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Angelina Boerger, wie lebt es sich als erwachsene Person mit ADHS?

Speaker 1: Kontaktaufnahme. #00:00:05-6#

Speaker 1: Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#

Speaker 1: Diese Folge ist eine Live-Aufnahme von der Veranstaltung mit Angelina Boerger, Autorin des Buches "Kirmes im Kopf", wie ich als Erwachsene herausfand, dass ich ADHS habe. Mein Name ist Grazyna Wanat, und ich durfte das Gespräch moderieren. #00:00:37-5#

Speaker 2: Ich sehe euch gerade nur so halb, weil ich ins Licht geguckt habe und dass jetzt grade schon wieder getan hab und das jetzt gerade so leicht verschwommen ist, und mir ist sehr heiß, und ich teile immer gerne mit, was, wie es mir gerade geht und was ich gerade mache. Ja, okay, bitte! #00:00:54-0#

Speaker 1: Wir sind schon sofort im Thema. Zunächst eine kurze Erklärung. Ich wurde gefragt, warum eigentlich diese Veranstaltung in einer Reihe, die "Sachbuch des Monats heißt", in der eigentlich politische Themen verhandelt werden, und ich finde, dieses Thema ist hochpolitisch. Eigentlich ist alles politisch, aber es ist auch sehr politisch, weil ich finde, wie eine Gesellschaft auf Menschen schaut, die zu einer wie auch immer definierten Minderheit gehören, und wie sie mit diesen Menschen umgeht und wie bestimmte Normen abgesteckt werden. Das ist alles sehr politisch. In deinem Buch erzählst du von deinem sehr persönlichen Erfahrungen, aber auch von dem Sachstand oder Wissenschaftstand zum ADHS gleich beim Thema ADHS, ADS, Hyperaktivität...Was ist das? Warum heißt das da unterschiedlich? Was ist das für eine Geschichte mit den Unterschieden, und was ist das überhaupt, worüber wir jetzt sprechen? #00:01:59-1#

Speaker 2: Ja, das ist, wie viel Zeit haben wir? Es ist eine große Frage, und ich glaube, es ist auch immer, es kommt ein bisschen darauf an, von welcher Perspektive man darauf blickt und sich dem nähert. Also, es gibt Gründe, darüber medizinisch zu sprechen. Es gibt Gründe, darüber politisch zu sprechen. Persönlich eben ganz unterschiedliche Angänge, und ich glaube, je nachdem, wie man drauf guckt, gibt es auch unterschiedliche Antworten. Deswegen ist es bis heute so, dass ich mich auch selber mit einer Definition so schwer tue, aber auch Forschung und Wissenschaft sich da so schwer tut, mit, weil es für alles quasi Argumente gibt. Also, es gibt mit Sicherheit auch einen quasi Erzählstrang, der das Thema eben Erkrankung, Störung irgendwie bedient, aber eben genau so auch etwas, was nicht weiter davon weg sein könnte, und alles hat irgendwo anteilig seine Daseinsberechtigung, weil es eben darauf ankommt, durch welche Brille wir drauf schauen und welche Menschen gerade darüber sprechen und darauf schauen. Genau ja! #00:03:05-5#

Speaker 1: Aber wenn wir uns das anschauen, was da eigentlich speziell die Wissenschaft festgestellt hat, was passiert im Gehirn? Menschen, die ADHD oder ADHS oder ADS haben, ich wollte auch noch fragen, warum? Manche sagen anders. #00:03:21-5#

Speaker 2: Ja, also, ich glaube, was ganz wichtig ist, das habe ich auf meinem Kanal auch schon mal so ein bisschen angedeutet, ist, dass es bis heute so ist, dass es eben diese Annahme gibt, und das auch quasi in den Worten, die benutzt werden, eben sehr häufig von einer Verhaltensstörung gesprochen wird. Und tatsächlich ist mein Buch bei Amazon auch. Ich weiß nicht, ob das jetzt mittlerweile immer noch so ist. Auf jeden Fall, irgendwie war das immer eine Zeitlang Platz eins der also im Bereich Verhaltensstörung. Natürlich wirkt sich das ganze aufs Verhalten aus, aber es ist eben, es ist keine Verhaltensstörung, sondern es ist eben etwas, was sich in erster Linie im Gehirn abspielt, also wirklich in der Hirnchemie, in der, in der, also etwas auch teilweise eben neurologisches. Man könnte vielleicht auch ein bisschen in Richtung Stoffwechsel gehen, weil es eben gewisse Botenstoffe sind, die da eine Rolle spielen in unserem Gehirn, die eben dafür sorgen, dass wir uns motivieren können, dass wir uns auf etwas konzentrieren können, dass wir Dinge priorisieren können, dass wir etwas anfangen und uns nicht von etwas anderem ablenken lassen. Also all dafür braucht man eben verschiedene Neurotransmitter, also vorrangig vor allem sowas wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin, und die werden eben je nachdem, wie man es erklären möchte, entweder eben nicht... kommen nicht, zumindest nicht in der Menge, dort an, wo sie ankommen sollen, beziehungsweise werden eben schneller verstoffwechselt und sind dann, sorgen eben dafür, dass das Gehirn permanent auf der Suche ist nach mehr, um das auszugleichen, um diese Stimulation irgendwie wieder anzuregen, um diese Prozesse, dann eben diese exekutiven Funktionen, irgendwie ausführen zu können. #00:05:08-4#

Speaker 1: Genau also diese Botenstoffe, Dopamine. Ich habe mich mit dem Thema schon vorher ein bisschen auseinandergesetzt, was mich aber sehr überrascht hat, und das habe ich tatsächlich zum ersten Mal gelesen in deinem Buch, dass diese Dopamine, also diese diese Stoffe, die dafür zuständig sind, dass man motiviert wird, dass man Belohnung kriegt, irgendetwas passiert, und dann werden sie ausgeschüttet, und wir sind glücklich. Wir haben was geschafft, das in diese Dopamin, und dass man das auch normalerweise bekommt, noch bevor man was gemacht hat, genau also als eine Motivation sozusagen. #00:05:42-9#

Speaker 2: Es ist quasi dieser Prozess im Gehirn. Etwas unvorhergesehenes passiert uns wo, durch das wir dann abspeichern: Okay, das war was gutes für uns, und unser Gehirn fängt eben an zu überlegen: Okay, was hat uns dahin geführt? Also was waren die Schritte davor, und was können wir quasi ausklammern? Was ist unwichtig, und versucht dann eben im nächsten. Also, es gibt da so ein tolles Beispiel, mit mit einem, mit einem Cheeseburger quasi, dass man eben einen Cheeseburger kriegt, man isst ihn zum ersten Mal und ist begeistert. Geschmack, toll, das war was schönes, und dann beim nächsten Mal fährt man irgendwie eine Landstraße lang und sieht nur ein Schild von einem Cheeseburger, und dann ist eben dann gleich genau. Aber dem Dopamin ist es quasi egal, ob du dann deinen Cheeseburger kriegst oder nicht, sondern es geht permanent um diesen Prozess des Auslotens. Was, was hat uns zu diesem guten Gefühl gebracht, und wie können wir das eben schnellstmöglich wieder erlangen? Und dann ist eben der Fokus darauf, und andere Dinge werden unwichtig, und das ist so schwierig, nicht nur für das außen, sondern auch für uns selber, dann oft nachzuvollziehen. Wieso kann ich mich denn jetzt nicht darauf konzentrieren, wieso ist jetzt gerade was anderes irgendwie wichtiger? #00:06:59-7#

Speaker 1: Genau das eine und das andere ist, denke ich, für mich war das so eine Entdeckung, dass man diese Vorfreude, dieses Dopamin nicht bekommt. Das heißt, man kann sich schwer motivieren für Sachen. Also man, wenn, wenn dieses Gefühl auftauchen würde, wenn ich aufräume, wenn ich aufräumen werde, werde ich glücklich, und wenn diese diese Vorfreude schon nicht existiert, dann tue ich das halt nicht. Aber ich hab so ne Schwierigkeit, mich zu motivieren. #00:07:33-4#

Speaker 2: Und jetzt ist ja das Blöde, weil da kann ich direkt eine Anekdote erzählen. Ich hatte vor ein paar Monaten ein Dreh bei mir zu Hause, und ich wusste also, es war auch wieder sowas. Anruf so: Ja, ist das Okay, wenn wir bei dir zu Hause drehen? Ja klar, kein Problem kommt vorbei. Wir sind wohl acht Leute, und drei ja, kein Problem, gar nicht drüber nachgedacht, dann stehen da halt morgens acht Leute bei mir. Ich hab noch panisch, vorher halt alles geputzt und aufgeräumt, und dann war eben dieses so. Ich merke diese Enttäuschung im Gesicht des Regisseurs, weil er war so, ja, jetzt ist es hier irgendwie ordentlicher, als ich erwartet hatte, und er war wirklich kurz davor zu sagen, können wir wenigstens irgendwie einen dreckigen Teller, irgendwie so? Also, ich weiß, das soll jetzt nicht, und dann habe ich gesagt, ja, das ist es, ist halt lustig, weil natürlich möchte, ich liebe es auch ordentlich. Natürlich habe ich das gerne, wenn alles irgendwie nach frischen Blumen riecht, und alles ist an seinem Platz und so, ich liebe das auch. Ich fühle mich dann auch wohler, aber ich kriege diesen Zustand eben nur sehr selten hin, außer ich weiß, morgen kommt ein Kamerateam hierher in meiner Wohnung dann vielleicht, und es gibt eben nicht immer genug Gründe, das zu tun, und gleichzeitig belastet es mich. Aber das ist es ja eben. Also klar, es gibt auch die Tage, wo man denkt, scheiß, egal, aber ihr kennt es vielleicht selbst. Dann kommt jemand vorbei und man sagt, es ist wohl nicht aufgeräumt und die Person kommt rein und sagt, das ist dein nicht aufgeräumt? Oder man putzt, bevor die vielleicht die Putzhilfe kommt oder so. #00:09:01-4#

Speaker 1: Genau ja, von außen gesehen ist es natürlich schwierig einzuschätzen, und manche Leute sagen, warum kannst du das nicht steuern? Aber wenn wir wissen, dass es Prozesse sind, die im Gehirn anders ablaufen, dann könnte man genauso die Frage stellen, kannst du deine Kurzsichtigkeit nicht steuern? Also mach was, und dann siehst du schon besser. Die Diagnose kam bei dir tatsächlich im Erwachsenenalter, und wie war dein Leben davor? #00:09:31-5#

Speaker 2: So wie immer, ja, also es ist natürlich so, ich. Ich bekomme häufig die Frage gestellt, so genau dieses Leben davor, und woran hast du denn gemerkt? Jetzt rückblickend, und das ich finde das immer so schwierig zu beantworten, weil es gibt ja eben, es ist nicht etwas passiert, und plötzlich war alles anders. Also natürlich hat sich durch die Diagnose und alles mein Leben verändert. Aber ich bin immer noch ich, und ich habe auch immer noch das gleiche Gehirn, das ich auch vor zehn Jahren hatte und vor 20 Jahren, und das ist ja mein normal. Deswegen finde ich das immer so schwierig, Leuten zu erklären, so was bedeutet das, weil das ist ja meine Normalität. Ich habe auf der anderen Seite aber natürlich immer gespürt, dass meine Normalität für andere vielleicht nicht immer das ist, was der Norm entspricht, und das war dann vielleicht manchmal nur ein subtiles irritiert sein oder ein kurzer Moment wirklich so der der Ratlosigkeit oder so bis hin eben zu ernsthaften Auseinandersetzungen, Konsequenzen, allen möglichen Dingen, die dann eben dazu geführt haben, dass nicht nur vielleicht meine Außenwelt so mit mir nicht nicht immer zufrieden war, sondern eben irgendwann auch ich selbst nicht mehr, weil ich mir selber nicht mehr vertraut habe, im Endeffekt so nicht mehr auf mich vertraut habe. Ja! #00:11:02-5#

Speaker 1: Ja, wir sprechen heute über ein Buch, und deswegen wäre es vielleicht nicht verkehrt, wenn du aus dem Buch ein bisschen vorliest. #00:11:08-1#

Speaker 1: Dann mache ich das noch mal! #00:11:09-8#

Speaker 1: Vielleicht von diesem Moment, der alles verändert. #00:11:14-3#

Speaker 1: Ja, sehr gerne. #00:11:16-4#

Speaker 1: Seite 125. #00:11:18-3#

Speaker 2: Das Lieb danke! Ja, ich erzähle nämlich immer, es ist tatsächlich so. Ich hatte mir für die erste Lesung hier Zettelchen reingeklebt, wusste aber überhaupt nicht, welches Kapitel was ist? Und das war einfach nur diese Zettel. Ich so cool ja, aber deswegen vielen dank, und ich habe natürlich auch noch einen verkritzelten Zettel, wo auch noch was drauf steht. Ich trinke jetzt noch mal einen Schluck Wasser. Ich hab schon gesagt, ich kündige immer an, was ich tue, damit ihr auch alle dabei zugucken könnte. Ja, das muss auch dreimal so laut. #00:11:56-2#

Speaker 2: Jetzt hier genau also die kleine Vorgeschichte. Ich bin einige Jahre als freie Journalistin tätig gewesen für den WDR und habe da vor allem für ein Instagram Format gearbeitet namens "Mädelsabend". Ich weiß nicht sagt das jemandem was, ja, gibt es immer noch genau, und da haben wir uns im Endeffekt 365 Tage vor und hinter der Kamera mit verschiedenen Themen beschäftigt, die sich vor allem an eine junge weibliche Zielgruppe gerichtet haben. Und das Lustige ist, man hatte so Themenfelder, und eins meiner Themenfelder war mentale Gesundheit, und Co. Ich habe Themen Wochen über alles Mögliche gemacht, aber ADHS, noch nie davon gehört. Also, natürlich habe ich schon mal von ADHS gehört, diese vier Buchstaben, irgendeine Bedeutung, dachte ich, haben sie aber keinen Zusammenhang für mein Leben, und dann habe ich eine Themenwoche gemacht zum Thema Geheimnisse und habe da Jürgen Domian interviewed. Wem sagt das denn etwas? Nee, ich muss ja andersrum fragen, wem sagt das nichts? Ah, oh, oh, ja, okay, wir sind hier nicht im sogenannten Sektor, also in NRW, und zwar ist das eine, man kann so sagen, ein Talkmaster in eine WDR-Choriphäe, der eben über 25 Jahre lang eine Radiosendung hatte, die auch dann quasi live übertragen wurde, wo Menschen anonym anrufen konnten und zu verschiedenen Themen eben was erzählt haben, und er hat darauf reagiert, mit psychologischen Ratschlägen. Wenn man so will. #00:13:42-4#

Speaker 2: Auch fernsehen, oder? ich habe den gesehen. #00:13:44-0#

Speaker 2: Genau richtig, also, das wurde dann, man konnte das dann irgendwie nachts, also, das war dann etwas gerade für die Leute, die irgendwie nachts gearbeitet haben, unterwegs waren, von der Party kam, war aber auch, es gibt ein paar sehr, ja, ich sag mal, legendäre Storys, die, die man sich halt auf Youtube auch immer noch anhören kann, und dieser Mann hat auf jeden Fall viele Geheimnisse erzählt bekommen. Okay, jetzt mache ich auch noch auf euch aufmerksam, super toll! Sorry! Ähm, genau! Und ich habe gedacht, der kriegt viele Geheimnisse erzählt, den muss ich interviewen und hab ihm dann nach diesem Interview natürlich wie immer ins Reden gekommen: großer Fan, toll, was du machst! Mama, auch, Riesenfan, hört dich immer beim Kartoffel schnippeln, und er war so: "Ich habe nächste Woche eine Fernsehsendung mit Publikum, ein bisschen anderes Konzept, komm doch vorbei, spontan." Und ich habe dann gesagt:"ja, klar mache ich, ich komm vorbei." Gar nicht gefragt, wann, wo, was, das übliche. Es stellte sich dann raus: Freitag Nachts, im Endeffekt um elf Uhr abends in der WDR-Kantine war die Aufzeichnung. Meine Mutter geht um halb zehn schlafen ungefähr, und ich war auch so. Oh Gott, schaffen wir das Todmüde! Und dann haben wir gesagt, wir machen es, weil nachher ist sonst jemand sauer auf uns. Er hätte es wahrscheinlich nicht mal mitbekommen, wenn wir nicht gekommen wären. Aber das war dieses Nein. Wir haben zugesagt, und in diesem Moment befinden wir uns jetzt, da nehme ich euch mit rein. Genau. #00:15:11-9#

Speaker 2: Eingeladen sind vier unbekannte Gäste, die sich selbst beworben haben, also nicht von Jürgen oder seinem Team vorab recherchiert wurden. Eine totale Überraschungskiste also. Zusätzlich können Zuschauende, die die Sendung live im TV anschauen, anrufen und ihre Gedanken zu dem jeweiligen Gast kundtun. Der erste Gast ist Jason, 56, der sich laut eigener Aussage auf dem Weg von einer Frau zu einem Mann befindet. Nach circa 21 Minuten um 23:51 Uhr wird Jason von der examinierten Krankenschwester Yvonne, 44, abgelöst, mit der Domian über die katastrophalen Pflegezustände in Deutschland sprechen will. Ein wichtiges Thema, aber ich merke schon, wie meine Augen langsam müder werden und ich mich auf meinem Stuhl zusammenreißen muss, um nicht vor laufenden Kameras einzuschlafen. Minute 35, mittlerweile ist es schon nach Zwölf, als Domian unter angeregtem Klatschen eine junge Frau auf der Bühne begrüßt. Ihr Name ist Carina, die ist 24 Jahre alt, ihr Thema ADHS im Erwachsenenalter, keinerlei Reaktion in mir. Ich bin immer noch sehr müde. Das kann man sich ein bisschen so vorstellen, sagt Carina auf der Bühne, als ob man im Kopf durch 500 Programme im Fernseher gleichzeitig zappt, aber jemand anders hat die Fernbedient. In mir regt sich ein müdes Schmunzeln. Das Gefühl kenne ich nur zu gut. Jetzt will Domian wissen, wie sich das in Carinas Alltag so bemerkbar macht. Carina fängt an zu erzählen von insuffizienten, Dopamin und im Belohnungszentrum in unserem Gehirn, von Rechnungen, die bezahlt werden wollen, einem chaotischen Haushalt und anderen Aufgaben, die man als erwachsener Mensch normalerweise ohne Murren erledigt, auch wenn sie keinen Spaß machen. Carina berichtet, wie ihr Gehirn da einfach Unterschiede macht, weil es sagt, was habe ich davon, dass ich den Scheiß jetzt erledige? Was ist meine Belohnung? Und wenn es keine unmittelbare Belohnung gibt, hat sie so etwas wie eine unüberwindbare Mauer in ihrem Kopf, komme was wolle. Ich bin mittlerweile übrigens hellwach. Ich habe diese Geschichte schon so oft erzählt, aber selbst jetzt, gerade während ich diese Zeilen schreibe, bekomme ich noch Gänsehaut und habe Tränen in den Augen. Rückblickend weiß ich, das war ein Schlüsselmoment für mein ganzes Leben, für meine Vergangenheit, meine Gegenwart und meine Zukunft, mein fehlendes Puzzleteil. Jetzt jetzt aber zurück in die Szene, zurück ins umfunktionierte Studio in der WDR-Kantine mit meiner Mama, Domian und all den Kameras, wo es sich aber so anfühlt, als wären da nur Carina und ich. Spotlight direkt auf sie, die einen für andere unbedeutenden Schwank aus ihrem Alltag erzählt und mir damit direkt aus der Seele spricht, die gar nicht weiß, dass sie da gerade mein fehlendes Puzzleteil in den Händen hält, von dem ich gar nicht wusste, dass ich danach suche. Mittlerweile sitze ich Kerzengerade auf meinem Stuhl und habe schwitzige Hände. Domian stellt eine Frage, die sich wahrscheinlich viele Zuschauende gerade stellen. Mich wundert es. Bei ADHS würde ich jetzt denken, du bist extrem aktiv und kannst nicht still sitzen und musst die ganze Zeit etwas tun. Aber das hört sich gerade nach dem totalen Gegenteil an. Carina entgegnet, dass sie durchaus aktiv sei, sogar hyperaktiv, aber eben nur in ihrem Inneren. Es schwirren dir permanent 1000 Gedanken durch den Kopf, und das hemmt dich einfach in der Aktion. Nicht nur ich höre ihr gebannt zu. Ich sehe Domian an, dass er viele Fragen hat. Er will wissen, wie es bei Carina zu Hause aussieht. Sie sagt,, Dank Ritalin sei es kein Saustall mehr. Was sie beruflich machen würde? Ich studiere Psychologie. Ich möchte später mal eine Praxis aufmachen, die sich an Erwachsene mit ADHS richtet. Ich will, dass die Menschen zu mir kommen können und ich ihnen aus der Tiefe meines Herzens sagen kann: "Ich verstehe dich", denn ich hatte selbst gute Psychiaterin und Psychologinnen, aber niemanden, der oder die wirklich wussten, wie es sich anfühlt. Jetzt sprechen die beiden noch über ihre Kindheit bei diversen Ärzt*innen, die alle nichts finden konnten, ihre Schulzeit zwischen "Sehr gut" in kreativen Fächern und Sprachen bis "mangelhaft" in Naturwissenschaften, über chronische Schlafprobleme, ihr fotografisches Gedächtnis und darüber, dass sie eigentlich nie für Prüfungen lernen musste. Entweder sie konnte etwas direkt oder gar nicht. Ich kann es immer noch nicht fassen. Das... ich muss jedes Mal heulen. Ich heute jetzt auch einfach, wenn ich heulen muss... das bin haargenau ich. Sie sprechen darüber, dass Carina letztendlich erst vor vier Jahren, also mit 20, diagnostiziert wurde, wie sehr ihr Partner manchmal von der ADHS genervt ist und dass man beim Sex nicht drum herumkommt, auch mal die Einkaufsliste für morgen durchzugehen. Ich höre gebannt zu und hacke alles mit einem "Wie bei mir" ab. Mein Kopf explodiert. Beinahe 1000 Gedanken schießen mir durch das Hirn. Wie kann es sein, dass ich noch nie davon gehört habe? Wo bekomme ich noch mehr Infos? Was wäre gewesen, wenn wir nicht zur Sendungsaufzeichnung gegangen wären, weil wir zu müde waren? Was denkt meine Mutter gerade? Das Gespräch neigt sich langsam dem Ende zu. Carina möchte noch betonen, dass es Dinge gibt, die Menschen mit ADHS extrem viel Spaß machen können, für die sie eine große Leidenschaft entwickeln und worauf sie sich dann perfekt konzentrieren können. Dass wir uns gar nicht konzentrieren können, stimmt nämlich ganz und gar nicht. Wie recht sie hat, denn ich weiß jetzt schon, dieses Thema lässt mich so schnell nicht mehr los, vielleicht sogar nie wieder. Danach kommt noch ein Gast, aber ich höre nicht mehr zu. Ich habe nur noch einen einzigen Gedanken: "Ich habe ADHS!" Als meine Mutter und ich nach der Sendung aus dem Gebäude gehen, platzt es direkt aus mir heraus. "Und wie fandest du es?" "Spannend", sagt Mama. "Ich musste tatsächlich bei dem, was die eine erzählt hat, total an mich denken", sage ich vorsichtig. Doch in dem Moment ist mir längst klar, dass es egal ist, was meine Mutter antworten wird. Ich spüre... Oh Gott, wartet ich muss mich kurz zusammenreißen. ...Ich spüre in jeder meiner Fasern, dass mein Gefühl richtig ist. "Die mit dem ADHS?", fragt meine Mutter und gähnt dabei verstohlen, während sie mal wieder in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel sucht. "Ich auch", lächelt sie mich müde an: "Ein Bisschen." #00:22:04-9#

Speaker 1: Es ist tatsächlich eine spannende Frage. Was wäre wenn, wenn du da einmal nicht hingegangen wärst? Weil das hat komplett dein Leben geändert. Jetzt bist du auch durch dieses Buch lebst du ein völlig anderes Leben. Aber natürlich, von diesem Moment zur Diagnose ist noch ein langer Weg, und der Weg ist, ich frage, wie es bei dir war, aber auch im allgemeinen, wie kompliziert ist es, diese Diagnose, in Deutschland zumindest, zu bekommen, und warum ist es anders bei Mädchen oder Frauen und anders bei Jungs und Männern? #00:22:48-9#

Speaker 2: Also auf der einen Seite ist es natürlich etwas ganz wunderbares in der Theorie, dass wir die Möglichkeit haben, wenn wir merken, dass es uns nicht gut geht oder dass wir in irgendeiner Form Hilfe brauchen, dass wir irgendwo hingehen können und dass wir diese Hilfe zumindest in der Theorie in Anspruch nehmen können, also dass wir dieses System einfach haben. Leider ist es aber trotzdem so, dass selbst in einem Land wie Deutschland eine Diagnose immer noch ein Stück weit ein Privileg ist, und das ist eben etwas, was ich quasi kurz nach diesem, was ich jetzt hier gerade erzählt habe, schnell erleben musste und was viele, viele Tausende Menschen erleben müssen, auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Bei mir war es tatsächlich so. Ich war damals schon in einer, habe eine Verhaltenstherapie gemacht, weil ich das Gefühl hatte, okay, irgendwie, irgendwas ist los in mir, es war eben irgendwie, ich habe mich nicht gut gefühlt, auch so viel, so körperliche Sachen, psychosomatisch, und ich hatte eben das Gefühl, krass, ich habe hier gerade meinen Traumjob und auf der anderen Seite das Gefühl, ich kann das, das schaffe ich vielleicht jetzt noch ein, zwei Jahre, und dann klappe ich komplett zusammen. Ich kriege dieses ganze Kartenhaus einfach nicht mehr gestemmt, was ich mir da aufgebaut habe, und ich will es aber eigentlich. Aber ich kriege es nicht hin, und dann hab ich mir halt eben dann diese Hilfe gesucht und bin dann nach dieser Situation auch mit meinem Verdacht wieder zu dieser Therapeutin gegangen, und da habe ich eben etwas erlebt, was mir dann im nachhinein viele Menschen eben erzählt haben, was leider sehr häufig ist, dass diese sehr nette, sehr an sich kompetente Person eben vor mir saß und gesagt hat, also, ich war so aufgeregt, ich saß da so, und ich war so, oh mein Gott, ich glaube, ich muss ihnen was erzählen. Ich, ich hab was rausgefunden und fang an zu erzählen und merke eben schon in meiner Wahrnehmung, was ja dann häufig einen...Nee, es war schon dieses so, ich merkte, wie sie gar nicht mehr richtig zugehört. Also, es war so, dieses Okay komm zum Punkt, dann sag ich was dazu, und was sie dazu gesagt hat, war eben Frau Boerger. Ich habe schon mal davon gehört, dass es das bei Erwachsenen geben soll, aber ich habe das über 22 Jahren noch nie jemandem diagnostiziert, und ich nehme das aber mal mit in die Supervision, also in dem quasi Gesprächskreis mit anderen praktizierenden Psychotherapeutinnen, und ja, wo waren wir stehen geblieben? Und das war so dieser Moment, wo ich gedacht habe, okay, ich sitze jetzt hier noch in dem, also in der Therapie, wo ich mich selbst so lange zu überreden musste, weil ich halt gedacht habe, es ist nicht so schlimm, und ich nehme wieder irgendwem irgendwas weg und werde das jetzt noch zu Ende machen, die Stunde, und dann werde ich hier nie wieder hinkommen. Und dann habe ich mich auf die Suche gemacht macht nach jemanden, der sich mit dem Thema auskennt, und das war eben nicht so einfach, weil ich dann eben mit einer gewissen, sagen wir mal, Blauäugigkeit an die Sache rangegangen bin, und ich weiß noch, also, ich habe dann Mails geschrieben, angerufen, alles mögliche, und bis ich dann irgendwann mal irgendwo durchgekommen bin, und ich weiß noch, ich war so am Telefon, ach so, ja, hier ist Angela Bürger, ja, ich wollte anrufen wegen der ADHS-Diagnostik, so, ich habe hier gerade meinen Kalender aufgeschlagen, und ich hab mal geguckt, so, ich hab die Frau gerade noch gar nichts gesagt, und ich habe gesehen, irgendwie so, ja, ich könnte irgendwie so in zwei Wochen und dann irgendwie im nächsten Monat bin ich irgendwie, so bin ich eine Woche weg, aber dann bin ich wieder da und so, und dann merke ich erst mal stille, hallo, und dann war so schallendes Gelächter! #00:26:39-8#

Speaker 1: Ah. #00:26:40-4#

Speaker 2: Und das war also, das sage ich an dieser Stelle auch immer, das war nicht böse gemeint, sondern es war einfach dieses ernüchternde Frau Boerger, es tut mir leid, ihnen das jetzt so sagen zu müssen, aber der früheste Termin, den ich ihnen hier anbieten kann, ist in 18 Monaten. Ja, das ist eh schon schlimm und doppelt schlimm, wenn man glaubt, man hat ADHS, und nicht abwarten kann, was man jetzt haben will, und wenn dann einer sagt, in 18 Monaten plus eben dann ein gewisser Leidensdruck, den es eben dann sehr häufig überhaupt erst dazu geführt hat, dass man sich eben versucht, Hilfe zu suchen, macht es fast unerträglich, und das ist ja noch nicht mal dann damit getan, dass man 18 Monate gewartet hat. Also ich habe jetzt tatsächlich nur neun Monate warten müssen, weil ich selbst penetrant gewesen bin und immer wieder mich überall gemeldet habe. Das sind aber natürlich also Kapazitäten, die man aufwendet, die nicht jeder Mensch zur Verfügung hat. Nicht jeder Mensch befindet sich eben am selben Punkt und kann irgendwie sagen, ja, dann warte ich halt noch länger, und dann mache ich noch dies und das, sondern es gibt eben Menschen, die haben, die können nicht mehr, und es ist einfach ihr ihr letzter Strohhalm. Und dann ist es eben so, dass sie dorthin kommen und vielleicht ein Leben lang all das, was sie als störend an sich empfunden haben oder andere gelernt haben, in gewisser Weise zu kompensieren, zu maskieren, zu unterdrücken. Und dann kommst du irgendwo hin und bist todesaufgeregt und soll es dann gefühlt in fünf Minuten dich da verkaufen, deine Maske runterlassen und jemandem alles sich nackt machen und alles sagen, am besten noch so einen Stapel Unterlagen dabei haben, um das alles zu belegen. Und dann ist es ja nicht mal so, dass dann eben da jemand sitzt und sagt, ja, okay, und wir gehen das Ding jetzt an, und ich habe, wir haben alle Zeit der Welt, und wir machen das jetzt, sondern ich bekomme von Menschen Nachrichten, die Dinge erleben, was man sich eben nicht vorstellen kann, also angefangen eben bei einer, bei Aussagen wie, und wir müssen uns jetzt vorstellen, das sind Leute, die also in einem professionellen Kontext, das ist nicht die beste Freundin oder irgendein Typ in der Ubahn oder was weiß ich auf einer Party, der einem das entgegnet, sondern das sind Menschen, die vor einem sitzen und sagen, sie können kein ADHS haben, weil sie sind erwachsen, sie sind eine Frau, sie haben einen guten Schulabschluss, also haben keine Auffälligkeit, sie haben einen Masterabschluss, sie haben eine intakte Familie, sie sind zu attraktiv, um ADHS zu haben. Also, das ist eine, hat mir eben jemand erzählt, weil das war eine Person, die also die, die die Ärztin hatte behauptet also, die Argumentation war die Leute, die sie sonst, und das ist dann eben ganz oft dieses, ich kenne Leute mit ADHS, die habe ich hier sitzen, und die sind so und so. #00:29:52-9#

Speaker 2: Obdachlos, erledigt. #00:29:54-4#

Speaker 2: Genau und was einfach auch quatsch, jenseitsvon gut und böse und sowas von krass ist. Eine meiner Lieblingsgeschichten ist auch die einer einer Frau, die in der quasi in dieser ersten Anamnese, also wo man einfach nur anfängt, warum sind sie denn hier, die dann eben gefragt wurde. Also, sie fing an zu erzählen, war sehr aufgeregt, und dann wurde sie unterbrochen, und dann war so, ja, was machen sie denn nochmal beruflich? Und dann meinte sie, ich bin Buchhändlerin, und dann meinte die Ärztin, ja, dann wird es irgendwie nach ihrer Vorstellung schwer mit der Diagnostik, weil Menschen mit ADHS, die könnten keine Bücher lesen: Die würden, das wäre ja so. Also die Aufmerksamkeitsspanne und ja, also Klammer auf, mag sein, dass es, dass es so ist, dass es das Lesen unglaublich schwerfällt und dass man vielleicht das letzte Mal mit elf auf Zwang in der Schule irgendeine Lektüre lesen musste, aber das kann ja nicht die Argumentation einer Ärztin oder einer ausgebildeten Psychotherapeutin sein, die sagt, sie können kein ADHS haben, weil ...oder sie sind Buchhändlerin, und Lesen funktioniert dann nicht. Das ist halt, und das sind ja jetzt noch diese Sachen, und dann muss man sich vorstellen, dass es einfach Menschen gibt, die im Gesundheitssystem vielleicht schon ganz andere krasse Sachen erlebt haben, die eben ja einfach unter gewissen Dingen eben schon leiden, einfach unterschiedlichste Sachen, diskriminierende Sachen, eben auch wenig Vertrauen dadurch haben und und einfach mit ihrem Latein am Ende sind, die vielleicht schon drei, vier Diagnosen da liegen haben und immer noch das Gefühl haben, es passt nicht. Und jetzt könnte das vielleicht die Antwort sein. Und die, so eine, für die ist schon so eine Überwindung ist, überhaupt dort hinzugehen und dann eben so abgewatscht zu werden und vielleicht nach fünf Minuten da wieder rausgeworfen zu werden und dann nach Hause zu gehen und zu denken: Fuck ja, dann bin ich es wohl doch selber schuld, dann ist es meine Schuld, dann bin ich wohl einfach zu faul und zu dumm und zu undiszipliniert und so verpeilt und was auch immer. Es ist einfach so, wie es alle gesagt haben, und so, wie ich es auch immer vermutet habe, ja! #00:32:17-3#

Speaker 1: Ja, und dieser unterschied zwischen Jungs und ...? #00:32:20-7#

Speaker 2: Ja, genau das ist dann noch ein weiterer Faktor. Genau also, da gibt es natürlich verschiedene Gründe, die ganz unterschiedlich sind. Also, es gibt tatsächlich auch biologische Gründe, einfach in den Abläufen. Hormone, Menstruationszyklus, also alles mögliche hat natürlich Einfluss auch darauf, wie sich Dinge auswirken, wie sich Symptome zeigen können. Aber ein wichtiger Faktor ist eben auch die Art und Weise, wie wir sozialisiert werden, und das ist eben etwas, was bei ADHS eine sehr große Rolle spielt, weil es eben schon im frühesten Kindesalter eben so ist. Wir kommen also, es ist schon im Familienkontext so, aber auch dann Grundschule, Kindergarten, alles mögliche, dass es eben so ist, dass wir doch noch, und ja auch heute noch, auch wenn wir es vielleicht gerne anders hätten, gewisse Erwartungen einfach haben an, wenn wir jetzt mal in diesem Binären bleiben wollen, an kleine Jungs und kleine Mädchen. Und es ist einfach so, dass dieses Bild von von einem kleinen Mädchen eben häufig so ist, eher zurückhaltend und schüchtern und fleißig und ordentlich und vielleicht ein bisschen verpeilt und weiß dann irgendwie: Sammel, sammel dich mal kurz und red mal nicht so schnell, und dieses, und wo bist du schon wieder mit deinen Gedanken, ist, und natürlich gibt es da auch Unterschiede. Also ich zum Beispiel war irgendwo dazwischen. Also ich hab eben auch diesen Kombinierten, dieses kombinierte Erscheinungsbild diagnostiziert bekommen. Aber es ist dann eben sehr häufig so, dass man sich also, dass es eben so ist, dass Mädchen dazu neigen, diesen sehr überangepassten Typ quasi zu verkörpern, weil sie eben auch sehr schnell checken. Okay, der hat jetzt gerade übelst eine dafür auf den Deckel gekriegt für sein Verhalten. Ich wäre vielleicht intuitiv, hätte ich mich vielleicht mal irgendwie ähnlich verhalten, aber ich werd den Teufel tun, mich irgendwie, das gleiche zu machen, weil ich möchte hier gefallen, ich möchte, dass ich ich weiß, irgendwie so, das muss ich tun, um irgendwie die Reaktionen zu bekommen, und versuche, mich eben dem anzupassen, und das ist ja so krass, weil das sage ich auch. Also ich möchte das immer klarmachen. Wenn man sich das mal, also wenn man sich das eben mal klar macht, ist das ja eigentlich losgelöst ein unfassbarer Skill, dass man in Situationen ist und blitzschnell checkt. Okay, das ist das erwartete Verhalten. Ich passe mich der Situation an. Ich kann gewisse Dinge quasi unterdrücken und ablegen, um an mein Ziel zu kommen. Das ist ja eigentlich ein Skill, und am Ende des Tages ist es das, was dir dann das Genick bricht, was dazu führt, dass sich eben gewisse Folgen daraus entwickeln, dass du dann irgendwann eben, wenn es denn dann so ist, irgendwo sitzt und sagst, ich kann nicht mehr, und es dir dann einfach nicht leicht fällt, diese Maske komplett abzulegen. Und das ist natürlich nichts, was jetzt irgendwie nur auf Mädchen, Frauen und so weiter oder weiblich sozialisierte Personen abzielt. Aber es ist eben etwas, was sich beobachten lässt, dass diese Tendenz eben eher so ist, und das ist dann dieser große Unterschied, dass eben durch durch die, durch unsere Wahrnehmung, eben wie wir darauf schauen, dass es gewisse Dinge gibt, die eben eher sichtbar sind. Das sind dann diese, ich sag mal, eher hyperaktiv motorischen Dinge, die eben auffallen, oder dann im Verhalten eben dass man irgendwie so sagt, ah, das ist ADHS, gehen sie mal mit dem Jungen zur Diagnostik oder was auch immer und das Mädchen dann eben häufig durchs Raster fallen und nicht auffallen und deswegen dann häufig erst diese späten Diagnosen bekommen, in der Zwischenzeit aber auch dann eben auch oft ganz andere Diagnosen bekommen haben. #00:36:17-0#

Speaker 1: Mhm Ähm, was kann so eine Diagnose im Leben verändern? Eigentlich? Warum ist sie so wichtig? Warum ist es mit der Diagnose dann besser? #00:36:27-1#

Speaker 2: Ich könnte dann noch was vorlesen, wenn ihr, ich trinke, aber noch meinen Schluck. #00:36:35-5#

Speaker 2: Es ist nie zu spät, wieso auch eine Diagnose im Erwachsenenalter noch Sinn macht. Bevor ich darauf eingehen möchte, was mögliche Schritte sein könnten, die man nach einer Diagnose in Angriff nimmt, möchte ich vor allem eine Frage beantworten, die ich immer mal wieder gestellt bekomme. Sie lautet: wieso braucht man überhaupt eine Diagnose im erwachsenen Alter? Diese Frage taucht häufig im Zusammenhang mit folgendem Gedanken auf: wenn ein Mensch doch jetzt so viele Jahre ohne Diagnose klar gekommen ist, was soll eine ADHS-Diagnose dann noch für ihn tun? Hier gibt es einen entscheidenden Faktor, der die direkte Antwort liefert: der sogenannte individuelle Leidensdruck. Wenn wir Strategien erlernt haben, die es uns möglich machen, mit ADHS zu leben, ohne dass es uns oder andere großartig stört, verspüren wir tendenziell wenig von diesem individuellen Leidensdruck. Ich möchte das Mal an dem Beispiel der Unordnung klarmachen. Viele Menschen mit ADHS neigen zu desorganisiertem Verhalten, und das bereits seit der Kindheit. Es fällt ihnen schwer, Struktur und Ordnung in ihren Alltag zu bringen und somit auch beispielsweise in ihr Zuhause. Das ist an sich erstmal nicht weiter schlimm, denn es geht niemanden etwas an, ob wir unsere Socken bügeln und nach Farbe sortieren oder Müsli aus einer Tasse essen, weil wir keine saubere Schüssel mehr finden. Außerdem muss Unordnung keineswegs bedeuten, dass man gänzlich unorganisiert ist. Wer im vermeintlichen durcheinander immer direkt alles findet, was er oder sie sucht, hat sich hat sicher ein System, auch wenn es anders ist als das der meisten Mensch. Wenn die Unordnung allerdings unsere Umwelt mitbeeinflusst, kann sie zu einem Problem werden. Genauso, wenn wir uns selbst mit dem Chaos um uns herum einfach nicht wohlfühlen, dann kostet es uns Nerven, Kraft oder Geld und hält uns davon ab, produktiv oder zufrieden zu sein. Vielleicht haben das Chaos in unserem Kinderzimmer und die ständigen Ermahnungen unserer Eltern dazu geführt, dass wir uns als erwachsener Mensch ein gewisses Ordnungssystem antrainiert haben, oder wir sind im Internet bei unserer Recherche zu wie halte ich Sauberkeit und Ordnung auf einen simplen Putz- und Aufräumenplan gestoßen, an denen wir uns im Alltag so gut es geht halten. Vielleicht haben wir uns aber auch anderweitig Hilfe gesucht, indem wir eine Putzhilfe eingestellt haben, oder wir einigen uns mit unserem Partner oder unserer Partnerin darauf, dass er oder sie die meisten Aufgaben im Haushalt übernimmt, während wir uns um andere Dinge kümmern. Oder wir haben uns ganz einfach damit abgefunden, dass in unseren vier Wänden manchmal chaotische Zustände herrschen, die über über überquellende Mülltonnen oder der Staub auf der Kommode stört uns nicht sonderlich. Vielleicht war es in unserer Kindheit schon immer ein bisschen unordentlich zu Hause, und eigentlich fanden wir das schon damals viel gemütlicher als bei den Schulkamerad*innen, bei denen man vom Boden hätte essen können. In solchen Fällen ist unser desorganisiertes Verhalten wenig stark ausgeprägt oder hat kaum Einfluss auf unser Wohlbefinden und das unseres Umfelds. Der damit eventuell verbundene Leidensdruck ist in der Regel minimal, es kann aber auch ganz anders aussehen. Zum Beispiel könnte es sein, dass sich das Chaos im Laufe unseres Lebens immer mehr ausgeweitet hat. Mittlerweile beschränkt es sich vielleicht nicht mehr nur auf unser Kinderzimmer, sondern auch auf unsere gesamte eigene Wohnung, den Schreibtisch auf der Arbeit und unser Auto. Zudem vergleichen wir uns ständig mit Menschen in unserem Umfeld. Vielleicht rollt unsere Mutter immer noch mit den Augen, wenn sie unter unser Schlafzimmer betritt, oder wir schämen uns sogar so sehr, dass wir niemanden mehr in unser zu Hause lassen wollen. Die Schuldgefühle sind groß, und das Selbstwertgefühl ist im Keller. Wir bleiben immer öfter zu Hause, meiden soziale Kontakte und ziehen uns gänzlich zurück. Wir entwickeln Depressionen oder haben Angstzustände. Es stapeln sich angesammelte Gegenstände, von denen wir uns nicht trennen können, weil wir nicht mehr einschätzen können, welchen Wert ein Gegenstand für uns hat. Leicht entwickeln wir das sogenannte Messi-Syndrom, aber das ganze kann natürlich auch in die andere Richtung ausschlagen. Indem wir krampfhaft versuchen, Ordnung zu halten, entwickelt sich zum Beispiel ein Ordnungs- oder Putzzwang. Die von uns erwartete Sauberkeit wird zur Sucht. Man kann sich in beiden Fällen vorstellen, der Leidensdruck ist entsprechend hoch und mitunter professionelle Hilfe nötig. Hier kann eine Diagnose zum Beispiel sehr nützlich sein. Sie ermöglicht einem beispielsweise den Zugang zu einem Hilfesystem, das ohne gesicherte Diagnose kaum zugänglich ist, die Zusammenarbeit mit Krankenkassen, Ärztinnen und Psychotherapeut*Innen möglichlichkeit Medikamente auszuprobieren, eine Kur zu beantragen, einen Nachteilsausgleich im Studium geltend zu machen oder sogar ab einem gewissen Schweregrad der ADHS-Symptome und damit verbundenen Teilleistungsschwächen, einen Grad der Behinderung feststellen zu lassen. Menschen mit ADHS, die einen hohen Leidensdruck empfinden und vielleicht erhebliche Folgeerkrankungen oder ähnliches entwickelt haben, müssen dann eben nicht mehr nur mit ihren Symptomen alleine klarkommen. Sie haben dank ihrer Diagnose einen Anspruch auf Hilfe, die sich positiv auf ihr Leben, ihre Gesundheit und ihren Alltag auswirken kann. Senami Hotse, die auch erst im Erwachsenenalter ihre ADHS und Autismus Diagnose bekam, schreibt auf ihrem Instagram Kanal sen_vi_, auf dem sie unter anderem über Rassismus, Intersektionalität und mentale Gesundheit aufklärt, zu ihren Diagnosen. Sie bieten mir eine Möglichkeit, mich besser zu verstehen und besser auf mich und meine Bedürfnisse achten zu können, anstatt zu versuchen, mich anzupassen und reinzupassen an oder in das, was durch die gesellschaftlichen Normen immer wieder als erstrebenswert dargestellt wird und eingefordert wird. Genau deshalb rate ich den meisten Menschen, die den Verdacht äußern, dass sie vielleicht ADHS haben könnten, ein Diagnoseverfahren zu durchlaufen, denn es kostet in der Regel nichts... Mittlerweile hat sich das leider auch geändert,... außer viel Geduld, und kann im besten Fall ein Leben komplett zum besseren verändern. Wir haben hier in Deutschland das große Glück, über unser Gesundheitssystem einen Termin dafür vereinbaren zu können, dorthin zu gehen, uns diagnostizieren zu lassen und gegebenenfalls Behandlungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen (in der Theorie) genau, und theoretisch muss am Ende des Prozesses außer uns, der Ärztin oder dem Psychologen und unserer Krankenkasse niemals jemand irgendwas davon erfahren, wenn wir nicht wollen. Die Youtuberin und Mental Health Aktivistin Jessica Mayer hat auf ihrem Instagram Kanal lunarjess und in einem Video, in dem sie über Gründe für eine Diagnose spricht, noch einen weiteren Grund genannt, wieso eine Diagnose für sie wichtig war, den ich nicht unerwähnt lassen möchte. Er lautet Zugehörigkeit. In ihrem Video erzählt sie, dass sie sich ihr Leben lang nie wirklich zugehörig gefühlt hat. Ihre Eigenarten waren oft eine Einladung für andere, sich über sie lustig zu machen, was dazu geführt hat, dass man sich wie ein Alien fühlt. Die Diagnose ermöglicht ihr den Austausch mit anderen Gleichgesinnten und kann auch zu der Erkenntnis führen, vielleicht muss ich ja gar nichts großartig verändern, wenn ich eigentlich ganz zufrieden mit mir bin, und das kann dann auch ganz unweigerlich zu der Frage führen, wie die Aktivistin Carina Waldmann auf ihrem Instagram Kanal Radical Softness mal so schön gestellt hat. Bist du wirklich eine Belastung, oder umgibst du dich vielleicht nur mit Menschen, welche dir das Gefühl geben, eine Belastung zu sein? Vielleicht ist es dann auch an der Zeit, die Menschen in seinem Umfeld mehr oder weniger auszutauschen, die nach einer gewissen Zeit, die wir ja mitunter auch brauchen, um uns neu zu sortieren, immer noch nicht akzeptieren können, dass ADHS von nun an eine sichtbare Rolle in unserem Leben spielt, und zwar eintauschen gegen Menschen, die mehr so fühlen, denken und handeln wie wir selbst, oder uns schlichtweg einfach genauso akzeptieren, wie wir sind. #00:44:31-6#

Speaker 1: Über diese Menschen und die Umgebung will ich auch unbedingt noch sprechen, aber zuerst noch über ein paar so Kernsyndrome, weil ich finde das auch super interessant, dass zum Beispiel das Gefühl für die Zeit anders funktioniert bei Menschen. Erzähl ein bisschen davon! #00:45:05-1#

Speaker 2: Ja, das ist eine spannende Sache. Zeit hat einfach eine andere Bedeutung bei neurodivergenten Menschen, vor allem mit ADHS, weil es eben eine andere Art und Weise ist, wie wir die Zeit wahrnehmen, wie wir eben zurückblicken, wie wir nach vorne blicken, ähm, im hier und jetzt irgendwie sind, und eben dieses vor allem sehr unmittelbare, also dieses plötzlich. Deswegen ist es immer also, es braucht eben eine gewisse Aktivierung, um dann ins Handeln zu kommen, und die ist immer sehr kurzfristig, was andere dann immer sehr. Also, ich erinnere mich auch an so viele Situationen, wo ich einen schönen Abend hatte mit Freunden und reden, reden, reden, und dann wusste ich irgendwie so, mein damaliger Freund kann mich jetzt mit dem Auto einsammeln. Dann war ich so, ich bin jetzt weg, und alle waren so, was warum, wann, wann ist, wann hattest du hast was? Dann war ich so. Ich muss jetzt los. Also immer dieses so dieses plötzliche und aber zeitgleich eben auch dieses Gefühl von Zeit rinnt mir durch die Finger, und ich kann dabei zusehen, und ich kriege sie nicht gepackt, und manches fühlt sich an wie ein Kaugummi und zieht sich endlos in die Länge, obwohl es dann nur zehn Minuten sind, die vergangen sind, und ich halte es kaum aus. Und auf der anderen Seite dieses Gefühl von Zack und der Tag ist um, wo ist die Zeit hin? Ist es plötzlich dunkel, und ich habe entweder irgendwie hardcore irgendwas gemacht, habe alle Grundbedürfnisse vergessen, alles um mich herum, Pippi, trinken, essen alles, oder eben dieses Gefühl von hey, was habe ich die letzten acht Stunden gemacht? Was hab ich gemacht? Ich lag hier einfach nur rum, und es ist nichts passiert. Und dann, daraus entwickelt sich dann natürlich auch, entwickeln sich dann diese ganzen, dieses Grübeln, diese Gedanken, dieses Herumkreisen, dieses Tausende Szenarien durchspielen, was alles passieren könnte, und bis hin eben dann immer wieder, also worin es dann oft immer wieder mündet, eben diese Selbstabwertung. #00:47:22-1#

Speaker 1: Ja, weil das eben die praktische folgen hat, dass man entweder zu spät kommt oder Termine verpasst. #00:47:29-0#

Speaker 2: Ich bin nicht produktiv. Ich bin kann nichts leisten. Ich kann den Erwartungen nicht entsprechen. . #00:47:35-7#

Speaker 1: Ja, oder man hat irgendetwas eingeplant für 15 Uhr, und das bedeutet, man den ganzen Tag nur wartet und nichts anderes erledigen kann. #00:47:44-3#

Speaker 1: Absolut! #00:47:44-7#

Speaker 1: Weil um 15 Uhr ein Telefonat zu erledigen ist. #00:47:48-2#

Speaker 2: Sehr schwierig. Wohingegen es so ist: Ruf mich an und sag: "Ich stehe fünf Minuten vor deiner Tür, sollen wir einen Kaffee trinken gehen?" Zack, ich lass alles fallen und bin sofort am Start! Stundenlang, auch wenn ich vorher behauptet hätte, ich hätte keine Zeit. #00:48:00-5#

Speaker 1: Ja, ja, das andere ist eben diese Art von Vergesslichkeit, dass man Sachen vergisst, Termine verpasst, aber auch Menschen vergisst. #00:48:11-5#

Speaker 2: Das ist ein Thema, was sehr, sehr schwer ist, also bis heute für mich ein sehr schwieriges Thema und für alle Menschen in meinem Umfeld auch, weil es eben etwas ist, und ich kann es von außen betrachtet absolut nachvollziehen, dass man natürlich das Gefühl hat von, es ist irgendwie was persönliches. Oder bin ich nicht wichtig? Du kannst einfach nicht. Ja, es ist dann für dich mit einer Anstrengung verbunden. Aber wieso kannst du das nicht für mich aufbringen? Und es ist so schwierig, das zu erklären und selber nachzuvollziehen. Aber dieses "Out of sight, out of mind", es ist eben nicht nur auf den Autoschlüssel oder die Unterlagen in der Schublade oder den Screenshot auf dem Handy, den man ...den Screenshot, Haha die Millionen Screenshots und Rezepte, die man nachkochen will..., Outfits, lustige iMemes, keine Ahnung, alles. Ich speicher mir das in dem Moment und denke so, ja, Mann, nie wieder, nie wieder im Leben denke ich daran, ich weiß nicht mal, ich gucke also, okay, dass ich Oute jetzt, meine Muter, aber wie oft, das ist, das Sie sagt: "Das hab ich nicht gemacht, das ist nicht von mir." Und ich so: "100 Prozent!" Oder "Den Film hab ich noch nie gesehen", dann nach einer, dreiviertel Stunde, so, "Ah doch", das würde mir wiederum nicht passieren, aber das ist dann halt, das ist halt krass, und das aber auf dieser zwischenmenschlichen Ebene ist natürlich etwas, was sehr belastend sein kann für Familie, für Freundschaften, für Arbeitskolleginnen, für Partnerschaft, natürlich auch permanente. Ich, ich bin doch für dich da! Ich bin doch vielleicht sogar mehr für dich da, als ich es für andere bin. Wieso ist das umgekehrt nicht so? Ja, schwierig. #00:50:00-6#

Speaker 2: Dann, Affektkontrolle, die Affektkontrolle. Oder? #00:50:14-8#

Speaker 2: Es ist ja also ich glaube, was sehr wichtig auch immer, dass man sich einfach deutlich machen oder verallgegenwärtigen muss, ist, dass eben gerade weil es ja im Namen steckt, also Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität, das steckt drin. Aber es gibt eben einen Riesenbereich, der überhaupt nicht mitgedacht und erwähnt wird, und das ist eben alles rund um unsere Emotionsregulation, und das ist, glaube ich, würde ich sagen, sogar mit das Wichtigste, eigentlich also noch vor allem anderen, weil das im Endeffekt genau dieses Zünglein an der Waage ist, weshalb jeder Mensch sagt, ja, das habe ich ja auch mal, das habe ich auch, ich lasse auch mal, ich vergesse auch das, ich lasse auch da stecken, ich bin auch verpeilt, ich hab auch, mach mal was und bereue es danach ja, aber das, was es mit mir macht, es sich für mich anfühlt, das ist der Unterschied, in was für also in was für Welten mich das stürzen kann, an Emotionen natürlich auch. Also, über diese positiven Dinge sprechen wir hoffentlich gleich auch noch kurz. Aber dieses dieses wirklich fühlen von bis hin zu eben, dass beispielsweise so etwas wie eben diese, also diese "Rejection Sensitivity Dysphoria", also diese Angst vor der Zurückweisung, und es muss nicht mal eine wirklich erlebte Zurückweisung sein, sondern einfach nur diese Sorge, dass man zurückgewiesen werden könnte, was das auslösen kann in mir und in Menschen und auch also, was mir Leute erzählen, was ich gelesen habe, das sind wirklich körperliche Reaktionen, zum Teil also wirklich richtig, bis hin zu Menschen, die wirklich Angstattacken, Panikattacken bekommen. Der Herzschlag, alles verändert sich, weil es einfach im System auslöst. Das Nervensystem ist einfach nicht reguliert in dem Moment und ist einfach auf. Oh mein Gott, das ist jetzt hier! Es geht um Leben und Tod, und ne, ich würde mich nie wieder lieb haben, nie wieder anrufen, ich kriege diesen Job nicht mehr. Ich kann ich also dieses Szenarien bis hin, also, dass man dann denkt, okay, dann verlier ich meinen Job, dann verliere ich die Wohnung, dann trennt sich mein Freund...Also das ist, das kann richtig richtig abgehen, und das ist so unkontrollierbar, und das ist halt das, was es so heavy macht, einfach und den Unterschied macht, ja! Oder machen kann. #00:52:37-9#

Speaker 2: Okay, jetzt hast du mir ein Stichwort gegeben. Weil wir tatsächlich die negativen Seiten beleuchten, ist auch selbstverständlich, dass man darauf schaut, aber es gibt auch positive Seiten. #00:52:49-5#

Speaker 2: Also für mich unendlich viele davon. Das ist ja immer das, was ich versuche, quasi zu vermitteln, ohne jemand anderem seine oder ihre Gefühle in irgendeiner Form absprechen zu wollen, weil, wenn, wenn man jetzt fragen würde, was ist ADHS für dich, oder würdest du es, wenn du könntest, eintauschen, hergeben. Ich würde es unter keinen Umständen hergeben, obwohl ich jeden Tag damit struggle, jeden Tag. Ich hab im November eine eben, also eine Depression, diagnostiziert bekommen, die mich eben auch schon lange begleitet, rezidivierend, jeden Tag Klopfen kommt, mal mehr, mal weniger, und trotzdem also trotz dieser ganzen Dinge, die eben quasi negativ damit verbunden sind oder sich eben dadurch manifestiert haben, weil es eben so lange nicht erkannt kann worden ist, weil Ressourcen, alles mögliche, was dann zusammenkommt, ist es trotzdem so, dass diese Art und Weise, wie ich auf die Welt blicke, wie ich fühle, wie ich denke, wie ich handle, never ever möchte ich ich, also ich persönlich das hergeben, das macht mich aus, das macht die Welt für mich so wundervoll, dass ich in den kleinsten Dingen so vieles kann das in mir entfachen, ich kann mich an den kleinsten Dingen aufhalten und erfreuen. Ich nehme Sachen war, die niemand anders wahrnimmt. Ich habe also, das ist dann eben auch ganz unterschiedlich ausgeprägt. Also, man darf dann auch nicht darin verfallen zu sagen, alle Menschen mit ADHS sind kreativ, alle Menschen mit ADHS, nein, es ist eben auch ganz unterschiedlich. Aber diese Dinge, die sich dann bei mir eben ausgeprägt haben, sind Sachen, die mein Leben bereichern, die mich ein Stück weit auch dahin gebracht haben, wo ich heute bin und die ich niemals missen möchte. Und trotzdem kann ich nachvollziehen, dass es Menschen gibt, viele Menschen gibt, die sagen, ich wünschte, wenn ich das höre, dass ich das genauso wie Angelina sagen könnte und fühlen könnte, und vielleicht wird es eben auch irgendwann so sein, dass man sich dem annähert. Aber ich werde es niemals genauso sagen können, weil dafür einfach zu viel passiert ist, zu viele ganz per persönliche, individuelle Dinge, die dazu geführt haben, dass man eben der Mensch ist, der Mann ist, und dass man zurückblickt, vielleicht mit einer späten Diagnose jetzt in dem Beispiel, und eben nicht nur denkt, krass und was wäre gewesen, sondern dass man wirklich Wut empfindet, dass man Trauer empfindet, dass man über die ganzen traumatischen Dinge nachdenkt, die man vielleicht deswegen erlebt hat, oder Dinge, die man eben nicht erlebt hat, weil es niemandem aufgefallen ist, weil man so vieles hinterfragt hat, diese ganzen Komorbiditäten, also die ganzen Folgen, die daraus sich entwickeln können, die eben ernsthaft sind, also lebensbedrohlich sein können, und das ist eben das, was dann immer so diese Waage hält. Aber trotzdem möchte ich einfach jeden und jede dazu motivieren, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, sich selbst besser kennenzulernen, das eigene Gehirn besser zu verstehen und dann eben zu verstehen, dass es Möglichkeiten gibt. Und da geht es nicht darum, was hast du, was tust du jetzt, damit du, damit die Leute besser mit dir klarkommen, damit du besser ins System, was machst du jetzt? Sondern es geht um euch, es geht darum, was euch gut tut, damit ihr ein besseres und gesünderes Leben eben geben könnte. Es geht nicht darum, gesund, also im Sinne von, das Thema Heilung ist ja sowieso, also das ist etwas, da habe ich dieses Wort benutze ich nicht, weil das eben findest, was man heilen muss, im Gegenteil, sondern wir müssen lernen, damit anders umzugehen ist, zu verstehen, und zwar nicht nur die Person selbst, sondern wir alle, und eben daraus zu erkennen, was auch für Chancen und Potenziale darin verborgen sind, und wenn wir das eben erkennen und herausfiltern, und natürlich jeder in seinen Möglichkeiten, weil ich finde, was eben sehr häufig passiert, ist, dass wir Menschen anhand ihrer Leistungsfähigkeit einfach bewerten, wie viel Wert sie einfach haben für die Gesellschaft, und das ist eben etwas, das funktioniert für mich einfach nicht, und das ist das, wo ich... mag eine Utopie sein, aber ich bin bereit, dafür zu kämpfen. #00:57:47-7#

Speaker 1: Da war schon wieder ein Stichwort. Wir wollten zu diesem Thema auch zurückkommen. Ein bisschen die Umgebung, also nahe Umgebung, nächste Partner*in, Familie, dann Freunde und so weiter. Die haben alles damit zu tun, wenn eine Person mit ADHS dabei ist, und wie reagieren sie oft darauf, und wie sollen sie reagieren, wenn sie naja helfen oder wenn sie halt gute Partner und Familien angehörige sein möchten? #00:58:31-7#

Speaker 2: Beziehung aller Art ist immer Arbeit, immer. Das ist nichts, was irgendwie so ist, es jetzt, und dann bleibt es so. Das ist immer etwas, was aus geben und nehmen, besteht aus. Wir treffen uns in der Mitte und und finden einen Kompromiss, und wir müssen gemeinsam Strategien entwickeln, um miteinander klarzukommen. Also das ist ja egal, welche, an welche Beziehung man jetzt irgendwie denkt, und das ist im Endeffekt nichts anderes dort auch. Nur müssen es dann eben diese individuellen Strategien sein, um miteinander klarzukommen. Und ja, es ist natürlich so, dass es sein kann, dass es mehr Geduld erfordert, mehr Support, auch ein Stück weit eine Form, und das ist dann eben auch etwas, womit ich dann immer wieder zu kämpfen habe, dass ich denke, ich bin eine 32 jährige Frau, ich kann, das kann nicht sein, dass ich, dass jemand irgendwie das Gefühl hat, er hat jetzt hier irgendwie die Verantwortung, und wenn es ihn nicht gäbe, dann würde hier alles zusammenbrechen. Aber ich muss mir dann einfach auch klar machen, was ich mitbringe, und dass ich genauso, dass auch, dass ich Dinge mitbringen, die, die eine Beziehung bereichern und die eben dafür sorgen, dass ein Mensch seine Komfortzone verlässt, dass es eben flexibel und spontan ist und lustig und aufregend und und und neue Dinge irgendwie stattfinden und auch eine gewisse, ja dieses sehr starke, dieser starke Gerechtigkeitssinn, dieses Mitgefühl einfach für Situationen, und dass das eben auch etwas ist, was ich mitbringe, und dass ich aber natürlich auch meine Verantwortung für Dinge habe, meine Verpflichtungen in einer Beziehung, und dass das eben Dinge sind, über die man reden muss, und dass ein anderer Mensch seine Grenzen hat und diese Grenzen auch kommunizieren darf und kann und sollte, und man das eben gemeinsam lernen muss, und was eben häufig auch der Fall ist, gerade bei den späten Diagnosen, dass es auch dazu führen kann, jetzt in der Partnerschaft, dass sich Menschen eben auch dann merken, krass das Leben oder diese Partie erschafft, ist einfach nicht mehr das, was jetzt zu mir passt, zu meinem neuen Ich quasi, und das war bei mir eben auch der Fall. Das hat sich halt dann entwickelt. Ja, that's it, jetzt date ich jemanden mit ADHS. #01:01:17-1#

Speaker 1: Wenn ich das Thema ADHS in meinem privaten Umfeld ab und zu anspreche, dann höre ich oft so Standardsätze wie: "Ach, wir alle haben ein bisschen ADHS", oder "Heute will jeder ADHS haben, das ist nur ein Modebegriff", oder oder oder. Es gibt schon einige Vorurteile, die sind hartnäckig. #01:01:40-5#

Speaker 2: Ja, also, ich würde mal sagen, wenn es im biologischen Umfeld jemand ist, der sagt, "Ach, das ist normal, das haben wir doch alle", könnte das schon ein Indiz dafür sein, dass diese Person vielleicht auch mal sich mit dem Thema etwas mehr beschäftigen sollte, weil das eben genau das ist, dass da oder was ja eben so ist, dass das eben eine sehr hohe, eben auch genetische Vererbbarkeit eben hat. Und also, man spricht von bis zu 84 Prozent, und das ist eben ja auch der Grund dafür, dass überhaupt irgendwann mal jemandem klar geworden ist, es verpufft nicht einfach mit 18, herzlichen Glückwunsch, sie sind ihre ADHS los, sondern das zieht sich offensichtlich noch weiter durch, weil da eben viele Eltern, vor allem Mütter, die in der Diagnostik mit dem Kind saßen und gedacht haben: "Fuck, das bin ich! Scheiße, was mache ich jetzt?", und das dann kommuniziert haben, und dann ist es halt irgendwann dazu gekommen, dass zum Glück Menschen gesagt haben, wir sollten das Thema vielleicht mal was weiterdenken. #01:02:47-3#

Speaker 1: Aber wie gehst du damit um, wenn du mit solchen Vorurteilen konfrontiert bist? Ich hab dich, glaub ich, auf einem Instagram Post mal erlebt, dass du so auf einer Konferenz oder einer Besprechung so sauer rausgelaufen bist. #01:03:01-1#

Speaker 2: Ja, das war ein sehr impulsives Live von mir woah, das war krass! Ein absoluter Wut-Trauer-Anfall, weil ich in einer, in einer Konferenz saß, wo Menschen auf der Bühne, eine Neurowissenschaftlerin, saß, die einfach ...sorry ...Scheiße gelabert hat, ohne Ende solche abwertenden, diskriminierenden Sachen, das ich wirklich saß da, und alle saßen mich herum, die das Thema kennen und darüber bescheid wissen und auch eine Freundin für mir, die Psychologin ist und die selber auch ADHS hat. Und ich merke also, wir waren alle so krass, krass, krass, und also das waren alle, also alle haben sich da irgendwie die Bälle zugespielt, das war irgendwie super grenzüberschreitend, und irgendwann bin ich halt wirklich laut da aufgestanden und aus diesem Saal raus gestürmt, weil es so unerträglich war, weil das halt einfach Äußerungen sind, die, und das ist eben das. Also, ich kann niemanden einen Vorwurf machen, der sich mit dem Thema noch nie im Leben beschäftigt hat, der eben keinen, nicht diesen Background hat und dann eben etwas sagt. Aber jemand, der also, das geht halt nicht, kann sich nicht auf eine Bühne setzen, Geld dafür bekommen, Neurowissenschaftlerin sein, und dann so einen Scheiß erzählen. Ja, also, es war wirklich so, es war halt wirklich schlimm, und ich muss natürlich dazu sagen, dass ich jetzt so ein bisschen so das Privileg habe, diese Sonderstellung, dass mir im Endeffekt selten so begegnet wird, weil ich gehe seit der ersten Sekunde quasi offen mit dem Thema um. Ich habe ein Buch darüber geschrieben, ich habe direkt im Impuls natürlich bin ich in meine Redaktion gegangen und hab gesagt: "Hey, was haltet ihr davon, wenn ich eine Themenwoche zu ADHS mache?" Ja klar, direkt mal 200000 Leuten auf einmal davon erzählt, also wirklich 200000 Leute! Also haben wahrscheinlich nicht alle geguckt, aber potenziell hätte ich sie erreichen können. Und ja, das ist eben der Unterschied. Ich bin, ich habe natürlich auch in meinem Umfeld dann so diese, diese ersten kleinen, hm sicher?, da kann ich noch so ne Kleinigkeit vorlesen, weil das ist ganz, ganz witzig, das war nämlich genau diese Situation. Haben wir die Zeit noch?. #01:05:21-2#

Speaker 1: Jetzt weiß ich nicht, auf welche Seite. #01:05:24-0#

Speaker 2: Ja, geil ich auch nicht, jetzt ist aber schon das Problem in meinem Gehirn habe ich mich jetzt schon entschieden, das vorzulesen, und jetzt wisst ihr, was passiert. Ich werde das jetzt suchen. Es geht um diese Liste, irgendwas mit Liste, 25 Punkte. #01:05:43-5#

Speaker 1: Ah, warte mal! #01:05:45-1#

Speaker 2: Hast du da, was ich? #01:05:45-9#

Speaker 1: Das habe ich auch. #01:05:47-9#

Speaker 2: Und jetzt komm, ich blätter hier durch, und ich guck, ich guck gar nicht, weil ich halt hoffe, dass von Links was kommt. Haha! #01:05:55-9#

Speaker 1: 25 erste Anzeichen ja genau 131. #01:06:01-6#

Speaker 2: Genau weil, das ist so eine Liste, die gebe ich auch gerne einfach mal mit. #01:06:07-0#

Speaker 2: So sehr ich manchmal für Dinge brenne und dann genauso schnell wieder die Lust daran verliere, wusste ich sofort, dass hier ist anders, denn nicht alles, was ich mir in den Kopf setze, verpufft so schnell wie meine Pläne, Gemüse auf dem Balkon zu züchten, mein Keller auszumisten oder regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen. Dieser Funke war bereit, ein Feuer zu entfachen. Da war ich mir sicher. Ich wusste nur noch nicht, wie groß es werden würde. Direkt am nächsten Tag stürzte ich mich in die Recherche. Mein Job und mein mein unbändiger Fokus auf Dinge, die mich interessieren, kamen mir dabei natürlich zugute. Als erstes durchforstete ich das Internet nach Informationen, ich klickte mich durch Blocks, machte diverse online Selbsttests, durchwälzte Studien und bestellte die wenigen gut bewerteten Sachbücher, die es zum Thema gab. Parallel dazu ließ ich meine ganze Kindheit und Jugend noch mal Revue passieren: Schulzeit, das Studium, die Konflikte zu Hause, meine Beziehung, meine Stärken und meine Schwächen, und alles passte wie die Faust aufs Auge. Offensichtlich begleitete mich diese neurologische Besonderheit, die mein Gehirn einfach anders ticken lässt, schon mein ganzes Leben lang, und ich wusste nichts davon. Und nun, am liebsten hätte ich es damals schon in die Welt hinaus gebrüllt: "Ich weiß jetzt endlich, was das ist. Es ist ADHS!", aber dafür war es noch zu früh. Erstmal weihte ich etwas zögerlich meinen Freund und eine enge Freundin in meinen Verdacht ein, die beide anfangs nicht wirklich überzeugt waren. Ich weiß nämlich noch, die waren so: "Du hast ADHS? Du bist doch gar nicht so zappelig", ja, ich unterdrücke es. Deshalb druckte ich mir zur Unterstützung eine Liste mit 25 Hinweisen auf der Website des adhs-ratgeber.com aus. Heute weiß ich, dass es sich dabei natürlich nicht nur um offizielle Diagnosekriterien handelte, aber sie gaben mir und meinem Umfeld einen ersten wichtigen Anhaltspunkt, denn ich konnte 25 von 25 Punkten mit ja beantworten. Habt ihr Bock auf die Punkte? Ja, habt, ihr kommt nicht drum rum, und ich erzähle auch immer gerne, dass ich dann so sage: eins, Punkt zwei, und dann weiß ich schon nicht mehr, wo ich war. Deswegen mache ich das jetzt ohne die Zahlen. Okay. Fangen wir an: Konzentrationsprobleme und Ablenkbarkeit, Aufschieberitis, fehlendes, fehlende Tagesplanung, das ist der größte. So schlimm. Verzetteln, Unfähigkeit, Prioritäten zu setzen, Chaos im Kopf, innere Unruhe und Getriebensein, ständig in Bewegung, häufige Änderung der Körperhaltung, sich schnell angegriffen fühlen, sehr schnell und sehr heftig emotional aufgewühlt sein, Handeln, ohne über die Folgen nachzudenken, schnelle und starke Gefühls- und Stimmungsschwankungen, depressive Stimmungseinbrüche mit Gefühlen von Minderwertigkeit, Aussichtslosigkeit und Resignation, sich schnell gelangweilt und antriebslos fühlen, mangelnde emotionale Abgrenzung von anderen Menschen, schlechte Wahrnehmung der eigenen Stimmungen, Gefühle und Bedürfnisse, Gefühle als Knäuel wahrnehmen und nicht differenzieren und beschreiben können, unregelmäßige Essenszeiten und Essen vergessen, Haltestellen verpassen, Zug und Bus verpassen, ...doch einmal niemals aufhören! ...Dinge verlegen und vergessen, häufiges, zu spät kommen, vergessen von Terminen und Verabredung, spontane, unüberlegte Einkäufe, Unordnung im Haushalt, Sammelwut, wenige Freunde oder keine Zeit für Freunde. Spätestens danach waren sie auch davon überzeugt, dass ich der Sache zumindest mal auf den Grund gehen sollte. Ja, das war. #01:10:19-9#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Schätzungsweise 2,5 Millionen Erwachsene sind in Deutschland von der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz AD(H)S, betroffen. Die Symptome bei Erwachsenen sehen in der Regel anders aus als bei Kindern, und auch das Bild des klassischen »Zappelphilipps« ist längst überholt. Aber warum wissen wir über AD(H)S im Erwachsenenalter so wenig? Warum ist der Weg zur Diagnose so lang? Und wieso erhalten gerade Mädchen und Frauen oft sehr späte oder falsche Diagnosen?

Diese und mehr Fragen beantwortet Angelina Boerger in unserem Podcast Sie klärt über die gängigsten Vorurteile gegenüber Menschen mit AD(H)S auf, berichtet von den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen – und erzählt mit Leichtigkeit und Witz aus ihrem Alltag: von Lernkrisen während des Studiums und Busfahrten ans falsche Ende der Stadt über Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen bis hin zu übersprudelnden Ideen und kreativem Potenzial. Denn das Gehirn von Menschen mit AD(H)S tickt etwas anders – aber wer sagt eigentlich, dass das etwas Schlechtes ist?

Aufgenommen am: Donnerstag, den 22. Februar 2024
Veröffentlicht am: Donnerstag, den 4. April 2024
Moderation: Grazyna Wanat
Im Gespräch: Angelina Boerger

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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Alle zwei Wochen, donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.

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