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Sarah Lohr, wie wird man als Punkband zum "Systemling"?

Ansage: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-8#

Hannah Diemer: Hallo, herzlich willkommen! Mein Name ist Hannah Diemer und ich spreche heute mit Sarah Lohr, der Sängerin und Gitarristin der Nürnberger Punkband "Akne Kid Joe". Die Band spielt schon seit 2016 zusammen und sie haben jetzt vor kurzem ihr neuestes Album "Die große Palmöllüge" rausgebracht, die jetzt gleich auf Platz 13 von den Vinyl Charts gelandet ist. Schön, dass du mit dabei bist. Herzlich willkommen! Stell dich doch mal ganz kurz vor für die Leute, die dich noch nicht kennen. #00:00:48-5#

Sarah Lohr: Hallo Hannah. Danke, dass ich mit dabei sein darf. Ja, ich bin die Sarah, Sängerinnen und Gitarristin der Band "Akne Kid Joe" aus Nürnberg. Im normalen Leben bin ich Sozialarbeiterin und nebenher spiele ich in der Punkband. #00:01:06-8#

Hannah Diemer: Warum Punkband? #00:01:08-9#

Sarah Lohr: Ähm, ja. Warum nicht? Punkband, weil das halt einfach die Musik ist, die uns gefällt. Wir bewegen uns alle in solchen Kreisen und. Ganz ehrlicherweise muss man auch dazu sagen, dass quasi für Punkmusik braucht man nicht die ausgefuchstesten Musikfähigkeiten, um das machen zu können. Und das kommt uns sehr entgegen. Und ja, genau. So wurde es eben Punk und jetzt nicht irgendwas krasses, anspruchsvolles wie irgendwie Prog Rock oder weiß nicht halt. Aber hauptsächlich deswegen, weil wir alle schon seit ewigen Zeiten Punk hören und das auch so die Szene ist, in der wir uns quasi beheimatet fühlen. Und das liegt dann natürlich nahe. #00:01:57-7#

Hannah Diemer: Ihr habt euch kennengelernt im Arsch & Friedrich. Habe ich das richtig gelesen? #00:02:03-6#

Sarah Lohr: Ja, genau. Also Matthias und ich haben dort gearbeitet. Das ist ja auch ein Kneipenkollektiv und es wird von mehreren Menschen, ehrenamtlich betrieben. Und wir haben dort gearbeitet und Peter, unser Synthiespieler und unser damaliger Drummer Sven, die waren dort Stammgäste. Und so haben wir uns alle kennengelernt und gefunden. Und dann so eines Nachts kam die Idee, so eine Band zu gründen und alle dachten wir nur Spaß und so. Ja ja, lass uns mal treffen und irgendwas machen. Und so ist dann irgendwie "Akne Kid Joe" entstanden. #00:02:41-1#

Hannah Diemer: Wie seid ihr auf den Namen gekommen? #00:02:43-2#

Sarah Lohr: Also es ist auch in der Kneipe passiert. Es war einfach nur so ein Verhörer. Also es gibt ja diese Band "Ugly Kid Joe" aus den 90ern. Es ist keine One Hit Wonder Band, weil sie hatten zwei Hits, aber ja... eine relativ schlechte Band aus den USA. Es gab in der Kneipe mal dieses Gespräch über die oder über einen Song von denen und einer von uns, Ich weiß nicht mehr... Matthias, so glaube ich, hatte anstatt "Ugly Kid Joe" "Akne Kid Joe" verstanden und fanden wir irgendwie lustig in dem Moment. Und dann haben wir uns so benannt. Und jetzt, so nach inzwischen vier Jahre Bandgeschichte oder dreieinhalb Jahre, nervt uns der Name natürlich schon, weil der Witz dann auch irgendwann mal vorbei ist. Aber jetzt steckt man halt schon drin. Kann sich auch nicht mehr einfach umbenennen. Deswegen heißen wir jetzt einfach so. Ich habe mich damit abgefunden. Ist schon okay. #00:03:36-3#

Hannah Diemer: Ihr wurdet beschrieben als eine schicke Mischung aus Musikgruppe und Social Media Agentur. Wer sagt denn sowas? Und was sagst du dazu? #00:03:47-3#

Sarah Lohr: Ich weiß nicht genau, wer es gesagt hat. Ich glaube aber, dass wir uns vielleicht sogar selber so bezeichnet haben. Weil es auch einfach stimmt. Vieles von dieser Band findet ja auf Social Media statt. Was einfach daran liegt, dass wir gerne uns im Internet auch befinden und man dort auch super Sachen machen kann, kreativ sein kann, lustige Sachen posten und was weiß ich. Und auch mit Videos usw. Also wir legen da schon immer Wert drauf, dass irgendwie auch immer mal was neues ist oder mal was, was man sonst noch nicht gemacht hat. Wie mit Segway durch die Gegend zu fahren oder irgendwie sowas. Und deswegen ja dieser kleine ironische Hinweis auf die Social Media Agentur. #00:04:35-5#

Hannah Diemer: Wer macht denn bei euch die Videos? Macht ihr die selber? Denn ich habe mir die jetzt angeschaut und die sind wirklich eins A. Also das schaut aus wie von einem super professionellen Musikstudio. #00:04:45-4#

Sarah Lohr: Ja, also die Videos, die machen wir immer mit Freunden von uns. Also wir haben zum Glück echt sehr viele begabte Menschen in unserem Umkreis, so dass wir denen auch kein Geld dafür zahlen müssen. Und ja, wir haben da so einen kleinen Pool. Aber die letzten Videos, die hat jetzt vor allem der Jan gemacht. Der kommt auch aus Nürnberg. Der spielt bei der Band Maffay. Falls die dir was sagt. Und der hat auf jeden Fall schon echt ein Auge so für ....ja, für Momente sozusagen. Aber wie gesagt, es sind mehrere Leute, die unsere Videos schon gemacht haben und alles Freunde von uns. Und ich fühle mich echt sehr glücklich, dass ich in dieser Position bin, dass ich so viele Leute kenne, die auch so coole Sachen machen können. Also wenn man das alles noch selber machen müsste, dann wird es auch irgendwann kompliziert und deswegen haben wir da einfach sehr viel Glück. #00:05:39-6#

Hannah Diemer: Cool. Und wer schreibt eure Texte? #00:05:43-8#

Sarah Lohr: Texte schreibt eigentlich hauptsächlich Mathias. Unser Sänger. Genau der ist da sehr strukturiert. Ich habe auch schon ein paar Texte geschrieben, aber wenn ich Texte schreibe, dann dauert es zwei Wochen und ich habe dann am Ende so 24 DIN A4 Seiten mit irgendwelchen Textfetzen drauf und durchgestrichen und andere Reimschemen usw. Also bei mir ist es echt so ein richtig chaotischer, anstrengender Verlauf des Ganzen. Und wenn der einen Text schreibt, dann überlegt er sich so: Okay, heute Nachmittag zwischen drei und vier habe ich Zeit. Dann schreibe ich einen Text über folgendes Thema und dann setzt er sich tatsächlich um drei hin und schreibt dann eine halbe Stunde oder eine Stunde diesen Text. Dann ist er fertig und passt auch schon voll gut zu. Also der ist so krass in seiner Kreativität total strukturiert, wo man ja eigentlich immer denkt, dass sich das ja ausschließt. Eigentlich sagt man ja, dass kreative Menschen immer so chaosmäßig unterwegs sind und so, aber er ist halt das komplette Gegenteil. Das finde ich sehr faszinierend und deswegen bin ich echt sehr froh, weil Texte schreiben für mich ist sehr anstrengend und wenn ich einfach einen Song, also ein Thema habe, kann ich einfach sagen: Matthias, ich habe hier dieses Thema willst du da nicht einen Text drüber schreiben? Sagt er: Ja, macht er. Abends ist dann der Text da, meistens schon die passenden Cordes dazu und fertig. #00:07:03-5#

Hannah Diemer: Das wollte ich gerade fragen: Wie kommt denn dann die Musik auf den Text? #00:07:06-9#

Sarah Lohr: Dann schon immer mit kleiner Voridee und so, aber die Musik dazu, die erarbeiten wir dann schon irgendwie gemeinsam oder oft dann auch Peter. Weil Peter, dann auch die technische Komponente dazu ist. Der kennt sich aus mit Aufnahmen usw.. Der hat auch unser Album alles aufgenommen und so und so passiert es dann einfach. Also Matthias hat eine Idee und dann schaut man halt wie passt es und dann wird es noch mal umgeworfen usw. Dann kommen die Drums mit dazu und so ein Gemeinschaftsding, irgendwie so ein Gemeinschaftsprozess, der sich aus so einem Kleinen zum Großen entwickelt, sozusagen. #00:07:44-5#

Hannah Diemer: Jetzt gehe ich mal davon aus, dass du den Text geschrieben hast zu "Sarah Frau auch in der Band". #00:07:49-9#

Sarah Lohr: Tatsächlich nicht. #00:07:51-5#

Hannah Diemer: Tatsächlich nicht? #00:07:53-0#

Sarah Lohr: Also ich habe den natürlich schon mit Matthias zusammen geschrieben. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn haben möchte und er hat quasi einen guten Text daraus gemacht, weil ich das eben nicht hinbekommen, so dieses Strukturierte. Also es war eine Gemeinschaftsleistung, aber ja, er hat den Text auf jeden Fall geschrieben. Das finde ich lustig, weil es niemand vermutet dass das so ist. Das ist aber vielleicht auch cool. Dass auch ein Mann auch so einen Text schreiben kann. #00:08:20-6#

Hannah Diemer: Erzähl doch mal kurz, worum es in dem Text geht. #00:08:23-1#

Sarah Lohr: Also ja, der Song ist sozusagen autobiografisch über mich. Und es geht einfach darum, wie ich so erzähle wie ich früher.... Also ich gehe schon seit ich 14 Jahre alt bin oder so auf Konzerte und auch Punkkonzerte und so, aber ich bin früher zum Beispiel nie auf die Idee gekommen, dass ich auch selber in der Band spielen könnte. Da gibt es verschiedene Gründe dafür und einer der Hauptgründe ist, denke ich, dass es zu meiner Zeit und ja, auch heute immer noch einfach sehr wenig weibliche Vorbilder auch gegeben hat Für mich. Also das ich das Mädchen oder Frauen auch gar nicht auf die Idee kommen sie selber zu machen, weil es ganz normales Bild ist, das man nur Männer auf der Bühne sieht. Und das war früher noch ein bisschen krasser wie jetzt. Aber damit möchte ich nicht sagen, dass jetzt alles schon perfekt ist. Das ist nur ein Prozess und ich glaube, wir stehen da am Anfang. Und der Text beschreibt sozusagen diesen Werdegang von mir, von der Konzertbesucherin sozusagen. Dann später mit 28 Jahren, dann auch mal selber auf die Idee gekommen, eine Band zu gründen. Und ja, es soll einfach so eine kleine autobiographische Idee oder Erzählung sein, wie es dazu kam und soll. Aber natürlich auch zum einen Empowernd sein für andere Frauen, die sich das vielleicht auch schon insgeheim mal gedacht haben, dass es vielleicht cool wäre, in der Band zu spielen, aber sich nie getraut haben. Und natürlich auch der Hinweis an die männliche Bevölkerung, dass gerade wenn man vorhat, eine Band zu gründen, dass es auch Sinn macht, ab und an mal so nicht nur bei seinen Kumpels irgendwie zu schauen, wer dazu passen würde, sondern auch mal bei Freundinnen zu schauen, ob da vielleicht nicht jemand mit dabei wäre, die irgendwie gut in dieses Konstrukt reinpassen würde. Genauso war es bei mir letztendlich auch. Matthias war halt mein bester Freund oder ist immer noch mein bester Freund und er hat mich halt einfach gefragt, obwohl ich nichts konnte. Ich konnte bis dahin nicht Gitarre spielen oder so und nur deswegen bin ich jetzt in dieser Band, weil er mich gefragt hat. Aber er hat mich nicht gefragt, weil ich eine Frau bin, sondern einfach, weil wir befreundet waren. Und er wollte halt mit Freunden einfach eine Band gründen und so kam das halt und das ist irgendwie ein ganz charmanter Weg, finde ich. Und ich glaube, dass das bei vielen auch so klappen könnte, wenn mal jemand auf die Idee kommen würde, es so zu machen. #00:10:54-2#

Hannah Diemer: Was gab es für Reaktionen auf das Video und auf den Track? #00:10:57-9#

Sarah Lohr: Also ich sage mal zu 99 % waren es sehr positive Reaktionen. Es gab so ein paar einzelne Kommentare, die irgendwie so.... Einer hat geschrieben: Okay. Ja, cooler Song, aber er versteht jetzt das Problem nicht, weil es gibt doch Musikerinnen, zum Beispiel Madonna, Beyonce und Kali Minogue oder so und mehr sind die dann tatsächlich auch nicht eingefallen in seiner Aufzählung. Dieses vermeintliche Argument, was er da gebracht hat, ist ja schon wieder eine Bestätigung für das Hauptproblem. Es fallen einem vielleicht 5 bis 10 weibliche Superstars ein und ansonsten halt aber niemand. Und gerade in so einem Band Kontext schon mal gleich gar nicht. Also weil wenn Frauen klischeemäßig irgendwas in mit Musik machen dann sind sie halt Sängerin. Popsängerin. Das ist das Einzige, was man Frauen quasi zuschreibt, was sie gut können. Aber jetzt irgendwie Schlagzeug spielen oder Gitarre oder so, das ist jetzt eher nicht so was, wo man Frauen drin sieht. Ansonsten wirklich zum großen Teil sehr, sehr nette und gute Kommentare. Hab mich sehr gefreut. #00:12:14-1#

Hannah Diemer: Kennst du andere Frauen, die in Bands spielen? #00:12:16-6#

Sarah Lohr: Ja, also inzwischen auch durch Akne Kid Joe und dass wir so viele Konzerte überall spielen, in ganz Deutschland. Kenne ich einen Haufen Frauen, die in Bands spielen. Aber da muss ich schon sagen, das ist, glaube ich, ein punkspezifisches Phänomen, weil diese Punkszene allgemein ein sehr großes politisches Bewusstsein hat und so Themen wie Gleichberechtigung und Feminismus usw dort natürlich schon seit langer Zeit eine Rolle spielen. Und da ist es auch klar, dass in diesen Freiräumen und dass man da schon einen Schritt weiter ist. Aber da ist es auch nicht so... Also es gibt oft genug immer noch Konzerte, wo ich die einzige Frau bin von drei Bands. Oder das vielleicht in der zweiten Band auch noch eine Frau ist. Aber dass man da wirklich so von der Bandmitglieder Anzahl von so einem Gleichberechtigungsding sprechen kann, ist auf keinen Fall. Also das Verhältnis nicht ausgewogen. Es ist trotzdem aber schon besser als in vielen anderen Bereichen, sage ich mal, also im HipHop zum Beispiel, Wobei sich auch im HipHop sehr viel tut, muss man auch sagen. Aber die haben auch noch mal ganz andere Themen, mit denen sie sich beschäftigen, also mit Sexismus usw. und so fort. Da bin ich, glaube ich, in der Punkszene schon in einer privilegierten Szene sozusagen. #00:13:45-6#

Hannah Diemer: Was sind denn eure anderen Themen? #00:13:47-6#

Sarah Lohr: Wir haben, glaube ich, ein relativ breites Potpourri an Themen. Also klar, Politik spielt bei uns schon auch immer eine Rolle. Nazis Scheiße finden, den Staat Scheiße finden und Bullen Scheiße finden. Das, was eine Punkband auch ausmacht. Aber ansonsten sind es einfach auch viele Alltagsthemen, die einen so beschäftigen. Also zum Beispiel, um jetzt mal so ein Klischee aufzumachen, Weiße, privilegierte Mittelstandshippies, die dann mit ihrem VW Bus die halbe Welt bereisen und danach denken: So, jetzt haben sie die Welt verstanden und irgendwie auch noch was zum Besseren gemacht. Aber dabei verpesten sie mit ihrem alten Diesel irgendwie auch die Umwelt und können das alles nur machen, weil sie irgendwie von Mutti und Vati noch 15.000 € geerbt haben. Solche Themen oder manchmal geht es einfach auch um Liebeskummer. Oder um Nachbarn von Kneipen oder was weiß ich. Ja, es kommt alles mal zum Vorschein, was einen so im Alltag bewegt. #00:14:56-3#

Hannah Diemer: Ich würde dich gerne ansprechen auf euren Corona Post. #00:15:00-3#

Sarah Lohr: Ja. #00:15:01-0#

Hannah Diemer: Ihr habt einen ganz langen Post verfasst bezüglich der Corona Maßnahmen. Was stand denn da drin geschrieben? #00:15:08-8#

Sarah Lohr: Also dieser Post ist zu einer Zeit entstanden, als gerade diese ganzen Hygienedemos oder wie man sie auch immer nennen soll. Ein komischer Name, aber okay....so so, hochgekocht sind und dann auch in Nürnberg. Die erste, die war ja richtig groß und auch richtig krass, irgendwie. Mit viel zu vielen Leuten in der Innenstadt und Leute, die sich umarmen und nix mit Mundschutz usw. Und zu dieser Zeit war es auch so, dass uns persönlich, auch wenn man sich so seine Freundesliste auf Facebook durchgeschaut hat, hat man immer mehr von diesen Videos gesehen, die Leute gepostet haben, denen man sowas eigentlich nicht zutrauen würde. Also dann plötzlich KenFM und wie sie alle heißen. Diese ganzen Typen, die so tun, als würden sie einem die Wahrheit sagen. Letztendlich lügen sie aber in einer Tour und wissen das meiner Meinung nach auch ganz genau. Und dann gibt es Leute, die darauf reinfallen und plötzlich sich in so einem Wirrwarr aus: Oh mein Gott, wir befinden uns hier gerade in der größten Lüge aller Zeiten und es gibt Corona nicht und es soll eine Diktatur errichtet werden. Und Bill Gates will 7 Milliarden Menschen umbringen. Das fand ich oder fanden wir einfach irgendwann unerträglich. Und vor allem diese Diskussionen mit diesen Menschen haben sich als wahnsinnig schwer herausgestellt. Man kommt ja ganz oft bei sowas ganz schnell zu einem Punkt, wo man nicht mehr mit Argumenten diskutieren kann. Weil alles, was man als Argument bringt, wird ja sofort gesagt, dass es halt erstens nicht stimmt. Zweitens, wenn man irgendwelche Quellen anbringt, stecken die Quellen mit in der Verschwörung. Und sowieso und überhaupt gibt es zu jeder Behauptung oder zu jedem Argument immer eine Gegenbehauptung von irgendjemand auf YouTube, dem man eben mehr glaubt. Und das hat uns so aufgeregt, dass Matthias sich dann auch hingesetzt und einfach so eines Abends diesen Text geschrieben hat, so voller Wut. Weil das auch zu einer Zeit war, wo anders als jetzt diese ganze Pandemie sozusagen so noch nicht...also wo die Zahlen noch nicht so gut waren. Wo es keinen Anlass gab, um jetzt halt mal irgendwie mit 3000 Leuten ohne Mindestabstand und Mundschutz einfach vor der Lorenzkirche zu stehen und sich umarmen zu müssen. Also ich finde es ein zutiefst egoistisches Verhalten, was da auch gezeigt wurde. Ja, und aus dieser Wut heraus ist eben dieser Post entstanden. Und dann hat er den gepostet, morgens um zehn oder so und dann war ich in der Arbeit und hatte Besprechungen. Habe irgendwie eine Stunde, zwei Stunden nicht ins Internet geschaut. Schau doch wieder rein und denke mir: Oh mein Gott, was denn jetzt los? Also da wurde der halt irgendwie schon 200 Mal geteilt. Oder 300 Mal? Keine Ahnung. Absurd hoch. Also normalerweise haben unsere Beiträge nicht so viel Reichweite. Und dann habe ich mir schon gedacht: Oh Gott, was ist denn jetzt da passiert? Und dann ist der halt so viral gegangen. Ich weiß immer noch nicht, wie genau das passiert ist. 10.000 Mal geteilt, 12.000 Likes oder sowas inzwischen. Es kommentieren immer noch Leute drunter. Immernoch irgendwie drei Kommentare pro Woche. Also es waren sehr, sehr viele positive Rückmeldungen 99 %. Aber umso länger der geteilt wurde, umso mehr kamen dann natürlich auch die anderen. Und es gab so einen Punkt, da hat man gemerkt: Okay, ab jetzt wird es anstrengend. Jetzt kommen nur noch die Spinner und dann haben uns die Leute auch privat Nachrichten geschrieben und uns Links geschickt, um uns wirklich davon überzeugen zu wollen, dass wir auf dem Holzweg sind und dass wir das einfach nicht verstehen. Und das war schon auch ein bisschen anstrengend. #00:19:15-3#

Hannah Diemer: Wie sollte damit umgegangen, wenn die euch Links geschickt haben? Habt ihr geantwortet oder...? #00:19:19-0#

Sarah Lohr: Teilweise haben wir geantwortet, aber teilweise waren das so absurde Sachen. Wenn man es ausgedruckt hätte, wären es wahrscheinlich vier DIN A4 Seiten lange Nachrichten am Stück ohne Punkt und Komma mit irgendwelchen Links dazwischen und so und auf solche Sachen haben wir nicht geantwortet. Also weil das Feedback sowieso so krass war, dass wir auch gar nicht hinterher gekommen sind. Erstens alles zu lesen, alle Kommentare und zweitens auf jeden auch zu antworten. Das haben wir auch nicht gemacht. Da würden wir immer noch vorm PC sitzen und immer noch kommentieren. Weil daraus entsteht ja dann wieder eine Diskussion. Wieder antwortet jemand. Was ich aber schon gut fand, war das uns da viele Leute auch unterstützt haben und uns die Arbeit sozusagen abgenommen haben. Da wurde dann viel von anderen User|innen mit kommentiert und mitdiskutiert usw. Es war schon cool, aber es war echt eine krasse Erfahrung, weil wir wir hatten das ja nicht geplant. Also es war halt einfach nur: Die Sache nervt. Lass einfach mal so einen scheiß Post raushauen. Also einfach auch nur deswegen, weil wir halt echt so ein bisschen das Gefühl hatten, dass das diese ganzen Verschwörungstheorien auch bei Leuten ankommen, die eigentlich korrekt sind. Und weil ich immer so das Gefühl hatte, es gibt so einen gewissen Zeitpunkt, bis dahin kann man mit Menschen noch reden und wenn die aber erstmal zu tief drinstecken in diesem Geflecht aus: Die Juden und Rothschild hier und Bill Gates dort und Diktatur. Dann ist es irgendwann zu spät. Aber es gibt einen gewissen Zeitpunkt bis dahin kann man Menschen noch mit Argumenten erreichen und das war eigentlich so ein bisschen das Ziel dahinter. Einfach mal so einen Standpunkt klar zu machen unsererseits. Wenn Leute uns irgendwie folgen, dass sie da mal kurz drüber nachdenken, die vielleicht dafür anfällig wären, dass das daraus entstanden ist, war nicht abzusehen. Finde ich immer noch total krass. #00:21:15-1#

Hannah Diemer: War das davor eine Überlegungen sich quasi als Punkband, die ja eher systemkritisch denkt, jetzt sich mal hinter das System zu stellen. #00:21:22-2#

Sarah Lohr: Ja, also vor Corona hätte das glaube ich niemand gedacht, dass das irgendwie mal so passiert. Aber wenn man sich dann bei dem Gedanken erwischt, dass man sich denkt: Oh mein Gott, bin ich froh, dass Angela Merkel unsere Kanzlerin gerade ist und nicht irgendwie Donald Trump. Da erschrecke ich ja auch. Weil mit Angela Merkel an sich als Person habe ich natürlich meine Probleme und viele Sachen also, auch in der Partei, mit der ich null anfangen kann. Da habe ich mir schon gedacht: Okay, irgendwas ist jetzt komisch. Es fühlt sich auch nach wie vor komisch an, wenn man auf dieser Seite steht und Leute verteidigen muss, die man eigentlich nicht verteidigen möchte. Aber in dem Fall muss es halt mal irgendwie sein. Und ich glaube, so viel Differenziertheit muss man auch zulassen können, um nicht wieder von den einen als Systemlinge beschimpft zu werden, noch von den anderen. Sich vorhalten zu müssen, dass man jetzt irgendwie System Politik unterstützt oder weiß nicht. Aber das ist schon eine abgefahrene Situation. Auf jeden Fall. #00:22:34-7#

Hannah Diemer: Ich habe gesehen, dass ihr durch Corona natürlich auch alle eure Konzerte abgeben musstet oder absagen musstet und ihr habt die Konzertticketeinnahmen gespendet. #00:22:44-3#

Sarah Lohr: Genau. Also wir haben ja am 3. April unser Album rausgebracht und am Abend hätte es eben ein großes Konzert im Z-Bau geben sollen und ab dem 19. März oder so war ja dann Lockdown und dann war es ja klar, dass irgendwie auch nicht mehr stattfinden kann. Zu dieser Zeit bzw. leider muss man sagen ja immer noch ist ja dieses Thema mit den Geflüchteten an den EU Außengrenzen hochbrisant und es ist wirklich krass, was da passiert und dass wir in unserem Wohlfühlstaat sitzen und uns einfach so wegducken können vor Verantwortung und dort Menschen sind. Wenn man dann diese ganzen: Ja, und 1,5 Meter Abstand und immer schön Händewaschen usw. und so fort und man dort einfach Bilder sieht, wie 20.000 Leute in einem Camp sitzen, was für 5000 Menschen eigentlich gedacht war. Dann ist es ja an purer Ignoranz der EU auch gar nicht mehr zu überbieten. Und das war einfach so ein bisschen das Ding, das wir gesagt haben. Okay. Das war auch zu einer Zeit, wo Leute sehr solidarisch waren. Es gab ja viele Spendenaktionen für Clubs und usw. und so fort. Gibt es ja immer noch und die wurden ja alle sehr gut angenommen. Und es gab auch kurz die Überlegung, ob wir das Geld dafür verwenden, irgendwie. Aber dann haben wir gedacht, okay, die haben gerade eh eine große Aufmerksamkeit und die bekommen ihre Spenden auch so irgendwie her, weil die Leute einfach gerade viel spenden. Wir nehmen das Geld einfach um es jetzt mal diesem oder so einer Flüchtlingsorganisation, die sich dort unten vor Ort einsetzt und eine oder zwei Wochen Das ist eine Organisation, die dort auch so etwas wie ein Gemeindezentrum hat, wo auch Kinder zur Schule gehen können. Schule in Anführungszeichen. Das ist wie so ein Gemeinschaftshaus im Geflüchtetenlager. Und es ist abgebrannt. Und man vermutet auch, dass da Rechtsextreme dahinter gesteckt haben. Und das ist natürlich doppelt schlimm, wenn so ein Ankerpunkt in so einem Lager abbrennt. Und deswegen fanden wir das eigentlich eine gute Idee, da Geld hin zu spenden. Das ist ja auch gar nicht unser Geld. Das muss man auch noch mal betonen. Es war ja einfach nur das Geld, was Leute, die uns gegeben haben, weil die ihre Karten nicht zurückgegeben haben. Und das waren 2.770 € oder so und das wärmt immer noch mein Herz, wenn ich daran denke. Dass wirklich so viele Leute, obwohl bestimmt auch einige dabei sind, die ja auch durch Corona selber getroffen werden, finanziell und so, aber dass da die Solidarität zu hoch ist, das fand ich schon echt eine schöne Sache. #00:25:50-1#

Hannah Diemer: Was habt ihr denn als Band gemacht, um jetzt mit euren Fans weiter in Kontakt zu bleiben In der Corona Zeit? #00:25:56-1#

Sarah Lohr: Ja, Social Media eben. Wir haben auf Instagram ein paar Quizes erstellt. Ratespiele. Und ja, keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob das eher für die Leute, die uns folgen gedacht war oder mehr als Bespaßung für uns, damit man halt auch mal einen halben Tag wieder rum gebracht hat mit irgendwas. Ja, sowas haben wir gemacht. Dann haben wir ein Video gedreht. Was haben wir alles gemacht? Ich weiß gar nicht. So richtig viel haben wir nicht gemacht. Aber es kommt schon immer immer irgendwas. Spendenaktionen hier, Solishirts dort und es gibt ja gerade viele Sachen, die man irgendwie auch teilen kann, einfach so von anderen. Solche Sachen haben wir gemacht. Ich bin froh, dass der Lockdown nicht in einer Zeit passiert ist, wo es noch kein Social Media gab. #00:26:54-3#

Hannah Diemer: Ja, da bin ich auch sehr froh darüber. Was machst du denn außerhalb der Band Akne Kid Joe? #00:26:58-8#

Sarah Lohr: Ich bin Sozialarbeiterin im Jugendkulturbereich und verdiene so meine Brötchen. #00:27:09-8#

Hannah Diemer: Das heißt, die Band ist nur der Nebenjob? #00:27:14-3#

Sarah Lohr: Ja, also die Band bringt kein Geld, nur nur Minus auf dem Konto. #00:27:20-9#

Hannah Diemer: Für welche anderen Genres bleibt dann noch Platz bei dir? Oder hörst du selber auch nur Punk? #00:27:27-6#

Sarah Lohr: Ich höre ausschließlich Punk, sobald was anderes kommt... Also ich bin tatsächlich relativ vielfältig, glaube ich in meiner Musikauswahl. Ich kenne mich nicht so aus mit diesen ganzen Genre Bezeichnungen. Ich weiß nicht, was alternative Rock und was Indie Punk ist. Keine Ahnung. Aber ich höre schon so ein bisschen gemischt. Ich hör Hip Hop zum Beispiel. Ich bin nicht so festgelegt. Ich finde das aber gut. Tatsächlich habe ich so ein Faible für Musik mit deutschen Texten. Also einfach nicht, weil Deutschland so geil ist, sondern weil ich es halt einfach besser verstehe und die Texte sind sehr wichtig. Also ein Lied mit nem mit schlechter Musik, aber guten Text kann ich besser anhören als gute Musik, aber sehr schlechter Text. Und deswegen höre ich gerne Sachen auf Deutsch, weil ich mich da einfach auf den Text konzentrieren kann. Ich höre natürlich auch Musik in anderen Sprachen, aber da weiß ich oft gar nicht so richtig, um was es geht, wenn ich ehrlich bin. Also das hört man eben hier mehr. #00:28:47-9#

Hannah Diemer: Hast du ein aktuelles Lieblingslied? #00:28:49-5#

Sarah Lohr: Ja, aber ich muss kurz nachschauen, wie es heißt. Das ist von der Band Pogendroblem. Und das heißt: "Wir" "Wir" heißt es einfach nur. Ich dachte das heißt: "Wie wollen wir leben?" aber es heißt "Wir". Pogendroblem eine Band aus der Nähe von Köln. #00:29:09-4#

Hannah Diemer: Worum geht es da? #00:29:11-3#

Sarah Lohr: Es geht um die Utopie. Wie wir als Gesellschaft zusammenleben wollen. Man weiß ja immer so ein bisschen, was man nicht will. Also man ist ja gegen das und gegen das und gegen das und das finde man scheiße und so, aber da werden in diesem Lied werden permanent nur Fragen gestellt. Also: Wie wollen wir zusammenleben in Zukunft? Was macht uns glücklich usw. und sofort. Ja, das finde ich cool. Und tatsächlich ist es auch ein Lied, wo sowohl Musik als auch Text gut ist. Und das wäre natürlich der Jackpot. #00:29:49-6#

Hannah Diemer: Hast du Antworten auf die Fragen in dem Song? #00:29:52-2#

Sarah Lohr: Ich kann jetzt kein konkretes Gesellschaftsbild abzeichnen, aber ich fände es schon gut, wenn Leute so generell in Frieden leben könnten und ein möglichst hohes Maß an Freiheit auch genießen können. Also dass jeder so ein bisschen machen kann, was er oder sie möchte. Und das hört sich alles immer gut an, aber die wichtigste Grundvoraussetzung dafür ist, glaube ich, diese Chancengleichheit. Die es auch in Deutschland nicht gibt. Also in Deutschland ist es nach wie vor so, dass jemand, der in einer armen Familie geboren wird, zufälligerweise einfach schlechtere Karten hat, und zwar für sein ganzes Leben als jemand, der irgendwie in einer privilegierten Familie aufgewachsen ist. Das sind einfach Sachen, die halt richtig Scheiße sind, meiner Meinung nach. Und das wäre meine Zukunftsutopie, dass sowas wie Chancengleichheit.... neben vielen anderen Sachen. Aber das wäre so das Ding, was man auf jeden Fall irgendwie herstellen müsste. Dass das einfach so ein bisschen egal ist, wo du aufgewachsen bist oder wo du herkommst. #00:31:12-6#

Hannah Diemer: Ist die Musik für dich da ein bisschen ein Ventil? Weil man singt auch über solche Themen wie zum Beispiel der Alltagsrassismus. Ist das eine Art Ventil für dich? Die Wut über die aktuellen Missstände rauszubringen? #00:31:27-7#

Sarah Lohr: Auf jeden Fall ist das schon so ein Ventil. Man wird ja den ganzen Tag auch irgendwie konfrontiert mit allem was schlecht ist im Prinzip. Und es ist schon gut, wenn man quasi so wie du sagst, so ein Ventil hat, wo man das alles irgendwie verarbeiten kann und rauslassen kann. Was mir aber immer wichtig ist oder uns generell, ist das, dass es nicht so so belehrend rüberkommt. Es gibt ja viel politische Musik, aber es ist auch oft so, dass man sich denkt: Eh, keine Ahnung, braucht es das jetzt. Also braucht es das in einem Laden? In einem AZ voller linker Leute? Muss man da jetzt noch gemeinsam Nazis raus brüllen? Also bringt das irgendjemand was? Oder wissen das die Leute ja sowieso schon? Und deswegen finde ich es auch immer gut, wenn unsere Musik auch so ein bisschen selbstironisch ist. Wir haben einen Song über Leute, die in ihrem Van durch die Welt fahren, aber wir fahren selber zum Beispiel mit so einem alten Wohnmobil zu den Konzerten und im Prinzip unterscheidet uns nicht so viel von denen und das finde ich auch immer gut, wenn man das auch noch mal deutlich sagt. Ich finde es zwar scheiße, aber ich nehme mich da nicht raus aus dieser ganzen Geschichte. Nur weil man auf der Bühne steht, heißt es ja nicht, dass man automatisch mehr Ahnung hat von Sachen, über die man redet. Also man steht da einfach nur zufälligerweise auf der anderen Seite von der Bühne. Das heißt aber nicht, dass man klüger ist als die Personen, die vor der Bühne stehen. Und das ist mir schon immer wichtig, dass das nicht so Oberlehrerhaft daherkommt. #00:33:16-7#

Hannah Diemer: Wir haben immer eine Rubrik bei uns im Podcast, die nennt sich: Gerne lernen. #00:33:22-4#

Ansage: Gerne lernen. #00:33:23-9#

Hannah Diemer: Worüber würdest du denn gerne mehr Bescheid wissen? #00:33:29-6#

Sarah Lohr: Ähm, über Mathe. Mathe kann einem ja schon tatsächlich weiterhelfen. Ich hätte es niemals gedacht, damals in der Schule, als die Lehrer das immer gesagt haben, dass es schlau ist, aufzupassen. Ich merke, dass ich in Mathe so richtig schlecht bin. Ich finde es manchmal einfach gut, die Sachen mathematisch oder auch naturwissenschaftlich herleiten zu können, warum das so ist. Ohne das ich jetzt erstmal auf Wikipedia eine halbe Stunde verbringen muss und das lernen muss und das Lesen und was ist jetzt eigentlich nochmal Quantenphysik und so. Also so naturwissenschaftliche Sachen, über die würde ich gerne mehr erfahren und auch über das Weltall. Ich mag das Weltall. Ich bin sehr am Weltall interessiert. Ich weiß viel zu wenig. #00:34:21-4#

Hannah Diemer: Dann hoffen wir mal, dass das Planetarium in Nürnberg bald wieder aufmacht. Die ganzen Planetarium Shows. #00:34:27-5#

Ansage: Meckerecke. #00:34:31-2#

Hannah Diemer: Wir haben eine Meckerecke. Gibt's denn was, was du gerne los meckern möchtest? Hast du was, was du loswerden willst. #00:34:38-9#

Sarah Lohr: Es ist ja so, dass wir gerade in einer krassen Zeit stecken. Und ich mache niemand den Vorwurf, dass man da jetzt irgendwie falsch reagieren würde. Also auch gerade zu Politikzeiten. Ich rede jetzt nur von unserer Politik, nicht von Trump oder so, dem kann man einiges vorwerfen. Weil wir das ja alle quasi zum Ersten Mal erleben. Ich fände es aber gut, wenn gerade auch die ganze Subkultur usw in Nürnberg auch beachtet wird. Einfach dort auch an den richtigen Stellen, zum Beispiel Julia Lehner oder so auch ankommt, dass Nürnberger Kultur eben mehr ist als ein Opernhaus oder eine Meistersingerhalle oder was auch immer. Ich weiß leider viel zu wenig darüber. Ich weiß, dass es runde Tische gibt und so und dass ich da auf jeden Fall schon viel tut. Was auch die größte Befürchtung für mich wäre, wäre dass irgendwann so ein Konkurrenzkampf entsteht, weil quasi die Mittel, die zur Verfügung stellen, einfach zu wenig sind, damit es für alle reicht. Und was ich an Nürnberg sehr schätze, ist gerade das man in diesen ganzen Alternativen und Subkultur man einfach alle Menschen kennt, die sich dort bewegen, weil es zahlenmäßig gar nicht so viele sind. Und ich fände es richtig schade, wenn diese Situation dazu führt, dass sich Leute irgendwie zerstreiten oder dass Gelder dann so ausgeschüttet werden, weil der eine halt irgendwie einen besseren Kontakt hat zu irgendjemandem wie irgendjemand anders. Und ich fände es einfach gut, wenn da einfach drauf geachtet wird und so generell auch, dass man auch nicht den Blick verliert für das große Ganze. Kultur ist natürlich sau wichtig und so, aber wenn man jetzt noch mal auf dieses Flüchtlingsthema anspricht. Die sitzen ja immer noch dort, also da hat sich ja nichts verbessert. Ich glaube, es wurden 50 Kinder nach Deutschland gebracht. Wow. Also cool, dass die 50 Kinder jetzt da sind, aber das kann es ja nicht sein. Ich glaube schon, dass es da auch an uns liegt, weiterhin auf diese Themen aufmerksam zu machen. Ob sie, ob das jetzt große Demos dafür sein müssen oder nicht, ist noch mal eine andere Frage. Man muss ja auch natürlich schauen, dass coronarmäßig immer noch alles stabil bleibt. Also das große Ganze nicht aus den Augen, aus dem Sinn verlieren und dabei das Kleine irgendwie versuchen zu regeln, das fände ich irgendwie ganz cool. Ja, ziemlich unkonkret das Ganze, aber vielleicht wissen die Politiker, die ich jetzt angesprochen habe, was sie damit anfangen sollen. #00:37:36-2#

Hannah Diemer: Das finde ich ein richtig schönes Schlusswort. Sarah hast du noch was, worüber du noch sprechen möchtest. #00:37:44-3#

Sarah Lohr: Nö, ich. Ich wünsche mir besseres Wetter wieder. Aber ich glaube, am Wochenende wird sie gut. #00:37:51-8#

Hannah Diemer: Wunderbar. Dann danke ich dir ganz herzlich für das Gespräch. #00:37:57-2#

Sarah Lohr: Ich danke dir. #00:37:58-0#

Hannah Diemer: Und ich wünsche noch einen ganz schönen Tag. #00:38:00-0#

Sarah Lohr: Wünsche ich dir auch. Mach's gut. #00:38:02-2#

Ansage: Glücksmomente. #00:38:26-1#

Gast: Einen kleinen Glücksmoment habe ich erlebt, als ich bei strahlender Sonne nach langer Zeit ,Corona Pause, mal wieder in einem Fluss schwimmen konnte mit Freunden. #00:38:36-6#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Sarah Lohr über kreative Strukturen und Klubkultur in Nürnberg, Frauenquoten und weibliche Vorbilder auf Bühnen, die Punkband AkneKidJoe auf einmal als "Systemling" in der Coronakrise, Zukunftsutopien und Mittelstand-Hippies.

 

Sarah Lohr ist die Sängerin und Gitarristin der Nürnberger Punkband AkneKidJoe. Sie erklärt, warum Verschwörungstheorien die Punkband zum „Systemling“ werden ließ und welche Reaktionen der virale Facebook Post mit sich zog.

(Kleiner Ausschnitt: “Was für ein Dilemma das alles. Da haben wir uns als Punks über Jahre hinweg an die Rolle gewöhnt, dass doch wir die „kritischen Stimmen“ sind. Bullen scheiße, Staat scheiße, Regierung scheiße, alles scheiße. Nun sehen wir uns jedoch in einem ganz neuen Kompetenzbereich. Nämlich die „Systemkritiker*innen“ in Zeiten von Corona zu fragen, ob sie noch ganz dicht sind. Und dann – und da blutet uns das Revoluzzer-Herz – bekommt man von denen vor den Latz geknallt, dass man einen F*ck auf Meinungsfreiheit gibt und blind alles glaubt, was einem die Regierung verzapft.”).  

Leidenschaftlich spricht Sarah Lohr über Frauenquoten und weibliche Vorbilder in Bands anhand eigener Texte und gelebter Zukunftsutopien. Selbstreflektiert kritisiert sie die Eigenheiten der Mittelstandhippies und das eigene Bandgeschehen.  

Sie appelliert an die Politik in Nürnberg, dass Corona-Hilfskonzepte so gedacht werden müssen, dass sie nicht im Nachgang zu Konkurrenzkämpfen in der Szene führen. Ein Interessantes Gespräch über das Große Ganze und alltägliche Nachbarn, das wieder einmal zeigt: 

Punk´s not dead – sondern politisch! 

Zur Webseite von AkneKidJoe

Sarah, Frau, auch in ner Band: Link zum YouTube Video über die Frauenquote in Bands

Corona Statement von AkneKidJoe

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Aufgenommen am: Dienstag, 9. Juni 2020 
Veröffentlicht am: Donnerstag, 25. Juni 2020 
Moderation: Hannah Diemer 
Im Gespräch: Sarah Lohr
Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.  
Wen sollen wir noch befragen - haben Sie Ideen und Anregungen? Oder möchten Sie Ihre eigenen „Glücksmomente“ (manchmal am Ende des Interviews zu hören) an uns schicken? Schreiben Sie uns an