch geschafft, das Buch zu veröffentlichen und seid jetzt ganz viel auf Lesereise. Welchen Menschen begegnet ihr denn auf euren Lesungen? Was kommen da für Gespräche zustande? #00:43:32-5#
Luisa Stömer: Das ist eigentlich ganz unterschiedlich. Wenn, wenn man sich das Publikum anschaut. Viele Leute kommen natürlich, weil sie sich selbst auch mit dem Thema beschäftigen. Es sind oft Trauerredner innen, Sterbebegleiterin, Bestatterinnen aus der Branche, auf jeden Fall ganz viel. Aber auch Leute, die sich dafür interessieren, die vielleicht jemanden verloren haben, vor kurzem oder vor längerem, und sich das gewünscht hätten, dass es damals schon irgendwie ein Buch gegeben hätte, was sie begleitet. Für uns war das ja auch eine große Hürde, würde ich sagen. Oder eine große Angst. Wie reagieren jetzt Leute darauf, die gerade jemanden verloren haben? Weil wir natürlich nicht aus dieser Motivation heraus dieses Buch geschrieben haben, dass wir selbst einen Verlust erlebt hatten. Und da war das natürlich dann aufregend und auch hat mir manchmal so ein bisschen Sorge davor, wie. #00:44:29-4#
Eva Wünsch: Gerade diese Personen reagieren. Man kann aber sagen, dass es durchweg ganz, ganz schöne Begegnungen waren und die die Leute danach mit uns ins Gespräch gegangen sind Und das immer sehr verbindende Abende waren diese Lesungen. Also es war immer ein angeregtes Gespräch danach. Und wir sind ganz. Ja, mit so einem Mist, ohne dass. Es. Jetzt so kitschig klingen soll, mit so einem vollen Herzen aus diesen Abenden rausgegangen, weil viele positive Rückmeldungen natürlich gekommen sind, aber auch viel Input wieder für uns da war und was irgendwie über diesen Abend in der Lesung geschwebt hat. Wie aber auch die Resonanz, die zu dem Buch auf anderem Wege kommt, ist so Das und das ist eigentlich der Punkt, bei dem wir irgendwann angesetzt haben, dieses Buch zu machen. Diese irgendwie ja, ich benutze den Begriff aber diese Dankbarkeit, überhaupt Anknüpfungspunkte zu haben. Die ist so riesig, das merken wir auch auf diesen Lesungen. Das sind Personen, weiß ich nicht. 85 war mal eine Person, die wir gefragt haben, wie alt er ist oder 15, drei Schwestern, die ihren Papa verloren haben, wenige Wochen, bevor sie auf unsere Lesung gekommen sind. Das sind dann quasi Menschen, die irgendwie sehr alt sind und eine ganz andere Lebenserfahrung haben. Und junge Frauen, die irgendwie ihren Vater verloren haben. Und alle verbindet diese eine Sache. das ist endlich Raum oder Möglichkeit gibt, egal in welcher Form eigentlich. Sich damit zu beschäftigen und Anknüpfungspunkte zu schaffen. Und zwar auch nicht nur mit denen, die in derselben Situation sind, sondern überhaupt ein Gespräch darüber zu führen. Und ich weiß noch, dass die Präsentation, die wir da machen oder die Art von Lesung, die wir gestalten, war immer so eine Stunde. Und dass wir bei vielen Abenden oder eigentlich bei allem doppelt so viel Zeit damit verbracht haben, ins Gespräch zu kommen oder Fragen zu beantworten. Und meistens mussten wir dann irgendwann sagen Okay, jetzt reicht's, jetzt müssen wir was essen oder trinken. Wir hätten das noch ewig fortführen können. Also dieser Hunger nach Kommunikation darüber, die dieses Buch ja irgendwie auch schaffen sollte, der ist riesengroß. Und das ist irgendwie das Schönste daran, dass es das jetzt gibt. #00:46:31-9#
Hannah Diemer: Euch ist es dann nicht nur gelungen, inhaltlich und emotional ein gutes Buch zu machen, sondern ihr habt dafür ja wirklich auch diesen World Illustration Award bekommen. Aus 84 Ländern gab es Einsendungen, 5000 Exemplare wurden eingeschickt und ihr habt es gewonnen. Wie ist denn dieser Prozess? Habt ihr das selber eingereicht? Wird man da vorgeschlagen? Wie passiert das? #00:46:54-4#
Eva Wünsch: Also das Buch haben wir dort selbst eingereicht. Wir machen da schon lange mit. Bei dem Wort Illustration Award. Das ist so ein Teil von unserem bürokratischen Dasein, dass wir die Sachen natürlich auch irgendwo hinschicken, wo sie dann vielleicht honoriert werden. Und ich glaube das. Also wir haben natürlich beide nicht damit gerechnet, diesen Award zu gewinnen. Aber ich glaube, weil eben die Illustration in diesem Buch keine Dekoration ist, sondern noch mal eigenständig den Inhalt nicht nur transportiert, sondern weiterführt. Hatte das dann auch eine Chance? Weil ich glaube. Dass. Dieser Award oft Projekte honoriert, die genau diesen Übertrag schaffen. Und damit würde ich das, glaube ich, verknüpfen, dass das funktioniert hat. Ich freue mich natürlich sehr. Und das ist eine ganz, ganz tolle Sache, dass das Buch auch international sichtbar wird. Auch wenn. Es. Auf Deutsch geschrieben ist, hoffen wir natürlich auch immer noch darauf, dass sich in der Zukunft vielleicht auch mal eine Übersetzung ergibt. Dementsprechend glaube ich, haben wir den Weg, den wir da mit der Illustration eingeschlagen sind. Der ist nicht nicht typisch für die Illustration, weil oft ist sie ja ein Dekoelement oder etwas, was man vielleicht sogar schon sieht. Und in den Bildern in unserem Buch geht es ja auch darum, dass man sich vielleicht auch nur über die Bilder erst mal dem Thema annähert. #00:48:17-9#
Luisa Stömer: Viele haben uns erzählt, dass sie genau das gebraucht haben, um das Buch überhaupt aufzuschlagen, dass der Bilder drin sind, wo man mal gucken kann und vielleicht schon mal so vorführt, worum geht es da oder was kann ich da selber hineinlesen und interpretieren? Mhm. Und dann hat dieses Buch natürlich unterschiedliche Kapitel, die unterschiedlich schwer zu fassen sind. Also wenn wir zum Beispiel über Erbe und Vermächtnis sprechen, dann ist das ein Kapitel, von dem ich denke, dass es das man sich textlich von. Einfach nähern kann. Und dann gibt es Themen wie Sterbehilfe oder Suizide, wo man vielleicht ein Kapitel aufschlägt und nur die Bilder anschaut zu Anfang, um irgendwie fassen zu können. Wie wird da darüber gesprochen? Also auch die Visualität ist ja eine Sprache. Und genau ich glaube, das wurde da irgendwie erkannt. Glücklicherweise. Gut. #00:49:04-5#
Hannah Diemer: Wer sich Bildungszentrum noch weiter mit dem Thema Tod und Sterben auseinandersetzen will, für den haben wir zwei Angebote. Ihr könnt sehr gerne zu unserem Trauercafe kommen. Das ist jeden Sonntag im Südpunkt unter dem Titel Heißer Kaffee und warme Worte mit der Trauerbegleiterin und Theologin Elke Janosch. Der Einstieg ist da jederzeit möglich. Das heißt, ihr könnt da wirklich immer dazukommen. Und es gibt ja, wie Luisa gerade gesagt hat, auch so praktische Themen zum Sterben, zum Beispiel Testament schreiben. Da haben wir einen Kurs für euch am Samstag, den 6. Dezember. Nach diesen ganzen fantastischen Phantastischen Themen interessiert es mich natürlich brennend, was sie als nächstes vorhabt. Welche Tabuthemen findet ihr denn spannend, wo man weiter dran arbeiten kann? Was habt ihr denn für nächste Projekte für euch? #00:49:53-6#
Luisa Stömer: Achilles Das so lange es geht, natürlich. Es gibt natürlich eine Liste, die wir so mit uns herumtragen, wo wir immer mal wieder was draufschreiben. #00:50:02-2#
Eva Wünsch: Was uns. Interessiert, was wir jetzt aktuell als nächstes planen. Darf ich das erzählen? Ja, okay. Was wir schon. Was wir aktuell als nächstes planen, ist ein Buch, was sich nochmal mit dem Menstruationszyklus beschäftigt. Jetzt, zehn Jahre später, Weil es hat sich ja viel verändert. Unser Buch Ebbe und Flut ist nicht mehr so aktuell. Zum Glück. Das heißt, anhand dessen kann man sehen, wie viel sich da schon getan hat, wie viel neue Forschung es auch gibt. Und wir versuchen uns jetzt gerade über die Recherche diesen ganzen Themen wieder zu widmen und zu gucken, was gibt es da Neues, wie kann man vielleicht auch noch mal jetzt als zehn Jahre ältere Person als damals darauf gucken, wie Wie geht es Menschen, die ihren Zyklus beobachten und den. Welchen Einfluss hat er auf unser Leben? Wie kann man vielleicht auch das Leben ein bisschen danach ausrichten? Oder geht das überhaupt? Und ist es erstrebenswert, diese diese Fragen? Und dann ist es natürlich. #00:51:05-3#
Luisa Stömer: Was den Menstruationszyklus irgendwie berühmt gemacht hat, ist die Menstruation, das, was alle kennen, wofür es Mittel und Wege gibt, Geld damit zu verdienen. Also Menstruationsprodukte. Also man blutet einmal im Monat und dann kann man dafür sehr viel Geld ausgeben und das ist sichtbar. Und dann gibt es aber eben drei Wochen oder einen größeren Zeitraum. Der, der keine Symptome hat nach außen, also für uns selbst ja, schon, aber für das Außen nicht so sehr. Es ist nicht so bekannt und auch nicht so, da gibt es nicht so viel zu erkennen. Also was ist mit diesen Wochen? In den Wochen gibt es genauso Hormonschwankungen. Es gibt bestimmte Symptome. Es gibt bestimmte Einflussfaktoren unter den Körper stehen und wir haben uns jetzt zur Aufgabe gemacht, uns da in die Recherche zu begeben und zu überlegen Was gibt es da noch zu sagen und zu wissen und zu erkennen? Und genau. #00:51:58-8#
Hannah Diemer: Herzlichen Dank für das Gespräch mit euch. Ich könnte noch so lange weitersprechen. Ich finde das wahnsinnig interessant, wie wie ihr arbeitet und an was ihr arbeitet. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt für unseren Podcast. #00:52:13-2#
Luisa Stömer: Vielen Dank. #00:52:14-0#
Eva Wünsch: Danke dir. #00:52:14-8#
Luisa Stömer: Das war schön. #00:52:15-7#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Zwei Künstlerinnen erzählen, wie sie ihre kreative Partnerschaft über Jahre lebendig halten. Ein inspirierendes Gespräch über Freundschaft, Kreativität und den Mut, gesellschaftliche Tabus zu illustrieren.
Autor*innen und Künstler*innen sind seit jeher bekannt als Einzelkämpfer*innen oder einsame Genies. Luisa Stömer und Eva Wünsch stellen dieses Konzept radikal auf den Kopf: Sie arbeiten verbunden auf einem Blatt und wissen am Ende nicht mehr, wer von beiden was produziert hat.
Wie diese Arbeitsweise funktioniert und ob es wirklich eine Traumvorstellung ist, mit seiner besten Freundin jeden Tag zusammen zu arbeiten, schildern die beiden Illustratorinnen und Grafikerinnen in ihrem Büro in Gostenhof.
Wünsch & Stömer haben diese Arbeitsweise von Beginn an perfektioniert. Schon ihre beiden, gemeinsam erstellten, Bachelor- und Masterarbeiten sind inzwischen veröffentlichte und prämierte Bücher.
Fast nebenbei brechen sie dabei auch inhaltlich und visuell mit Tabus über Menstruation und unseren Umgang mit Tod und Trauer.
Links zu Wünsch & Stömer:
- büro wünsch und stömer
- World Illustration Award: World Illustration Awards – World Illustration Awards
Links zu BZ Kursen:
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Aufgenommen am: Freitag, 7. November 2025
Veröffentlicht am: Donnerstag, 13. November 2025
Moderation: Hannah Diemer
Im Gespräch: Luisa Stömer & Eva Wünsch
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede zweite Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.
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