Lena Gorelik, Max Czollek, wer sind wir? Und wie bewältigen wir die Gegenwart?
Mitschnitt des Podiumsgesprächs zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“.
Die Folge besteht aus dem Audio-Mitschnitt des Live-Gesprächs mit Lena Gorelik und Max Czollek, das im November 2021 im Bildungszentrum Nürnberg stattgefunden hat.
Wer redet über wen, wer spricht mit wem – und wer behält die Oberhand im gesellschaftlichen Diskurs? Wie muss sich die Gesellschaft wandeln, damit Menschen gleichermaßen Solidarität erfahren? Wer gehört zum »Gemeinsam gegen Corona«? Welche Automatismen und Projektionen werden aktiviert, wenn in Deutschland mit – und über - Jüdinnen und Juden gesprochen wird? Welche Assoziationen weckt das Wort Heimat? Und welchen Vorschlag hätte Max Czollek für den Umgang mit den Nazi-Bauten (Kongresshalle)?
Lena Gorelik ist Publizistin und Schriftstellerin, Autorin von mehreren Romanen („Meine weißen Nächte“, „Die Listensammlerin“). Ihre Eltern emigrierten 1992 mit ihr – der damals 11-jährigen – als sogenannte jüdische Kontingentflüchtlinge aus Russland nach Deutschland. Lena Goreliks aktuelles, autobiografisches Buch heißt WER WIR SIND und erzählt eben diese Geschichte: Ein Mädchen reist mit den Eltern, der Großmutter und ihrem Bruder nach Deutschland aus, in die Freiheit. Was sie dafür zurücklässt, sind ihre geliebte Hündin und letztendlich ihre ganze Kindheit. Im Westen merkt sie, dass sie jetzt eine andere und «die Fremde» ist.
Auch Max Czollek, Publizist und Lyriker, beschäftigt sich viel mit den Fragen der Herkunft und der Identität – und damit, wie sie Menschen in der Gesellschaft positionieren. Damit, wie mit Zuschreibungen von außen die Identitäten konstruiert werden – was zum Beispiel bedeute, dass von einer Jüdin, einem Juden in Deutschland ein besonderes Verhalten erwartet wird. Czollek bezeichnet diese Mechanismen als „Integrationstheater“ und beschreibt in seinem Buch DESINTEGRIERT EUCH Strategien, das Theater zu beenden. Sein aktuelles Buch, GEGENWARTSBEWÄLTIGUNG ist ein Manifest für die plurale Gesellschaft.
Mitten im Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ entbrannte in den deutschen Feuilletons eine heftige Debatte über jüdische Identität – die sich leider sehr persönlich um Max Czollek drehte, nachdem Maxim Biller in seiner ZEIT Kolumne schrieb, Czollek sei kein Jude im Sinne der Halacha, da seine Mutter keine Jüdin ist. Auch diese Debatte wurde in unserem Gespräch thematisiert.
Moderiert wurde das Gespräch von Dr. Claudia Globisch, Soziologin und Antisemitismusexpertin.
Die Besucher der texttage.nuernberg hatten bereits im letzten Jahr die Gelegenheit, Lena Gorelik live bei uns zu erleben, als sie ihr Buch WER WIR SIND vorgestellt hat.
Mehr über das Literaturfestival texttage.nuernberg.
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Aufgenommen am: Samstag, den 25. November 2021
Veröffentlicht am: Donnerstag, den 27. Januar 2022
Moderation: Dr. Claudia Globisch
Im Gespräch: Lena Gorelik und Max Czollek
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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