Lilly vom Hof [v:]Erde, warum muss Wasser gepflanzt werden?

Hannah Diemer: Hallo und Herzlich willkommen zu einer neuen Folge "KontaktAufnahme", die erste Folge nach unserer Sommerpause. Mein Name ist Hanna Diemer, ich darf heute bei Lilly auf dem Hof "vErde" sein. Wir sitzen heute draußen in Kleinsendelbach, und zwar auf der Terrasse von Lillys Hof. Lilli hat das Hofprojekt "vErde" gegründet und darüber werden wir heute sprechen, wie sie darauf gekommen ist, worum es hier geht und was das ganze mit dem Klimawandel zu tun hat. Erst mal Lilly, möchte ich von dir wissen, wie denn bis jetzt dein Tag heute ausgesehen hat. #00:00:57-8#
Lilly: Also, ich bin heute sehr früh aufgestanden, um fünf Uhr. Für normale Menschen früh, für mich relativ normal. Dann habe ich erst mal eine kleine Runde gemacht und die Jungpflanzen gegossen. Anschließend habe ich mich in meinen Homeoffice Job eingelockt, hab erst ein bisschen gearbeitet, bin dann in meiner Frühstückspause aufs Feld gegangen und hab zwei Stunden gegossen, und meine Volunteers haben dann noch weiter gegossen. Ich bin dann wieder zurück und hab weiter in meinem Bürojob gearbeitet und habe währenddessen dann noch Zucchinis eingemacht und Zucchinis eingefroren. Habe dann meine Volunteers noch weiter begleitet bei den Aufgaben, die sie noch hatten. Dann haben wir ein Fotoshooting gemacht für unseren neuen Merch für den Hof: T-shirts und Jutebeutel, um unsere Crowdfunding Kampagne noch weiter zu promoten und jetzt sitze ich hier mit dir. #00:01:54-6#
Hannah Diemer: Das hört sich ja nach einem wahnsinnig vollen Tag an, aber was ich so höre von dir, ist, dass das eigentlich immer so ist, weil du hast zwei Hauptaufgaben. #00:02:02-0#
Lilly: Ja, mindestens zwei. Ja, also als allererstes lebe ich auf einem Selbstversorgerhof, das heißt, wir produzieren fast ausschließlich alles, was wir konsumieren, selbst. Das bedeutet natürlich, dass viel gekocht werden muss und eingekocht werden muss. Vor allem jetzt im Hochsommer ist die Hauptsession dafür, um das ganze Projekt zu finanzieren, arbeite ich als IT-Spezialistin am Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung. Mein eigentliches Hauptprojekt ist aber natürlich der Hof "vErde", also Landwirtschaft, Bildungsangebote, auch politische Arbeit und Bildungsprojekte hier auf dem Hof, Volunteering und Lebensmittelproduktion. #00:02:48-4#
Hannah Diemer: Wie ist es denn dazu gekommen, dass du das Hofprojekt "vErde" gegründet hast? #00:02:52-7#
Lilly: Das war 2018, die Leidensgeschichte war, Cori und ich hatte mal wieder so ein Abend, wo wir über den Weltschmerz geredet haben. #00:03:01-5#
Hannah Diemer: Wer ist denn Cori? #00:03:01-9#
Lilly: Ach ja, Cori ist meine Projektpartnerin, mit der habe ich das eben damals gegründet. Wir saßen Abends da mit einer Flasche Wein und haben darüber geredet, wie schlimm das doch alles ist und wie dramatisch, dass die Menschen ihren eigenen Planeten zerstören und ihre eigenen Lebensgrundlagen, und wir nicht Teil des "Hamsterrads" sein wollen, sondern Teil der Lösung. Aber dann die Frage, was macht man denn dann und dann kamen wir eben auf die Idee, dass wir gesagt haben, okay, wir müssen das irgendwie angehen, wir müssen was machen. Wir können nicht nur so weitermachen wie bis jetzt und dann haben wir gesagt, wir brauchen hier ein Gemeinschaftsprojekt, was sich hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, wie wir uns und andere Menschen nachhaltig und regenerativ ernähren können, also sozusagen eine langfristige Lösung zu finden für das Problem und seitdem ist viel passiert. #00:04:01-5#
Hannah Diemer: Und wie seid ihr auf diesen Hof gekommen? #00:04:04-6#
Lilly: Also, ich bin auf dem Hof aufgewachsen, zusammen mit meiner Schwester, meiner Mama und meinem Papa, wobei der Hof in meiner Kindheit von meinen Großeltern betrieben wurde. Damals war es klassische Vierfelderwirtschaft und Fokus auf Spargel und Himbeeren und verschiedene andere Bären. Dann hat mein Papa übernommen, aber eher so im Nebenerwerb, das lief dann auf null raus. Also, er hat es weiterhin so betrieben wie mein Opa und meine Oma. Das heißt, der Hof war da und mein Papa hat den auch immer noch bewirtschaftet und ist jetzt auch immer noch Teil des Teams. #00:04:45-0#
Hannah Diemer: Wie hat denn deine ganze Familie reagiert, dass du gesagt hast, du möchtest den bestehenden Hof komplett ummünzen? Hattest du die Idee schon von Anfang an oder ist es mit der Zeit gewachsen? #00:04:54-8#
Lilly: Ich würde sagen, dass ist mit der Zeit gewachsen. Um ehrlich zu sein, als ich hier aufgewachsen bin, war mir immer klar, ich will hier weg, ich will auf gar keinen Fall in Kleinsendelbach und in Franken bleiben. Ich will in die weite Welt, habe ich auch gemacht. Ich bin sehr viel gereist, habe auch in anderen Ländern gewohnt, mit der Frage, wo kann ich mich niederlassen, wo es nicht so konservativ ist wie hier. Auf diesen vielen Reisen bin ich dann aber zu dem Punkt gekommen, dass ich gesagt habe, Leben in Korruption ist auch nicht so toll, Leben in extrem kapitalistischen Ländern auch nicht so toll, und bin dann irgendwie doch wieder auf Deutschland zurückgekommen und natürlich auch aufgrund dessen, dass es hier halt Land gibt, wo ich halt Zugang habe. Das ist natürlich super wertvoll, weil das hat alles erleichtert. Wenn wir jetzt von Anfang an erst noch Land hätten kaufen müssen dafür, dann weiß ich nicht, ob das so einfach gewesen wäre. Also, das ist schon auf jeden Fall ein Privileg, dass wir Land hatten und was halt auch zwar bewirtschaftet wurde, aber halt auf eine traurige Art und Weise aus den "regenerativen Permakultur Augen" heraus. Wie wir das dann immer mehr so angedeutet haben. Also, mein Papa war total Feuer und Flamme von Anfang an. Als ich Kind war, wollte er auch immer schon, dass wir mit integriert sind und ich hab das auch gern gemacht. Ich habe vor allem gern Waldarbeiten gemacht, und von dem her war er schon immer sehr freudig. Es gab natürlich sehr viele Diskussionen, vor allem, wenn neue Methoden angewandt wurden, die er nicht kannte, wo er dann auch nicht so ganz verstanden hat, warum wir das machen. Und da gab es auf jeden Fall einige Diskussionen, aber er ist wahnsinnig unterstützenswert. Meine Mama unterstützt uns auch sehr darin. Also, wir haben super viel Rückhalt aus der Familie. Die Oma auch, die findet es auch ganz toll. Sie sagt zwar immer, dass es so viel Arbeit ist und ich hätte doch lieber nur Bürojob machen müssen, weil das ist ja viel besser, aber sie freut sich auch, sie ist auch noch Teil davon. Familientechnisch war das echt super, also nicht ohne Diskussionen, aber alle sind halt glücklich, dass wir es machen. #00:07:16-9#
Hannah Diemer: Und was ist denn jetzt genau eure herangehensweise? #00:07:20-5#
Lilly: Wie viel Stunden haben wir Zeit? Also wir machen sehr, sehr viel. Unser Hauptfokus über die Jahre geworden ist die Syntropische Agroforstwirtschaft . Wie wir dahin gekommen sind, ist, weil wir uns eben immer mehr mit der Frage beschäftigt haben, wie wir uns und anderen Menschen nachhaltig ernähren können. Also, welche Methoden können angewandt werden, dass diese ganze Lebensmittelproduktion in 50 und 100 Jahren auch noch funktioniert, da haben wir uns immer mehr fortgebildet, gelesen, recherchiert, uns mit Expert*innen ausgetauscht und hatten verschiedene. Also wir hatten ein Gemüsemarkt Marketgardening schon relativ schnell. #00:07:59-2#
Hannah Diemer: Was bedeutet das? #00:08:00-3#
Lilly: Das heißt, dass man Gemüse also intensiv Gemüseanbau in Handarbeit auf kleinsten Raum, in Mischkultur anbaut, und es gibt sehr viele solche Betriebe in Deutschland. Meistens sind die dann auch im Rahmen von Solawis organisiert, also solidarische Landwirtschaft. Genau, das hatten wir auch oder haben wir auch immer noch. Wir haben verschiedene Methoden der Permakultur angewandt, auch auf dem großen Feld auf dem Acker in Mischkultur angebaut und es wurde auch immer besser. Also, wir haben gesehen, es sind mehr Würmer im Boden, es entwickelt sich, aber es hat uns immer noch was gefehlt. Was vor allem für uns störend war, dass man einfach immer noch auf Input angewiesen ist. Also, es hat sich nicht so angefühlt, als würde man jetzt tatsächlich was aufbauen, also schon was aufbauen, Ressourcen, also der Humusgehalt im Boden steigt, aber dafür muss man ja auch was anderes von woanders herholen, also Kompost von woanders importieren oder Wasser zuführen oder irgendwelche Düngemittel, was wir jetzt nicht gemacht haben. Aber so generell, das hat sich einfach noch nicht rund angefühlt. #00:09:12-6#
Hannah Diemer: Weil mit Input meinst du nämlich, dass man was in den Boden nochmal reingeben muss. #00:09:17-1#
Lilly: Genau mit Input meine ich. Alles mögliche ist einfach nur Input, dass man etwas von außerhalb des Systems ins System bringt. #00:09:24-2#
Hannah Diemer: Und das System ist quasi die Pflanze an sich oder der ganze Bereich? #00:09:28-9#
Lilly: Das System ist der ganze Bereich der Acker. #00:09:31-7#
Hannah Diemer: Und alles was man auf den Acker drauf gibt, nennst du Input? #00:09:36-9#
Lilly: Genau, was ich von woanders hole, es kann jetzt sein Kompost, kann sein, Hackschnitzel, kann sein wie in der industriellen Landwirtschaft, Düngemittel, Pestizide kann auch was sein, was sich erstmal gut anhört wie Kompost oder so. Auf einer energetischen Ebene, also wenn ich mir überlege, die Energie, die gebraucht wird, um diesen Kompost herzustellen, muss ja auch von irgendwo kommen. Beispielsweise um den Teekocher zu betreiben, braucht man Strom, braucht man Benzin. Diese Ressourcen müssen ja von irgendwo kommen. Die syntropische Agroforstwirtschaft, was uns dann dazu gebracht hat war, dass wir uns gedacht haben, es muss doch was geben, wo wir nicht von Außen was zuführen müssen, sondern dass das System innerlich abgeschlossen ist. #00:10:28-7#
Hannah Diemer: Also eine Art Permakultur, eine Kreislaufwirtschaft, die sich von selber jedes Jahr wiederholt und ohne dass man was zugibt, sondern dass man am Schluss einfach die Sachen ernten kann? #00:10:39-8#
Lilly: Ja, es ist schwierig, dass so schnell auf den Punkt zu bringen. Aber genau, es funktioniert ohne Input. Wie es funktioniert, ist eigentlich dann auch wieder relativ einfach, weil es sich nur den natürlichen, ja ich sag mal, den natürlichen Kreisläufen bedingt. Also wenn wir uns überlegen, wie Wald entsteht zum Beispiel, dann funktioniert das ja auch ohne Zutun. Wenn wir Menschen jetzt gar nichts machen würden, würde ja auch ein Wald entstehen, weil die Natur hat einfach so viel Komplexität und so viel komplexe Zusammenwirkungen. Das sind Pilze und Bakterien und Tiere und Pflanzen und Wetter, Regen, und das alles wirkt zusammen, in dem dann ein Wald entstehen kann. Und genau diesen Prinzipien bedienen wir uns auch, nur, dass wir sie halt so anwenden, dass das entsteht, was wir produzieren wollen und können. #00:11:42-7#
Hannah Diemer: Das heißt, am Schluss entsteht auf eurem Acker nicht ein großer Urwald mit den Sachen, die angeflogen kommen, sondern ihr habt am Anfang schon gezielt Pflanzen gesetzt. #00:11:54-2#
Lilly: Genau wir haben extrem viel Zeit investiert in das Design, also das ist bis ins kleinste Detail ausgedacht. Da fließt sowohl das ein, was wir produzieren wollen, also Frucht, Nuss, Bären als auch die Pflanzen, die hier in der Umgebung spontan auch wachsen, von wo wir uns dann auch Samen geholt haben. Und diese Pflanzen wachsen alle miteinander, ein Urwald würde ich jetzt nicht sagen. Es hat auf jeden Fall Waldcharakter im Sinne von, dass es wahnsinnig dicht ist und sehr divers. Also, es gibt ganz viele verschiedene Spezies dann auf dem Acker, aber es ist schon auch bewusst, erstens gepflanzt und zweitens auch bewusst gemanagt. Also, es ist nicht so, dass wir da einfach Samen werfen und da nach ein paar Jahren schauen, was passiert, sondern wir sind vielleicht nicht ganz täglich, aber mindestens einmal die Woche da und machen eine Management Session, also steuerndes System, weil wir Menschen sind ja auch Teil des Systems. #00:12:50-9#
Hannah Diemer: Okay also, wenn ich jetzt auf euren Acker gehe, dann sehe ich nicht, wie ich normalerweise sehen würde, einen ganzen Acker voller Mais oder den ganzen Acker voller Kartoffeln. Wie schaut es aus, wenn ich auf euren Acker komme? Kannst du das beschreiben? #00:13:04-6#
Lilly: Ja, wunderschön, und das sage ich jetzt nicht nur, weil ich persönlich den Acker wunderschön finde, sondern wir haben ja auch immer Feldführungen und das ist meistens die Reaktion von Menschen. Die sind dann da und sind so: "Wow, was ist das denn?, das sieht ja ganz anders aus, als ich es kenne". Es sind auf jeden Fall sehr viele Gehölze da. #00:13:23-3#
Hannah Diemer: Mit Gehölze meinst du? #00:13:25-2#
Lilly: Bäume, Büsche, Sträucher. #00:13:28-2#
Hannah Diemer: Und die sind einfach überall auf dem Acker verteilt oder hat das ganze so einen optischen Leitfaden? #00:13:34-5#
Lilly: Es hat schon einen Leitfaden, je nachdem. Wir haben ja verschiedene Äcker und wir haben auch verschiedene Parzellen, sag ich mal, wo unterschiedliche Systeme angepflanzt sind. Beim größten System haben wir eben ein Nuss und Beeren System, und das ist klassischerweise in Nord/Süd Streifen ausgerichtet. Das heißt, es sind schon Streifen und es sieht geordnet aus, dazwischen wächst Gras und Klee, was wir regelmäßig mähen und auf die Reihe draufmulchen. Also, die organische Masse bleibt sozusagen dann dort vor Ort, und in diesen Streifen ist es organisiert. Also, das heißt, es ist ein Streifen, der ist 80 Zentimeter breit und auf unserem Feld 25 Meter lang, und in diesem sind dann eben diese ganz vielen verschiedenen Pflanzen gesetzt auf einem Meter, also, es ist eine Dichte auf 1 Meter Beetfläche. Ich sage mal, zwischen 20 und 40 Pflanzen und zwar dieses Jahr. Jetzt nach Anlage, ist da auch von einjährigen Pflanzen bis zu. Ich glaube, die Spezies mit dem längsten Lebenszyklus ist die Eiche, also viele, 100 Jahre alt, ganz unterschiedlich gemischt. Also, da bauen wir auch gerade Gemüse an und Beeren, und über die nächsten Jahrzehnte werden da ganz viele verschiedene Lebensmittel produziert. #00:14:48-3#
Hannah Diemer: Das heißt, es ist ein Projekt, was für ganz viele Jahre ausgelegt ist? #00:14:52-0#
Lilly: Genau, dieser eine Plot, den wir jetzt gerade haben, der hat einen Lebenszyklus, also ist angeplant auf 80 Jahre Produktion. #00:15:00-9#
Hannah Diemer: Also ein wahnsinnig nachhaltiges Projekt? #00:15:02-9#
Lilly: Ja, ja, und das allerbeste daran ist, dass in 80 Jahren dann, wenn man sagt: Okay, die meisten Pflanzen kommen jetzt so ans Ende ihres Lebens, dann wird es komplett geschnitten, also alles auf Stock gesetzt auf dem Boden, und man kann ein neues System anlegen. Aber der Boden, also das Leben im Boden, ist schon so viel besser, dass dann auch schon noch mehr da produziert werden kann, weißt du, weil einfach so viel Leben schon im Boden angereichert ist. #00:15:30-1#
Hannah Diemer: Kannst du erklären, warum der Boden besser ist als jetzt auf einem normalen Feld? #00:15:35-5#
Lilly: Ja, also ich sage immer, wenn ich mich frage, wie gut eine Produktion sein kann von Lebensmitteln, dann brauche ich jetzt nicht die Pflanze unbedingt anschauen, die da steht, sondern ich muss einfach nur in den Boden gucken. Alles kommt vom Boden, alles Leben. Das heißt, es kann nur ein gesunder Baum, Pflanze, Gemüse, Salat wachsen, wenn im Boden das Leben da ist, um diese Pflanze zu ernähren. Das heißt, wenn ich "Leben" meine, meine ich sowohl die verschiedenen Spezies, die im Boden leben, also Mikroorganismen oder was jede Person kennt, der Regenwurm, kleine Bakterien, Pilze und auch organisches Material mit Mineralien und Spurenelemente. Und dieses Leben, das ist das, was dann die Pflanzen ernährt und dieses Leben kommt aber nicht von nichts, und dieses Leben haben wir Menschen mittlerweile. Auch in der industriellen Landwirtschaft fügen wir das dann künstlich zu, durch düngen zum Beispiel. Aber eigentlich ist es ja ein Leben, das ist was, was in sich entsteht und dann automatisch Weiterleben produziert. Ja, also, genauso wie ein gesunder Baum automatisch Samen produziert und dann automatisch die nächste Generation produziert, so produziert auch ein gesunder Boden automatisch Stoffe, die dann von den Pflanzen verwendet werden können. Und wenn ich einen Totenboden habe, wie ja, ich sag jetzt mal, Wüste ist vielleicht nicht ganz tot, aber deutlich weniger Leben als jetzt bei uns, dann ist in diesen Böden einfach, da kann nicht viel wachsen. Und wenn jetzt 80 Jahre lang auf diesem System wahnsinnig viele Pflanzen hatten, wahnsinnig dicht, wahnsinnig divers, dann ist dieses Leben dann auch im Boden. #00:17:26-7#
Hannah Diemer: Und wie kommt das Leben dann in den Boden? Also ich habe noch nicht ganz verstanden, was der Zusammenhang ist, wenn ihr ganz viel verschiedene Sachen anbaut, wieso wird dann auch der Boden besser? #00:17:37-9#
Lilly: Also, es gibt verschiedene Gründe. Zum Beispiel macht jede Pflanze mit verschiedenen anderen Lebewesen im Boden Kooperationen, also mit Pilzen. Man kennt es zum Beispiel von Bäumen, dass es Mykoriza gibt, also so Pilznetzwerke, die unterirdisch die Bäume verbinden, und genauso gibt's von Pilzen und Bakterien Netzwerke zwischen Sträucher und einjährigen Pflanzen. Und es gibt ja jetzt nicht nur eine Pilzart, sondern viele verschiedene. Jede Spezies Anpflanze macht auch unterschiedliche Kooperationen mit verschiedenen Spezies an Pilze und so weiter, und ernährt verschiedenes Leben. Es gibt zum Beispiel auch verschiedene Pflanzen, die unterschiedliche Stoffe aus dem Boden herausholen können, wie zum Beispiel der Beinwell, der kann sehr gut extrahieren, in seinen Blättern speichern und dann, wenn die Blätter absterben, oder wir schneiden sie und legen sie auf den Boden, für andere Pflanzen zur Verfügung stellen. Die Brennessel ist zum Beispiel auch ein Gewächs, was extrem viel Stickstoff in sich bindet und dadurch, dass es dann gemulcht wird, kann es dann anderen Pflanzen diesen Stoff zur Verfügung stellen. Das heißt, durch Leben dort, dadurch das Lebewesen dort sind, werden Kreisläufe angeregt, die dann wieder andere versorgen. Bei jeder Pflanze ist ganz klar, dass sie Kohlenstoff also Zucker, in den Boden "drückt", kann man schon sagen, durch die Fotosynthese. Die Fotosynthese ist die Hauptarbeit der Pflanze und Fotosynthese bringt Zucker in den Boden, da wird direkt Energie gespeichert, was dann wieder das Bodenlebewesen ernährt. #00:19:25-2#
Hannah Diemer: Aktuell seid ihr ja dabei, die einzelnen Systeme zu managen. Wie schaut jetzt so einen Managementprozess aus? Wieso heißt das "managen"? #00:19:32-8#
Lilly: Also um ehrlich sein, sage ich "managen", weil ich mit viel Englisch im Alltag unterwegs bin, weil wir haben viele Volunteers auf dem Hof und alle Expert*innen, mit denen ich zusammenarbeite, sind nicht deutschsprachig. Von daher verwende ich viel Englische Begriffe. Ich laufe durch die Reihen und ich schaue es mir an, also es ist einerseits mal einen Statusbericht, ich gucke mir an, wie wächst alles. Es gibt es bestimmte Pflanzen, die ich nicht in meinem System will, wie Gras zum Beispiel, das rupfe ich dann raus. Dann gibt es andere Pflanzen, die ich zwar schon will, wie eine Distel zum Beispiel. Die habe ich zwar nicht gesät, aber die wächst, und Disteln sind super Bodenverbesserer, weil sie den Boden lockern. Das heißt, die reiße ich jetzt nicht raus aber die schneide ich ab, weil ich möchte jetzt nicht, dass die Distel den größten Ort bekommt, sage ich jetzt mal, sondern die anderen Pflanzen, mein Salat daneben soll wachsen. Ich schneide sie regelmäßig und dann schneide ich es und lege dann das organische Material, also die Distelblätter auf das Beet. Ich schaue mir auch an, wie meine Gehölze sich entwickeln, jetzt nicht jede Woche, aber in regelmäßigen Abständen schneide ich sie dann auch. Also das heißt, es wird sehr viel geschnitten im System, nicht nur einmal im Jahr, wie man das jetzt vielleicht klassisch von Obstbäumen oder von Beerengehölze kennt, sondern wirklich regelmäßig. Es sind auch viele Pflanzen im System, die bewusst deswegen gesetzt werden, weil wir sie immer wieder schneiden können. #00:21:01-3#
Hannah Diemer: Okay, um dann dadurch die ganzen Nährstoffe und Zusammensetzungen, die in der Pflanze sind, wieder in den Boden zurückzugeben? #00:21:09-0#
Lilly: Unter anderem, es hat viele Gründe. Das ist ein Grund. Der Hauptgrund ist der, wenn man eine Pflanze schneidet, dann führt es dazu, dass sie den Boden Wachstumshormone abgibt. Wenn ich das erkläre, sage ich immer, stell dir vor, ein Affe will Bananen essen und klettert auf den Bananenbaum und nimmt jetzt nicht nur die eine Banane weg, sondern reißt halt gleich noch den ganzen Ast mit ab, isst die Banane und lässt aber den Rest natürlich liegen. So ist es ja bei Tieren und bei uns, die diese Nahrung zu sich nehmen, reißen was ab und organisches Material liegt am Boden, was dann wieder vom Bodenleben werden ersetzt werden kann. Ich sage mal, ein neues Futter für den Baum. Das heißt, in einem Moment, wenn viel geschnitten wird, wenn wir zum Beispiel auch einen Sturm haben und die Gehölze viel von ihrem Material verlieren, von ihren Ästen, dann werden ganz viele Wachstumshormone in den Boden abgegeben, damit dieser Baum und alle anderen Pflanzen außenrum wissen: Hey, da kommt neues Futter. Diesen Mechanismus bedienen wir uns, das heißt, wir schneiden, füttern auch den Boden, weil wir das Material natürlich dann auch vor Ort zur Verfügung stellen und haben dadurch, ich sag ich jetzt mal, indirekt gedüngt. #00:22:22-7#
Hannah Diemer: Zählt es dann auch dieser Input mit dazu, oder zählt es nicht als Input, weil es ja schon im System mit dabei war? #00:22:28-1#
Lilly: Das zählt nicht als Input, weil es ein Prozess ist, den ich ansteuern. Also ich bin ja als Mensch Teil von meinem System, also nicht mein System von diesem System, und meine Aufgabe ist, es zu schneiden, und das mache ich. Dadurch bin ich Teil von diesem Prozess. Ich schneide mit meiner Schere und dadurch dann der Symbiose, sozusagen mit diesen ganzen für anderen Lebewesen auf meinem Feld werden dann diese Prozesse in Gang gebracht, die das System füttern. #00:22:58-0#
Hannah Diemer: Okay, in welchem Stadium von dieser syntropischen Agroforst Situation seid ihr denn gerade? Ich stelle mir das als einen sehr langsamen Prozess vor. Wenn ihr das auf 80 Jahre ausgelegt habt, wann habt ihr denn angefangen? #00:23:11-9#
Lilly: Gepflanzt haben wir die ersten syntropischen Agroforststreifen letztes Jahr, und es ist ein langer Prozess. Das schöne aber an syntropischen Agroforstsystemen ist, dass sie von Tag, kommt drauf an, wie man pflanzt. Aber ich sag mal, ab Tag 60 hast du eine Produktion mit den ersten Radieschen. Je nachdem, was du halt anbaust. Du hast ja Pflanzen, einjährige Pflanzen, wie zum Beispiel Gemüsepflanzen, du kannst auch Stauden haben, du kannst Teeproduktion machen. Du kannst heute anbauen, du kannst je nachdem, was du halt auch produzieren möchtest, hast aber durchgängig eine Ernte, natürlich nicht immer durchgängig das gleiche. Du hast jetzt nicht 80 Jahre Kartoffeln, aber du hast zu jedem Zeitpunkt in der Entwicklung von diesem System eine Ernte. #00:23:57-1#
Hannah Diemer: Und ihr lebt aber komplett,wirklich nur von euren eigenen Systemen aktuell? #00:24:04-0#
Lilly: Lebensmitteltechnisch ja, fast. Es gibt einzelne Sachen, die wir zukaufen, wie Öle zum Beispiel, die produzieren wir nicht selbst, da haben wir Kooperationen mit anderen Firmen oder wir haben auch nicht immer jedes Jahr alle Mehlsorten selbst. Dieses Jahr haben wir zum Beispiel nur Roggen angebaut, holen uns dann aber noch Dinkelmehl von einer anderen Farm. Es gibt einzelne Sachen, die wir schon zukaufen, aber ja, zu einem großen Teil leben wir von unseren Lebensmitteln das ganze Jahr durch. #00:24:34-6#
Hannah Diemer: Das heißt, du kannst jetzt schon sagen, nach quasi einem Jahr syntropischen Agroforstsystem funktioniert für euch, kann man so anwenden. Würdest du weiterempfehlen? #00:24:44-2#
Lilly: Mega! Wir sind positiv geschockt davon, wie gut es funktioniert, weil wir auf unserem Acker ja auch verschiedene Anbausysteme haben und es auch im direkten Vergleich mit gleichen Wetterbedingungen sehen. Also wir hatten ja dieses Jahr erst extreme Kälte, dann extreme Hitze, super trocken, dann wieder extrem starke Regenfälle, jetzt wieder Hitze, jeden Tag über 30 Grad. Das ist super anstrengend für die Pflanzen und auf den anderen Systemen und unserem klassischen Marktgarten, da könnte man jetzt auch dazu sagen, das sieht fast nicht so aus, aber es ist ähnlich zu dem Gemüsegarten. Da mussten wir täglich gießen zu den Hochzeiten, wo es über 30 Grad war und auf unserem syntropischen Agroforststreifen haben wir unsere Kopfsalate über den ganzen Sommer dreimal gegossen. #00:25:37-8#
Hannah Diemer: Ach was! #00:25:38-4#
Lilly: Hm ja, und das ist wirklich beeindruckend, die standen halt knackig frisch, also es war 30 Grad, wir sind schon zerflossen auf dem Feld und der Kopfsalat steht da in voller Blüte, also nicht wirklich Blüten in voller "Knackigkeit". Das ist sehr faszinierend, was vor allem das anbelangt, wie Resistenz und Resilienz die Systeme sind, bezogen auf Wetterextreme, wahnsinn, wie schnell alles wächst. Die Wachstumsraten sind der Hammer im Vergleich zu dem was wir sonst kennen von traditionellen Heckenpflanzungen, was wir auch schon gemacht haben. Ja, es ist einfach faszinierend, also wir sind voll begeistert. #00:26:18-9#
Hannah Diemer: Wieso machen das dann nicht mehr Menschen? #00:26:20-7#
Lilly: Gute Frage. Also ich würde sagen, einerseits muss man natürlich schon auch Mut haben, weil es einfach noch nicht so verbreitet ist, zumindest nicht in unserer westlichen Welt und man braucht schon auch einiges an Wissen. Es ist jetzt nicht so, dass ich einfach sagen kann, ich lese mal ein Buch und mach es. Ich merke selber zum Beispiel beim Management von diesem System, dass mir selber beispielsweise auch viel hilft, dass ich selber in der Landwirtschaft aufgewachsen bin, also vieles, was ich gar nicht bewusst gelernt habe, aber über die Jahre einfach dadurch, dass meine Oma mir immer wieder erzählt hat, schau mal hier jetzt die Erdbeerpflanze und einfach so beobachtet habe. Selber habe ich viel gelernt, auch passiv, was mir jetzt dabei schon sehr viel hilft oder bin halt mit offenen Augen durch durch den Wald zum Beispiel gegangen und hab da beobachtet, wie sieht natürliche Sukzession aus, welche Pflanze folgt auf die nächste, wie sieht diese Lichtung in diesem Jahr aus und im nächsten Jahr beim Spaziergang: Oh, das hat sich getan, also da auch ganz viel gelernt über natürliche Prozesse und es ist halt einfach nichts, was man in der in der klassischen Schule, also wenn man jetzt sagt, ich studiere Landwirtschaft oder ich mache eine Ausbildung, dann wird es einfach nicht unterrichtet. Es gibt immernoch eine sehr große Spaltung von Lebensmittelproduktion und Ökologie, also dass wir sagen, wie entwickeln sich Ökosysteme, und dass wir das gleichzeitig denken. Also, weil das ist, was in syntropischen Agroforstwirtschaft gemacht wird. Es gibt kein Rezept, also auch die Fortbildungen, ich selbst war auch auf einem Kurs dazu am Anfang und es war am Anfang sehr frustrierend, weil es ist schwierig, eine konkrete Antwort auf eine Frage zu bekommen, weil es gibt nie die das perfekte Rezept. Es gibt auch kein perfektes Pflanzdesign, was man überall anwenden kann, weil es kommt immer ganz individuell an auf deine eigenen Fähigkeiten, was da wächst, wie die Standortbedingungen sind, was du überhaupt produzieren kannst, welche Maschine du hast, es gibt so viele Faktoren am Ende, vielleicht, wie groß bist du, wo kannst du ernten, auf welcher Höhe bist du dann geschnitten? Also ganz viele Faktoren. Es ist was, was auf den ersten Blick vielleicht erst mal ein bisschen komplex und erschlagend wirkt, aber ja sehr faszinierend ist und ich habe jetzt aber auch schon in den letzten zwei Jahren das Gefühl, dass es sich rasant verbreitet. Es ist immer mehr Nachfrage für Fortbildungen. Wir selber veranstalten auch Kurse dazu und auch auf Konferenzen kommen immer mehr Fragen dazu. Menschen, die sich damit beschäftigen, die Nachfragen und unsere Videos, die wir dazu produzieren, werden immer mehr nachgefragt. Also, es ist im Kommen, habe ich das Gefühl. Wenn ich auch mit Menschen spreche, die in dem Bereich studieren, sagen die auch, dass die Lehrstuhlinhaber*in jetzt mittlerweile in ihre Veranstaltungen mit aufnehmen. Zwar jetzt noch nicht im Kern, aber so im Nebensatz. #00:29:38-4#
Hannah Diemer: Ist es denn dann auch so einfach, quasi das umzusetzen? Also kannst du mit deinem eigenen Acker machen, was du möchtest oder gibt es da eigentlich schon Regularien? #00:29:48-2#
Lilly: Naja, wie das so ist, in der deutschen Bürokratie ist es nicht immer alles so einfach. Theoretisch kannst du es schon machen, aber es gibt dann natürlich Konsequenzen. Wenn du jetzt auf deinem Acker was anpflanzt, was eine mehrjährige Kultur ist, also eine Dauerkultur, das dann wieder zurück zu einem Ackerstatus zu bringen, also sozusagen zum konventionellen Bereich pflügen, einjähriger Feldgemüseanbau, das ist nicht ohne weiteres möglich. Und ja, also ich sage jetzt mal so, wenn man im Bereich der Landwirtschaft ist, wo man auf die Fördermittel angewiesen ist, dann ist es schwierig, weil es in diesem Bereich also es gibt schon Förderungen dafür, ist aber wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein, es ist lächerlich! #00:30:41-9#
Hannah Diemer: Kannst du mal erklären, wie das normalerweise in der Landwirtschaft quasi abläuft mit den ganzen Förderungen? #00:30:47-3#
Lilly: Ich muss erst dazu sagen, dass ich keine Expertin bin , weil bei uns schon immer klar war, dass das uns nichts bringt, weil die Subventionen in der Landwirtschaft sind ganz krass an Größe gekoppelt. Das heißt, ein kleiner Betrieb, wie wir haben fünf Hektar, das ist wirklich zu vernachlässigen, was man da kriegt, und je größer der Betrieb, desto mehr Subventionen kriegt man. Prinzipiell macht es Sinn, aber es ist halt enorm viel mehr deswegen, das ist ja auch mit ein Grund, weswegen in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten das Motto "Wachse oder Weiche". Also entweder du wirst halt größer und kaufst nochmal den größeren Kuhstall und nochmal die größere Ackerfläche und einen größeren Traktor und so weiter, oder du musst halt zu machen. Deswegen gibt's auch drastisches Höfesterben in Deutschland, und genau die Subventionen sind halt demnach ausgerichtet, dass wir halt auf Masse produzieren und große Monokulturen haben und da die Subventionen hinlaufen. Natürlich ist es in den letzten Jahrzehnten schon so gewesen, dass ökologische Landwirtschaft gefördert wird, aber aus meiner persönlichen Perspektive ist konventionelle und ökologische Landwirtschaft ein Topf von industrieller Landwirtschaft. Das heißt, das sind beides Verfahren, wo inputbasierte Landwirtschaft betrieben wird. Was ich am Anfang gesagt habe, das heißt, es ist keine Kreislaufwirtschaft. Natürlich gibt es tolle Betriebe, also ich habe viele Freundinnen und Freunde, die in der Landwirtschaft arbeiten und es ist Wahnsinn, was die machen, also egal, ob konventionell oder Bio, aber es ist für mich halt kein Lösungsweg für die Zukunft, und es ist halt schwierig in der Landwirtschaft, weil so viel auch reguliert wird, und deswegen ist man halt auch oft gefangen in diesem System, weil man hat ja auch noch Schulden. Es ist Wahnsinn, dieser Druck in der Landwirtschaft, und dann soll man gleichzeitig noch die Welt retten und das Klima. Es ist schon absurd! Also, der einzige Grund, warum wir das hier jetzt machen können, ist, weil wir eben nicht finanziell davon abhängig sind, weil ich noch ein anderes Einkommen habe. Wenn wir jetzt davon abhängig wären, könnten wir niemals das so machen. Dann hätten wir überhaupt nicht den Luxus zu sagen, wir probieren es mal aus, weil, wenn es schief geht, dann am Ende müssen wir, weiß ich nicht, den Hof verkaufen oder so. Ja, also es ist schon echt traurig! #00:33:08-9#
Hannah Diemer: Wie haben denn die umliegenden Landwirt*innen auf dein Projekt reagiert? #00:33:13-9#
Lilly: Also ja, mit großen Augen. Wir sind ja bekannt hier, also die Familie hier ist bekannt, die ist ja auch schon eine alteingesessene Familie. Ich glaube, es wäre nochmal schwieriger gewesen, wenn wir jetzt ganz neu, am schlimmsten noch aus der Stadt kommen würden oder so. #00:33:34-9#
Hannah Diemer: Die, mit den neuen Ideen kommen jetzt aufs Land. #00:33:37-0#
Lilly: Genau, genau das war zum Glück bei uns nicht der Fall. Aber die, Landwirt*innen um uns herum haben wir uns schon sehr immer nach gefragt: "Was sollen das? Was macht ihr da? Macht ihr jetzt da Bäume auf dem Acker?". Also ja, und auch Fragen gestellt, die vielleicht gezeigt haben, dass da nicht so viel Freude mit dabei ist, aber die gibt es schon vereinzelt. Es gibt auch welche, die sehr interessiert sind an dem, was wir machen. Und tatsächlich, jetzt bei der letzten Feldführung, die wir gemacht haben, waren auch einige von unseren Nachbarn da. Da habe ich mich sehr gefreut. Um ehrlich zu sein, man sieht es halt auch. Das ist auch das, das Feedback, welches wir jetzt schon von vielen bekommen haben, wenn es halt super trocken ist und unser Feld ist halt immer noch grün, und wir haben aber halt nicht gegossen, dann kommen halt die Fragen, ja, wie macht ihr das, wie funktioniert denn das oder ich habe auch Leute, die zur Feldführung kommen, die jetzt schon das dritte mal bei der gleichen Feldführung mit dem gleichen Thema waren, weil sie einfach sagen, sie finden es so spannend und wollen es sich jetzt nochmal anschauen, wie hat sich es verändert und sie können es einfach nicht glauben. Und also ja, die Resonanz ist schon echt toll! #00:34:47-1#
Hannah Diemer: Ja, ich stelle mir das aber jetzt auch ganz schön arbeitsintensiv vor. Also, wenn ich jetzt auf einem Quadratmeter, ich glaube 40 Pflanzen, hast du vorher gesagt, weil ich kann ja jetzt nicht wie jetzt auf einem konventionellen Feld einfach mit meinem Traktor drüber fahren, alles auf einmal abernten und fertig, sondern ich muss das ja alles per Hand machen, oder? #00:35:04-7#
Lilly: Richtig, ich würde aber mal sagen, dass alle Landwirtschaft arbeitsintensiv ist. Also, Landwirtschaft ist einfach egal, was für eine Landwirtschaft. Man macht immer arbeitsintensiv, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, fünf früh bis spät, bei jedem Wetter, auch wenn du auf den Traktor sitzt. Das ist trotzdem anstrengend, nächstes Tor. Es ist aber jetzt intensiv, und vor allem, wenn, wenn man jetzt gewohnt ist, eher maschinell zu arbeiten und dann darauf umzusteigen ist, ist, glaube ich, schon eine Umstellung für uns persönlich, weiß das nicht, weil wir haben halt vorher, also erstens kommen wir ja auch aus dem Warenbereich, das heißt, das ist schon mal viel Handarbeit, dann haben wir viel intensiv Gemüseanbau gemacht. #00:35:44-3#
Hannah Diemer: Was bedeutet intensiv Gemüse? #00:35:45-8#
Lilly: Intensiv Gemüse ist alles, dass was man jetzt nicht so klassisch mit dem Traktor anbaut wie eine Kartoffel oder ein Kohl, sondern halt auch Zucchini, Tomaten und Paprika, also im Endeffekt eigentlich die ganze Palette, was man klassischerweise im Supermarkt halt sieht, was hier regional wächst, und das eben in diesem Marktgartendesign also Standardgröße und da sehr eng gepflanzt, in Mischkultur, wo man auch eben sehr viel Handarbeit macht. Von dem her ist es da jetzt kein so großer Umstieg. Der im Umstieg, den man hat, ist, dass eben das Beet nicht komplett nur aus Gemüse zum Beispiel besteht, sondern man hat da eine Erdbeere wachsen dazwischen sieht man die Zwiebel, in der Mitte wächst ein Kirschbaum, der aber gar nicht geerntet wird, sondern der nur zur Milchproduktion ist, der sozusagen immer wieder geschnitten wird. Das heißt, der Kopf muss immer ein bisschen umschalten zwischen: Okay, jetzt ernte ich diese eine Frucht oder jetzt beschneide ich und mache sozusagen Milchproduktion und schneide meine Gehölze, dass ich dann Material habe, womit ich den Boden bedecken kann. Also, es sind verschiedene Arbeitsschritte, die ich an der gleichen Fläche mache. Bei einem Marketgarden, wo ich nur Gemüseanbau, habe ich dann eben nur diese eine Art von Pflanze auf meinem Feld. #00:37:05-5#
Hannah Diemer: Hm, du hast vorher angesprochen, dass du viele internationale Volunteers auf deinem Hof hast. Wer sind denn diese Leute? Was machen die bei dir? #00:37:14-2#
Lilly: Da ist alles dabei, also die Leute, die kommen zu uns über die "Workaway" Plattform. Ganz toll! Wir sind da voll begeistert davon. Wir haben da ein Profil und die schreiben uns dann an, wenn sie das, was wir machen, toll finden. Dann lernen wir die kennen über Telefonat, meistens oder ein Videocall, und man guckt, ob man zueinander passt, was die von uns lernen wollen, was wir ihnen zu bieten haben, was wir aber auch brauchen von ihnen, also ob es ein "guter Match" ist bei uns natürlich viel, auch mit Bildung. Das heißt, wir wollen auch immer Mensch haben, die an unserer Art der Landwirtschaft interessiert sind oder die vielleicht auch interessiert sind an sowas wie Selbstversorgung, also Sachen einmachen, Saatgut produzieren, solche Dinge. Wenn man das Gefühl hat, es ist ein "guter Match" , sagt man ja, dann kommen die, und die sind dann hier mindestens einen Monat, manche zwei, drei, vier, fünf, sechs, je nachdem, wie es halt individuell passt, und dann leben und arbeiten die mit uns, also sind dann fünf Tage die Woche mit uns auf dem Feld. Und ja, es ist aber alles recht, also super individuell, je nachdem. Also, es ist jetzt kein klassisches Arbeitsverhältnis, sondern es kommt halt ganz drauf an, was sie lernen wollen, wo sie auch sich austoben wollen. Die kommen auch von überall her, also auch aus Deutschland, viel Europa. Aktuell haben wir sehr viele Leute aus den USA da. Anfang des Jahres hatten wir zum Beispiel auch einen Pharma aus Namibia hier, der extra für die tropische Forstwirtschaft hergekommen ist. Ja, also wirklich von überall schon viele, auch mit einem Hintergrund in Farming, in der Landwirtschaft, aber viele auch, die es mal ausprobieren wollen, die mal sagen wollen entweder ich brauche mal was anderes, ich will mal was komplett neues lernen, oder die sagen, vielleicht mal so einen Garten nebenher haben oder ja einfach mal meine Hände im Boden stecken. #00:39:16-5#
Hannah Diemer: Aber ihr seid quasi auch auf die Hilfe von den Menschen angewiesen, oder? #00:39:19-9#
Lilly: Ja, auf jeden Fall. #00:39:21-6#
Hannah Diemer: Wie viele sind es denn immer, die so da sind? Also ich frage jetzt aus der Perspektive, wie viele Leute könnt ihr denn ernähren von euren fünf Hektaren? #00:39:30-6#
Lilly: Ja, also tatsächlich könnten wir super viele Menschen von den fünf Hektaren ernähren, weil wir haben ja noch nicht mal alles von den fünf Hektaren intensiv bewirtschaftet. Also, es ist alles bewirtschaftet, aber viel auch noch in klassischer Monokultur, sag ich mal, weil wir einfach nicht die Arbeitskraft dafür haben. Also aktuell würde ich sagen, haben wir, ich sage mal, eineinhalb Hektar intensiv bewirtschaftet, also mit Handarbeit, und dann ja noch ein paar Hektar ist auch Wiese, und paar Hektar sind eben klassisch mit dem Traktor bewirtschaftet, und wie viele Menschen wir davon ernähren. Also aktuell würde ich sagen, sind wir über das ganze Jahr gerechnet im Schnitt vielleicht fünf Menschen hier. #00:40:17-4#
Hannah Diemer: Okay. #00:40:17-6#
Lilly: Mhm, und natürlich gibt es Spitzenzeiten, wo wir dann für zwei Wochen 20 Leute sind oder so. Es gibt auch, es kommt, um ehrlich zu sagen, kommen auch super viele Leute aus der Region. Wir haben ganz viele "Farm Friends", die halt immer wieder fürs Wochenende oder wenn sie mal einfach Urlaub haben, vorbeikommen um mit zu helfen. Und ja, die werden natürlich auch gut ernährt, und dann geben wir unsere Gemüse natürlich auch noch vom Hof ab, also gegen Spende in unserem wöchentlichen Hofverkauf. Das heißt, da werden natürlich noch mal mit Menschen ernährt. #00:40:49-2#
Hannah Diemer: Ja. #00:40:49-4#
Lilly: Genau! #00:40:50-1#
Hannah Diemer: Wir hatten jetzt Anfang August den "Earth Overshoot Day" in Deutschland. Ich glaube, der dritte August oder so was, das bedeutet, dass wir in Deutschland, so wie wir aktuell leben, im August schon unsere Erde komplett verbraucht hätten und keine Ressourcen mehr übrig hätten. Ist dann das System, so wie ihr das Fahrt, so nachhaltig ausgelegt, dass quasi diese fünf Quadratmeter reichen würden, um dann ein ganzes Dorf am Schluss zu ernähren, oder? #00:41:16-5#
Lilly: Es ist auf jeden Fall nicht nur nachhaltig, sondern auch regenerativ. Was regenerativ heißt, ist ja aufbauend. Das heißt, was diese Art der Landwirtschaft Macht ist, nicht nur nicht dieses negative Hamster zulaufen, sondern dafür zu sorgen, dass es danach einen Überfluss gibt. Nur deswegen kann man ja dann auch ernten, ohne auszubeuten, den Boden sozusagen, weil es eben einen Überfluss gibt. Und wir können auf jeden Fall also da gibt es ein ganz tolles Buch von Jonas Kampe zu Permakultur, und er hat es da ausgerechnet, dass, wenn wir auf der gesamten landwirtschaftlichen Fläche der Welt Bäume pflanzen würden, dann hätten wir innerhalb von kürzester Zeit ein Co2 Problem, weil die Bäume, dieses Co2 dann eben in ja, also, die Landwirtschaft hat generell meines Wissens und meiner Einschätzung nach das größte Potenzial im sogenannten "Kampf gegen den Klimawandel", weil einfach erstens, es viel Fläche ist und weil man sehr viel machen kann. Also da gibt es ganz viele Statistiken, die man sich anschauen kann. Beispielsweise ist jeder Baum so viel wert an Kühlung wie fünf Klimaanlagen, und der macht das alles umsonst und macht auch noch Essensproduktion und macht auch noch was auch immer. Also wir haben eigentlich die ganzen Lösungen schon, wir müssten es nur pflanzen. #00:42:56-9#
Hannah Diemer: Bei der Auswahl von den Volunteers seid ihr auch immer sehr feministisch unterwegs, weiß ich. Warum und was ist da der Hintergrundgedanke? #00:43:06-1#
Lilly: Also, einerseits wollen wir natürlich auch in einem entspannten Umfeld sein und arbeiten, und es ist jetzt nicht so, dass wir bewusst sagen, wir nehmen einen bestimmten Typ von Mensch, und einen bestimmten Typ von Mensch nicht, aber einfach in den Gesprächen, die man dann hat, bevor man dann auswählt, kommt es dann einfach meistens dazu, dass wir viele Menschen hier haben aus der Community, oft Frauen, ja und immer auch mit feministischen Themen, weil es natürlich auch einfach ist, etwas ist, was uns sehr bewegt. Wir sind Frauen hier, größtenteils vor allem als Frauen in der Landwirtschaft. Das ist immer wieder ein Thema, weil, weil Landwirtschaft vor allem halt hier in Deutschland, vor allem hier in Franken, ein sehr männerdominierter Bereich ist und wir tagtäglich damit konfrontiert werden, wir nicht für vollgenommen werden, gefragt wird, wo denn der Chef ist. Nur wenn mein Papa dabei ist, wird dann geglaubt, wie tief der Brunnen ist, obwohl mein Papa dann sagt: "Ich weiß es nicht, sie ist die Chefin müsste sie fragen". Wir haben mit einem Architekten gearbeitet, der auch, der wollte noch nicht mal mit mir sprechen, sondern nur mit meinem Vater. Also es ist ja, es ist ein schwieriges Thema, und es konfrontiert uns halt. Ja, wir werden damit tagtäglich konfrontiert und deswegen ist es für uns halt schon auch wichtig, dass wir Menschen hier haben, die uns da halt auch unterstützen. #00:44:53-6#
Hannah Diemer: Die quasi auch einfach einen feministischen Grundgedanken haben? #00:44:56-0#
Lilly: Ja. #00:44:56-5#
Hannah Diemer: Seht ihr das auch als Teil von euren Bildungsauftrag? Weil du hast vorher erzählt, eines der wichtigen Punkte von Projekt ist auch der Bildungsauftrag. #00:45:06-4#
Lilly: Ja, ich würde sagen, es ist ein sehr vielschichtiger Bildungsauftrag. Allen voran, denke ich, würde ich schon sagen, es ist die Lebensmittelproduktion beziehungsweise auch Themen wie Klimawandel, nachhaltige Ernährung, Bodenaufbau, aber natürlich auch gesellschaftliche Themen, die dann damit verbunden sind mit Lebensmittelproduktion. Da kommen wir dann zum Beispiel zu kapitalistischen Themen. Wenn es darum geht, wie kommen Preise für Lebensmittel zustande, wie hat sich das entwickelt. Das sind dann gesellschaftliche/ soziologische Themen, wie, mit was verbringt man überhaupt seine Zeit, und was hat dann welchen Wert? Und Wertstiftung? Und aber auch natürlich feministische Themen, auch ja Sinnfragen, weil natürlich zu uns auch sehr oft Menschen kommen, die solche Fragen haben und leben und arbeiten in und mit der Natur, was natürlich ein optimales Klima ist, um sich mit solchen Fragen auseinanderzusetzen. Ja, deswegen würde ich sagen, dass es generell einfach ein Anregen zum tiefer Schauen und um das Nachdenken austauschen. #00:46:17-5#
Hannah Diemer: Kann man das nur mitnehmen, wenn man bei euch auch arbeitet oder bietet ihr auch Workshops an für externe Personen? #00:46:24-0#
Lilly: Wir haben auf jeden Fall Workshops. Wir haben Workshops, die eher im Landwirtschaftsbereich angesiedelt sind, speziell zu der syntropischen Agroforstwirtschaft und dann haben wir aber auch andere Workshops, entweder klassische Feldführungen, einfach wo man sich das mal vor Ort anschauen kann, oder auch Workshops zu Permakultur im Hausgarten. Solche Dinge. Dieses Jahr ist jetzt leider ein bisschen kurz gekommen, weil wir einfach so viel gepflanzt haben und so viel da gemacht haben. Aber in den nächsten Jahren werden wir auf jeden Fall vermehrt Bildungsangebote auch anbieten. Ja. #00:46:56-0#
Hannah Diemer: Wir hatten letzte Woche in Nürnberg, das war Mitte August, ganz starke Regenfälle, die dazu geführt haben, dass Teile der Südstadt komplett überschwemmt waren, dass Tunnel überflutet worden sind, dass Bahnstationen überflutet waren. Habt ihr das hier draußen auch mitbekommen in Kleinsendelbach? #00:47:12-6#
Lilly: Wir haben es mitbekommen. Wir hatten auch Starkregen. Wir hatten innerhalb von zwei Stunden knapp 60 Liter, was sehr viel ist also 60 Liter auf einen Quadratmeter in zwei Stunden ist schon viel. Hier in der Ortschaft, haben wir es schon mitbekommen natürlich, aber auf dem Feld haben wir nichts gesehen. Es hat zwischenzeitig auch kurz gehagelt, da hatte ich dann ein bisschen Angst, weil vor ein paar Monaten hatten wir im Westen von Deutschland Golfball große Hagelkörner, wo bei einigen befreundeten Höfen dann wirklich die komplette Ernte, vor allem im Gemüsebereich halt und Folientunnel alles zerstört. Da hab ich dann schon bisschen gebibbert, als es das Hageln angefangen hat, weil gegen Hagel, da kann die Gemüse Pflanzen noch so Resistenz sein, dann ist sie halt einfach kaputt. Genau aber der Starkregen, der wurde super aufgenommen vom Boden. Wir haben jetzt hier natürlich im Dorf schon ein bisschen Versiegelungen, aber vor allem bei uns auf dem Acker fließt es tatsächlich sehr gut ab, jetzt auch durch die vielen Wurzeln von den Bäumen. Dadurch, dass wir jetzt viele Bäume auf dem Acker haben, sind zwar noch nicht so tief, aber wir merken schon einen krassen Unterschied, sowohl wie schnell das Wasser im Boden versickert, als auch wie lange es dann halt da gehalten. #00:48:24-9#
Hannah Diemer: Also ihr merkt den Unterschied zu dem, wie es davor war, bevor ihr quasi eure syntropische Systeme gepflanzt habt? #00:48:31-1#
Lilly: Genau, wir merken einen Unterschied, so wie es davor ist. Ja. #00:48:33-9#
Hannah Diemer: Du hast vorher erzählt, dass du dein ganzes Leben lang schon so die Natur beobachtet hast. Merkst du das hier vor Ort, dass sich das Klima verändert? #00:48:41-9#
Lilly: Auf jeden Fall, es ist extrem. Also ich meine, es sind so drastische Sachen, wie wenn ich mich zurückerinnere an meine Kindheit, wo halt super hoch Schnee lag und das haben wir jetzt gar nicht mehr. Also so klassische Sachen oder wir konnten natürlich jeden Winter Schlittschuh fahren und jetzt nicht mehr. Wenn man in der Landwirtschaft arbeitet, dann sieht man die kleinsten Veränderungen, also man hat einfach noch mehr Augen dafür. Also gerade was so Sachen angeht, wie das sich Blützeiträume total verschieben. Also, wir hatten dieses Jahr eine extrem frühe Blüte bei Frühblühern wie Haselnuss und Birke, was dazu geführt hat, dass dann halt die in der Zeit, wo sie eigentlich hätten blühen sollen, waren sie schon verblüht, also Schmetterlinge zum Beispiel werden sehr viel davon ernährt, die hatten dann einfach keine Nahrung mehr. Es ist einfach alles komplett verschoben. Dann kam aber wieder die krasse Kältewelle im April, also es ist einfach die, ja es ist, es ist super viel Extreme drin, also von super kalt, innerhalb von ein paar Tagen sind wir, glaube ich, von knapp über null Grad in der Nacht auf tagsüber 30 Grad gegangen, Ende April/ Anfang Mai. Das war verrückt. Also natürlich, das ist für uns Menschen schon als Organismus anstrengend und für Pflanzen ist das dann halt für viele auch der Tod. Es passiert ganz viel, immer mehr stark Wetterereignisse, Verschiebung von Wetterextremen, also temperaturmäßig, Dürre, also ausbleibender Regen. Ja, es ist eine krasse Veränderung und gefühlt wird es jedes Jahr auch extremer, also es nimmt einfach exponentiell auch zu. #00:50:31-7#
Hannah Diemer: Was müsst ihr denn für Maßnahmen ergreifen, um gegen diese ganzen Klima thematischen Veränderungen gewappnet zu sein? #00:50:38-3#
Lilly: Also, wir persönlich Syntropische Agroforstwirtschaft , Pflanzen, Pflanzen. Also ich sage immer, das beste ist Pflanzen, weil es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, etwas zu. Ja, wie soll ich sagen, jetzt irgendwie ein Dach zu bauen, zum Beispiel, was dann schützt vor irgendwas? Das ist immer nur so was wie ein Pflaster. Aber wir müssen halt was schaffen, was zum Beispiel dafür sorgt, dass, auch wenn es diese Wetterextreme gibt, die Systeme halt Resilient sind und diesen Regeln zum Beispiel eben auch aufnehmen können, ihnen viel länger in einem System halten können, dass man dann eben auch über die Dürreperiode kommt. Also für mich heißt es: Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen, Bäume auf den Acker und in der Stadt jetzt zum Beispiel: Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen, Flächen entsiegeln, so schnell wie es geht. Jeder Quadratmeter entsiegelt mit einer Pflanze oder vielen Pflanzen. Nicht nur eine Pflanze, sondern vielen Pflanzen hilft das schon wahnsinnig. Klimaanlage, also, ein Baum sind viele Klimaanlagen, aber auch Wasser aufnehmen, Wasser dort halten. Ja, Flächen begrünen, also Flächen begrünen im Sinne von sowas wie Dächer begrünen, das ist auch natürlich ein Mittel. Aber was ich als wirklich wichtiges Mittel sehe ist, komplette Entsiegelung, Boden, wieder Leben in Boden bringen, damit dieser Boden dann auch wieder dieses Wasser aufnehmen kann, und tatsächlich auch die Lebensmittelproduktion halt in die Stadt bringen, Stichwort "Essbare Städte". Es gibt mittlerweile da schon einige Städte, die es auch zur Pflicht machen, dass man essbare Pflanzen auch in die Stadt mit. #00:52:20-4#
Hannah Diemer: Integriert? Könntest du dir vorstellen, dass ein so ein Acker von euch quasi innerhalb von der Stadt mal stattfindet? #00:52:26-3#
Lilly: Auf jeden Fall gibt's ja auch schon. Es gibt ja den Weltacker in Nürnberg, wo der Gärtner von dem Weltacker war, auch bei uns auf dem Kurs auf dem syntropischen Wirtschaftskurs, und er möchte da auch einzelne Bereiche mit syntropischen Agroforst eben anlegen, um es auch in die Stadt zu bringen. Es ist auf jeden Fall möglich. #00:52:48-3#
Hannah Diemer: Ja, weil einer eurer Leitgedanken, was ja auch auf euren T-Shirts immer draufsteht, ist: Wasser muss gepflanzt werden. #00:52:54-9#
Lilly: Genau ja, also Wasser kommt nicht vom Himmel, sondern natürlich kommt es vom Himmel. Aber Wasser kommt nicht von irgendwo, sondern wir müssen Wasser pflanzen. Also, es kommt drauf an, wo man auf der Welt ist. Aber auch bei uns hier kommt ein großer Teil von unserem Regen tatsächlich nicht vom Meer, so wie wir das in der Schule gelernt haben, sondern von der Landfläche, von der Vegetation, von der Verdunstung, von den Pflanzen. Ganz extrem ist es, je weiter östlich man geht. Also in China, glaube ich, sind es bis zu 80 Prozent des Regens kommt von der Vegetation und das zeigt einfach ganz deutlich, dass Pflanzen, also Bäume haben sehr viele Vorteile, aber sie sind auch ein elementarer Teil unserer Regenproduktion. Der Fakt, dass wir jetzt so viel Dürre haben, hängt natürlich komplett damit zusammen, dass wir einfach immer weniger Bäume haben. Genau deswegen Pflanzen, Pflanzen, Pflanzen. #00:53:49-5#
Hannah Diemer: Wenn man jetzt neugierig ist und sich das ganze mal anschauen will oder den Hof, wann kann man denn da das nächste mal zu euch kommen? Wann gibt es denn die nächste Feldführung? #00:53:58-7#
Lilly: Also, unser Erntedankfest ist am ersten Oktober, ein Sonntag, und da haben wir am Nachmittag auch eine Feldführung. Die ganzen Infos dazu findet man auf jeden Fall auf unserer Webseite und auch auf unseren sozialen Kanälen, und da haben wir genau Feldführung, Erntedankfest. Ansonsten kann man auch sich das ganze virtuell angucken auf unserem YouTube Kanal. Da posten wir auch immer wieder Videos zu unserem Feld, wie es aktuell aussieht, genau. Und wenn man interessiert ist an Mitarbeit, auch gerne einfach mal per E-Mail kontaktieren, und dann freuen wir uns auf helfende Hände! #00:54:33-1#
Hannah Diemer: Danke, Lilly, für dieses spannende Gespräch. Ich habe so viel gelernt. #00:54:38-5#
Lilly: Sehr gut, das ist das Beste. #00:54:40-4#
Hannah Diemer: Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend! #00:54:44-0#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Lilly verfolgt in ihrem selbstversorgenden Hofprojekt den neuen, vielversprechenden Ansatz für nachhaltige Landwirtschaft: syntropischen Agroforst.
Welche Hindernisse ihnen dabei entgegenschlugen, wie sie das Projekt verwirklichen und welche tollen Erfolge sie nun schon feiern können, erzählt Lilly im Podcastgespräch.
In den Links unten findet ihr eine Videoführung über den Hof, so könnt ihr euch das Gehörte besser vorstellen!
Ihr könnt euch ebenfalls für das Klima einsetzen, indem ihr beim internationalen Klimastreik am 15. September mit auf die Straßen geht: https://fridaysforfuture.de/klimastreik/
Weiterführende Links:
- Webseite vom Hof [v:]Erde: https://hofverde.de/
- Video zum Managen des syntropischen Agroforststreifens: https://www.youtube.com/watch?v=bKRIQ1lE8G8
- BR Bericht über den Hof[v:]Erde: https://www.ardmediathek.de/video/lust-aufs-land-bayerische-hofgeschichten/chickeria-und-hof-verde/br-fernsehen/Y3JpZDovL2JyLmRlL3ZpZGVvL2E5MmZiODE1LWU3YmItNGY4NC04NGNjLTY5OWE2ZWUzMDljNQ
- YouTube Kanal: https://www.youtube.com/channel/UCI5nPPoVVaoHcd9OMs0749Q
Instagram: https://www.instagram.com/hofverde/?hl=de
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Aufgenommen am: Mittwoch, 23. August 2023
Veröffentlicht am: Donnerstag, 7. September 2023
Moderation: Hannah Diemer
Im Gespräch: Lilly vom Hof [v:]Erde
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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