Ronen Steinke, wie gut sind wir gegen Demokratiefeinde gewappnet?
Ansage: Kontaktaufnahme. Der Podcast Bildungszentrum Nürnberg. #00:00:10-9#
Grazyna Wanat: In der heutigen Folge hören Sie einen Mitschnitt von einem Livegespräch, das am 19. September 2024 im Rahmen der Reihe "Sachbuch des Monats" am Bildungszentrum Nürnberg stattgefunden hat. Unser Gast Ronen Steinke ist Jurist, rechtspolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und schreibt Bücher. Seine 2013 veröffentlichte Biografie über Fritz Bauer, den mutigen Ermittler und Ankläger der Frankfurter Auschwitzprozesse, wurde mit "Der Staat gegen Fritz Bauer" preisgekrönt verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Auch der hochgelobte, 2017 erschienene Titel "Der Muslim und die Jüdin - Die Geschichte einer Rettung in Berlin" wurde mehrfach übersetzt. Mit etlichen seinen politischen Büchern löste er in Deutschland Debatten aus, so etwa mit dem 2022 veröffentlichten Bestseller unter dem Titel "Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich - Die neue Klassenjustiz" oder mit dem Buch "Verfassungsschutz - Wie der Geheimdienst Politik macht". Mein Name ist Grazyna Wanat . Ich durfte das Gespräch moderieren. Im zweiten Teil hören Sie auch, wie Ronen Steinke die zahlreichen Publikumsfragen beantwortet. Herzlich willkommen! Nürnberg ist für Sie kein unbekannter Ort, oder? #00:01:57-4#
Ronen Steinke: Ich bin hier aufgewachsen. Ich bin jetzt seit ein paar Jahren in Berlin, aber ich bin hier zur Schule gegangen. Zivildienst gemacht? Ja. #00:02:05-6#
Grazyna Wanat: Ich habe einige Büchertitel aufgezählt und für mich scheinen sie Teile von einer großen Erzählung zu sein, in der einerseits ein gerechter Staat als eine Utopie vorschwebt und andererseits die wunden Punkte oder Konstruktionsfehler aufgezeigt werden, die diese allgemeine Gerechtigkeit verhindert oder sogar unmöglich machen. An der anderen Seite zeigen sie auch an mutigen Beispielen auf, dass es doch möglich ist, an den bestehenden Verhältnissen etwas zu verändern, egal wie kompliziert sie sind, die Verhältnisse Und ist es für Sie schwer, das ist die erste Frage jetzt, ist es für Sie schwer, als Buchautor die Balance zu finden zwischen Ermutigung und Desillusionierung? #00:02:53-1#
Ronen Steinke: Ja, es ist, also die Ermutigung, was zu verändern, die kommt ja daraus, dass man erstmal unzufrieden ist mit dem, wie es ist. Insofern da hängt irgendwie die Wut oder die Empörung über Missstände eng zusammen mit dem, was ich dann so schön Ermutigung nenne. Also das ist es ist ja nicht möglich, das nur rein positiv zu erzählen und darzustellen. Das ist ja auch nicht rein positiv, sonst würde man nichts verändern wollen. Ich bin die Art von Jurist, die nicht totaler Paragraphenfetischist ist, aber ein kleines bisschen doch, ich will das auch erklären, weil, also dass wir in einer Gesellschaft leben oder in einem politischen System leben, wo die politischen Mächte gezwungen werden, ihre Vorstellungen in Form von Gesetzen aufzuschreiben und zur Abstimmung zu stellen, das ist schon erstmal was Gutes. Das ist erstmal schon mal ein Fortschritt gegenüber dem Urzustand davor, der da lautete Der Fürst macht, was ihm morgens einfällt, oder der König oder die Königin. Also dieses, dieser Gewinn an Rechtssicherheit, an Verlässlichkeit, dass man auch alle politischen Akteure dazu zwingt, ihre Meinungen auch abstrakt als Gerechtigkeitsidee zu formulieren. Ich bin der Meinung, man müsste das so und so regeln, weil das fair ist. Und das, das hebt die Diskussion schon auf ein besseres Level und das ist schon ein Fortschritt. Also ich glaube, dass wir in einem Rechtsstaat leben, anders als in früheren Jahrhunderten. Das ist schon erstmal etwas Gutes. Und dass es diese ganzen Paragrafen gibt im Gegensatz zu zu früher, ist auch was Gutes. Aber ich bin halt nur halb, Gott sei Dank, weil ich nicht von der naiven Sorte bin. Dass ich sage, was im Gesetz steht, ist per se dann auch gerecht. Also das wäre, glaube ich, töricht und natürlich nicht, sondern das, was im Gesetz drin steht, ist ein Abbild dessen, was die damals aktuellen Machtverhältnisse, also damals, als das Gesetz geschaffen wurde, halt gerade für gerecht hielten. Und solche Meinungen können sich wandeln, auch die Mehrheiten können sich wandeln. Ich kann auch der Meinung sein, dass selbst eine große Mehrheit irrt. Das soll auch vorkommen. Das ist nicht illegitim, das ist nicht irgendwie ein antidemokratisches, schlechtes Benehmen oder eine Richterschelte, wenn man sagt, Nö, ich finde eigentlich, so wie das da geregelt ist, ist das gar nicht fair. Ich finde eigentlich ziemlich unfair. Und ich glaube, im Gegenteil ist es eigentlich für alle eine ganz vornehme Pflicht, sich diese Frage immer kritisch zu stellen. Also wir leben in einem System, wo wir alle die politische Macht legitimieren, ja, ob wir es wollen oder nicht. Also Demokratie heißt, es wird alles im Namen des Volkes und im Namen von uns allen gemacht. Und da wird ziemlich viel gemacht, sage ich jetzt mal persönlich, wo ich mir also, was mir gar nicht gefällt, dass es in meinem Namen gemacht wird. Und dann bin ich aber auch in der Pflicht, das zu sagen und da auch in die Diskussion reinzugehen. Also das ist so die Art von Zugang, die ich zu dem Thema recht habe. #00:06:01-6#
Grazyna Wanat: Und wenn das "You are not alone" heißt mit diesem Wortspiel, dann wer ist dieses "you"? Sind das vorrangig Juristinnen, an die das adressiert ist? Oder wir alle? Oder gibt es eine bestimmte Zielgruppe? #00:06:17-6#
Ronen Steinke: Also ich hoffe, wir alle tatsächlich, weil ich. Also ich habe Jura studiert, ich habe promoviert, ich habe diesen akademischen Weg gemacht und ich erlebe heute, dass ich Briefe bekomme von der Kita Behörde beispielsweise, die ich nicht verstehe. Sprachlich nicht. Vielleicht bin ich der Einzige, aber vielleicht auch nicht. Also ich bekomme, oder von der Krankenkasse. Ich sitze davor, ja, ich habe wie sie alle irgendwie viel zu tun und man hat da auch 1000 Sachen morgens und dann auch keinen keine Lust da mit Mikroskop mich dann zwei Stunden über so einen Text zu beugen, sondern ich erwarte eigentlich, wenn der Staat etwas von mir möchte oder eine große Organisation wie eine Krankenkasse, dass mir das doch irgendwie mir in verständlichen Worten übermitteln können müsste. Also liegt es an mir? Frage ich mich. Nein. Also das ist ein Missstand in unserer Gesellschaft. Der ist ein bisschen lustig, aber auch ein bisschen skandalös. Eigentlich. Ja. Und wenn es jetzt nur #00:07:13-6#
Grazyna Wanat: Das ist gar nicht lustig, das ist gefährlich. #00:07:14-9#
Ronen Steinke: Ja, das ist leider eigentlich gar nicht lustig. Ja, man kann es mal, man kann es mal deutlich sagen. Wenn wir jetzt von einer Justiz, von der Staatsanwaltschaft, von einem Gericht einen Brief bekommen und also so eine Art Strafbefehl zum Beispiel, ja, also die Staatsanwaltschaft wirft mir etwas vor und ich soll mich dazu erklären. Und das ist in einer Sprache verfasst, die die Adressaten nicht erreicht. Das ist nicht in Ordnung. Und ich erlebe, wenn ich als Beobachter zu Gerichtsprozessen gehe, Ich sitze dann immer im Publikum, also im Zuschauerraum, und habe dann schweigend meinen Notizblock in der Hand. Ich erlebe, dass Gerichtsverhandlungen stattfinden und am Ende werden Urteile gesprochen und mir kann keiner erzählen, dass die Person auf der Anklagebank kapiert, was Sache ist. Und das liegt nicht an mangelnder Intelligenz oder mangelnder guten Willen. Es liegt wirklich an der Sprache und das halte ich für nicht akzeptabel, ehrlich gesagt. Und ich können Urteile lesen. Urteile In Deutschland kann man sich als Journalist beim Gericht einfach heraus verlangen, auch wenn man nicht betroffen ist selber. Die werden dann anonymisiert. Aber man kann sagen, ich möchte gerne wissen, was da gestern im Urteil drin stand und dann bekomme, dann bekomme ich die per Email. Und das sind Urteile, die sich gegen Obdachlose richten, die also zwölf Seiten lang sind in kompliziertesten bürokratischem Deutsch, also mit Schachtelsätzen mit so, was ja besonders gern gemacht wird im juristischen Bereich, mit Substantivierungen. Ja, das, also jedes Verb wird also eingefroren, schockgefrostet zu einem Nomen, also eine Sprache, die vollkommen fern ist von dem, was man im Alltag so, so an lebendigem Deutsch hat. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht, dass die Person, die sowas schreibt, also die Richterin, der Richter selber glaubt das das ankommt bei den Menschen. Und eigentlich ist doch die Grundidee von einem Strafprozess beispielsweise, du hast da jemanden, der hat was übles gemacht, oder soll es gemacht haben, aber wenn es sich dann herausstellt, dass er es war, hat er es gemacht und dann soll mit dem geschimpft werden und die ganze Idee des Strafprozesses, auch der Strafe ist, wir reden dem ins Gewissen, wir schimpfen und zwar so deutlich, dass der es nicht mehr macht. Wenn wir dann aber gleichzeitig uns eingestehen müssen, wir tun das in einer Sprache, von der wir wissen, das erreicht ihn gar nicht, das ist ja dann noch nicht mal im Interesse des Staates, das ist einfach nur unsinnig. Und das ist vielleicht ein bisschen überspitzt. Da gibt es sicherlich auch Beispiele, wo es besser läuft, aber im Großen und Ganzen ist das ein Missstand, den ich sehr, sehr oft wahrnehme, dass die juristischen Dinge in einer Sprache eingekleidet sind, die nicht volkstümlich, die nicht nicht zugänglich ist für viele Menschen. Und das ist in der Demokratie kein Zustand, den wir so einfach hinnehmen sollten. Das verhindert nämlich, dass dann die Menschen kritische Fragen stellen. Also im Gerichtssaal verhindert es, dass der Angeklagte oder die Angeklagte da mitreden kann auf Augenhöhe und vielleicht den Finger heben und mal was einwenden kann, weil einfach, versteht halt nicht. #00:10:12-4#
Grazyna Wanat: Nicht versteht und eingeschüchtert ist. #00:10:13-4#
Ronen Steinke: Und eingeschüchtert ist, ja. Und es verhindert, auch im Umgang mit Behörden, ja, wenn ich dann Schreiben bekomme und ich verstehe gar nicht so weiter, dann verhindert es auch da, dass ich irgendwie als Bürger, ja als, bin ja Subjekt. Ich bin ja nicht irgendwie untertan. Ja, ich soll ja auch selbstbewusst mit den Behörden reden, ich bezahle die ja schließlich auch mit meinen Steuermitteln. Also das wird auch damit verhindert. Es insgesamt wird verhindert, dass man so mit einem guten Gefühl Bürger ist und das, ja, was dramatischeres kann man ja gar nicht sagen und deswegen ist es mein Anliegen. Und es ist wirklich tief empfundene, finde ich, eigentlich demokratische Pflicht, dass man diese sprachlichen Hürden absenkt, dass man sagt, also dieses Recht, was in den Gesetzbücher drinsteht, das gehört allen, also im Namen des Volkes, ja allen. Alle haben ein gutes Recht darauf, da reingucken zu können, verstehen zu können, was Sache ist. Mitdiskutieren zu können. Also ich bemühe mich, das so sprachlich zu öffnen, so gut es geht und ich bemühe mich auch, da ohne Bashing, aber auch ohne falsche Ehrfurcht ranzugehen und zu sagen das ist von Menschen gemacht, all diese Gesetze, selbst das Grundgesetz ist von Menschen gemacht. Und wenn heute noch mal neue Menschen so was machen würden, dann wären die vielleicht schon zwei drei Generationen klüger. Ist nicht gesagt das alles für alle Zeit immer so in Stein gemeißelt ist. Lasst uns doch alle Selbstbewusstsein haben, kritisch auf alle Paragraphen, alle Artikel vom Grundgesetz und auch alle völkerrechtlichen Dinge zu gucken und offen zu diskutieren. Und je mehr Leute mitdiskutieren, ist auch meine Erfahrung, desto besser werden die Diskussionen in der Regel. #00:11:45-4#
Grazyna Wanat: Das Gespräch beginnt wunderbar. Sie haben keine Ahnung, wie oft ich mich darüber aufrege, wie kompliziert auch behördliche Briefe, nicht nur juristische Briefe, aber Arbeitsamtsbriefe, oder... #00:11:57-5#
Ronen Steinke: Und da habe ich auch ein bisschen den Verdacht manchmal, dass das auch Absicht ist. #00:12:00-9#
Grazyna Wanat: Das ist Absicht, einschüchtern, ja #00:12:00-9#
Ronen Steinke: Das ist eine Art Herrschaftsmittel. Und es ist ja auch vielleicht sogar erwünscht, dass da wenig Resonanz kommt. Also ist jetzt ein bisschen böse, das zu unterstellen, aber den Eindruck kann man schon manchmal haben. #00:12:14-1#
Grazyna Wanat: Ja, ich kann gleich mit privaten Sachen anfangen. Ich habe in der Verwandtschaft jemanden, der ständig, gerade jetzt, solche Briefe bekommt und die deutsche Sprache nicht beherrscht. Ich soll sie immer übersetzen ins Polnische und ich kann das nicht und er zweifelt an meiner Ausbildung und an meinen Sprachverständnis, sagt "Warum verstehst du das nicht?" und ich verstehe die Briefe wirklich nicht. Ist es damit gesagt, jetzt bekommt er das Geld, oder bekommt er das Geld doch nicht? Schwer zu verstehen, ja. Naja, aber tatsächlich. Das Buch ist so geschrieben, dass man alles versteht. #00:12:50-4#
Ronen Steinke: Zwei Minuten haben wir ja. Also es gibt in Deutschland etwas, das nennt sich Strafbefehl. Sie kennen das alle im Gerichtssaal. Jemand ist angeklagt, dann sitzt man sich gegenüber in einem Raum. So, das ist die alte Theorie, dass man sich bei Angesicht zu Angesicht verantworten muss vor einer Richterin. Aber Strafbefehl, was es in Deutschland gibt, seit ein paar Jahrzehnten und was immer mehr eine Rolle, größere Rolle, spielt, bedeutet man spart sich diesen Gerichtstermin und das Gericht, um Zeit und Mühe zu sparen, schickt stattdessen einen Brief an die verdächtige Person. In dem Brief steht dann drin "Lieber Herr So-und-so, wir kennen Sie noch nicht. Die Staatsanwaltschaft behauptet, Sie hätten da was ausgefressen. Wir haben jetzt noch keine Zeit gehabt, die Beweise genau zu studieren. Aber klingt erstmal ganz plausibel, was die Staatsanwaltschaft Ihnen in vorwirft. Es ist jetzt so, wir können die Sache abkürzen. Wir schlagen vor, wir finden angemessen eine Geldstrafe von zwei Monatsgehältern. Wenn Sie auf diesen Brief nicht antworten, binnen 14 Tagen, dann werden wir unterstellen, dass Sie das auch gut finden und damit gut leben können, die Sache gestehen und dann ist auch die Sache rechtskräftig.". Das bedeutet, da kann man nicht mehr daran rütteln. Also nach drei Wochen brauchen Sie nicht mehr zu kommen, weil dann ist schon der Drops gelutscht. In zwei Wochen ist hier Feierabend. Und das habe ich jetzt in einer flapsigen Sprache Ihnen, aber das ist nicht so im Text, sondern auf Papier steht das in einer ganz anderen, bürokratisch verklausulierten Sprache. Mehrere A4 Seiten lang. Ameisen-kleine Schrift. Wie viele Menschen antworten auf diese Briefe? Fast gar keine. Denn man muss ja schon sehr gut Deutsch können. Man muss sehr viel, auch Kraft und Ressourcen im Alltag haben, sich da hinzusetzen, mit gutem Licht diesen Text durchzulesen und dann auch die Rückseite und dann sich zu überlegen Was heißt das jetzt? Da muss man vielleicht auch jemanden kennen, der sich auskennt, den man dann fragen kann. Aber man schämt sich natürlich, mit so einer Sache zum Nachbarn zu gehen, der Anwalt ist ja, mach mal lieber nicht" so, man, wenn man da jetzt, wie Sie sagen, nicht deutsch Muttersprachler ist, oder man hat irgendwie gerade eine psychische Krankheit oder auch einfach nur man ist verschnupft, man ist erkältet, man macht ein paar Tage die Post nicht auf. Soll es auch geben. Also es gibt 1000 Gründe, warum auf diese Weise der Staat über die Köpfe der Menschen hinweg kommuniziert. Ja, also gut, dass wir, das wir hier sind und drüber reden. #00:15:04-7#
Grazyna Wanat: Und ein bisschen schimpfen. Von Anfang an ja. Aber wie gesagt, das Buch ist so geschrieben, dass man alles versteht und ich habe mir auch so eine Frage zum Stil oder stilistische Entscheidung aufgeschrieben. Nämlich in dem Buch wird gegendert von Anfang an und wenn wir in Bayern sind, dann muss ich diese Frage stellen. War es wahnsinnig anstrengend, so ein Buch zu schreiben? #00:15:25-5#
Ronen Steinke: Also es gibt ja manchmal den Vorwurf Gendern, also wir haben da so mit Doppelpunkt, also Besucher:Innen. Gendern würde der Verständlichkeit so wahnsinnig schaden und Gendern sei so ein Problem. Es hat der Bürgermeister von Berlin neulich mal gesagt, wieso er gegen das Gendern ist. Gendern würde so sprachliche Hürden aufbauen. Ich meine, wir haben ja gerade darüber geredet, was die wahren sprachlichen Hürden sind, also gerade von auch den Behörden, die Herrn Söder untergeordnet sind. Da ist das Gendern, glaube ich, das allergeringste Problem, ja. #00:15:56-5#
Grazyna Wanat: Ja. Das Buch besteht aus zwölf Kapiteln mit jeweils einem großen Rechtsgebiet und eine Fragestellung. Und wir wollen uns heute besonders, so haben wir es ausgemacht, einem auf einem dieser Themen konzentrieren. Aber gerne würde ich doch alle Gebiete zumindest nennen, weil wir machen ja eine Buchvorstellung und sie sollen Lust auf das Buch bekommen. Und die Themen sind wirklich alle so spannend. Also "Klimaschutzrecht -Können wir mit Jura den Planeten retten?", "Grundrechte - Wer kommt mit nach Karlsruhe?", "Demokratie - Wie stabil sind wir gegen eine Übernahme von rechts?". Und darüber werden wir gleich mehr sprechen. "Polizeirecht - Wie setzen wir der Staatsgewalt Grenzen?", "Strafrecht - Was hilft gegen sexistische Paragrafen?", "Eigentum - Was steht wem zu?", "Familienrecht - Wie ermöglichen wir Vielfalt?", "Arbeitsrecht - Wie kämpfen wir gegen Ausbeutung?", "Asylrecht" Können wir auch ein bisschen drüber sprechen heute, oder "Was soll das mit den Grenzen?", "Sozialrecht - Wie geht Solidarität?", "Völkerrecht - kann Recht gegen Macht gewinnen?" und "Menschenrechte - Wie verteidigen wir einander weltweit?". Wow! Und vor jedem Kapitel steht ein Zitat Die Autor:Innen so vielfältig wie die Themen. Und in Kapitel über Klimagerechtigkeit steht folgendes Zitat von Ruth Bader Ginsburg vor: "Kämpfe für die Dinge, die dir wichtig sind, aber tue es auf eine Weise, die andere dazu bringt, sich dir anzuschließen.". Frage: Ist das Ihrerseits auch ein Kommentar zu den umstrittenen, spektakulären Aktionen der Klimaaktivist:Innen, die Autobahnen, Flughäfen oder Museen lahmlegen? #00:17:51-9#
Ronen Steinke: Ach, das ist jetzt nicht im Sinne von einer kritischen Abkehr oder Abgrenzung von denen zu verstehen. Also ich weiß, es gibt ja diese Kritik, die seien in ihren Protestformen so schrill, dass da Leute dann am Ende weiß ich nicht, Autoreifen verbrennen oder nicht mehr den Müll trennen, weil sie, das finde ich aber albern. Also ich, ich sehe nicht, dass das irgendjemand da weniger sich für Klimaschutz engagiert, wenn er merkt, dass andere Leute das als ein sehr dringendes Anliegen vertreten. Man kann da geteilter Meinung sein über manche Aktionen, aber im Großen und Ganzen finde ich die eigentlich gut. Ich finde ehrlich gesagt beim Blick auf mein eigenes Aufwachsen rückblickend ein bisschen die Frage warum, warum erst jetzt die jetzige Jugend da so auf die Beine kommt und nicht wir schon damals. #00:18:45-2#
Grazyna Wanat: Aber Sie nennen im Buch als Beispiel eine Aktion, die auch spektakulär war, aber auf eine andere Weise und wirklich was verändert hat mit Mitteln des Rechts. Wollen Sie ein bisschen davon erzählen? #00:18:56-8#
Ronen Steinke: Das finde ich Interessanteste eigentlich an der Art, wie der Diskurs um Umwelt, Klima sich verändert hat in den vergangenen Jahren. Als ich zur Schule gegangen bin, gab es auch schon Diskussionen um den Anstieg des Meeresspiegels zum Beispiel und Klimawandel. Aber es war immer in so einer naturwissenschaftlichen Sprache. Es ging um Millimeter des Meeresspiegels, es ging um Grad Celsius, Um vielleicht irgendwie die Zusammensetzung der Atmosphäre, um Gase. Alles richtig und alles nicht verkehrt, aber jetzt nichts, was mein Herz so wahnsinnig stark erreicht hat oder was mich so wahnsinnig auf die Barrikaden gebracht hätte. Und heute nehme ich wahr, dass viel stärker von Klimagerechtigkeit gesprochen wird. Und die heutigen Klimaaktivisten halten sich nicht oder in ihrer Kommunikation, in ihrer Mobilisierung halten, sie fokussieren sich nicht so sehr auf diese Zahlen, sondern ganz stark auf die Frage: Hier wird einer künftigen Generationen die Zukunft geraubt durch eine heutige Generation, die es sich zu gut gehen lässt, was ja richtig ist, was ja den Kern des Problems sehr gut auf den Punkt bringt aus meiner Sicht. Und ich glaube, dass diese andere Art, das zu framen oder das irgendwie sich zu, zu begreifbar zu machen, dass die viel erfolgreicher ist und das finde ich gut. Viel erfolgreicher darin, Menschen wie mich und viele andere zu erreichen, die ja dem Thema sich auf diese Weise irgendwie nähern. Das ist eine Sache, wo ich glaube, das spielt eine Rolle. Also es hat einen großen, großen Beitrag dazu geleistet, dass die Klimabewegung heute so breit geworden ist. Abseits davon, dass wirklich die die Fakten heute natürlich auch viel offenkundiger sind und die Krise viel, viel spürbarer schon ist als noch vor einer Generation. Und gleichzeitig ist dieses Denken in Gerechtigkeitsdimensionen ja, das Klima eine Frage von Gerechtigkeit ist ,von die einen Menschen leben ihre Verhältnisse und damit wird den anderen Menschen etwas weggenommen. Das eröffnet auch juristische Bahnen. Und ich finde es großartig. Und wir haben in jedem der Kapitel so Geschichten erzählt von Leuten, die das Recht in die eigene Hand, also benutzen, um die Welt aus ihrer Sicht zu verbessern und die damit erfolgreich gewesen sind. Und ich finde es großartig, dass es einer kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern von der Insel Pellworm, in der Nordsee vor drei, vier Jahren gelungen ist, nach Karlsruhe vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen und den berühmten Klimabeschluss zu erstreiten. Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag gesagt: "Lieber Bundestag, schön und gut, was ihr da macht mit euren Klimagesetzen reicht aber nicht. Ihr müsst noch mal nacharbeiten, Ihr müsst ehrgeiziger werden, ihr müsst eure Ziele höher schrauben.". Und das haben die gemacht, nachdem sie von diesen Kids von der Nordsee dazu die Vorlage bekommen haben. Weil natürlich waren die gut beraten, ja, die haben sich da gut vernetzt, sich gut informiert vorher. Aber am Ende ist es so jedes Gericht kann nur die Fälle entscheiden und das Bundesverfassungsgericht auch, die man ihm vorlegt. Wenn man sich da ein bisschen auskennt und weiß, also wer könnte da der richtige Mensch sein, der vor Gericht zieht, dann kann in so einer Klima Bewegung auch ohne Milliarden da zu haben, ohne irgendwelche großen Konzerne zu haben. Dann kann man wenn man smart ist, ja die Politik, also die Richtung der Politik verändern. Der Bundestag wurde gezwungen, die Interessen der künftigen Generationen stärker zu gewichten, als er es von sich aus tun wollte. Das halte ich für ein ganz ermutigendes Beispiel. Jetzt gibt es wieder neue Leute, die sich auf den Weg nach Karlsruhe gemacht haben. Anfang dieser Woche haben Sie eine neue Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass man viel erreichen kann. #00:22:51-6#
Grazyna Wanat: Genau das ist ein tolles, tolle Ermutigung, dass man sich zusammentut und dann tatsächlich was verändern kann. Nach Karlsruhe, in Karlsruhe sitzen 16 Richterinnen, und Richter, sind nicht viel. Das heißt, sie können nicht unendlich viele Fälle bearbeiten. Wer setzt Prioritäten? Wer entscheidet warum, was wann angenommen? #00:23:14-3#
Ronen Steinke: Das machen die selber. #00:23:15-2#
Grazyna Wanat: Das machen die selber. #00:23:16-9#
Ronen Steinke: Das machen die selber. Und klar, man kann manchmal sich wünschen, sie würden die anders setzen. Das ist. Also diese 16 Richterinnen und Richter sind nicht irgendwelche Experten, die so aus dem Nichts heraus oder durch die besten Noten sich dafür qualifizieren, sondern die werden politisch ausgewählt. Das ist im Bundestag, im Bundesrat ein großes Ringen. Man macht dann Deals und man diskutiert, wer soll Verfassungsrichter werden? In den USA ist es ja auch immer ein riesen Politikum, Da sind es nur neun. Da ist jeder Einzelne und die sind auf Lebenszeit gewählt. Da ist jeder einzelne ein noch viel gewichtigere Personalie als bei uns. Und da sind sie auch teilweise echt, also schauderhafte Leute teilweise. Bei uns ist es nicht ganz so politisiert. Die Verfassungsrichter in Verfassungsrichter sind nur für eine Zeit gewählt, das rotiert viel stärker, es fluktuiert und die sind auch nicht nur von einer Partei wie in den USA, sondern die müssten immer von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages gewählt werden. Also die brauchen immer, das die Zustimmung von einer Partei im Grunde von zwei drei Parteien. Das heißt, dass die alle so ein bisschen. Ja so Kompromisskandidaten so ein bisschen nicht, nicht nicht so sehr polarisierend sind. Und trotzdem ist es so, dass man sich klar machen muss, die sind alle irgendwo positioniert. Der eine ist bekannter dafür, dass er eben aus der konservativeren Ecke kommt, der andere ist progressiveren Ecke. Und so sind dann auch ein bisschen die Auswahlentscheidungen. Ja. #00:24:43-8#
Grazyna Wanat: Und da nähern wir uns schon dem Thema des Abends eigentlich, weil diese 16 Richterinnen, die haben unglaubliche Macht. Und natürlich versuchen dann verschiedene politische Mächte mehr Einfluss drauf zu nehmen. Und da, in diesem Kapitel über Demokratie geben Sie ein Beispiel von so einer Dystopie, von einem Journalisten, der aufgeschrieben hat, was wäre wenn die politische Übernahme von der rechten Seite passieren würde. Und ich glaube, er ist nicht der einzige. Es gab von Arne Semsrott jetzt vor kurzem ein Buch, das ähnliche beschreibt. Aber man braucht diese Dystopien nicht. Man kann eben nach Amerika schauen oder nach Polen. Und das tun sie tatsächlich auch nach. #00:25:28-8#
Ronen Steinke: Oder nach Thüringen. #00:25:29-2#
Grazyna Wanat: Oder jetzt nach Thüringen, jawoll. Aber, aber da haben wir noch größere Labore, wenn man nach Polen schaut, weil dann wirklich das ganze Land tatsächlich für zwei Perioden von Rechtsradikalen übernommen worden ist und tatsächlich diese ganzen Sachen passieren, sind also das erste, was sie gemacht haben, Die haben das Verfassungsgericht übernommen. #00:25:51-3#
Ronen Steinke: Das ist ganz typisch, dass man zuerst das Verfassungsgericht versucht auszuschalten. Warum? Weil das Verfassungsgericht die einzige Instanz ist, die noch über der Regierung und dem Parlament und so steht. Die haben immer das letzte Wort, sonst braucht man kein Verfassungsgericht. Also das ist die Idee von Gewaltenteilung. Die Justiz hat immer das letzte Wort, und das ist natürlich ein Dorn im Auge von jedem Politiker, der meint, ich boxe jetzt aber meine Agenda durchs Parlament und ich mache jetzt kurzen Prozess mit irgendwelchen Menschenrechten. Also in Polen war das so, in Ungarn war das auch so, dass man versucht hat, das Verfassungsgericht teilweise mit Tricks arbeitsunfähig zu machen. Das also deswegen ist es so schön, dass Sie das noch mal zitieren mit dem mit diesem Szenario. Die, die das Szenario etwas, also, hypothetisch dystopisch in Deutschland spielt, lautet In Deutschland kommt auch so ein Rechtspopulist an die Macht, der so wie die Kaczynskis in Polen, aber nicht jetzt so mit Naziattitüde und mit Gebrüll, sondern so ein bisschen leutselig. "Ja, ich komme aus dem Volk und bin ja irgendwie gegen diese Eliten. Und ich bin für diesen gesunden Menschenverstand und ach die abgehobenen Grünen immer" und so, ja, also so ein bisschen, eher im Auftreten, eher weich und dann sowas ist viel gefährlicher, weil das merken viele Leute gar nicht so sehr, wie auf so leisen Sohlen dann so eine Agenda dann durchgeboxt werden kann. Und dann beginnt er also in diesem Szenario beginnt dann dieser Kanzler zu sagen "Ja, also Bundesverfassungsgericht, die sind ja so überarbeitet, wir hören wir immer ja mit diesen 16 Posten nur das und so viel Arbeit. Ich spendiere acht neue Richterposten. Ich habe heute einen guten Tag. Wir machen nicht zwei Senate, sondern drei Senate.". Ja, und zack hat er die Gelegenheit, da acht Gefolgsleute hinzuschicken, weil auf einen Schlag natürlich da leere Sessel zu besetzen sind. Ja, das ist natürlich sehr angenehm. Dann ist das Bundesverfassungsgericht gleich, ist schon mal der Zahn gezogen, sind die schon mal eher auf Seiten der Regierung Und dann kann man auch so andere kleine Tricks machen. Zum Beispiel kann man sagen, wie die Richter und Richterinnen, die dürfen selber auswählen, was sie bearbeiten. Sie haben ja auch gerade gestutzt. Das ist ein bisschen seltsam. Sollte das nicht eigentlich fair sein? Wäre es nicht besser, wenn die einfach nach Reihenfolge des Eingangs, nach Poststempel die Fälle abarbeiten müssen? #00:28:14-8#
Grazyna Wanat: Und so war das in Polen. #00:28:16-1#
Ronen Steinke: Und so war das in Polen ja. Das ist nämlich zauberhaft, weil dann kann man nämlich als Regierungslager oder als Partei einfach mal zack 1000 sinnlose Klagen dahin schicken und dafür sorgen, dass sie zwei Jahre lang lahmgelegt sind, weil erst mal diesen Quatsch abarbeiten müssen, bevor sie sich mit irgendwas sinnvollem wieder beschäftigen können. Die Richter und Richterinnen selber haben nicht mehr die Handhabe, da Prioritäten zu setzen, oder man kann sagen: "Also es ist schon ein harter Job. Verfassungsrichter kann man das mit 65 noch machen? Ist es immer so gut, Wenn nur die alte Generation da über die jungen so Ist es nicht besser, das auch mal zu verjüngen? Lass uns doch mal mutig sein. Wir senken das Alter auf 60 ab.". Das ist doch mal was, was mutig ist. Das haben die Polen gemacht. Ich weiß nicht, ob 60 oder 65, Auf jeden Fall auf einen Schlag war das halbe Gericht zu alt und musste in Rente geschickt werden. Die ganzen leeren Sessel waren neu zu besetzen und so hat man es mit Tricks Geschafft, die gar nicht so dramatisch klangen, die klangen alle so gesunde menschenverstand und freundlich. Da hat man es geschafft, dieses Gericht als Akteur aus dem politischen Spiel rauszunehmen und zu verhindern, dass dieses Gericht weiterhin sein Veto einlegt, wenn dann die Politik, die Regierung ihr, ihre Agenda durchprügelt. Und das ist ein Szenario, das uns auch in Deutschland Angst machen muss, wogegen man nicht so richtig gefeit ist, ehrlich gesagt. Wir können es jetzt mal in Thüringen uns vorstellen. Also in Thüringen ist die AfD gerade stärkste Kraft geworden, die haben etwas mehr als 30 % der der Stimmen im Parlament und das Landesverfassungsgericht von Thüringen, was also auch mächtig ist, auch wichtig ist, weil die entscheiden immer, wenn da irgendwie die Regierung und die Opposition miteinander Streit haben, dann kommt es an das Verfassungsgericht. Dieses Landesverfassungsgericht hat neun Mitglieder und diese neun Mitglieder. Deren Amtszeiten laufen jetzt alle aus. Und wenn man jetzt neue wählen möchte, dann braucht man eine Zweidrittelmehrheit. Und das heißt, jedes Mal, wenn ein Stuhl leer wird. Und die werden jetzt gleich die nächsten zwei, drei Jahre alle leer werden. Jedes Mal muss im Landtag Herr Höcke angerufen werden. Als Chef der AfD. "Lieber Herr Höcke, wir müssen uns mal treffen, an einen Tisch setzen und darüber beraten, wer da jetzt der neue Verfassungsrichter werden wird.". Weil Herr Höcke über 1/3 der oder mehr als 1/3 der Stimmen verfügt. Da können, selbst wenn alle anderen Parteien zusammenhalten und sagen wir nominieren jetzt einen wunderbar demokratischen Kandidaten, der über alle Zweifel erhaben ist. Trotzdem könnte Herr Höcke sagen "Nö, ich mache nicht mit, kriegt ihr keine Zweidrittelmehrheit.". Das kann zwei Dinge zur Folge haben. Erstes Szenario Es gibt kein Verfassungsgericht mehr. Herr Höcke macht so Arme verschränkt, spielt nicht mit. Ihr könnt mich alle mal! Dann wählt ihr halt keine Verfassungsrichter mehr. Die Folge davon wäre Die jetzt amtierenden Richterinnen und Richter würden eine Weile lang noch geschäftsführend im Amt bleiben. Da gibt es so eine Regel, aber nicht auf ewig. Und ehrlich gesagt, nach zwei, drei Jahren würde das auch ziemlich seltsam aussehen und ziemlich anrüchig sein. Dass Richter, deren Amtszeit offiziell längst abgelaufen ist, die also kein demokratisches, legitimiertes Mandat mehr haben eigentlich, da mächtige Entscheidungen treffen sollen. Also das würde auf ziemlich kurze Zeit dieses Gericht unmöglich machen, oder aus dem Spiel nehmen. Das ist ein Szenario. Und das andere Szenario, was uns vielleicht sogar noch mehr Sorgen machen muss. Man beginnt mit Herrn Höcke Geschäfte zu machen. Okay Herr Höcke, was möchten Sie denn? Was? Was ist denn Ihr Preis? Sie möchten. Wir möchten gerne, dass dieses Gericht arbeitsfähig ist. Wir, CDU, SPD, Linkspartei, Grüne usw Wir wollen gerne folgende Personen hinschicken. Was muss man denn machen, damit Sie da zustimmen? Dann wird er Höcke sagen "Ja, kein Problem. Ich bin fair. Ich will gar nicht mehr, als mir zusteht. Ich will nur 1/3 der Sitze am Verfassungsgericht. Ich habe 1/3 der Stimmen. Nur gerecht, dass ich 1/3 der Richter bekomme.". Dann hat man da drei Rechtsradikale sitzen und sechs nicht Rechtsradikale. Und dann echt gute Nacht. So beginnt es ja. Dann hat man da und da geht es ja um Mehrheitsentscheidungen. Also mit drei hat man noch nicht ganz die Mehrheit von neun, aber man ist schon ein wichtiger Block. Und diese drei, die können nicht nur bei Entscheidungen den Finger heben oder senken, also ihr Gewicht, ihr Stimmengewicht in die Waagschale werfen. Die drei können ja auch sabotieren. Die können auch einfach verhindern, dass bestimmte Fälle verhandelt werden können, wie Gender, wie LGBT Rechte. Diesen Quatsch blockieren wir jetzt einfach da, da melden wir uns krank oder da machen wir, sorgen wir dafür, dass aus irgendwelchen sozusagen Verfahrenstricks, dass sie genutzt werden, um solche Verfahren einfach zu blockieren. Also dann hätte Herr Höcke einen Fuß in der Tür und hätte hätte Macht über dieses, diese Institution der Verfassung. So. So beginnts. #00:33:04-6#
Grazyna Wanat: Ja. Und es klingt alles wahnsinnig gefährlich. Und wie gesagt, Polen ist unser Labor, wo man sich das alles anschauen kann. Und Sie schreiben in einem Buch. Hunderttausende sind in Polen gegen die Justizreform auf die Straße gegangen. Und da möchte ich sagen es stimmt aber auch doch nicht ganz, weil viele entsetzte Aktivist:Innen oder Publizisten haben sich gewundert, warum die Proteste doch nicht so massiv geworden sind und dann schnell abgeebbt haben. Und dann kamen die Analysen. Die Menschen waren nicht so sehr motiviert, die Gerichte zu verteidigen, weil sie nicht das Gefühl hatten, dass Gerichte sie verteidigt haben. Und das ist das, was wir am Anfang eigentlich besprochen haben, also die Zugänglichkeit von Texten von, zum Beispiel von Briefen, aber auch viel mehr, dass die gerichtlichen rechtlichen Verhandlungen ewig dauern. Bis zu der Urteilsverkündung kommt, sind oft die Tatbestände schon vergessen, oder die Opfer sind tot oder pleite. #00:34:05-5#
Ronen Steinke: Also man kann mal die Parallele ziehen. Es gab ja in Israel vor anderthalb Jahren, vor zwei Jahren auch große Proteste, weil die Netanjahu Regierung auch ein polnisches Plan, Plan vor Augen hat, also polnische Idee verfolgte oder ungarische. #00:34:19-4#
Grazyna Wanat: Oder Ungarische sagen wir. Ab und zu sagen wir... #00:34:20-8#
Ronen Steinke: Playbook aus Polen, Ungarn sollte auch in Israel zur Anwendung kommen und das Verfassungsgericht sollte letztlich einen ganz großen Teil seiner Macht einbüßen. Das Ganze lief als Justizreform, aber als Erfolg der polnischen und ungarischen Proteste haben wir alle dazugelernt und die, der Turn out, die, die Mobilisierung war schon erstaunlich groß in Israel. Das wäre vor zehn Jahren nicht der Fall gewesen. Vor zehn Jahren hätte man vielleicht gesagt Na ja, kommen, da gibt es irgendwelche Kleinigkeiten, Verfahrensfragen, who cares. Das ist immerhin schon mal etwas. Ja, das ist der polnische Erfolg, würde ich sagen, der Zivilgesellschaft, dass das sich langsam herumspricht in Demokratien, dass das, also dass da allerhöchste Vorsicht geboten ist, wenn eine Regierung anfängt, das Verfassungsgericht ausschalten zu wollen. Und gleichzeitig ist aber auch leider das wahr, was sie sagen. Das, wer war da auf den Straßen? Das war auch die Oberschicht, die Unterschicht von Israel, die, ja Arbeiterklasse sozusagen, hat sich nicht identifiziert mit dem Gericht, weil sie eben annahmen, ob zu Recht oder zu Unrecht, das ist doch irgendeine Elitenveranstaltung, die sprechen nicht so sehr für uns. Also ja, beides ist wahr. #00:35:26-3#
Grazyna Wanat: Ja Und haben wir hier daraus was gelernt? Also sind wir gewappnet? #00:35:30-9#
Ronen Steinke: Nein, wir sind nicht gewappnet. Leider. Es gab jetzt kürzlich, ich meine, vor drei, vier Wochen erst eine Entscheidung im Bundestag, dass man gesagt hat, das Bundesverfassungsgericht muss besser geschützt werden vor einem solchen autoritären Takeover. Wie macht man das? Man macht zunächst mal die Regeln, die das Bundesverfassungsgericht hat, also die Regeln, die da zum Beispiel lauten Ein Richter wird auf eine gewisse Zeit gewählt und danach kann er nicht wiedergewählt werden. Oder das Gericht hat soundso viele Richterinnen und Richter. Diese Regeln stehen bislang in einem einfachen Gesetz, also einfaches Gesetz bedeutet, der Bundestag kann es mit seiner normalen Mehrheit jederzeit ändern. Sie standen nicht im Grundgesetz. Und diese Idee ist jetzt gewesen zu sagen, Ampel plus Union gemeinsam beschließen, das kommt ins Grundgesetz rein. Wir sichern das jetzt ab, das nicht einfach aus einer Laune heraus. Irgendein künftiger Gesetzgeber sagt im Rahmen eines großen Deals, das Verfassungsgericht wird irgendwie, da werden kleine Stellschrauben gedreht. Sachen wie zum Beispiel, dass Richter wiedergewählt werden können, können ja ganz, ganz gefährlich laufen. Weil dann beginnt es plötzlich, dass man nicht mehr unabhängig ist, dass man das man sozusagen immer links und rechts guckt, bei wem mache ich mich beliebt? Ja, wer ist dann mein, wer wird mich anschließend noch wählen? Oder dass man Leute schnell aus dem Amt entheben kann, oder wer kann Leute aus dem Amt entheben? Also all diese vermeintlich kleinen Regeln, die können sind sehr anfällig für Missbrauch. Also das möchte man ins Grundgesetz reinschreiben. Das finde ich richtig. Das ist schon mal ein Zeichen dafür, dass viele jetzt kapieren, was die Stunde geschlagen hat und das ungarische, polnische Beispiel wirklich jetzt uns eine Lehre ist. Und gleichzeitig so realistisch müssen wir sein, sind wir deswegen noch lange nicht safe. Weil es gibt so viele Möglichkeiten, das Gericht trickreich auszubooten und zu sabotieren. Also auf das mit dem Alters, mit der Altersgrenze in Polen wäre ich auch vorher nicht gekommen. Und es gibt bestimmt noch viele Ideen, auf die ich auch jetzt, also auf die aber künftige Populisten und Saboteure noch kommen werden. Wir sind nicht gegen all diese denkbaren Szenarien sicher. Am Ende hilft es, dass wir alle wachsam sind und dass wir im Zweifel halt rechtzeitig auf die Straße gehen oder halt von vornherein die Leute nicht wählen. Das wäre vielleicht sogar noch besser. #00:37:44-8#
Grazyna Wanat: Aber auf die Straßen sind wir gegangen, Anfang des Jahres. Massenweise. Und hat das was gebracht, wenn man sich heute jeden Tag die Nachrichten einschaltet und diese Hetze eigentlich hört, die von der ganzen Politik verbreitet wird, dann hat man das Gefühl, das hat überhaupt nichts gebracht. Damals ging es um die Deportationen oder je nachdem, wie man das framed. Und heute darf man schon viel schlimmere Sachen eigentlich öffentlich sagen, wie der brandenburgische Spitzenkandidat, der zum Beispiel Vorschläge macht, dass man Volksfeste. Eingang zu Volksfesten kontrollieren sollte und keine Flüchtlinge reinlässt und keine Ukraine-Menschen. Und das darf man einfach so öffentlich sagen. Und die Leute gehen nicht auf die Straßen. #00:38:35-4#
Ronen Steinke: Also die Demos zu Beginn des Jahres, das war ja nach diesen Remigrationsenthüllungen und ich weiß nicht, wir haben eigentlich ja vorher auch schon gewusst wie die AfD drauf ist, aber es hat irgendwie trotzdem wie so ein Funken gewirkt und viele Menschen haben das dann zu einer Gelegenheit genommen, auf die Straße zu gehen. Ich glaube schon, dass es was gebracht hat, insofern als es ja okay, klar, es ist eine Vergewisserung eines Milieus, das ohnehin sich auf die gegenseitig auf die Schulter klopft, Kann man zynisch sagen, aber ich glaube schon trotzdem, dass es wertvoll ist, sich auf der Straße mal zu begegnen und mal zu sehen, wir sind nicht wenige, wir sind dann doch ganz schön viele. Und die Bilder zu sehen, Ja, aus verschiedenen Städten in Deutschland und dann in der Zeitung wurden dann Bilder gezeigt, aus Hamburg und aus, aus München, aus verschiedensten Städten. Und diese Menschenmeere, das ist doch noch mal etwas, was einem in einem Moment der Dunkelheit noch mal Mut gibt. Also das mag man jetzt irgendwie so abtun, so ein bisschen zynisch. Na ja komm, aber es ist schon, es ist schon ein bisschen, ist schon wichtig, sich gelegentlich auch so sich gegenseitig zu bestärken. Also ich glaube, ich weiß nicht, ob man das jetzt messen kann statistisch. Ich glaube auch nicht, dass es an den Wahlergebnissen, ob das jetzt wirklich da Einfluss drauf hatte, dass die AfD dann kurzzeitig runter ging oder ob das andere Gründe hatte, weiß ich nicht. Trotzdem ist es glaube ich eine gute Sache gewesen. Und ja, dennoch stimme ich Ihnen leider in dem Befund zu, dass wir jetzt gerade in einer Situation sind, wo die AfD die übrigen Parteien vor sich hertreibt. In Sachen Migration ist es sehr deutlich zu sehen, also dass wir jetzt hier Grenzkontrollen wieder haben rund um Deutschland. Also ich bin 1983 geboren. Ich kenne es fast nicht anders, als dass wir offene Grenzen haben in Europa und manche von Ihnen kennen es doch noch anders. Die schlechte alte Zeit, wo es Schlagbäume gab, wo es Männer mit mit Maschinenpistolen gab, die einen erstmal begrüßen. Und man muss dann erstmal misstrauisch angeguckt werden, seinen Ausweis herzeigen. Das sind jetzt die Bilder, die wir jetzt wieder haben, und zwar rundherum, also bayerisch-österreichische Grenze, die brandenburgisch-polnische, alle, alle Grenzen. Überall stehen jetzt wieder Männer und oder Frauen mit Maschinenpistolen. Und das ist das erste, was man sieht, immer nach Deutschland reinkommt. Warum? Ist das jetzt Sicherheit? Ist das jetzt eine Grenzkontrolle? Ist der Quatsch also völliger Quatsch? Natürlich kann man da fast 4000 Kilometer Landgrenze, wenn man da rein möchte, als Terrorist oder wie auch immer. Oder als Schleuser, es ist natürlich möglich, weiterhin reinzukommen. Es ist reine Show, es ist reine Show. Man macht, man gewinnt auf der einen Seite nicht eine Sicherheit, die man sonst nicht hätte und man verliert aber eine ganz große Errungenschaft, nämlich die Offenheit und diese Internationalität, die uns in Europa wirklich gut getan hat, nach Jahrhunderten, wo es ganz anders lief. Und begründet wird das damit, wir hätten jetzt gerade eine Notlage oder einen Notstand oder eine irgendwie Ausnahmesituation. Das ist dann auch das Juristische, also so muss man das auch begründen. Das musste die Bundesrepublik ja nach Brüssel melden und musste ja sagen: "Liebe EU Kommission, wir haben zwar vor Jahren mal unterschrieben, dass wir sowas nicht mehr machen mit den Grenzkontrollen, wie auch alle anderen Europäer. Ja, Schengenabkommen. Wir haben uns vertraglich dazu verpflichtet. So was macht man nicht mehr. Ausnahmsweise, weil wir es jetzt doch machen und wir begründen das damit, dass da eine Klausel steht, na ja, inextremen Sondersituation, Krieg, Pandemie oder plötzlicher Ansturm von Flüchtlingen darf man ausnahmsweise mal kurzzeitig kontrollieren.". Aber das ist eine Begründung, die total verlogen ist. Wir haben ja derzeit nicht eine plötzliche Krise. Also die Zahlen der ankommenden Flüchtlinge sind heute niedriger als letztes Jahr. Beispielsweise. Die Flüchtlingsheime, das ist toughe Arbeit. Da ist also, natürlich kostet es wahnsinnig viel Ressourcen, aber das war vor einem Jahr wesentlich voller und wesentlich anstrengender als heute. Es ist also einfach nicht wahr, dass wir jetzt eine größere Belastung hätten als vor sechs Monaten oder vor 18 Monaten. Die einzige Krise, die wir jetzt haben, es ist eine AfD, die den übrigen Parteien Angst macht, die Wahlerfolge feiert. Wir haben eine Serie von Landtagswahlen. Das ist die eigentliche Krise. Und das da, das ist ja wirklich eine schlimme Situation, dass die AfD so absahnt und dass da die Parteien, die übrigen sagen, das Mittel der Wahl ist, wir kommen der AfD entgegen, ja, wir erfüllen deren Phantasien so ein bisschen und hoffen, wir nehmen ihr damit Wind aus den Segeln. Ist glaube ich, sehr, sehr kurzsichtig. #00:43:11-9#
Grazyna Wanat: Wahnsinnig kurzfristig. Dafür gibt es auch Beispiele. Das hat nirgendwo funktioniert, das nimmt die Stimmen nicht weg. #00:43:17-6#
Ronen Steinke: Im Gegenteil. Das nimmt dir nicht die Stimmen, das bestätigt die dann eher noch in Ihrer These, sie hätten ja immer Recht gehabt. Und am Wahltag wählt dann keiner die Parteien, die dem nacheifern, sondern wählt man das Original. #00:43:29-7#
Grazyna Wanat: Richtig, ja. Sie dürfen sofort Fragen stellen. Aber jetzt nur noch die vielleicht letzte Frage von mir. Wie ist es mit dieser juristische Auslegung, AfD verbieten, AfD nicht verbieten? Was wäre dann möglich? Weil das wäre vielleicht die Methode. Oder doch nicht? #00:43:48-1#
Ronen Steinke: Also ich finde Ja. AfD, also Parteienverbot ist ein großer großer Eingriff in der Demokratie. Das macht keiner von uns hier leichtfertig Argumente zu dem Thema, weil das ist wirklich. Da muss man sich sehr gut überlegen, da muss man gute Gründe für haben und es kann natürlich nicht nach Sympathie gehen. Also wie ist es geregelt? Im Grundgesetz steht es genau drin. Das Bundesverfassungsgericht ist das einzige, die einzige Instanz, die darüber entscheiden darf. Und das Bundesverfassungsgericht. Wir haben vorhin drüber geredet ist plural zusammengesetzt mit Menschen aus verschiedensten politischen Richtungen. Also da sitzen Leute, die nicht alle nach einer, nach einer ideologischen Pfeife tanzen, und die müssen sich einigen. Und zwar es muss eine Zweidrittelmehrheit geben. So ist es auch festgesetzt im Grundgesetz. Eine Zweidrittelmehrheit dieser Plural zusammengesetzten Verfassungsrichterinnen und Richter muss der Meinung sein, das ist eine Partei, die möchte die Demokratie abwracken, die möchte rein ins Parlament, um dann zu verhindern, dass da jemals wieder rausgeschickt wird. Ja, die möchte keine Kompromisse machen, die möchte auch der Opposition, wenn sie denn mal an der Macht ist, das, die Möglichkeit nehmen, von der Minderheit wieder zur Mehrheit zu werden. Sie möchte das ganze demokratische Spiel beenden. Das ist. Das Muss. Das ist die erste, der erste Befund, den man, ja, erhärten muss als Gericht. Und der zweite Befund ist, das wollen die nicht nur, sie können das realistisch auch schaffen in absehbarer Zeit. Das ist also nur, wenn beides zusammenkommt, und dann ist da wirklich, wirklich Alarm. Also wenn das der Fall ist, dann sagt das Grundgesetz, das müssen wir uns nicht einfach anschauen. Das ist, wie wenn man vor unseren Augen ein Gewaltverbrechen geschieht. Natürlich sind wir also berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet, dazwischen zu gehen und das zu stoppen. Und wenn es. #00:45:40-7#

Grazyna Wanat: Was heißt wir? Wer darf diesen Antrag stellen. #00:45:42-8#
Ronen Steinke: Das Bundesverfassungsgericht. Also den Antrag stellen darf leider nur die Bundesregierung, der Bundesrat oder der Bundestag. Also leider ist es uns allen hier nicht möglich. Wir können nur appellieren an unsere politischen Repräsentanten. Aber ich will nur sagen, es ist in Deutschland zu Recht eine Sache, die nicht leichtfertig gemacht ist, sondern das muss wirklich. Da müssen Beweisbeweise erhoben werden. Dann müssen sich diese Richter mit großer Mehrheit, mit Zweidrittelmehrheit einig sein. Und ich finde, lasst es die doch mal machen. Ich finde Bundesregierung Yallah. Also stellt doch mal einen Antrag. Die die, die, die, der Anfangsverdach,t ja würden wir Juristen sagen, ist doch da ist, doch unübersehbar. Also diese Partei, man muss ja nur Herrn Höcke zuhören, der macht ja kein Geheimnis daraus und schreibt sogar Bücher. Herr Höcke spricht von unserer Demokratie als einem morschen System, was also nur noch ab, also nur noch weggeschmissen werden muss, damit endlich etwas Neues entstehen kann. Der vergleicht die Bundesrepublik mit dem Endstadium des Römischen Reiches. Alles degeneriert und also der Zyklus soll jetzt neu beginnen und wir brauchen.Also so redet der, das muss man ja vielleicht auch mal ernst nehmen. Und diese Partei ist nicht wie die NPD siechend und moribund und bei 1 % und Pleite, sondern diese Partei strotzt vor Kraft und leider auch vor Selbstbewusstsein und vor allem vor Aggressivität. Also ich habe da nicht den Einblick, wie irgendwelche Sicherheitsbehörden haben. Ich habe keine Akten vor mir. Ich kann nur sagen, lasst doch mal die Fachleute sich diese Akten geben geben lassen. Also die Richterinnnen und Richter vom Bundesverfassungsgericht hätten mein Vertrauen, dass sie das sich mal angucken sollten. Und wenn die dann zu dem Ergebnis kommen Ronen Steinke war hysterisch, es war gar nicht so schlimm. Okay, lebe ich mit. Ja gut, dann hat der Rechtsstaat das gecheckt und dann ist es gecheckt worden, okay. Ich habe nur den Verdacht, dass Sie zum anderen Befund kommen würden. Und ich würde es gerne wissen. #00:47:40-4#
Grazyna Wanat: Wir würden es alle gerne wissen. Aber wie stehen die Chancen, dass dieser Antrag gestellt wird? #00:47:45-0#
Ronen Steinke: Ja ich fürchte die Sorge bei den Parteipolitikern, die es ja entscheiden müssten, also Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat. Die Sorge ist, dass man da schwach aussieht, Wie man das macht? Die Sorge ist Wenn man das als SPD Kanzler beispielsweise anstößt, dann sagen alle na ja, der traut sich nicht, die AfD mit Argumenten zu stellen. Der traut sich nicht, am Wahltag sozusagen ihr auf Augenhöhe zu entgegenzutreten. Ja, deswegen macht das hintenrum juristisch. Ich fände es, glaube ich ehrlich gesagt besser, wenn es nicht an Parteipolitikern wäre, diese Entscheidung zu treffen. Ja, um gerade diese komische Optik oder dieses Geschmäckle nicht zu haben. Ich fände es besser, wenn es jetzt auch was wäre, was man wie so eine Petition aus dem Volk heraus mit einer, mit einem Quorum, mit soundsoviel Menschen, die dafür stimmen, anstoßen könnte. Weil das auch eine sachfremde Erwägung ist. Also ob das jetzt Herrn Scholz peinlich ist oder nicht. #00:48:40-7#
Grazyna Wanat: Soll uns egal sein. #00:48:42-4#
Ronen Steinke: Who cares. Ja, genau. #00:48:43-6#
Grazyna Wanat: Ja, es gibt so ein Profil in Instagram oder auch vielleicht woanders Volksverpetzer. Und die haben tatsächlich so eine Petition gestartet und angeblich haben sie mehr Unterschriften gesammelt, als Menschen für AfD in Sachsen gestimmt haben. Und trotzdem. Ja, jetzt dürfen Sie Fragen stellen. #00:49:06-8#
Publikumsfrage: Sie haben auch mal so einen Vortrag gehalten, während der Pandemie und haben auch über Gefahren berichtet, dass rechte Gruppen sich zusammenbilden und ich sage mal so, in Nürnberg sind die Spaziergänger ruhig einmal um den Block gelaufen und dann war alles vorbei. Und ich sage mal so, was Sie gesagt haben hat halt nicht zugetroffen, Und so viele wie es jetzt sagen, über die Gefahr von Rechts ist halt auch eher philosophisch. Ich vermute mal, in ein, zwei Jahren wird man dann sagen naja, war halt doch nicht so schlimm. #00:49:13-3#
Ronen Steinke: Alles klar, wir sammeln mal weiter Fragen. #00:49:44-0#
Publikumsfrage: Danke. Sie sagten vorhin, dass dieses dieser Gerichtsspruch vom Bundesverfassungsgericht auf die Klage der der Jugendlichen der Schülerinnen aus Pelham erfolgreich war. Aber ist denn auch dann die danach? Die ist dann auch die eigentliche Umsetzung auch geschehen von der Regierung, dass da auch wirklich die eigentlichen Aufgaben gemacht worden sind. Nach meinem Eindruck nämlich wurden diese Aufgaben nicht erledigt. Also was hilft denn das ganze Justizwesen, wenn dann die eigentlichen Aufgaben nicht erledigt werden. #00:50:18-6#
Ronen Steinke: Also sehr wahr. Es ist ja auch so die Die Forderung der der Schülerinnen und Schüler aus Pellworm. Die war ja denkbar brav, die war ja nur Liebe Regierung, halte dich doch mal an die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens. Was macht man denn, wenn eine Regierung sich nicht an ihre eigenen, von ihr selbst, oder einem Bundestag, von ihm selbst beschlossenen Dinge hält? Ja, also ruft man dann die Polizei, 110? Oder was macht man, wenn die sich nicht an die Richtersprüche aus Karlsruhe halten? Also was ist jetzt geschehen? Die haben erstmal dann brav genickt natürlich in Berlin, haben das dann ein neues, schärferes Klimagesetz gemacht. Aber dann vergingen ein, zwei Jahre. Zuletzt gab es dann diese Diskussion um die Sektorziele. Das war so eine Art Aufweichung durch die Hintertür. Da hat man dann gesagt Na ja, komm. Also, wenn jetzt der Verkehrssektor, das, was Herr Wissing als Verkehrsminister verantwortet, wenn der jetzt vielleicht ein bisschen zu viel CO2 ausstößt, aber auf der anderen Seite gibt es einen anderen Sektor, der ist ganz gut da dann. Also man hat also auch schon wieder Möglichkeiten das aufzuweichen. Deswegen ist es ja notwendig, leider, aber auch möglich, was ja ganz gut ist, dass man wieder hinzieht. Und ich glaube, das muss jetzt öfter geschehen. Also ich fände es toll, dass in Karlsruhe da jetzt, also ich erinnere mich nicht, dass es vor zehn Jahren so üblich war, dass da so ständig junge Leute hingezogen sind, wie jetzt. Ich finde es toll und ich glaube, da braucht es auch den gelegentlichen Tritt. #00:51:51-4#
Publikumsfrage: Ich habe auch eine Frage zum Bundesverfassungsgericht. Die Bundesregierung kann. Die Bundesregierung kann ja einen Verbotsantrag stellen, aber sie kann ja auch mal auch einen Entwurf fertigen mit allen, da müssen ja alle Argumente aufgeführt werden, warum die AfD verboten werden soll. Und diesen Entwurf muss man ja nicht einreichen, sondern den kann man einfach mal veröffentlichen, dass die Bevölkerung die Wähler sehen, was die AfD will. Warum tut die Regierung das nicht? Es wäre ohne das Risiko zu haben, dass man jetzt einen Prozess verliert oder gewinnt. #00:52:27-4#
Ronen Steinke: Ja, also, leuchtet mir ein. Also die Frage. Also finde ich auch richtig. Ja. #00:52:37-8#
Publikumsfrage: Ich hätte eine Frage zu einem etwas anderen Thema, aber auch zum Bundesverfassungsgericht. Ein Fall, den auch ein Mädchen hier in Nürnberg betrifft. Den Budapestkomplex. Also, Es kam ja vor einigen Monaten dazu, dass schon länger mehrere Personen die in Budapest vor, die letzten Jahre am Tag der Ehre gegendemonstriert haben. Das Mädchen aus Berlin war es die Maja, die ist ja nach Ungarn ausgeliefert worden im Juni, und da wurde ein Eilantrag ans Bundesverfassungsgericht gestellt und dass diese Auslieferung nicht stattfindet. Das Bundesverfassungsgericht hat auch gegen die Auslieferung gestimmt und das Mädchen wurde trotzdem in einer Nacht und Nebelaktion ausgeliefert nach Ungarn. Kennen Sie den Fall? Weil das ist so eine Frage. Ich frage mich jetzt, Wwerden die Leute, die das gemacht haben, jetzt im Nachgang dafür bestraft oder ist da rechtlich irgendwas möglich? Weil ja eigentlich das oberste Gericht gesagt hat "Nee, geht nicht.". #00:53:50-9#
Ronen Steinke: Also das ist echt ein skandalöser Fall, auch aus meiner Sicht. Ja, das war so, dass der Anwalt von Maja T., also von dieser Person, die nach Ungarn ausgeliefert werden sollte, rund um die uhr gearbeitet hat, noch nachts und also eiligste Post an das Bundesverfassungsgericht geschickt hat mit einem Protest. Es darf auf gar keinen Fall passieren, dass die, dass die Person ausgeliefert wird. Und man hat das dann auch rekonstruieren können. Also richtig nach Minute. Also die Post ging ein und es wird jetzt darum gestritten, ob die die Strafverfolger in Berlin, die das dann entschieden haben, trotzdem nach Budapest rüberschicken. Ob die das dann nicht mitbekommen haben oder ob da irgendwelche Briefe dann liegen geblieben sind oder Emails erst eine Stunde später gesehen wurden. Aber jedenfalls haben sie es übergangen und das geht natürlich auf gar keinen Fall. Also das Bundesverfassungsgericht hat, ich habe es vorhin so scherzhaft gesagt, Polizei kann man nicht anrufen, also die haben keine keine Kavallerie, die die dann irgendwo hinschicken und dann die einfache Gerichtsbarkeit oder die Behörden irgendwo anweisen können, die ja die vertrauen auf ihre natürliche Autorität oder darauf, dass wir in einem Land leben, wo sich die Leute daran halten, was das Oberste Gericht sagt. Und wenn das aber bröckelt und wenn einzelne sich nicht dran halten, muss man das sehr, sehr ernst, glaube, so habe ich sie jetzt auch verstanden, muss man das als etwas sehr, sehr ernstes betrachten. Ich hoffe sehr, dass es Konsequenzen haben wird. Es wird, glaube ich, gerade aufgeklärt, gibt einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Berlin gerade, also auf Landesebene und also wenn sich das so darstellt am Ende wie sich jetzt darstellt, dann finde ich, muss das unbedingt Konsequenzen haben, dass da jemand, also dienstrechtliche zum Beispiel. #00:55:35-3#
Publikumsfrage: Ja, hallo! Vielen Dank für das Gespräch und das Interview. Genau. Ich hätte eine Frage. Sie hatten ja im Laufe des Gesprächs mehrfach auch so einzelne verfassungsgerichtliche Entscheidungen zugunsten von Bürger:Innenrechten irgendwie angeführt. Jetzt frage ich mich so ein bisschen wie sind eigentlich die Chancen, als Privatperson aus überhaupt Verfassungsbeschwerden irgendwie anzuführen? Und haben wir da nicht eigentlich auch eine sehr starke soziale Ungleichheit? Dass natürlich einzelne Personen sich wirklich leisten können, verfassungsrechtlich geschulte Anwält:Innen zu bezahlen. Dann gibt es natürlich noch nebenbei NGOs wie vielleicht die Gesellschaft für Freiheitsrechte. Aber haben wir dann nicht immer noch die Situation, dass insbesondere vielleicht Personen, die in Deutschland Schutz suchen, deren Grundrechte in den vergangenen Jahren immer mehr eingeschränkt wurden, eigentlich kaum Möglichkeiten haben, sich gegen diese Einschränkungen zu wehren? #00:56:32-5#
Ronen Steinke: Ja, das sind sehr, sehr gute, sehr wichtige Frage. Also in der Tat, die Gesellschaft für Freiheitsrechte, das ist eine eine NGO, eine Organisation, die sich es genau zur Aufgabe gemacht hat, im Namen von Normalbürger, also von von Betroffenen, die jetzt nicht reich oder sonstwas sind, nach Karlsruhe zu ziehen. Das ist eine Gruppe von Spezialisten, diese Organisationen, die machen das also für die gute Sache. Die leben von Spenden und die ziehen mit einer hohen Expertise nach Karlsruhe, auch mit einer hohen Erfolgsquote. Aber die bekommen natürlich ganz viel Post von Leuten, die sagen Bitte nehmt meinen Fall an, die müssen dann irgendwie auswählen. Also klar, wir leben leider noch nicht in der Situation, dass jeder Mensch die Chance hat, super beraten und super unterstützt von von Experten und Expertinnen nach Karlsruhe zu ziehen. Aber immerhin, das ist schon ein Schritt nach vorne, dass es so etwas gibt in Deutschland, das gab es vor zehn Jahren noch nicht. Dass überhaupt so eine NGO sich da hinstellt und sagt, wir machen das jetzt professionell für alle Fälle, die uns wichtig erscheinen und die, weil sie sagen, die Menschen, die geflüchtet sind, diese Organisation, die nimmt sich auch gerade der Interessen von Geflüchteten an oder in verschiedensten Bereichen sind die auch, sich engagiert für die Rechte von Regenbogenfamilien, also von Familien mit zwei Mamas, wo es also Familien rechtliche Probleme gab. Die setzen so verschiedene Schwerpunkte und vernetzen Leute und das ist schon mal ein guter Schritt. Aber ich sehe schon den Punkt, dass es natürlich nur eine begrenzte Zahl von Leuten erreicht. Bislang ja. Also an einen Brief nach Karlsruhe zu schreiben, kostet nichts. Man kann den auf Papier mit mit Kugelschreiber schreiben, Das ist uns allen unbenommen. Aber natürlich, wenn man das so machen möchte, dass es dort auch Gehör findet, dass es ernst genommen wird, ist es besser, da von Experten beraten zu sein und sich das irgendwie ein bisschen schreiben zu lassen. Und da haben Sie recht. Das ist eine Ressourcensache. Das ist. Ja. #00:58:46-0#
Publikumsfrage: Ein Strafgefangener hat es per Postkarte geschafft. #00:58:47-8#
Ronen Steinke: Ja, also es gibt, es gibt die irresten Beispiele, Ja. Leute, die aus dem Gefängnis heraus per Postkarte in Karlsruhe Gehör finden. Aber klar. Also in der Regel ist natürlich schon so, dass man da auch Ressourcen braucht. Und das ist jetzt in Amerika gibt es schon länger das, es NGOs gibt eine, ganze Reihe sogar, die professionell für Menschen, die es brauchen, vor den Supreme Court ziehen. Das ist, in Deutschland gibt es das noch nicht so lange, aber das ist jetzt erst mal, das es jetzt das gibt ist schon einen Schritt nach vorne und ich mache gern Werbung dafür. Ich finde das eine gute Sache und etwas, was wir alle oder alle, die es betrifft, nutzen sollten. Und die zahlen ja auch nichts dafür. Also wenn man da als Betroffener sich hin wendet und diese NGO sagt ja, finden wir ein gutes Anliegen, wir kämpfen dafür, wir ziehen dafür nach Karlsruhe, dann kostet natürlich nichts. #00:59:36-4#
Grazyna Wanat: Es gibt ja auch die anderen NGOs oder Organisationen von Jurastudentinnen und Studenten. Das sind die Kliniken oder wie heißen sie noch? Das ist auch was sehr Schönes. #00:59:47-3#
Ronen Steinke: Ja, das ist auch was sehr schönes. Also das gibt es an den Unis gibt es auch hier, also in Erlangen, das nennt sich Law Clinic. Das heißt, dass Jurastudierende ja sozusagen pro bono für Betroffene und in aller Regel dann für Leute, die sehr arm sind oder für Leute, die geflüchtet sind, also die es super bitter nötig haben, dass sie den einfach helfen, juristisch durchzublicken und auch für die kämpfen. Das machen die so als Pro bono Projekt. Zum einen aus der Güte ihres Herzens, zum anderen auch, weil man da was dabei lernt. Also als Studi einfach. Und das ist ein neuer Trend. Das gibt es auch erst, ich würde sagen seit zehn Jahren so richtig in Deutschland kommt auch aus Amerika. Da schildern wir auch ein paar Beispiele dazu. Das ist gerade im Bereich Asyl also richtig wichtig geworden. Also in praktisch allen Universitätsstädten ist es jetzt eine wichtige Anlaufstelle, diese Refugee Law Clinic. Da gibt es dann offene Sprechstunde in einem Cafe, Ja, drei Stunden am Mittwochnachmittag oder so, da kann jeder hinkommen mit seinen Briefen vom Ausländeramt und sich das erklären lassen. Und dann bemühen sich die Studierenden da irgendwie für einen zu kämpfen und Briefe zurück zu schreiben und sich mit Anwälten zu vernetzen und so, da haben alle was davon. Also die Studierenden, weil sie was dabei lernen und die die Betroffenen auch. #01:01:04-8#
Grazyna Wanat: Hier wird noch mal und diesmal ohne Mikro. Deswegen meine Einmischung aus dem Off die Frage wiederholt, ob die Bedrohung seitens rechtsextremistischen Parteien nicht lediglich philosophischer Art sei. #01:01:22-7#
Ronen Steinke: Ich wünschte, es wäre philosophisch und wir würden dann alle nach Hause gehen und sagen "Diese schöne Fiktion, die der Steinke da immer hat.". Nein, es ist natürlich eine eine sehr echte Angst. Also in Thüringen und es ist ja hier das Nachbarbundesland, sind die die stärkste Kraft. Hätte man mir das vor zehn Jahren gesagt, ich hätte es nicht glauben wollen. Das ist die stärkste Kraft und keine Partei, die populärer ist. So unfassbar. Und Bayern ist nun auch nicht eine Insel der Seligen. Hier sind die was die zweitstärkste Kraft oder die drittstärkste, Die zweitstärkste, glaube ich. So gleichauf mit den Grünen. #01:02:00-1#
Publikumsfrage: Nochmals zur AfD? Was mir so unverständlich ist, ist, die AfD ist in Thüringen und Sachsen eindeutig als rechtsextremistisch eingeordnet vom Bundesverfassungsgericht. Das ist hier keine Handhabe gibt da entsprechend vorzugeben. #01:02:17-0#
Ronen Steinke: Vom Verfassungsschutz, also von einer Behörde so einsortiert, aber nicht von einem Gericht. Und dass man wirklich Schritte gegen die Partei unternimmt, das kann eben nur das Gericht. Und das könnte man, wie ich sagte, anstoßen, wird aber nicht angestoßen. Und gerade in Thüringen, in Sachsen finde ich es, wie Sie sagen, besonders unverständlich, weil da doch eigentlich also Behördenmaterial vorliegt. Ja, da haben Behörden bereits Gutachten angefertigt, die müsste man nur noch in Briefumschlag stecken wahrscheinlich. Ja, bitte. #01:02:51-4#
Publikumsfrage: Danke. Geht auch so ein bisschen in die Richtung. Es gibt ja neben Parteiverbot noch andere schöne Möglichkeiten, wie man Leute so von der Aktivität fernhalten kann, zum Beispiel Entzug vom passiven Wahlrecht oder so geht meines Wissens ja mit einem einfachen Gerichtsbeschluss. Haben Sie da irgendwie eine Erklärung, warum so was nicht praktiziert wird? Also da gäbe es ja auch, fallen mir jetzt persönlich schon ein paar Köpfe ein, die man. #01:03:16-6#
Ronen Steinke: Also das ist Artikel 18 Grundgesetz, da steht drin, wenn man seine Grundrechte, also Meinungsfreiheit, Pressefreiheit usw missbraucht, um diese Grundrechte auszuhebeln, also um die Demokratie zu zerstören, dann kann das Bundesverfassungsgericht das muss diese Instanz muss es sein, dieser einen Person diese Grundrechte entziehen. Das ist in der Geschichte der Bundesrepublik, ich glaub, vier mal versucht worden. Hat nie funktioniert. Vier Mal ging es darum, dass ein,gGlaube das war, vor allem in den Anfangsjahren der BRD, dass ein Altnazi oder Neonazi irgendwelche furchtbaren Dinge sagt. Und das Gericht sagte dann am Ende Na ja, das schadet auch nicht so wahnsinnig, den nimmt ja keiner so großartig ernst. Jetzt ist die These bei Herrn Höcke würde es doch anders laufen. Herr Höcke ist ein Hardcore Rechtsextremer. Herr Höcke ist mächtig und sollte man nicht Herrn Höcke mal versuchen, die Grundrechte auf diese Weise zu entziehen. Gegenargument ist dann immer, dass gesagt wird na ja, dann wird Herr Höcke sich halt in die Rolle der grauen Eminenz zurückziehen. Dann wird er halt nicht mehr auf dem Wahlzettel stehen. Das ändert aber nichts großartig am Gesamtbild. Ich glaube, das ist schon ein Einwand, der hat schon, das stimmt schon. Deswegen ich glaube, der gründlichere und der auch ehrlichere Zug wäre zu sagen, die ganze Partei ist das Problem und wird auch als Problem dann adressiert. #01:04:38-9#
Publikumsfrage: Ja, wenn jetzt so viele Leute, die, wenn jetzt so viele Leute die AfD wählen, sind die irgendwie geistig behindert oder was haben die für Probleme eigentlich nach ihrer Meinung, oder? #01:04:54-7#
Ronen Steinke: Ja, also ich beantworte das gerne. Man muss mal sich auch klar machen, dass in einer Demokratie wir uns aushalten müssen. Ja, also Rechte, Linke, das ist die Idee von der Demokratie ist, dass wir alle zusammenkommen und uns mit unseren Meinungen meinetwegen auch kloppen, aber dass wir uns aushalten. Also es ist nicht jetzt, weil mir ein Parteiprogramm zuwider ist, habe ich noch nicht automatisch das Recht zu sagen, gegen die möchte ich jetzt juristisch vorgehen. Das wäre, das wäre nicht Demokratie. Also ich habe bestimmte politische Meinungen zu fragen und ich muss damit leben, dass es andere gibt und dass vielleicht auch die anderen sogar die Mehrheit mal haben und dann, dass ich überstimmt werde. Was unterscheidet die AfD jetzt aber? Was ist das Problem mit der AfD, weswegen man da doch juristisch gegen vorgehen kann? Ich will es mal ein Beispiel sagen. Es gab vor wenigen Monaten in Thüringen eine Landkreis, Landratswahl im Saale-Orla-Kreis. Da war auf dem Wahlzettel ein AfDler und der war so stark, dass also die anderen Parteien, also sich alle hinter dem CDU Kandidaten versammeln mussten und also von links, Grüne, alle haben den CDU Kandidaten auch empfohlen, so weil man nur so eine Chance hat. Und dann hat sich also dieser CDU Kandidat, der gleichzeitig der Generalsekretär der Thüringer CDU war, einen Wettbewerb geliefert mit diesem AfD Mann, wer die schrillsten Töne spuckt und wer die, die die kernigsten Forderungen aufstellt. Der CDU Kandidat hat zum Beispiel gefordert, dass man Geflüchtete zu Zwangsarbeit mehr oder weniger heranzieht, also Straßen fegen lässt. Und man soll den und den Leuten das Bürgergeld entziehen. Also er hat aus meiner Sicht haarsträubende, furchtbare Forderungen gestellt, die gar nicht gehen. Und ich will trotzdem begründen, warum ich, wenn ich da gewohnt hätte, den gewählt hätte, warum es trotzdem Unterschied macht, AfD oder jemand, der, der haarsträubende Forderungen stellt, aber nicht AfD ist, weil beim CDU Typen man das Vertrauen haben darf, dass der nach vier fünf Jahren sich auch wieder abwählen lässt. Der mag zwar so ticken, dass es mir zuwider ist, aber ich habe zumindest das billige ich dem absolut zu, das Vertrauen, dass der sich an die Regeln der Fairness hält, die da lautet, solange du in der Mehrheit bist, respektierst du die Minderheit. Und wenn der Wahltag kommt, wird neu gewürfelt und dann schauen wir mal, wer dann die Mehrheit, wer da die Minderheit ist. Und wenn du dann abgewählt bist, bist du abgewählt. Bei der AfD haben wir alle Grund, das zu bezweifeln. Die AfD redet in einem ganz anderen Sound als die CDU. Die AfD redet davon, sie seien nicht jetzt irgendwie vom Wähler aktuell legitimiert, sondern sie würde der Vorsehung und dem Schicksal des Volkes eine Bahn brechen wollen. Also das ist immer so man ganz vorsichtig sein muss, wenn Leute so anfangen wie Höcke mit dem Niedergang des Römischen Reiches und so so in sich, so als als Beauftragter des Laufs der Geschichte zu betrachten, dessen Leute, für die ist so ein Wahltag Pipifax. Das ist also allenfalls ein kurzes was sie, was ihnen im Weg steht. Man sieht es ja auch an Trum, ja der dann auch, aber auch sich nicht zu schade ist für Manipulation oder auch für für Gewaltzündelei im Nachgang einer Wahl, die ihm nicht gefallen hat oder den Ausgang ihm nicht gefallen hat. Also es gibt einen Unterschied zwischen Leuten, die sich an demokratisches Fairplay halten und Leute, die sich nicht daran halten. Und das ist der einzige Grund, warum man bei der AfD so alarmiert sein muss. Diese Partei hält sich nicht an demokratisches Fairplay. Die Partei will alles, was sie an Macht bekommen kann und nie wieder hergeben. So ist jedenfalls die These, mit der ich finde man sie mal vors Bundesverfassungsgericht bringen müsste. #01:08:28-0#
Grazyna Wanat: Und das sind eben diese Tricks, die wir am Anfang beschrieben haben, die die anderen Parteien in anderen Ländern eben ausprobieren, je nachdem, wie weit sie es bringen. #01:08:39-2#
Ronen Steinke: In einer gewissen Weise ist das auch was, was man vielleicht mit so Erwachsenheit beschreiben kann. Also Demokrat zu sein bedeutet klar, man hat seine Überzeugungen, man und hat vielleicht sogar echt mit heißem Herzen, seine Überzeugungen. Aber man ist so erwachsen zu wissen, vielleicht ändere ich meine Meinung in ein paar Jahren. Ist auch schon mal vorgekommen. Im eigenen Leben wahrscheinlich ja. Und es wird auch wieder vorkommen und man ist so erwachsen zu sagen okay, ich möchte aber auch mit denjenigen, die aktuell nicht meiner Meinung sein, trotzdem als Nachbarn und nicht als Feinde leben. Und ich möchte auch denjenigen, die heute die Minderheit sind, die Chance lassen, dass sich das wieder ändern kann und das nicht Erwachsene ist, zu sagen Ich will alles. Und wenn ich an die Macht komme, dann regiere ich durch und mache alle anderen platt. Also ich würde Sie haben jetzt so ein bisschen unschöne Metapher gewählt mit mit Behinderung. Ich würde es eher als so eine Sache der der Reife oder des Erwachsenseins und des Fair Play beschreiben. #01:09:32-7#
Publikumsfrage: Ja, ich hätte eine Frage dazu, wie Sie sich beispielsweise erklären können, dass sich die Politik derart verweigert soziale Probleme auch als Grundproblem für den, Ja, Rechtsruck einzugestehen, weil ich merke das auch selbst nachdem ich eine Initiative von Gewaltopfern leite, dass eben eine sehr große Enttäuschung mitunter vorliegt. Also einerseits bezogen auf den Rechtsstaat, dass da eben sehr viele Probleme erfahren werden oder Ungerechtigkeit erfahren wird im Strafprozess, aber dann eben auch in den weiteren Verfahren und das daraus resultierend einerseits eben das Vertrauen in den Rechtsstaat bei vielen verloren geht. Aber was mir auch aufgefallen ist, ist das auch bei denjenigen also bei denen zum Beispiel der Täter nicht ausländisch gewesen ist und sie auch ansonsten nicht von Ausländern angegriffen worden sind, sondern von Deutschen. Dass auch bei denen teilweise so ein Ausländerhass vorliegt, oder mitunter auch die Einstellung, dass Ausländer die Kriminellen wären, wo das gar nicht mehr einhergebracht wird. Also gut, das sind jetzt natürlich nicht alle, aber ja, wie können Sie sich das erklären? Oder eben auch, dass die Politik da bezüglich der sozialen Probleme, Armut etc. derart die Augen verschließt. #01:11:10-1#
Ronen Steinke: Ja, also ich würde es als Faulheit ehrlichgesagt bezeichnen, also seitens mancher in der Politik, weil es ist die Faule, es ist die einfache Lösung mit Feindbildern zu arbeiten. Ja, Leute haben Probleme, Leuten geht schlecht, Leute sind verunsichert. Also sehr einfach ist es dann, ihnen ein Feindbild vor Augen zu führen und dann zu sagen, Ja, wir ballen die Faust, wir lassen uns nichts mehr gefallen. "Kinder statt Inder" zum Beispiel. Das war noch nicht mal einer von der AfD, das war einer von der CDU im Landtagswahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Also mit Feindbildern zu arbeiten ist einfach, ist ein sicherer Erfolg. Funktioniert immer. Das fokussiert die Gedanken. Das erleichtert es. Und zwar egal, ob jetzt das Feindbild Ausländer oder das Feindbild. Kann man sich verschiedene vorstellen. #01:11:58-6#
Grazyna Wanat: Bürgergeldbezieher. #01:12:00-1#
Ronen Steinke: Bürgergeldbezieher? Genau. Ja, die saugen uns alle aus. Also wenn man es schafft, die ganze, das Unbehagen, was da ist, auf so ein Feindbild zu fokussieren, funktioniert prächtig, gibt sofort Applaus, löst die Probleme natürlich in keiner Weise. Ja und und früher oder später und wenn wir leben ja als Gesellschaft also lange miteinander. Also jeder von uns einige Jahrzehnte. Also jeder wird dann auch mal erleben, dass das auch dann wechselt, wenn man sich einmal angewöhnt, mit Feindbildern zu arbeiten, dann gibt es also alle paar Jahre neue Feindbilder und man ist dann früher oder später auch selber mal dran und so, also das ist so, aber es funktioniert im kurzfristig, im kurzen Moment ist es sehr, sehr verlockend für die Politik. Und dass die Politik dann dieses verlockende, oder manche in der Politik, dass sie das nutzen, das halte ich für einen Ausdruck von Faulheit, weil der anstrengende, der bessere Weg ist, darauf zu verzichten, sich sachlich mit den Problemen auseinanderzusetzen. Ja, die muss man wählen, die das machen. #01:12:54-2#
Publikumsfrage: Sie hatten vorhin das Beispiel erwähnt mit dem Verfassungsgericht in Thüringen und den Richter:Innen, die dann dort in den Ruhestand gehen und jetzt eben mit den aktuellen Mehrheiten geguckt werden muss, wie die wiederbesetzt werden. Hätte es nicht Möglichkeiten gegeben, das vorher zu regeln vor den Wahlen? Oder hat man die einfach verschlafen? Weil es geht ja in den nächsten 5 bis 8 Jahren sehr viele Menschen auf entscheidenden Positionen in den Ruhestand. Und da könnte man ja eigentlich sich jetzt langsam aber sicher mal darum bemühen, diese Stellen abzusichern oder eben zu gucken, wen man an diese Stellen setzt. #01:13:27-2#
Ronen Steinke: Total, Das hat man echt verschlafen in Thüringen. Also es ist wirklich empörend. In Thüringen ist es auch so, das ist alles, was ich jetzt erzähle, das wussten die auch. Also diese ganzen Probleme waren auch vor dem Wahltag schon bekannt. Da gab es also jede Menge Wissenschaftler, also Rechtswissenschaftler, die nach Thüringen gepilgert sind und das der Politik dort erklärt haben Passt mal auf, in eurer Verfassung steht das in Verfassung steht das. Ihr lauft da auf riesige Probleme zu im Herbst, wenn die AfD erst mal ihre Wahlerfolge einfährt, hat man abperlen lassen. Also das finde ich auch ein bisschen unbegreiflich, ehrlich gesagt. Also die die rot-rot-grüne Koalition. Vielleicht auch deswegen, weil sie dann auch Angst hatte, dass sie schwach aussieht, nervös aus, wenn man dann schnell anfängt, noch Schäfchen ins Trockene zu bringen vor dem Wahltag, aber eigentlich unverantwortlich. Die haben auch, die haben noch nicht mal die Regeln im Landtag geändert. Es gibt jetzt die Regel, dass du den Landtagspräsidenten, was ja jetzt nächste Woche ansteht, das Landes, das Parlament von Thüringen wird heute genau in einer Woche zusammentreten, zum ersten Mal, das neu gewählte. Und dann müssen die in der ersten Sitzung den Landtagspräsidenten oder Präsidentin wählen. Und traditionell ist es so, dass die stärkste Fraktion jemanden aufstellt und der wird dann gewählt. Und die stärkste Fraktion ist die AfD. Und die AfD hat jetzt jemanden nominiert. Wiebke Muhsal heißt die Frau. Die ist deswegen bekannt, wenn man die googelt, weil die nämlich schon mal wegen Betrugs verurteilt wurde, weil die als Abgeordnete das Parlament beschissen hat, weil die, die hat irgendwie einen Mitarbeiter angestellt unter irgendwelchen fingierten Umständen und dann mehr Kohle vom Parlament rausbekommen als Abgeordnete, als sie eigentlich zusteht. So, das qualifiziert diese Frau jetzt Präsidentin des Parlaments zu werden oder was? So, aber es gibt dann keine richtigen Regeln, wie man damit umgeht. Wenn die Leute die jetzt nicht wählen und dann dann, ja dann gibt es halt keine Mehrheit. Dann gibt es dann einen zweiten Wahlgang, einen dritten Wahlgang und irgendwann reicht es dann auch, dass man eine sogenannte relative Mehrheit nur noch hat. Also irgendwann braucht man dann noch nicht mal mehr. 50 % der Abgeordneten müssen sich einigen. Irgendwann reicht es dann auch, wenn 35 %, also wenn nur die AfD die wählt, was ja also irrsinnig ist, ein riesiges Risiko, auf das wir dann nächste Woche zulaufen. Wir werden alle sehen, wie das, was für eine Katastrophe, oder auch nicht das wird. Aber das hätte man alles vorher regeln können. Das Landes, die Landesverfassung von Thüringen oder die Geschäftsordnung des Landtages sind alles Dinge, diese Probleme sind bekannt. Das hätte man vorher begradigen können, absichern können. Höhere Hürden, ja, höhere Vorsichtsmaßnahmen hat man nicht gemacht. Fahrlässig. #01:16:08-1#
Publikumsfrage: Ich wollte zu den Feindbildern noch was sagen oder ich. Ich finde das so unsinnig, dass man in der Politik mit Feindbildern arbeitet oder gerade auch mit dem Feindbild der Migration. Ich denke doch, vielen ist es bewusst, dass dieses Land eigentlich an genau diesen Menschen, die als Feindbilder beschwört sind, hängt. Und wenn man irgendwas davon umsetzt, das immens der Wirtschaft schadet immens unserem allgemeinen Wohlstand schadet und ich es ein. Also das ist etwas, was mich wirklich sauer macht seit Monaten oder Jahren, dass man da einfach wirklich viel verspielt und man das über Faulheit diskutiert. Also ich finde den politischen Diskurs so respektlos gegenüber der Gesellschaft, die sie zu repräsentieren hat. Und ich frage mich manchmal kann man irgendetwas tun, um den mal beizubringen, dass sie wertschätzend mit uns umgehen sollen? #01:17:09-2#
Ronen Steinke: Ja, also ich glaube, ich stimme Ihnen zu. Ich würde jetzt nicht sagen, die Politik muss mit uns, also da gibt es ja schon solche und solche und da gibt es manche, die, die genau diese Töne anschlagen, andere nicht. Aber ja, also ich finde das immer auch charakterlich ehrlich gesagt ziemlich schlechtes Zeichen, wenn man gegen die Schwachen tritt. Also das ist was, was mich nicht beeindruckt und wo ich immer denke also wie feige ist das denn? Und wenn einem nichts anderes einfällt, als politisch verantwortlicher als zu sagen Ja, wen haben wir hier, wer sind die Ärmsten in der Welt, also wer sind die am schlechtesten Aufgestellten? Was können wir denen noch wegnehmen? Finde besonders beeindruckend, wenn man jetzt über Finanzen spricht und Christian Lindner, der Finanzminister von der FDP, spricht ja auch gerne darüber, dass für Bürgergeld zu viel Geld ausgegeben wird und dass da Leute mehr bekommen, als sie verdienen, oder dass das, dass da betrogen wird, man müsse jetzt stärkere Sanktionen erheben. Das steht alles gar kein Verhältnis zu dem Schaden, den wir erleiden durch Steuerhinterziehung. Es ist ein tausendfach so großer Schaden wie durch durch Hartz4-Betrug oder Steuer, Bürgergeldbetrug und, aber das ist eine Charakterfrage. In welche Richtung trete ich? Ich habe, da muss ich sagen, eine Meinung. #01:18:29-9#
Grazyna Wanat: Ich habe mir sogar aufgeschrieben Cum ex 33 Milliarden. Also kein Vergleich zu den Zahlen, die da vielleicht. #01:18:39-8#
Ronen Steinke: Also cum ex. Ja, ja, ja, Herr Scheuer, was der verbrannt hat an Geld. Ja, Cum ex. Da geht es darum, dass es also ein Hamburger Bürgermeister namens Olaf Scholz hat man heute schon vergessen, wer das war, aber der hat, der hat ja, der vergisst ja auch ganz schön viel. Wenn man ihn darauf anspricht, hat er immer keine Erinnerung an diese Vorgänge. Also da ging es darum, dass ein paar Banken und Kanzleien Rechtsanwälte entdeckt haben. Es gibt da, wenn man die verschiedenen Steuer, komplizierten Gesetze zusammenbaut, wie so Lego Burgen, dann gibt es da so Konstruktionen, da blickt keiner mehr durch beim Finanzamt. Und dann kann man das Finanzamt austricksen, dergestalt, dass das Finanzamt nicht Geld von einem bekommt, wie es normal ist beim Finanzamt, sondern einem Geld zahlt. Und dann stellt man den noch mal so eine Konstruktion hin, dann kriegt man noch mal Geld ausgezahlt. Also wie so wie wenn man so einen Einarmigen Banditen manipuliert, das der also nur noch Geld ausspuckt. Also jeder von uns versteht sofort, dass das nicht okay ist und dass man da also etwas tut, was gegen das Gesetz und gegen die ganze Idee von von Steuergerechtigkeit geht. Und trotzdem wurden da alle Augen verschlossen. Hat die Staatsanwaltschaft da ein bisschen weggeguckt in Hamburg und die Finanzverwaltung und haben das dann so ein bisschen, als es aufflog, na ja, komm, wir wollen mal nicht so sein, da wollen wir nicht so sehr schimpfen. Und also erst jetzt kommt ganz langsam eine Strafverfolgung in Gang, dass man sich erstmal darauf einigt in der Justiz, dass das überhaupt verwerflich ist und strafbar ist. Und da reden wir wirklich, Sie haben es gerade gesagt, das Reden von Milliardenbeträgen. Und da muss also die Finanzverwaltung zum Jagen getragen werden, von bissigen Journalisten, die das vor allem antreiben. Und auf der anderen Seite, wenn es darum geht, welchen Bürgergeld Beziehern kann man auch was, noch mehr wegnehmen? Da ist die Kreativität gerade sehr, sehr groß in der Bundesregierung. #01:20:32-6#
Grazyna Wanat: Und was für einen Schaden an der Gesellschaft das alles ausrichtet. Wie viele Menschen sich schon wieder nicht zugehörig fühlen. Das kann man nicht mehr reparieren. Wir hatten hier eine Frage und dann? #01:20:45-6#
Publikumsfrage: Sie hatten ja vorhin schon gesagt, dass die in Thüringen einfach nicht reagiert haben auf diese Probleme. Ich war im Januar mit auf diesen großen Demonstrationen in Nürnberg und da ist ja angesprochen worden, oder da gab es ja große Transparente an dem Gewerkschaftshaus, dass in Bayern das so geregelt ist, dass also auch AfD Richter oder AfD Juristen im bayerischen Verfassungsgericht mit sitzen und dass die jetzt zum Zweiten Mal schon gewählt worden sind. Und ich habe heute gelesen, dass einer der Juristen, ich glaube, der ist irgendwie Vizepräsident, dass der das der Hausjurist ist von Petr Bystron, ich kann den Namen nicht richtig aussprechen und er ist von dem jahrelang als Mitarbeiter seiner Bundestagspraxis oder seines Bundestags-dings angestellt gewesen. Und der ist jetzt hier im bayerischen Verfassungsgericht sitzt der drin als Vizepräsident? #01:21:40-4#
Ronen Steinke: Ja, unfassbar. Also ich kenne jetzt auch diesen Vorgang, also, in Baden Württemberg übrigens ähnlich, ja, da sehen wir schon, also wie nah oder wie, wie, wie sehr wir schon mitten drin sind in dem Problem. Also was in Thüringen jetzt jetzt wahrscheinlich mit Turbogeschwindigkeit auf uns zukommt, ist in Bayern, in Baden Württemberg schleichend und langsam und noch auf einem niedrigeren Niveau auch schon geschehen. Es ist so Das Bayerische Verfassungsgericht, Verfassungsgerichtshof ist sehr sehr groß. Die haben nicht nur neun Mitglieder, die haben glaube ich 40. Also riesig. Und wenn dort zwei AfD Richter, ich glaube zwei sind's sitzen ist es also im Verhältnis zu sehen. Es ist noch nicht der riesen Umschwung. Und trotzdem würde ich sagen, was soll das? Warum wählt man die? Die sind auch alle mit Zweidrittelmehrheit gewählt worden. Ich glaube, Grüne und SPD haben sich dagegen ausgesprochen, aber FDP und Freie Wähler und CSU haben gesagt "Machen wir", nach dieser Logik von "naja, man braucht die AfD ja auch und so ein bisschen Fairplay braucht man auch.". Das ist so ähnlich wie jetzt eine Diskussion, die diese Woche hochkam im Bundestag. Soll man der AfD auch gönnen, Ausschüsse, Ausschussvorsitzende zu benennen oder Parlamentsvizepräsident. Also all das, was man nach althergebrachten Regeln des Zusammenlebens eigentlich so jeder Partei proporzmäßig gönnt, soll man da die AfD behandeln wie jede andere Partei auch? Und ich muss sagen, wenn ich im Parlament säße, also mir würde die Hand eher abfaulen, als dass ich die hebe, um so einen Rechtsradikalen zu irgendwas zu wählen. Und ich frage mich sehr, warum das in Bayern, also die Frage muss man dann diesen Parteien stellen, die das mitgemacht haben und die Parteien das nicht mitgemacht haben? Die zeigen ja, es geht auch anders. Das ist auch eine Form von Verschlafen, also wie in Thüringen. #01:23:26-8#
Grazyna Wanat: Sie haben noch die letzte Chance. #01:23:29-4#
Publikumsfrage: Sie haben vorhin gesagt, die AfD Politiker wären halt so absolut antidemokratisch und würden sich am liebsten ewig die Macht sichern. Ich glaube irgendwo, es ist ein Problem, das jeder Politiker hat, ob er jetzt grün, Mitte oder sonst irgendwo. Die würden niemals die Macht abgeben, die machen es halt nur ein bisschen leiser. #01:23:46-9#
Ronen Steinke: Also gerne die Macht abgeben verlange ich von keinem, dass jemand gern die Macht abgibt, das würde ich auch gar nicht erwarten. Aber dass man sich eben dem beugt, wenn die Leute nicht mehr wollen, das erwarte ich von jedem. Und das ist eben das, was ich bei allen anderen Parteien, die ich so vor Augen habe, in den Parlamenten den zugestehe, dass die sich also haben sie ja oft auch genug bewiesen, dass sie sich auch abwählen lassen und wenn sie mal in der in der Rolle der Mehrheit sind, auch die Minderheit fair behandeln, dass sie auch sich von einer Presse weiterhin kritisch begleiten lassen. Bei der AfD habe ich gar kein Vertrauen, dass es auch so ist. #01:24:25-6#
Grazyna Wanat: Dass die Presse noch bleibt überhaupt. #01:24:27-0#
Ronen Steinke: Ja, also da geht es ja auch darum, dass der öffentlich rechtliche Rundfunk abgeschafft werden soll und ersetzt werden soll durch irgendeinen Parteirundfunk. Ja, hatten wir schon mal! #01:24:36-1#
Publikumsfrage: Darf ich noch eine letzte Frage stellen? Was macht Ihnen Hoffnung? #01:24:40-3#
Grazyna Wanat: Super. #01:24:43-3#
Ronen Steinke: Ja, vielen Dank. Ja. Also, mir macht schon. Wir haben ja vorhin über Pellworm gesprochen. Über diese Jugendlichen, die, das macht mir schon sehr Hoffnung. Ja. Also, dass Leute sagen, ich, demonstrieren ist super und ist wichtig. Ja, aber ich habe auch Wege und ich mache mich schlau, wie ich selber was verändern kann. Und dass das jetzt immer smarter genutzt wird, das macht mir schon Hoffnung, auch auf verschiedensten Gebieten. Ja, Klima ist ein Gebiet, andere gibt es auch. Das macht mir Hoffnung und macht auch Hoffnung, dass die Jura Studierenden heute, ich weiß nicht welche im Raum sind, aber falls ja, ich finde, die sind heute auch viel politisch wacher als als zu meiner Zeit noch. Also dass das da so gang und gäbe geworden ist, Flüchtlingsberatung anzubieten und solche Sachen und sich überhaupt politisch einzubringen und zu reflektieren, dass man da nicht nur so ein Techniker der Macht ist oder so ein Mechaniker, der irgendwelche Paragraphen zusammenstöpselt, sondern dass man wirklich Verantwortung hat, das nimmt schon sehr, sehr zu und das ist wirklich eine gute Entwicklung. Und ja, also manchmal treffe ich bei Lesungen Leute, die mich ansprechen, die sagen, sie sind jetzt im achten Semester und sie haben sich im, ich hoffe, das sehen Sie mir jetzt nach, es klingt jetzt vielleicht unbescheiden, aber neulich hat mich eine angesprochen, die meinte, sie ist wegen meines Buchs über Fritz Bauer zum Jurastudium gekommen, wo ich sage, also großartig. Ja, also Fritz Bauer, das war der Generalstaatsanwalt in Hessen, der in der Nachkriegszeit die Nazis versucht hat, vor Gericht zu bringen. Leute, die wegen so einer Geschichte sagen Jurist ist doch was, wo ich was Gutes bewegen kann. Das macht mir Hoffnung. Ja, Leute, die sagen, ich gucke gern Barbara Salesch, oder ich möchte gern, wie Papa, eine Kanzlei haben und viel Kohle verdienen, weniger. Aber, aber das ist das jetzt auch zunehmend gibt und das erlebe ich sehr oft, das macht mir schon sehr viel Hoffnung. #01:26:39-7#
Grazyna Wanat: Vielen herzlichen Dank. #01:26:41-1#
Ronen Steinke: Danke Ihnen allen. #01:26:41-8#
Grazyna Wanat: Danke Ihnen allen auch. #01:26:42-9#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Mitschnitt einer Liveveranstaltung mit dem Juristen, Journalisten und Buchautor Ronen Steinke.
Ronen Steinke ist Jurist und rechtspolitischer Korrespondent der Süddeutschen Zeitung. Er arbeitete im Jugendgefängnis und beim Internationalen Strafgerichtshof. Seine Biografie über Fritz Bauer, den mutigen Ermittler und Ankläger der Frankfurter Auschwitz-Prozesse, wurde mit „Der Staat gegen Fritz Bauer“ preisgekrönt verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Weitere hochgelobte Titel, die Debatten ausgelöst haben: „Der Muslim und die Jüdin. Die Geschichte einer Rettung in Berlin“ (2017), „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich. Die neue Klassenjustiz“, (2022) „Verfassungsschutz: Wie der Geheimdienst Politik macht“ (2023).
Sein letztes Buch, das er gemeinsam mit seiner Kollegin Nora Markard geschrieben hat, heißt „Jura not alone: 12 Ermutigungen, die Welt mit den Mitteln des Rechts zu verändern“. Mit diesem Buch und in unserem Gespräch lädt er alle, zur Einmischung ein und schildert spannende Beispiele erfolgreicher Aktionen, die Veränderungen mit sich brachten. Er setzt auf Solidarität und Wachsamkeit, die in Zeiten des drohenden Rechtsrucks besonders wichtig sind – nach dem Motto von Ruth Bader Ginsburg: „Kämpfe für die Dinge, die dir wichtig sind. Aber tue es auf eine Weise, die andere dazu bringt, sich dir anzuschließen“.
Foto: Hannes Leitlein
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Aufgenommen am: Donnerstag, 19. September 2024
Veröffentlicht am: Donnerstag, 14. November 2024
Moderation: Grazyna Wanat
Im Gespräch: Ronen Steinke
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