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Svenja Bedenlier, warum sollten wir uns mehr um unsere Daten kümmern?

Tobias Wildner: Hallo und Herzlich willkommen zu einer weiteren Folge des Podcasts des Bildungszentrum in Nürnberg "Kontaktaufnahme". Mein Name ist Tobias Wildner, und ich bin heute verabredet mit Svenja Bedenlier. Hallo Svenja! #00:00:35-1#

Svenja Bedenlier: Hallo Tobias, schön das wir heute hier sitzen! #00:00:38-0#

Tobias Wildner: Ja, auf jeden Fall, wenn du bist, Junior Professorin für Learning in Hochschulen und in der Erwachsenenbildung am Institut für Lerninnovation der Friedrich Alexander Uni in Erlangen-Nürnberg, das schon seit ? #00:00:51-9#

Svenja Bedenlier: Genau seit März 2020, also tatsächlich genau zwei Wochen vor Corona. Ich war am ersten März da, und mit Corona am vierzehnten März ungefähr war dann alles zu, also Bisschen über drei Jahre jetzt. #00:01:04-0#

Tobias Wildner: Ein fulminanter start sozusagen, wie man sich das so vorstellt. #00:01:09-2#

Svenja Bedenlier: Also perfekt geteilt, aber genau mittlerweile ist es sehr schön und die FAU auch nicht mehr als Fernuniversität kennenzulernen, sondern auch wieder als richtige Präsenz Uni. Das ist schon ganz nett, und auch zu sehen, welche Kollegen es überall gibt, und genau sich einfach wieder dort überall bewegen zu können. #00:01:26-5#

Tobias Wildner: Sehr schön, genau, und da beschäftigst du dich unter anderem auch mit Data Literacy. Mit so etwas wie Datenkompetenz, könnte man auf Deutsch vielleicht sagen, und darum wird es heute in unserem Gespräch vor allem auch gehen. Data Literacy ist ja erst mal so ein bisschen sperriger Begriff, den man jetzt nicht unbedingt beim Frühstück irgendwie in den Mund nimmt. Was ist denn das überhaupt, wenn jetzt jemand noch nie damit in Berührung gekommen ist? Wie würdest du das beschreiben? #00:01:51-0#

Svenja Bedenlier: Zum Frühstück würde ich auch lieber was anderes zu essen und im Mund haben. Aber der Begriff "Data literacy" oder, wie du jetzt auch gerade übersetzt hast, ins Deutsche mann kann sagen, Datenkompetenz ist tatsächlich ein Begriff, der sich dann aber durch das übrige Leben zieht, von Menschen, also in heutiger Zeit viel für mehr, weil ja tatsächlich unser gesamtes, ein alltägliches Leben, aber auch Gesellschaften in jeglichen Funktionen mittlerweile ganz, ganz stark von Daten durchzogen sind. Also man gibt selber Daten Preis, wenn man sich im Internet bewegt, man nutzt Daten von anderen, beispielsweise Restaurant oder Hotel Bewertung, um Informationen zu bekommen, um den Weg zu finden. Also tatsächlich ist einfach ganz, ganz viel mittlerweile datenbasiert, und der Begriff data literacy beschreibt eigentlich verschiedene Komponenten, wie Individuen, wenn wir jetzt erst mal die individuelle Perspektive uns anschauen, wie Individuen mit Daten umgehen, also wie kommen sie an Daten, wie nutzen sie Daten, wie bewerten sie Daten, wie managen sie Daten in ganz unterschiedlichen Kontexten, also im beruflichen Kontext, im schulischen Kontext, im universitären Kontext, im privaten Kontext, also ganz grundsätzlich gesagt, der kompetente, bewusste Umgang mit Daten jeglicher Form, um vielleicht auch die eigene Lebensführung zu erleichtern, um selber vielleicht Bildungsprozesse zu begleiten, um anderen Leuten Informationen mitzugeben, und genau also tatsächlich alles, was den Umgang mit Daten angeht, wobei es bei diesem Konzept auch ganz interessant ist, dass es relativ schwierig abzugrenzen ist. Also, es gibt also inhaltliche Überschneidung, auch zu Begriffen oder Konzepten wie beispielsweise Statistical literacy oder Critical Data Literacy, Algorithmik literacy, also alles, was irgendwo in diesem Bereich sich mit Daten oder Digitalität beschäftigt, wobei Data Literacy eigentlich wirklich nochmal den Fokus ganz konkret auf Daten unterschiedlicher Art lebt. #00:03:35-1#

Tobias Wildner: Okay, und das gibt es als Begriff auch schon länger, oder es ist ein relativ neues Konzept. #00:03:39-7#

Svenja Bedenlier: Also, wenn man zum Beispiel in die medienpädagogische Diskussion auch der 90er-Jahre schaut, wo das erste oder eins die ersten Modelle von Medienkompetenz aufgestellt worden ist, da war beispielsweise das Thema Daten oder Datenkompetenz noch kein Thema. Mittlerweile ist es so, dass es eine Vielzahl an Definitionen gibt, und einige, die in wissenschaftlichen Artikeln erarbeitet worden sind und mittlerweile auch sehr häufig zitiert worden sind, sind beispielsweise aus 2015, 2016, also das ist schon, wenn man so möchte, noch relativ neuer Bereich, der aber auch jetzt, gerade in den letzten Jahren, nochmal ganz, ganz stark an Diskussionen, an Inhalten, an Tiefe, an Schärfe gewonnen hat und sicherlich auch in den kommenden Jahren noch mehr an Umfang dazugewinnen wird. #00:04:21-3#

Tobias Wildner: Und wenn ich jetzt zu dir kommen würde und sage, ich möchte mal wissen, ob ich Datenkompetent bin, ich möchte meine Datenkompetenz messen aus einer wissenschaftlichen Perspektive. Wie würde man da rangehen? Was würdest du mir dann sagen? Was muss ich tun, um zu wissen, wie groß meine Datenkompetenz ist? #00:04:39-0#

Svenja Bedenlier: Also ganz grundsätzlich ist es ja so, dass Kompetenzen allgemein relativ schwierig zu erfassen oder zu messen sind, weil sie sich ja in der Ausübung zeigen. Also, wenn man sich jetzt selber vielleicht fragen stellt, wüsste ich jetzt beispielsweise, wo meine Daten hingehen, wenn ich auf Copy Zustimmung klicke, oder weiß ich beispielsweise, wie man Amazon, Käufer*innen, Profil generiert wird. Das sind so fragen, wo ich mich selber einschätzen kann, aber tatsächlich die Kompetenz, wie kompetent ich mit Daten umgehen kann oder vielleicht auch anderen helfen kann, mit Daten umzugehen, das ist was, was ich erst in der Durchführung oder in der in der aktiven Praxis zeigt, und das ist relativ komplex oder kompliziert zu erfassen. Also, man müsste im Grunde genommen Aufgaben entwickeln, wo Personen vielleicht bestimmte Lösungswege erproben können oder einfach diese Aufgaben bearbeiten, um sehen zu können, bis zu welchem Grad sie Kompetenz sind. Das kann man sicherlich auf verschiedenen Levels machen, also mit ganz einfachen Aufgabenstellungen oder Aufgaben anfangen und dann langsam schwieriger werden, um dann zu schauen, an welchem Punkt jemand vielleicht auch aussteigt mit seinen Kompetenzen. Und ein Beispiel, wo auch auf der europäischen Ebene versucht wird, mit diesem ganzen Thema an der Stelle würden sie jetzt digitale Kompetenzen bezeichnet, umzugehen. Das ist das digital competence Framework also von der europäischen Kommission entwickelt, und da ist ja auch ein Bereich Information and Data literacy, und der ist wiederum aufgeschlüsselt in verschiedene Kompetenzlevels. Wenn man sich einfach mal überlegen möchte, okay, bis zu welchem Level könnte ich noch mithalten oder was weiß ich, wie ist mein Informationen stand, was sind auch Fähigkeiten, Kompetenzen, die ich habe. Dann kann man da vielleicht mal ganz gut reinschauen, um sich selber einzuschätzen. Aber das sagt natürlich, die eigene Einschätzung ist immer noch was anderes als dann wirklich die Durchführung von ganz konkreten Aufgaben oder Lösungsansätzen, die man unter Beweis stellt. #00:06:30-4#

Tobias Wildner: Da wird es dann doch erst mal wieder ein bisschen sperrig, wenn man sich dann versucht, da zu verorten in so einem Raster. Vielleicht wird es ja auch noch mal irgendwann ein bisschen einfacher, wer weiß. Data Literacy ist ja was, was auch immer wieder, du hast es vorhin schon so ein bisschen angedeutet, auftaucht, wenn es momentan diskurs um future skills geht, was ja so ein "Buzzword" ist, was schon seit einiger Zeit durch die Bildungslandschaft auch geistert. Und da geht es dann oft um vermeintlich neue Kompetenzen, die man braucht. Für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wird dann immer gesagt, das ist alles ein bisschen anders als früher, und wir brauchen weniger Fachwissen, mehr Schlüsselkompetenzen wird auch von EU Seite, von EU Institutionen so aus meiner Beobachtung gern verwendet. Das Hochschulforum Digitalisierung puscht es ganz stark. Wie ist da so dein wissenschaftlicher Blick auf diese future skills, die ja schon auch noch nicht so ganz genau eben abgegrenzt werden und beschrieben werden, sondern es gibt irgendwie Frameworks von hier und von da, und jeder mischt da so ein bisschen mit, und es ist halt auch so ein bisschen schwierig noch irgendwie damit zu hantieren. Wie blickst du da drauf? #00:07:45-9#

Svenja Bedenlier: Das ist tatsächlich eine spannende Frage, weil das, was dieses diesen Begriff "future skills" so attraktiv macht, ist ja einfach, dass er so griffig ist und dass er argumentativ wirklich gut verpackt werden kann, um halt genau Initiativen voranzubringen, um halt wirklich so ganz praktisch oder praxisorientiert einsetzbar zu sein. Und gleichzeitig ist der wissenschaftliche Blick auf dieses Thema "future skills" schon differenzierter. Es gibt beispielsweise ein Artikel, der ist von einem Kollegen von der pädagogischen Hochschule Heidelberg, der sich zum Beispiel mit diesem Konzept sehr kritisch auseinandersetzt, und so ein bisschen, das immer wieder auch auftaucht. Der Gedanke des "future skills" eigentlich wie manch anderes Konzept auch so ein bisschen, was sind wie alter Wein in neuen Schläuchen? Also dass es ja eigentlich auch um bestimmte Fähigkeiten, Kompetenzen geht, die schon länger wichtig sind, und so das, das Narativ oder das Argument, dass sich die Welt oder die Gesellschaft oder auch die Ansprüche an das Individuum schneller verändern, ist ja auch in dem Sinne nicht neu. Das sind ja auch Konzepte, die auch mit den Anfängen des Lebens begleiten oder damals noch lebenslang lernen, mit formuliert worden sind, also Menschen dazu zu befähigen, selber auch eigenständig zu lernen, sich Lernanlässe zu suchen, sie zu nutzen, sich selber fortzubilden. Das ist ja in dem Sinne eigentlich was ähnliches, was jetzt mittlerweile nur mit dem Kontext der Digitalisierung und auch insgesamt mit einer vielleicht schon auch an vielen Stellen doch ja sich sehr stark verändernden Welt, Weltgesellschaft, globalen Herausforderungen beziehungsweise in dieser Welt oder diese Situation, den anzusetzen sicherlich nochmal an Dynamik gewonnen hat. Aber das Thema als solches ist ja in dem Sinne nicht neu. Es wird halt neu verbal eingekleidet, aber so, Grundposition oder Grundtendenzen sind ja tatsächlich schon länger da. #00:09:30-4#

Tobias Wildner: Ja, ich glaube, der Artikel argumentiert ja auch ein bisschen in die Richtung, dass es mehr, dass man schlicht mehr in Richtung transfer gehen sollte, aber dass man einfach das Fachwissen auch braucht als als Basis für alles weitere und sich nicht komplett abkoppeln kann, irgendwelche abstrakten Kompetenzen jetzt entwickelt die, die völlig aus der Luft irgendwie kommen, aus dem nichts oder ? #00:09:52-3#

Svenja Bedenlier: Genau das, also ein solides Grundwissen, ist ja tatsächlich auch die Voraussetzung dafür, dass man überhaupt selber weiterlernen kann. Genau das, was du sagst, also Schlüsselkompetenzen, helfen an der Stelle, nur weil man irgendwas auch hat, was man tatsächlich an Wissen transferieren kann oder anwenden kann. #00:10:07-2#

Tobias Wildner: Also, ein anderer Aspekt bei den "future skills" ist ja, dass da auch viel immer so dieser imperativ mitschwingend, alles muss digital werden. Wir brauchen Digitalisierung überall. Es erinnert so ein bisschen an das Gießkannenprinzip. Es gibt dann die Frameworks dazu, die über die das Thema dann an die Schulen, an die Hochschulen, und gleichzeitig gibt es ja schon auch bei diesem Thema immer so ein gewisses Interesse von Konzernen, von großen IT Industrien dahinter, die natürlich ein großes Interesse haben, dass alles digitalisiert wird, wenn man zum Beispiel an Apple Schulen irgendwie denkt. Mittlerweile ist ein bisschen ruhiger geworden drum, aber Zeit lang haben wir ja ganz massiv versucht, in so einem staatlich regulierten Raum der Schule irgendwie vorzudringen. Siehst du hier auch Gefahr, dass man solche Konzepte, die ja erst mal schon hilfreich sein können, instrumentalisiert durch zum Beispiel eben wirtschaftliche Interessen? #00:11:05-1#

Svenja Bedenlier: Das ist tatsächlich auch ein Bereich, der ja an verschiedenen Stellen ganz kontrovers diskutiert wird, und was, da, finde ich, nochmal interessant ist oder wichtig, sich nochmal ins Gedächtnis zu rufen, ist die Tatsache, dass Digitalisierung oftmals oder in vielen Diskursen ja als gegeben gesetzt wird. Also, es wird eigentlich gar nicht groß angezweifelt oder andiskutiert oder in Frage gestellt das Digitalisierung als als großer Meta Prozess da ist und Menschen, Gesellschaft eigentlich in Anführungsstrichen nur reagieren kann. Also, das ist wirklich so. Digitalisierung als ja, als. #00:11:36-9#

Tobias Wildner: Das, was Gott gegeben, ist quasi die neue Religion, bisschen übertrieben. #00:11:42-9#

Svenja Bedenlier: Aber genau aber tatsächlich ist es ja auch so, das menschengemachte Prozesse, und das wird auch in einem Text von Valentin Sander nochmal ganz schön hergeleitet, der sich dann auch auf Konzerne bezieht, wie gesagt einmal dieser Punkt Digitalisierung gesetzt wird, was ja oder oftmals in einem bestimmten Narrativen gesetzt wird, also dass nur eine Reaktion möglich ist, und gleichzeitig auch tatsächlich die Frage danach, welche Machtpositionen damit eigentlich verbunden sind, und wenn man sich anschaut, dass es ja tatsächlich auch Tech-Konzerne sind, die teilweise schon nationalstaatliche Regularien ausheben, also die da wirklich fast gleichberechtigt mit Regierung zu bestimmten Themen sich äußern oder auch wirklich in politische Entscheidungen mit eingreifen, wenn man sich jetzt auch so politische Debattenkultur beispielsweise auf Twitter anschaut und was da vielleicht auch manchmal gemarkert wird und was nicht, und wie da auch bestimmte Prozesse im Hintergrund laufen, dann ist es mit Sicherheit gerechtfertigt zu hinterfragen, wie viel macht oder wie wie groß der Einfluss wäre von individuellen Konzern sein kann. Und gleichzeitig ist es dann wiederum ja auch so, dass es eine große opensource community gibt, die auch Infrastrukturen bereitstellen, die, wenn darauf abzielen, dass ja auch der Code einsehbar ist. Also, das ist wirklich dieser Gedanke der Community in der Offenheit ist, wo man sagen kann, okay, das sind natürlich auch Stärken, die Digitalisierung der Bereiche hier ausspielen können. Aber ganz grundsätzlich denke ich schon, dass es immer wichtig ist zu hinterfragen, wessen Interessen eigentlich hier gerade mit am Tisch sitzen und wie man sie einsetzt, für sich persönlich einordnen und wie sie tatsächlich auch in einem größeren Kontext zu sehen sind. In Deutschland aber ist es wiederum auch so, dass eigentlich der Bildungsbereich noch staatlich oder staatlich basiert und getragen wird und dass da ja schon auch die Regularien sehr groß sind. Also, wenn man jetzt beispielsweise auch an das Thema Datenschutz denke, ist im Kontext der Corona Pandemie, wo ja auch wirklich das mit ganz nach oben gesetzt worden ist, gerade auch in Schulen, wenn es darum ging, welche Systeme überhaupt eingesetzt werden können, was sich da für Diskussionen entsponnen haben, und dass da wirklich so ein Grad ist von wegen dem, was ist praktikabel, wo muss man eventuell auch mitgehen, einfach der Praktikabilität wegen, aber wo ist es auch ganz wichtig, dass man gerade auch nochmal mit dem Thema Datenschutz und Macht und Einflussnahme auseinandersetzt? #00:14:05-5#

Tobias Wildner: Das Thema Data Literacy läuft bei euch, vor allem bei euch am Institut für Lern-Innovation, vor allem im Rahmen eines Erasmus plus Projekt, das ihr mit europäischen Partnerinstitution zusammen verfolgt. Das hat den Titel "Data Literacy for Citizenship". Magst du uns kurz erklären, was ihr da treibt bei diesem Projekt und was da überhaupt geht? #00:14:26-7#

Svenja Bedenlier: Sehr gerne. Genau und zwar ist das ein Projekt, was von der europäischen Kommission mitfinanziert wird, und wir sind ein Konsortium aus verschiedenen Universitäten in europäischen Ländern und haben, oder das muss ich kurz überlegen, seit Anfang 2021, das Projekt insgesamt über drei Jahre laufen, haben hier ein Projekt Proposal eingereicht, was darauf und übernommen abzielt, dieses größere Thema und dieses weiterhin ja auch schwammige Thema "Data Literacy" für Erwachsene oder ganz konkret auch für den Bereich der Erwachsenenbildung zugänglicher zu machen und damit data literacy in Individuen, aber auch in Institutionen zu fördern. Und wir haben, weil wir auch drei Jahre Zeit haben, uns da ein recht umfangreiches Programm aufgesetzt, bei dem es einerseits darum ging, eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Begriffskonstrukt Data Literacy durchzuführen, indem wir Literatur zusammengefasst haben, um zu schauen, was eigentlich für Verständnisse von Data Literacy vorherrschend sind, wie man sie beschreiben kann, aus welchen Ländern Studien zu diesem Thema kommen, also um hier wirklich nochmal eine Basis zu schaffen, auf der wir dann auch mit unserem praxisorientierten Entwicklungsprojekt ansetzen können. Und wir haben auch in einem iterativen Vorgehen ein eigenes Modell oder ein eigenes Framework auch geschaffen zu data literacy, das wiederum dann die Basis gebildet hat, um Spiele zu entwickeln. Und der Gedanke der Spielentwicklung und auch überhaupt eines spielerischen Lern Ansatzes bezieht sich darauf, dass es oftmals vielleicht einfacher ist, ein Spiel zur Hand zu nehmen und spielerisch sich über ein Thema zu informieren oder vielleicht auch mit so einem gewissen Wettbewerbsgedanken oder auch kooperativen Spiel, Gedanken im Hintergrund, Aufgaben sich zu bewältigen, sich auszudenken, das Wissen zu erweitern in ganz klassisch vermittelnden Ansätzen. Und einerseits haben wir die Spiele entwickelt, und andererseits haben wir jetzt noch, oder es ist gerade noch in der Arbeit zu schauen, zu erarbeiten, wie diese Spiele eingesetzt werden können, also ganz klassisch im Bereich der Erwachsenenbildung, aber auch einfach ja im individual Nutzungsbereich sozusagen. Und was wir auch machen werden, das ist die Formulierung von Empfehlung für politische Entscheidungsträger auf der lokalen, auf der regionalen, auf der europäischen Ebene. Also das ist, wie gesagt, ein recht umfangreiches Programm. Wir haben jetzt noch ein knappes halbes Jahr, da werden wir jetzt alles zu Ende stellen und dann hoffen, dass wir damit einen Beitrag geleistet haben. Das vor allen Dingen die Zielgruppe der Erwachsenen. Also wir haben uns jetzt explizit auf Erwachsene, junge Erwachsene, aber auch ältere Erwachsene, also wirklich auch der Bereich der Senioren. Das sind sozusagen mit unseren Zielgruppen Kinder und Jugendliche an dieser Stelle weniger, obwohl sie natürlich auch herzlich eingeladen sind, die Spiele zu spielen oder sich zu dem Thema zu informieren. #00:17:13-5#

Tobias Wildner: Das heißt, ich könnte jetzt so an so einem grauen Herbst Wochenende sage, ich finde das jetzt ganz spannend. Eigentlich, was du da erzählst, könnte ich mir jetzt hinhocken und so ein bisschen zocken und dabei was über Data Literacy lernen, oder wie stellt man sich das vor, zusammen mit meinem Sohn gleich noch? #00:17:28-6#

Svenja Bedenlier: Genau also, im besten Falle läuft es genauso ab, und zwar ist es so, dass wir verschiedene Formate haben, mit denen man sich oder in deren Kontext man sich mit dem Thema Data Literacy beschäftigen kann, also was wir einmal haben, und es ist absolut Kinder geeignet und macht auch Spaß, da man das zusammen macht. Das wäre einmal auf unserer Projekt Webseite den Bereich "my life and data". Da hat man einfach die Möglichkeit, sich mal zu überlegen, okay, wo ist denn eigentlich mein eigenes Leben datafiziert, also beispielsweise, wie viele Schritte hab ich heute gemacht, oder wie oft habe ich mir ein Baby hochgehoben oder wieviel gelben Autos bin ich vorbeigekommen? Oder aber auch solche Sachen, wie viel Einwohner hat man eine Stadt heute, wie viel hatte sie vor 20 Jahren? Also dass man sich wirklich einfach mal überlegt, wo im eigenen Leben oder in der eigenen Stadt oder im eigenen Land mit Daten umgegangen wird, und das ist eine Aktion, da kann man mitmachen und kann Zeichnung anfertigen oder kleine Diagramme und die dann auch aus der Internetseite hochladen. Also, das ist tatsächlich schon ein Bereich, wie gesagt, das absolut Kindersich, Kinder kommt. #00:18:30-7#

Tobias Wildner: Also ein Bewusstsein zu haben, wo es überhaupt Daten gibt, also was Daten überhaupt sind, oder? #00:18:36-8#

Svenja Bedenlier: Genau! #00:18:37-2#

Tobias Wildner: Ja. #00:18:37-4#

Svenja Bedenlier: Genau das wäre tatsächlich der erste Schritt, einfach mal zu überlegen, und es ist insofern ja auch interessant, dass bei Daten, wenn man nicht immer unbedingt davon ausgehen muss, dass es wirklich ganz große Datensätze gibt. Es gibt ja auch sozusagen das "Small dater", die aber vielleicht so weiter in die tiefe gehen oder halt eine besondere Aussagekraft haben, also diese unterschiedlichen Formen von Formen, die Daten annehmen können. Also das wäre einmal einen Bereich, und dann haben wir tatsächlich jetzt eine Reihe von Spielen, also teilweise auch Brettspiele, teilweise sind das Kartenspiele, dann gibt es eine Escape box, also wirklich eine ganz ganze Bandbreite von Spielen, die einerseits dann auch Printversionen, also wirklich physisch haptisch vor allem liegen zum Spielen, und die ist dann teilweise aber auch zum Selbstausdruck Online gibt, also wo man sich tatsächlich dann aus einem Repertoire Spiele aussuchen kann, die auch jeweils unterschiedliche Bereiche von Data Literacy adressieren. Also die schließen sich auch ganz eng in unser Framework an, wo wir beispielsweise den Bereich haben an der standing dater oder aber auch acting on dater, wenn es tatsächlich eher so in so Bereiche wie bürgerschaftliches Engagement geht, also dass man da wirklich die Möglichkeit hat, einerseits zu lernen und andererseits wirklich einfach nicht mal zu spielen und das sozusagen angenehme mit dem nützlichen zu verbinden. #00:19:48-7#

Tobias Wildner: Passt ja wunderbar nach Nürnberg, in die Spiele Stadt eigentlich genau. Du hast gerade angesprochen, bürgerschaftliches Engagement in Verbindung mit Daten kommt auch in euren Projekttitel ja zum Tragen. Welche Rolle spielen Daten oder Datenkompetenz? Besser gesagt, der kompetente Umgang mit Daten für dich im Rahmen einer aktiven und lebendigen Demokratie? #00:20:17-4#

Svenja Bedenlier: Das ist tatsächlich ein ganz zentraler Bereich. Wir haben auch bewusst den Term sidecon ship mit gewählt, um genau das auch auszudrücken. Das ist tatsächlich dieser einfach, um das nochmal zu sagen, der kompetente Umgang mit Daten ist aber tatsächlich auch die Fähigkeit, Daten zu hinterfragen. Also nehme ich wirklich das, was mir beispielsweise in einer Statistik zu einem Thema präsentiert wird. Wie kann ich sozusagen selber für mich noch mal nachvollziehen, wie die Daten oder wie auf welcher Datenbasis eine Statistik entstanden ist? Wie kann ich vielleicht auch Daten lesen, die vom statistischen Bundesamt bereitgestellt werden, also tatsächlich einfach mit mit Daten umgehen zu können, dieses Bewusstsein zu haben, wie verbreite Daten in unterschiedlichen Formen, Formaten jeglicher Couleur eigentlich da sind, und tatsächlich einfach auch zu schauen, wie man Daten für vielleicht bürgerschaftliches Engagement oder Aktivismus nutzen kann. Wir hatten jetzt zum Beispiel auch in der einzelnen Studien, die wir im Rahmen unserer wissenschaftlichen Beschäftigung in dem Projekt uns angeschaut haben, auch Beispiele, wie beispielsweise unterschiedliche communitys oder Stadtteilarbeit tatsächlich auch selber Daten über die Stadt genutzt haben, um bestimmte Interessen zu vertreten oder ja deutlich zu machen, in welche Richtung bestimmte Aktivitäten gehen können, also wirklich auch Daten zu nutzen, um für die Gemeinschaft oder auch für für kleinere Subgruppen etwas zu erreichen. Und von daher können wir schon sagen, aus Sicht des Projektes, dass wir da wirklich diese Verbindung zur Staatsbürgerschaft oder Bürgerschaftlichkeit, bürgerschaftlichem Engagement ziemlich groß schreiben, eben gerade weil es auch darum geht, Leute überhaupt zu viel Fähigen oder dieses Bewusstsein zu schaffen, wo Daten überall sind. Also das geht schon noch eng mit dem Thema der vielleicht auch Daten, Kritik oder Medienkritik mit einher. Das soll überhaupt gar nicht bedeuten, dass man ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber medialen Einrichtungen haben soll oder auch Nachrichten, die verbreitet werden über die offiziellen und rechtlichen Kanäle. Darum geht es gar nicht, sondern es geht wirklich darum, zu schauen, was eigentlich Daten aussagen, wie man sie versteht, wie man sie anders darstellen könnte, was sie für Aussagen haben und wie man sie selber tatsächlich auch für irgendeine Form des Engagements nutzen kann. #00:22:33-5#

Tobias Wildner: Ja, es fällt mir gerade ein, es gibt auch diese tollen Veranstaltungen, der data Hackathons, die zum Teil in Städten stattfinden, wo die Stadtverwaltung so ihre kompletten Daten mal offenlegt, und dann läuft er sich ein Wochenende lang hinhocken und gucken, was sie mit diesen Daten irgendwie tolles machen können. Seid ihr da auch mal drauf gestoßen im Rahmen von eurem Projekt? #00:22:55-0#

Svenja Bedenlier: Wir haben tatsächlich relativ zu Anfang des Projekts ganz, ganz viele Initiativen recherchiert, die irgendwie in irgendeiner Form sich um das Thema data logic zu kümmern, und ich meine, da sein auch solche initiativen Vorhaben mit dabei gewesen. Ich kann es jetzt gerade nicht mehr ganz genau sagen, aber es gibt einfach unglaublich viel tatsächlich doch an angeboten. Das war uns vorher auch gar nicht bewusst. Wir haben da auch international geguckt, also wirklich auch in mehreren verschiedenen oder in ganz unterschiedlichen sprachen, dass es dann wiederum doch relativ viel gibt, also was ich auch an unterschiedliche Zielgruppen richtet, von Kindern über ältere Schüler bis Erwachsene bis Institutionen, also dass da wirklich viele Kurse auch sind, auch im Kontext von universitären Veranstaltung, aber auch wirklich so eher freie, offene Angebote wie die, die du jetzt auch gerade angesprochen hast. #00:23:41-2#

Tobias Wildner: Ja, du hast gerade erwähnt, dass ihr international auch recherchiert habt. Ihr seid ja auch ein sehr buntes internationales Team. Universitäten. In Norwegen ist die Universität von Bergen dabei, Murcia, Die Balearen, Coventry in der UK, ihr hier in Deutschland. Habt ihr da gemerkt beim gemeinsamen Arbeiten, dass es da vielleicht auch je nach Land unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema gibt. Also gerade wenn man sich vor Augen hält, dass zum Beispiel in Deutschland der Datenschutz einfach, wie du vorhin auch schon erwähnt hast, ein ganz wichtiger Punkt ist, aus Gründen. #00:24:14-0#

Svenja Bedenlier: Also jetzt ganz konkret auf unsere Projektpartner bezogen, denke ich, ist es schon das Thema, was sich als großer gemeinsamer Nenner rausgestellt hat, tatsächlich so dieser dieser Block des kritischen Umgangs mit Daten, nicht im Sinne des Anzweifelns, in einem wirklich rein negativen Sinne, aber wirklich zu gucken, okay, ne gesunde Distanz zu haben und einfach auch diesen Prozess der Reflexion stark zu machen. Also da würde ich sagen, dass das sicherlich ein verbindendes Element war, allerdings zwischen den Projektpartnern. Also da denke ich, da kann man jetzt nicht größere Rückschlüsse ziehen auf den größeren Landeskontext oder sogar noch nicht mal auf den institutionellen, sondern wirklich auf die beteiligten Personen. Was ich dann wiederum auch denke oder was auch die Beobachtung ist, was du gerade auch gesagt hast, also Deutschland und Datenschutz ist halt wirklich, sie fangen beide mit an. Das scheint irgendwie eine Verbindung da zu sein und gleichzeitig, das andere Länder auch in Europa ja auch der DSGVO unterliegen. Aber da würde ich vielleicht vorsichtig formulieren, aber da würde ich mich auch gleichzeitig nicht so weit aus dem Fenster lehnen wollen, dass da vielleicht auch manchmal Tatbestände anders ausgelegt werden, also entweder sehr restriktiv oder vielleicht auch eher in dem Sinne, man, man guckt mal, was das äußere Limit ist und auf das man gehen kann. Ja, ich denke, es ist schwierig zu verallgemeinern, jetzt aus unserem Konsortium heraus, aber wie gesagt, der Punkt der Kritik oder das sind ja Fragen, es war sehr groß, und dann halt aber auch so wirklich weitergedacht. Wie kann ich eigentlich Daten selber nutzen, um aktiv zu werden, also nicht einfach nur Rezipient*in zu sein, von Daten (Datenmengen), sondern wie kann nicht selber Daten auch aktiv nutzen, um vielleicht einen Teil zur Gesellschaft beizutragen, um mich zu engagieren, um anderen zu helfen? Also, das war tatsächlich auch ein Bereich, der ja viel, viel diskutiert wird oder auch immer noch wird. #00:26:05-7#

Tobias Wildner: Ist ja letztlich auch ein Thema, das man irgendwo gesellschaftlich aushandeln muss, denke ich, also, wo man es auch nicht technokratisch hingehen kann und sagen kann, so und so, sondern es muss irgendwie eine Übereinkunft geben in der Gesellschaft. Wie viel wollen wir uns da selber zumuten, wie viel wollen wir reguliert haben? Und das beantworten unterschiedliche Länder, dann auch wieder unterschiedliche Datenschutz. #00:26:26-7#

Svenja Bedenlier: Genau das also, das ist ja tatsächlich auch eine Herausforderung, aber gleichzeitig auch spannende Situation, das eigentlich mit dem gleichen Thema in unterschiedlichen Gesellschaften ja wirklich ganz, ganz unterschiedlich verfahren wird, also dass man auch da sagen kann, es wäre vielleicht hilfreich, auch sowas wie einen landesübergreifenden Konsens zu finden. Aber das ist wahrscheinlich kurz vor vor unmöglich, sowas zu schaffen, weil es tatsächlich schon in einzelnen Ländern sehr, sehr kontrovers diskutiert wird, ob da staatliche Eingriffe zu stärken sind oder die individuelle Freiheit. #00:27:02-3#

Tobias Wildner: Jetzt haben wir ganz viel über Daten geredet, aber nicht ein einziges Thema als Professorin am Institut für Lern und Innovation. Du hast auch noch ein paar andere Forschungsthemen, unter anderem Internationalisierungsprozesse an Hochschulen, open and distance education, die Frage wie man Studierende in digitalen Lern Settings aktiviert, einbindet. Du schreibst ein haufen Artikel, hälst Vorträge, bist unterwegs auf Konferenzen, hört sich nach doch auch langen Arbeitstagen an, oder? #00:27:32-5#

Svenja Bedenlier: Das ist richtig, das stimmt. Also das ist Fluch und Segen in der Wissenschaft, dass die Arbeitstage morgens ganz früh beginnen können und abends ganz spät enden. Aber es ist natürlich auch die Möglichkeit, dass man sich den Tag selber strukturiert und auch viel bestimmt, was zu welcher Zeit gemacht wird. Aber ich glaube, es ist es halt auch schwierig, tatsächlich so was zu realisieren, weil es ganz ganz unterschiedliche Aufgaben sind, die aber eigentlich auch immer erfordern, dass man sich intensiv mit ihnen auseinandersetzt. Dafür braucht man Zeit. #00:28:02-9#

Tobias Wildner: Dann verschaffe ich dir jetzt eine kleine gedankliche Pause und biete dir an, dir vorzustellen, dass du, sagen wir mal so, einen Monat frei bekämst von diesen ganzen Verpflichtungen und dir etwas aussuchen könntest, was du völlig neu lernen kannst. Was wäre das? #00:28:21-0#

Svenja Bedenlier: Das ist also, so viel geistige Freiheit habe ich schon lange nicht mehr gehabt. Das muss ich erst mal nachdenken. Ich würde doch, was ich total gerne noch mal machen würde. Ich habe an der Uni damals angefangen, Spanisch zu lernen und war auch zweimal mit in Kolumbien und hab aber immer noch keine Spanischkenntnisse, die es erlauben, dass ich mich vernünftig unterhalte. Ich spreche eigentlich komplett ohne Verben oder beziehungsweise ohne konjugierte Verben, und das würde ich halt wirklich gerne noch mal lernen. Also, ich glaub, ich würde mich für vier Wochen in irgendeine spanisch sprachige Stadt zurückziehen, und noch richtig spanisch lernen. #00:28:57-1#

Tobias Wildner: Ja, das hört sich doch nicht verkehrt an. Wie wird man denn Juniorprofessorin an der Universität? Ist es so? Kann man sich das ähnlich vorstellen wie eine normale Professur, oder ist das anders? #00:29:09-1#

Svenja Bedenlier: Es ist tatsächlich teilweise anders und teilweise recht ähnlich. Also, Juniorprofessoren sind ja nicht mehr so neu als Modell in Deutschland, aber schon noch neuer als die Habilitation als klassischer Weg in eine Professur. Und normalerweise läuft es so ab, dass man promoviert und dann nach innerhalb relativ kurzer Zeit, nach der Promotion so einen Juniorprofessor bekommt, die eigentlich auch einen qualifizierenden Charakter hat. Also man ist, wie der Name dann ja auch sagt, Junior. Einerseits ist man in Junior, andererseits hat man Aufgaben einer regulären Professorin, eines Professors. Also das finde ich so ein Zwischending, dass man eigentlich in dieser Rolle oder der Position des Professors, der Professorin noch neu ist und gleichzeitig eigentlich professorale Aufgaben übernimmt. Also, das ist tatsächlich so eine spannende Zwischenstellung, so ein bisschen zwischen Baum und Borke, und dann ist es oftmals so, dass Juniorprofessoren mit einem Tenior ausgestattet sind, also dass man nach drei Jahren evaluiert wird, nach sechs Jahren evaluiert wird und dass in den oder in vielen Fällen dann Lebenszeitprofessorin umgewandelt wird, wenn diese Evaluation erfolgreich sind, oder wenn das nicht der Fall ist, dann muss man sich halt nochmal weiter bewerben, dann auf eine "richtige Professur" berufen zu werden. #00:30:24-3#

Tobias Wildner: Das heißt, es bleibt noch spannend die nächsten Jahre. #00:30:27-6#

Svenja Bedenlier: Ja, genau das, also das. #00:30:29-7#

Tobias Wildner: Und danach hoffentlich auch. #00:30:30-8#

Svenja Bedenlier: Das schaffe ich, aber sonst wird die Zeit noch zu lang. So ein bisschen Spannung muss noch sein. #00:30:36-3#

Tobias Wildner: Ja, also der Frauenanteil an Hochschulprofessoren, der liegt ja immer noch bei, ich glaube knapp unter 30 Prozent. Wenn ich das richtig recherchiert habe, wie erlebst du so den Wissenschaftsbetrieb aus der Perspektive einer jungen Frau? #00:30:50-5#

Svenja Bedenlier: Ich glaube, das ist tatsächlich auch sehr situationsabhängig und wahrscheinlich auch noch mal Disziplin abhängig. Also ich kann sagen, dass ich halt aber auch wirklich mit gutem Gewissen und aus vollem Herzen sagen kann, dass ich den kollegialen Umgang, also wirklich all das, was auf der persönlichen zwischenmenschlichen Ebene passiert, also eigentlich mit allen Leuten, mit denen ich bisher Kontakt hatte und zusammengearbeitet habe, dass das wirklich sehr, sehr kollegial abläuft, auch an den anderen Universitäten, an denen ich bisher war, und dass eigentlich die Leute, die ich kennengelernt habe, durch ihre Themen motiviert sind und dem, dass man sich zum Thema vernetzt, dass man sich austauscht und dass man wirklich an einem Thema arbeitet oder an Themen arbeitet, die in total interessieren. Und das ist natürlich nur eine Seite der Medaille, also wirklich diese dieses persönliche menschliche Versus, natürlich die Frage nach der systemischen Ebene, also dass man schon, wie es ja auch Eingangs schon angesprochen wurde, das sind lange Tage, und man könnte sie sozusagen immer endlos weitergehen, weil es nach oben eigentlich kein Limit gibt. Also, man kann immer noch mehr machen, man könnte sich noch mehr Projekte überlegen, man kann noch mehr lesen, man kann noch mehr schreiben, man kann noch mehr versuchen in 24 Stunden zu erledigen, noch mehr Projektanträge schreiben, so, das ist tatsächlich, glaube ich, ein Problem, oder meine Meinung, ist es ein Problem, das heißt, nach oben keine Grenze gesetzt, so dass es immer irgendwo, auch im Endeffekt im Wettlauf mit einem selber ist, weil man selber ja auch die Person ist, die sich entweder bestimmte Ziele setzt oder bestimmte Ziele erreichen muss oder auch die Möglichkeit hat, immer noch mehr zu sagen. Ja, ich bin hier dabei, ich bin da dabei, und die vielleicht auch irgendwann sagen muss, okay, man kann auch nicht alles machen. Also tatsächlich ist es so ein bisschen ein Zwiespalt zwischen dem, was die Menschen im System machen und wie dann dieses übergeordnete System ist, was einfach nach bestimmten Regeln funktioniert. #00:32:35-5#

Tobias Wildner: Ja, wenn du an studierende junge Frauen denkst, die so anfangen mit ihrem Studium und sich dann die Wissenschaft vorstellen können, auch viel länger, und sie sagen auch, das macht mir Spaß. Was würdest du jungen Frauen mit auf den Weg geben? #00:32:52-0#

Svenja Bedenlier: Finde ich auch tatsächlich jetzt auch gerade so unter diesem Gedanken Gender und Gleichstellung finde ich tatsächlich auch schwierig, das nur jungen Frauen mit auf den Weg zu geben, sondern das wäre tatsächlich auch eher so ein allgemeiner Hinweis oder Rat, tatsächlich zu gucken, dass man doch immer einen Plan b hat, also so aus der Vorsicht heraus, weil da sind ja auch im Moment aktuell ganz viele Diskussionen um Unplanbarkeit von wissenschaftlichen Karrierewegen und befristeten Verträgen, und das ist ja tatsächlich was Geschlechts unabhängig an der Stelle erst mal formal verläuft. Aber wie gesagt, zu diesen Plan b immer noch zu überlegen, okay, was interessiert mich noch, beziehungsweise irgendwann ist der Plan b halt auch hinfällig. Wenn man versucht, eine Professur zu bekommen, dann hat man halt nur noch diesen Plan, weil man zu viel Energie darauf verwenden muss, um da diesen Weg einschlagen zu können, und auf alle Fälle dann auch ein echtes Interesse an den Themen. Eben gerade weil man doch mehr arbeitet als die die klassische 40 Stunden Woche, würde ich sagen, dass das eigentlich mit das wichtigste ist, dass man sich mit den Themen man in irgendeiner Form bearbeitet, ob das jetzt in der Forschung ist, eine Lehre oder auch an Entwicklungsprojekten, dass man sich mit denen wirklich so 100 Prozent identifizieren kann, weil sonst trägt und das halt nicht weit genug. Und ich würde auch, das ist auch so ein Plädoyer für die Vielfalt der Hochschullandschaft schauen, dass auch nicht nur Universitäten spannende Hochschulen sind oder auch spannende Arbeitgeber, sondern auch die Hochschulen für angewandte Wissenschaft, die sich im Moment auch wirklich ganz viel um Personen bemühen, die genau diesen Spagat schaffen zwischen Anwendung und Wissenschaft, und das ist tatsächlich ein Hochschulbereich, der glaube ich, auch total spannend ist für viele Leute, die halt sich nicht so nicht so komplett nur Theorie fokussiert arbeiten möchten, aber trotzdem auch dieses große Interesse haben an Wissenschaft und besonders auch an Lehrer, also da tatsächlich auch zu gucken, wie vielfältig die Hochschullandschaft ist oder überhaupt die Forschungslandschaft, dann, wissenschaftliche Karriere kann ja auch durchaus in außeruniversitären Instituten erfolgen, nicht nur in diesem klassischen Feld der Universität. #00:34:58-3#

Tobias Wildner: Ja, liebe Svenja herzlichen Dank für das schöne Gespräch mit den Einblicken in euer Projekt, in deine Arbeit, auch was du so am Institut für Lerninnovation machst. Ich wünsche dir einen guten Projektabschluss und alles Gute, und hoffentlich sehen wir uns bald mal wieder. #00:35:16-1#

Svenja Bedenlier: Ja, ich danke dir ganz herzlich für das Gespräch und die Möglichkeit und wünsche auch noch einen schönen Nachmittag! #00:35:21-4#

Tobias Wildner: Dankeschön. #00:35:22-4#

 

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

"Der kompetente Umgang mit Daten ist wichtig für unsere Demokratie", sagt Svenja Bedenlier, Professorin am Institut für Lern-Innovation der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Data literacy oder zu deutsch Datenkompetenz – das klingt erstmal wenig sexy. Stimmt, gibt Svenja Bedenlier zu, gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass uns das Thema im Alltag überall begegnet. „Wir geben Daten preis, wenn wir uns im Internet bewegen oder wir nutzen Daten von anderen, um Informationen zu bekommen. Beispielsweise zu Restaurant- oder Hotelbewertungen oder um den Weg zu finden.“ Data literacy beschreibt dabei, wie wir als Individuen mit Daten umgehen. Wie wir also an Daten kommen, wie wir sie nutzen, bewerten und managen. Dem genauer auf den Grund zu gehen, ist das Ziel des Projekts DaLi (Data Literacy for Citizenship), an dem die Juniorprofessorin gemeinsam mit Kolleg*innen an der FAU Erlangen-Nürnberg und vier weiteren europäischen Partneruniversitäten arbeitet. Das Projekt wird zwischen 2021 und 2023 von der Europäischen Kommission gefördert. Ein wichtiges Thema dabei: Wie lassen sich junge und ältere Erwachsene für das Thema Daten sensibilisieren? Nicht zuletzt auch, um den Umgang mit Daten kritisch hinterfragen zu können. Das Projekt DaLi setzt hier vor allem auf spielerische Lernressourcen, die sie im Rahmen des Projekts entwickeln. Egal ob als Brettspiel oder Serious Game am Computer – mit Spaß an der Sache lernt es sich leichter, sind die Wissenschaftler*innen überzeugt. Dass hinter solchen und anderen Projekten im Wissenschaftsbetrieb oft lange Arbeitstage stecken, ist für eine junge Wissenschaftlerin mit Familie keine kleine Herausforderung. An Wissenschaft interessierten jungen Menschen rät sie deshalb, sich nicht nur auf die klassische Unikarriere zu versteifen, sondern auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften oder andere wissenschaftsnahe Institutionen im Blick zu behalten. Denn die Freude an der Wissenschaft – daran lässt das Gespräch keinen Zweifel – ist bei Svenja Bedenlier nach wie vor groß.

Links:

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Aufgenommen am: Dienstag,, 15. August 2023
Veröffentlicht am: Donnerstag, 5. Oktober 2023
Moderation: Tobias Wildner
Im Gespräch: Prof. Dr. Svenja Bedenlier

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