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Katja Lewina, was ist in unserer Gesellschaft das größere Tabu – Sex oder Tod?

Ansage: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrum in Nürnberg. #00:00:10-5#

Grazyna Wanat: Hallo und willkommen! Ende Oktober. Anfang November. Das ist die Zeit, in der wir traditionell an die Verstorbenen denken. Aber mal ehrlich: Sterben, das tun doch immer die anderen, oder? Die Alten, Die Kranken. Was aber, wenn der Tod viel näher ist, als wir glauben? Darüber spricht Katja Lewina in ihrem Buch "Was ist schon für immer?" Im März durfte ich mit ihr im Bildungszentrum ein bewegendes Gespräch führen, das sie gleich hören. Und kleiner Spoiler: Wir haben dabei auch viel gelacht, trotz des Themas. Noch der Hinweis: Katja Lewina 's neues Buch "Wir können doch Freunde bleiben. Trennungsgeschichten aus der Hölle" erscheint am 10. Oktober 2025 im DUMONT Verlag. Die Tonqualität der Aufnahme ist nicht immer perfekt, besonders bei den Publikumsfragen. Aber das Gespräch war einfach zu schön, um es Ihnen vorzuenthalten. Guten Abend, mein Name ist Grazyna Wanat. Ich begrüße Sie herzlich zu der neuen Veranstaltung in der Reihe Sachbuch des Monats. Heute haben wir zu Gast Katja Lewina. Katja Lewina wurde 1984 in Moskau geboren, studierte Slavistik sowie Literatur und Religionswissenschaften und arbeitet als freie Autorin für namhafte Medien. Drei Jahre in Folge erschienen ihre Spiegel Bestseller über Sex. "Sie hat Bock", 2020, dann "Bock, Männer und Sex", 2021 und "Ex. 20 Jahre, 10 Männer und was alles so schiefgehen kann", 2022. Und dann ist plötzlich ihr 7-jähriger Sohn gestorben. Anschließend bekamen sie selbst eine Diagnose und weiß seitdem, dass sie mit einer unerkannten Herzerkrankung lebt, die jederzeit zum plötzlichen Tod führen kann. Und deswegen handelt das letzte Buch von Katja Lewina nicht vom Sex, sondern vom Tod. Das heißt "Was ist schon für immer. Vom Leben mit der Endlichkeit". Begrüßen Sie jetzt unseren Gast! #00:02:38-3#

Katja Lewina: Danke! #00:02:38-3#

Grazyna Wanat: Und so kommen wir zu der ersten Frage: "Was ist in der Öffentlichkeit mehr tabuisiert? Der Sex oder der Tod?" #00:02:48-3#

Katja Lewina: Tja, bevor ich mit dem Tod so konfrontiert worden bin, wie Sie das eben beschrieben haben, hätte ich eigentlich gesagt, das ist die Sexualität. Ich habe ja vorher, Sie haben es erwähnt, journalistisch zum Thema Sex ganz viel geschrieben, aber eben auch drei Bücher veröffentlicht. Und mir ging es immer um so Tabus. Also Dinge, über die man nicht sprechen darf. Dinge, die man nicht denken darf. Rollenklischees. Was denken wir, was wir tun müssen? Wer wir sein müsse im Bett, in der Beziehung, auf dieser Welt? So, und da bin ich schon sehr gegen Mauern angerannt und habe oft auch eine Sprachlosigkeit und Hilflosigkeit erlebt und dachte Wow, das ist krass. Ich mache hier was total absurd Wahnsinniges. Dass das die Menschen so auf so eine merkwürdige Art und Weise berührt. Aber da kannte ich eben den Tod noch nicht. Also so eine Sprachlosigkeit wie in dieser Begegnung habe ich in meinem Leben noch nicht erlebt. Und nach und nach wurde mir auch bewusst, dass eigentlich der Tod sehr viel krasser ist als der Sex. Ich weiß nicht, ob einige von Ihnen sich schon ein bisschen mit dem Thema Tod beschäftigt haben, vielleicht auch philosophisch historisch. Es gibt ein ganz tolles Buch vom Historiker Felipe Aries. Der hat die Geschichte des Todes im Abendland geschrieben und der sieht das auch so ein bisschen Sozialwissenschaftlich und sagt tatsächlich: "In unserer heutigen Zeit hat der Tod die Sexualität als größtes Tabu abgelöst." Also wir erklären unseren Kindern inzwischen relativ freimütig, wie das ist, wie die Kinder zur Welt kommen, was da passiert mit den Geschlechtsteilen usw, wie viel Spaß man dabei haben kann. Aber wenn es an den Tod geht, dann versuchen doch die meisten immer noch, die Kinder von ihm fernzuhalten. Sie finden so Euphemismen wie " Ja die Oma, die sitzt jetzt auf einer Wolke" oder "Der Papa, der schaut auf dich herab", was auch immer. "Dieser tote Vogel ist jetzt an einem besseren Ort." Wir finden sehr, sehr viele Ausreden, um eigentlich nicht sagen zu müssen, was da Schlimmes in Anführungszeichen, vielleicht ist es gar nicht so schlimm, darüber können wir ja gleich noch reden. Aber was da für uns sehr, sehr furchterregendes passiert. Und ja, ich glaube, wir haben alle sehr viel mehr Angst vor dem Tod als vor der Sexualität. Ja. #00:05:18-3#

Grazyna Wanat: Okay. Und wenn man darüber Bücher schreibt und dann in die Lesungen geht, dann werden auch Fragen gestellt, ziemlich direkte Fragen. Was fühlt sich dann intimer an und geht mehr an die Grenzen des Privaten? Öffentliche Gespräche über Sex oder über den Tod? Man muss das zulassen wollen und können solche Gespräche. Wo muss man dann eine Grenze mehr überschreiten? #00:05:43-0#

Katja Lewina: Also ich musste mir schon oft nachsagen lassen, was meine eigene Sexualität angeht. Meine Erfahrung sei ich ja so ein bisschen exhibitionistisch. Und da merke ich auch, da hab ich gar keine Schamgrenze, dass ist mir auch alles egal, können alle gerne wissen oder auch nicht wissen. So wie es sie interessiert, kann ich wirklich jede Frage zu beantworten. Aber interessanterweise spüre ich, dass der Tod meines Sohnes mich sehr, sehr intim getroffen hat. Also es fällt mir super leicht, auch über meine eigene Sterblichkeit zu sprechen. Es fällt mir ganz leicht zuzugeben, wie große Angst ich manchmal davor habe zu sterben, was das mit meiner Erkrankung auf sich hat usw. Also all diese, diese eigenen Mängel sozusagen, die kehre ich sehr, sehr gerne, Sehr leicht irgendwie auch raus, weil ich glaube, dass wir die alle auch haben auf eine Weise. Also uns alle eint ja diese Angst oder diese Ungewissheit. Uns alle eint auch die Sterblichkeit. Auch die, die gesund sind und sich gesund fühlen. Es wird uns allen eines Tages widerfahren. Aber dass mein Kind gestorben ist, das ist etwas, dass so eine, Das trägt ja so eine Wahnwitzigkeit irgendwie mit sich, so eine Unnatürlichkeit. Das ist ja nichts, was von dem du denkst, dass das irgendwie in so einem natürlichen Lebensablauf vorkommen sollte. Und da bin ich immer noch am verletzlichsten, irgendwie und am wundesten auch. Und vielleicht liegt es auch daran, dass das Thema Muttersein auch eh so ein Spezielles ist. Also alle, die Kinder haben, wissen das. Man kann es halt irgendwie nicht perfekt machen und vergleicht sich mal mit anderen, vergleicht sich mit der eigenen Mutter usw. Also alles was mit den eigenen Kindern zu tun hat, Da sind wir schon irgendwie besonders verletzlich. Und wenn ein Kind stirbt, dann glaube ich erst recht. Und ich glaube, das ist auch das Schlimmste, was einem so passieren kann, wenn man Kinder hat. Also dass ein Partner stirbt oder irgendwie die Eltern sterben, davon wissen wir, dass das irgendwie passieren kann. Aber wenn es dem eigenen Kind passiert, dann ist das schon irgendwie, Also ich finde es immer noch unfassbar. Noch heute. #00:07:49-2#

Grazyna Wanat: Und kann man so eine Art Distanz aufbauen für Veranstaltungen, dass man so ein bisschen ein Ritual aufgebaut hat und erzählt darüber wie ein bisschen durch so eine Wand? Oder ist es jedes Mal wirklich, kommt ganz nah aufs Neue. #00:08:03-8#

Katja Lewina: Ja. Während so einer Veranstaltung, wie wir jetzt hier sitzen, funktioniert das eigentlich ganz gut. Ich glaube auch, dass ich Bühne kann. Generell, das fällt mir leicht. Aber was ich merke ist, Ich habe wahnsinnig lange Regenerationszeiten nach so Lesungen wie heute, dass ich dann so im Nachgang merke, ich bin wahnsinnig dünnhäutig. Ich irgendwie. Mich nervt alles, ich brauche viel Schlaf, Ich will dann sofort ins Bett. Manchmal ist es ja so, dass man nach so einer Veranstaltung dann noch mit den Leuten zusammensitzt, mit der Moderation einen trinken geht. Also da hab ich wirklich mit diesem Buch überhaupt keinen Bock drauf. Da brauche ich meine Ruhe. Und so spüre ich das dann schon. #00:08:41-5#

Grazyna Wanat: Es kam relativ bald das Buch. War das also eine selbstverständliche Entscheidung für eine Autorin? Ich verarbeite meine Probleme, meine Dramen, mein Leben, indem ich schreibe? Oder war es auch eine Überwindung zunächst? #00:08:56-9#

Katja Lewina: Ich würde mal sagen, ohne jetzt für alle Autor*innen auf dieser Welt sprechen zu können. Aber für die meisten, die ich kenne, eigentlich alle, ist das immer eine Selbstverständlichkeit, Dinge zu verarbeiten, die man selbst erlebt hat und die einem nahe gehen, die einen berühren. Egal, ob das jetzt ein Sachbuch wird, wo man erzählt, so und so war das, oder ob man Roman daraus schreibt und ein paar Dinge verfremdet. Aber am Ende schöpfen ja die allermeisten Menschen, die schreiben, aus sich selber. Selbst wenn sie das auf fernen Planeten spielen lassen, was sie uns erleben lassen wollen. Das sind immer Themen, die einen selber irgendwie umtreiben. #00:09:33-3#

Grazyna Wanat: Ich durfte vor einigen Monaten ein Gespräch mit Daniel Schreiber moderieren über sein Buch "Die Zeit der Verluste". Und jetzt hatte ich das Gefühl, während ich das Buch gelesen habe, dass es die zwei Bücher ein bisschen doch im Dialog sind. Und Sie zitieren auch mindestens zwei mal den Daniel Schreiber. Und er schreibt auch hier so eine Empfehlung: "Berührend und brillant. Ernst und trotzdem beschwingt. Kann man ein schönes Buch über das Sterben schreiben? Eigentlich nicht. Katja Lewina ist es trotzdem gelungen." #00:10:03-8#

Katja Lewina: Ich werde immer noch ganz rot, wenn ich an dieses Zitat von ihm denke, weil das ist schon sehr schön und auch eine Adelung. #00:10:11-2#

Grazyna Wanat: Ja und es ist mir sehr stark in Erinnerung geblieben. Auch dieses Gespräch damals mit ihm und wir haben uns viel darüber unterhalten, wie sprachlos wir alle sind im Angesicht des Todes. Das ist das eine, aber auch in Kontakten mit trauernden Menschen, dass wir überhaupt nicht wissen, wie wir uns verhalten sollen, wie wir uns verhalten können. Und dann machen wir ziemlich viel falsch. Was kann man da wirklich falsch machen und wie macht man es richtig? #00:10:38-5#

Katja Lewina: Es ist schon. Also ich merke, dass mich die Frage ein bisschen irritiert oder weil ich das Wort "falsch" so schwierig finde. Ich kann mich erinnern, dass mich sehr vieles hat fühlen lassen, dass hier jemand was falsch macht. Aber ich sehe das natürlich mit einigem Abstand auch viel, viel milder. Weil man muss sich vorstellen, wenn eine geliebte Person stirbt, dann ist man ja wirklich wie so ein wundes Stück Fleisch eigentlich. Und alles tut weh und alles stört. Und die Leute sagen die falschen Dinge und man ist einfach super verletzlich und ganz, ganz zart. Und ja, dann kann eine Menge in die Hose gehen. So. Aber was ich finde, was niemals in die Hose geht, ist, wenn man selber in eine Empathie versucht reinzukommen. Wenn man versucht von sich selber abzusehen und davon, was man da irgendwie kann und nicht kann. Und ob man jetzt die richtigen Worte findet oder was auch immer, sondern sich einfach aufmacht für diese Personen, die, gerade was wirklich Schlimmes durchmacht, wenn man Hilfe nicht nur anbietet, sondern aktiv reingeht. Und weiß ich nicht Essen hinstellt oder einen Massage Gutschein schenkt oder anfasst. Also ich finde auch Anfassen total wichtig. So dieses wir versteinern ja auch oft in so Schreck und Trauer Situationen. Und wenn dann einmal einer über die Schulter streicht oder fest umarmt oder weiß ich nicht mal eine Fußmassage anbietet oder so, dann kann das wirklich, wirklich vieles lösen. Ich glaube, körperliche Nähe, emotionale Nähe ist wirklich das, was Menschen in solchen Situationen brauchen. #00:12:16-8#

Grazyna Wanat: Falsch und richtig meinte ich auch nicht wirklich bewertend.Sondern wir machen es falsch, weil wir es nicht besser wissen oft. Und oft reagieren wir so, dass wir das Gefühl haben. Also mir ging es auch oft so im Leben, dass ich das Gefühl hatte, ich schütze diese Person, indem ich darüber nicht spreche. Und jetzt mit der Zeit habe ich schon verstanden, dass es eigentlich falsch ist. Und oft ist es so, dass die trauernden Personen eben darüber sprechen wollen und nicht so tun, als ob nichts wäre. Da habe ich mir auch notiert, das ist dieses schöne Zitat aus Ihrem Buch: "Ihnen wird es vermutlich nicht viel anders gehen als den meisten Menschen, die mit meiner Geschichte konfrontiert sind. Sie fühlen sich sehr, sehr unangenehm berührt. Ungefähr so unangenehm, als würde sich ein Elefant mit all seinen vier stämmigen Stampfen auf ihren Brustkorb stellen." Ich finde, dass diese Formulierung auch unangenehm berührt. Das ist eine tolle Formulierung. Das ist sehr treffend. So ist das, wenn man nicht wirklich weiß, wie man jetzt umgehen soll. #00:13:17-2#

Katja Lewina: Total. Das ist ja auch das, was ich immer wieder erlebe, wenn ich davon erzähle, was passiert ist. Also ich habe irgendwen lange nicht gesehen oder mir begegnet jemand zufällig. So oft passiert es nicht, aber manchmal kommt eben das Thema doch drauf. Wie ist das mit den Kindern? Oder was auch immer. Oder die gesundheitliche Situation. Und die Leute können damit nicht umgehen. Die sind unangenehm berührt. Das ist wirklich noch untertrieben. #00:13:45-6#

Grazyna Wanat: Zum Trauern gehören auch Rituale. Da finde ich auch ein bisschen eine Verbindung zwischen diesen beiden Büchern. Auch darüber hat ein bisschen Daniel Schreiber geschrieben und Sie auch. Und Sie haben geschrieben: "Wir haben keine andere Wahl, als uns unsere Trauerregeln selbst zu schreiben." Und zum Beispiel der Vater von Daniel Schreiber. Weil Daniel verarbeitet in dem Buch den Tod seines Vaters, hat sich bewusst entschieden, kein Grab zu haben. Und in Ihrem Fall ist das Grab ihres Sohnes temporär. Wie ist das möglich? #00:14:21-1#

Katja Lewina: Ja, das war nicht so beabsichtigt. Wir hätten natürlich gerne ein Grab gehabt, das für die Ewigkeit bleibt. Oder zumindest so lange, wie wir Lust darauf haben. Sagen wir so. Vielleicht ist es ja auch eines Tages nicht mehr so wichtig. Solche irdischen Dinge bedeuten mir tatsächlich nicht so wahnsinnig viel. Ich glaube nicht, dass dieses Grab irgendeine metaphysische Sinnhaftigkeit hat oder so, da verwest ein Körper, das ist bestimmt nicht mehr der Körper meines Sohnes, so wie er jetzt aussieht. Aber tatsächlich hatten wir das nicht so geplant. Wir wollten uns das gerne ein bisschen offen lassen. Uns hat allerdings niemand gesagt, dass diese Grabstelle nicht verlängerbar ist. Wir haben die ausgesucht. Wir haben gesagt: "Okay, hier ist top, hier soll die Beerdigung stattfinden." Dann war die Beerdigung und dann am nächsten Tag, also das ist wirklich am nächsten Tag passiert, machen wir den Briefkasten auf und dann liegt eben dieser Vertrag vom Friedhof da. Und da steht, Ich weiß es nicht mehr genau, ich glaube, 20 Jahre. 20 Jahre, nicht verlängerbar. Und das war's. Also jetzt ist er halt da beerdigt. Und dann dachten wir. "Okay. Was machen wir jetzt? Holen wir ihn da jetzt wieder raus? Irgendwie einen Tag später, oder was?" Aber das hätte sich so unglaublich würdelos angefühlt, dass wir es jetzt einfach dabei belassen haben und uns überlegt haben: "Okay. Was auch immer." Es soll eine Schule dort gebaut werden. Eines fernen Tages. Ich weiß nicht, welche Kinder auf dem sozusagen auf den Gebeinen meines Sohnes spielen werden. Ist auch eine schöne Idee, irgendwie. Aber irgendwie glaube ich da nicht so richtig dran. Deswegen habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass wir in 20 Jahren vielleicht auch noch verlängern können. #00:15:53-2#

Grazyna Wanat: Dass es dann Proteste gibt. #00:15:54-6#

Katja Lewina: Wer will denn da eine Schule hinbauen? #00:15:57-6#

Grazyna Wanat: Noch zu den Ritualen. Was wären das sonst für Rituale, wenn das übliche, also Friedhof,vielleicht nicht so gut funktioniert? Nicht für alle Mitglieder der Familie funktioniert das als Ritual. #00:16:08-6#

Katja Lewina: Ja sowieso. Also ich bin tatsächlich immer alleine auf diesem Friedhof. Keiner aus meiner Familie möchte mitgehen und ich halte das auch für total okay, wenn da nicht alle Bock drauf haben. Wir haben alle unsere kleinen Erinnerungshilfen, sozusagen unsere privaten kleinen Rituale, die jeder von uns auf seine eigene Art und Weise macht. Und das halte ich für viel, viel zielführender als jetzt die Kinder dahin zu zwingen oder meinen Exmann dahin zu zwingen. Was wir allerdings als gemeinsames Ritual uns über die Jahre aufrecht erhalten haben, ist immer, den 18. eines jeden Monats zu feiern. Das ist nämlich, wir nennen es: Edgars letzter Abend. Es ist wie das letzte Abendmahl bei Jesus gewesen. Bei uns war es eben das letzte Abendmahl mit unserem Sohn. Da hatte er nämlich sein Lieblingsgericht gekocht: Knusperhühnchen. Hat er selber hergestellt. Also wenn ich an Zeichen glauben würde, dann würde ich vieles von diesem letzten Abend als ein Zeichen deuten. Ich glaube nicht an Zeichen, aber man mag es ja auch manchmal ein bisschen, sich an so was festzuhalten und sich zu denken: "Ah, hier, es hatte doch eine symbolische Kraft." Irgendwie hat das so was Tröstliches manchmal. Jedenfalls, er machte sein Lieblingsessen Knusperhühnchen, alle Veganer, Vegetarier, hier einfach weghören.Es ist ein sehr, sehr kompliziertes Gericht mit vielen Panierverfahren, mit sehr viel Hühnerbrustfilet. Und das machen wir jeden 18.: Da versammeln wir uns, obwohl wir schon lange kein Fleisch mehr essen alle, knüppeln wir uns am 18. halt dieses Knusperhühnchen rein und trinken eine Fanta auf ihn. Und das ist toll. Das ist einfach unser kleines privates Andenk Ritual. Und was ich außerdem total gerne mag, wo ich total drauf stehe, ist, die Sachen nicht ganz weggeräumt zu haben. Also wir haben jetzt kein Kinderzimmer mehr von ihm. Das ist jetzt alles schon von anderen Kindern bezogen worden. Einen großen Ringtausch gemacht, aber überall sind Sachen. Und es ist super schön, wenn du zur Garderobe gehst und deine Jacke rausnimmst. Und da hängt seine Jacke und es ist total schön, wenn du dir deine Müslischale rausholst und da steht seine Schale. Und das ist überall im Haus, gibt es irgendwas über Fotos hinausgehendes. Das sind wie so kleine Erinnerungsanker und das macht mich ganz, ganz glücklich. Jedes Mal. #00:18:26-7#

Grazyna Wanat: Wie lange ist es jetzt her? #00:18:28-1#

Katja Lewina: Das sind jetzt vier Jahre. #00:18:29-3#

Grazyna Wanat: Vier Jahre. Und jetzt heult man nicht ständig, wenn man eben diese Tassen sieht? #00:18:32-7#

Katja Lewina: Ne bei den Tassen nicht so, aber es ist immer noch so, dass wenn ich jemanden sagen muss, mein Kind ist gestorben, dass ich dann anfange zu weinen, damit höre ich irgendwie auch nicht so richtig auf. Also, wenn ich das zum Ersten Mal jemandem sagen muss, so wir begegnen uns jetzt und ich sage: Nein, aber der lebt nicht mehr, dann heule ich garantiert. #00:18:50-7#

Grazyna Wanat: In dem Buch beschreiben Sie nicht nicht nur die Geschichte an sich, sondern geben ein bisschen Ausblick. Oder es ist eine Art Ratgeber, wie man mit dem Tod umgehen sollte bzw. könnte. #00:19:02-9#

Katja Lewina: Es ist kein Ratgeber, aber es ist eine Anregung. Können wir das Anregung nennen? #00:19:07-9#

Grazyna Wanat: Wir einigen uns auf Anregung. #00:19:09-7#

Katja Lewina: Es ist eine Anregung, sich mit dem Tod zu beschäftigen, weil ich glaube, bzw. weil ich selber festgestellt habe, was für eine wahnsinnige Lebensqualität man gewinnt, wenn man sich nicht für unsterblich hält. Ich meine, das ist natürlich ein super beliebter Topos von Literatur und Film. Wir alle kennen diese Situation. Irgendwer hat eine unheilbare Erkrankung und dann haut man auf den Putz und bringt sein Leben in Ordnung oder fährt ans Meer natürlich, klaut ein Auto und fährt ans Meer. Logisch. Aber ich meine gar nicht diese Situation von irgendwelchen furchtbaren Diagnosen. Nicht alle werden sie bekommen. Und glücklicherweise nicht alle werden sie bekommen. Aber alleine diesen Gedanken zuzulassen und sich mit diesem Gedanken anfreunden: "Ich werde nicht ewig leben. Ich habe nicht ewig Zeit." Das bringt unglaublich viel. Und ich habe so viele Philosophen gelesen, leider waren es nur Männer. Irgendwie schrecklich. Aber früher war das nun mal so! So viele Philosophen gelesen, die sich mit diesem Thema wirklich seit der Antike bis heute befasst haben. Das ist etwas, das sich durchzieht durch die ganze Philosophiegeschichte. Und es ist immer, immer, immer dieser Rat: "Beschäftige dich mit dem Tod. Du wirst ein besseres Leben davon haben." #00:20:26-0#

Grazyna Wanat: Und zu diesen Anregungen gehört zum Beispiel dieses Kapitel: Nicht alleine sterben. Vater, Mutter, Kind und Freunde." Und vielleicht ist es ein Punkt, wo Sie aus dem Buch lesen könnten. Kapitel 33. #00:20:37-7#

Katja Lewina: Jawohl. Einatmen. Ausatmen. Klartext reden. Nein, das geht leider nicht. So oft ich Nein sagen in der letzten Zeit geübt habe, so schwer tue ich mich immer noch damit. Ich will doch alles schaffen. Überall dabei sein, immer mitmachen. Kurze Stille am anderen Ende der Leitung dann: "Oh, na gut, auch kein Problem. War gar nicht schlimm, meiner Tante den Wochenendbesuch abzusagen", denke ich hinterher. So ist es zu meiner eigenen Überraschung in den meisten Fällen. Man nimmt es mir nicht übel, wenn ich nicht will, was die anderen wollen. Wenn ich nach meiner Lesung lieber ins Hotelzimmer abhaue, statt mit der Freundin, die zufällig auch in der Stadt ist, noch was trinken zu gehen. Oder wenn ich lieber mit meiner Tochter einen Netflixabend verbringe, statt mit meinem Freund ins Konzert zu gehen. Für viele Menschen mag es normal sein zu sagen, was sie wollen und was nicht. Ich hingegen war es die längste Zeit meines Lebens gewöhnt, entweder Dinge zu tun, die ich nicht wollte, oder Ausflüchte zu erfinden, derentwegen ich mich tagelang ärgerte. Um jeden Preis wollte ich unangenehme Situationen vermeiden. Auf der Strecke blieb dafür ich selbst oder die Ehrlichkeit. Heute, mit 39 Jahren, habe ich genug von diesen Spielchen und möglicherweise auch nicht mehr so wahnsinnig viel Zeit dafür. Trotz all dieser Anpassung an die Erwartungen und Bedürfnisse anderer werde ich nicht einer dieser Sterbenden sein, die auf ihrem Totenbett alles Mögliche bedauern. Gedanken mache ich mir über die Fragen, die Menschen an ihrem Lebensende umtreiben dennoch. "Es ist schlimm, wenn dir klar wird, dass du gelebt hast und nun sterben musst", schreibt Roland Schulz in "So sterben wir. Unser Ende und was wir darüber wissen sollen." Schlimmer ist, wenn dir klar wird, dass du nicht gelebt hast und nun sterben musst. Dann treibt es Dinge hervor, die du wohl verborgen wähntest: verdrängte Konflikte, zerbrochene Beziehungen, versäumte Gelegenheiten, gebrochene Versprechen, vergeudete Jahre. Noch nie hat, wie wir wissen, irgendwer am Ende seines Lebens bereut, eine zu flache Karriere hingelegt oder zu wenig Geld verdient zu haben. Was Menschen sich aber offenbar mit großer Regelmäßigkeit fragen: "Habe ich mich mit meinen Liebsten ausgesöhnt? Gibt es Ungesagtes bzw. Vertanes?" Wir können nun mal nicht anders. Wir sozialen Tierchen. Unsere Beziehungen sind uns das Wichtigste auf der ganzen Welt. Vielleicht ist auch deswegen die Vorstellung so beängstigend alleine oder sagen wir eher unbegleitet zu sterben. Der Tod ist ein großer Unbekannter. Was kommt, wenn unser Leben vorüber ist? Kommt überhaupt irgendetwas? Natürlich erfüllt uns das mit Angst und Unbehagen. Und natürlich wollen wir in diesem unheimlichen Prozess gehalten sein von Menschen, die wir lieben, eine warme Hand auf unserer spüren, uns umsorgt fühlen und verstanden. Sterben müssen wir dann aber trotzdem für uns allein. Es sei das einsamste Ereignis im Leben, schreibt Yalom. Sterben trennt einen nicht nur von anderen, sondern setzt einen, einer zweiten, noch viel furchterregender in Form von Einsamkeit aus: Trennung von der Welt an sich. Versuche, diese Trennung zu überwinden, gibt es noch und nöcher in den verschiedensten Kulturen dieser Welt, seien es Selbstmordpakte, Grabbeigaben in Form von lebenden Sklaven oder Ehefrauen. Und selbst die Idee von einem Wiedersehen im Himmel oder der Auferstehung der Toten läuft auf das Gleiche hinaus; im Tod nicht völlig auf sich allein gestellt zu sein. Da wir über ihn aber nur spekulieren können, halte ich es für ratsam, sich auf das zu konzentrieren, was wir überblicken können und gänzlich in der Hand haben: gute Beziehungen im Hier und Heute, die uns, wenn wir Glück haben, bis an unser Lebensende begleiten, wenn schon nicht darüber hinaus. Für mich bedeutet das vor allen Dingen, Ehrlichkeit zu lernen. Ich war es gewohnt, mich wegzuducken, auszuweichen, Konflikte zu vermeiden. In meiner Herkunftsfamilie ist der Umgang eher knöchern, Gefühle werden ungern behandelt. Man spricht nicht über Dinge, die emotional schwierig sind oder es irgendwann mal waren. Was gewesen ist, ist gewesen. Menschen sind so, wie sie sind und Punkt. Als ich noch jünger war, habe ich dagegen aufgehört, habe Briefe geschrieben, tränenreiche, vorwurfsvolle Reden gehalten. In den vergangenen Jahren bin ich ziemlich still geworden. Vielleicht habe ich die Sprachlosigkeit auch einfach akzeptiert. Es gehört schließlich zum Erwachsenwerden dazu, zu begreifen, dass man andere Menschen nicht ändern kann. Allerhöchstens nur sich selbst, also an die eigene Nase fassen. Ich bin diejenige, die sich dazu entschieden hat, diese Familienkultur zu übernehmen. Und das" Wie geht es dir? Gut- Spiel" mitzuspielen. Meine eigenen Themen aus den Gesprächen mit der Verwandtschaft rauszuhalten und vor allen Dingen die, die zwischen uns stehen. Und an diesem Zustand muss ich dringend etwas ändern. Denn ich spüre, wie unfrei ich bin im Kontakt mit meiner Familie. Wie klein ich werde und wie wenig ich selbst, wenn ich jemanden von ihnen zu Besuch erwarte. Und wie leicht diese Konditionierung auf alle anderen meiner Beziehungen umspringt. Manchmal fantasiere ich davon, wie ich meinen Eltern alles um die Ohren haue, was sie an mir versemmelt und verhauen haben. Aber auch wenn ich es gerne würde und insgeheim auf die Situation warte, in der das möglich sein könnte. Eine Situation, die natürlich niemals kommt. Vielleicht muss ich mit ihnen nicht noch einmal durchgehen, was alles schief gelaufen ist, als ich noch Kind und von ihnen abhängig und hilflos war. Schließlich wissen wir das alle ganz genau. Aber was ich dringend sollte, ist über das Hier und Heute Klartext reden. Sagen, wenn mir etwas nicht gefällt oder mich ein Verhalten irritiert. Aufhören, gefallen zu wollen. So wie letztens, als ich wegen eines Familienkonflikts meinen Vater anrief: "Ich finde, was du machst, nicht richtig", sagte ich zu ihm. Natürlich sah er das anders. Denn wer als er selbst könnte schon im Recht sein? Der Vater Familias war schließlich er. Aber für mich war dieses Gespräch trotz des objektiv unbefriedigenden Ausgangs bahnbrechend. Ich hatte ihm zum allerersten Mal seit Jahren offen meine Meinung gesagt. Darum ging es. Ich rede ganz schön viel über meine Eltern, finden Sie? Es geht nicht anders. Schließlich sind unsere Eltern die Menschen, die uns zeigen, wie Bindung funktioniert. Egal, mit wem wir unser Leben teilen: geliebte Kinder, Weggefährten, Haustiere. Was uns in diesen Beziehungen umtreibt, haben uns unsere Eltern oder eben die Bezugspersonen, mit denen wir aufgewachsen sind, mitgegeben. Meine Angst, jemanden vor den Kopf zu stoßen und in der Konsequenz nicht mehr geliebt zu werden, schwappt in meine Rolle als Partnerin und Mutter genauso hinein wie in die als Freundin. Auch hier übe ich mich nicht zu verstecken, ehrlich zu sein, zu mir selbst zu stehen. Schließlich ist Selbstlimitierung im Angesicht des Todes das Letzte, was man wollen kann. So wie der Vater eines Freundes sich auf seinem Sterbebett plötzlich über die Berufswahl seines Sohnes echauffierte. Zeitlebens hatte er sich offensichtlich nicht erlaubt, seine Meinung darüber kundzutun. Nun aber brach sie aus ihm heraus. Wir lachen noch heute darüber. Wie gut, dass es raus war. Auch wenn es so lange gebraucht hatte. Vielleicht fällt es Menschen, denen die Endlichkeit des Lebens besonders bewusst ist, grundsätzlich leichter als anderen, zu ihrer Meinung zu stehen. Vielleicht wird dieses Verhalten von anderen sogar eher akzeptiert. Wenn ich mit meiner Beobachtung recht haben sollte, dann finde ich das schrecklich bedauerlich. Es soll ja Menschen geben, die finden, ein Zusammenleben mit anderen sei ohne Notlügen und kleine Unehrlichkeit nicht auszuhalten. Zu viele Verletzungen, zu viele Probleme. Ich glaube, es ist genau andersherum. Schauen Sie sich nur irgendein x-beliebiges Theaterstück oder ein Drama im Fernsehen an, meinetwegen sogar eine Komödie. Sie werden feststellen, dass nahezu jeder Konflikt, dem die Protagonistinnen und Protagonisten ausgesetzt sind, aus irgendeiner Art von Unehrlichkeit entsteht. Egal ob anderen gegenüber oder nur sich selbst. Und im echten Leben ist das nicht anders. Indem wir uns zeigen, wie wir sind, lassen wir nicht nur viele zwischenmenschliche Probleme gar nicht erst aufkommen, sondern bekommen überhaupt erst die Chance auf eine tiefe, authentische Beziehung zu unserem Gegenüber. Ehrlich zu sein bedeutet nicht, gleichzeitig in Rücksichtslosigkeit zu verfallen und nur noch an sich selbst zu denken. Im Gegenteil, je mehr wir uns erlauben, wir selbst zu sein, desto leichter fällt es uns, anderen das Gleiche zuzugestehen. Wir können lieben, ohne unsere Zuneigung an Erwartungen zu knüpfen und endlich zulassen, für das geliebt zu werden, was wir sind. Wenn wir so leben, haben wir am Ende wenig zu bereuen und wenig, was uns noch auf der Seele liegt. Meine Kinder und mein Freund wissen, wie sehr ich sie liebe, weil ich es ihnen sage, so oft es geht. Weil ich ihnen zuhöre und auf ihre Bedürfnisse Acht gebe. Weil ich für sie da bin, wenn sie es brauchen. Und genauso wissen sie, wie sehr mir meine Fehler leidtun. Weil ich mich für sie entschuldige. Manche werden meinen Kindern und mir vielleicht erst auffallen, wenn sie älter sind oder gar erwachsen. Und dann werden wir darüber reden müssen. Es kommt in unseren nahen Beziehungen nicht darauf an, alles perfekt zu machen. Das können wir auch nicht so verhunzt, wie wir alle sind. Es kommt darauf an, sich und die eigenen Gefühle ehrlich mitzuteilen und ebenso bereit zu sein, dem oder der anderen zuzuhören. Vielleicht werden wir damit nicht immer in offene Arme laufen. Dann haben wir immerhin eine Grundlage, auf der wir über die jeweilige Beziehung nachdenken können. Und übrigens an alle, die es noch nicht wussten: nicht jede Verbindung muss aufrechterhalten werden, egal wie viel genetisches Material im Spiel ist. Vielleicht aber wird unser Gegenüber auch erleichtert sein, weil es endlich mal die Chance bekommt, ein Thema auf den Tisch zu hauen, dass im Untergrund schwelte. In jedem Fall aber staut sich auf diese Weise gar nicht erst irgendetwas an, das eines fernen Tages, womöglich auf dem Sterbebett, geklärt werden müsste. Und falls die Sache mit den offenen Rechnungen bereits überhand genommen haben sollte, lassen Sie sich gesagt sein: Vergebung ist das Beste, was je für unser Seelenheil erfunden wurde. Jemanden zu vergeben bedeutet nicht, der anderen Person Recht zu geben in dem, was sie getan hat. Es bedeutet, die Tatsache anzuerkennen, dass es passiert ist und es gehen zu lassen. Ich habe meinen Eltern vergeben, dass sie so waren, wie sie waren, der Freundin, die heimlich meinen Freund geküsst hat. Ich habe sogar dem Typ vergeben, der mich vergewaltigt hat, als ich 15 war. Dafür braucht es keine Entschuldigung, keine Einsicht, keine Reue auf der anderen Seite. Wir müssen die Person, die uns Schmerz zugefügt hat, nicht mögen. Wir müssen noch nicht einmal mit ihr etwas zu tun haben wollen. Es braucht nur uns selbst und die Entscheidung, nicht in Groll zu verharren, sondern uns all dem Guten zuzuwenden, das das Leben für uns bereithält. Denn auf eines können wir uns alle sicher einigen, dass wir es schon zu Lebzeiten mit den Menschen, die uns umgeben, gut haben wollen. Und nicht erst, wenn das alles hier fast vorbei ist. Dankeschön! #00:30:13-7#

Grazyna Wanat: Sie dürfen gleich auch Fragen stellen. Ich möchte noch zu diesem Kapitel. Da gibt es wahnsinnig viele Sachen, über die man gerne sprechen könnte. Aber das erste vielleicht, dass man angesichts des Todes oder dem Gedanken, mit sich ehrlich sein sollte. Also nicht mehr unbedingt gefallen wollen, sondern das tun, was man, was Frau will. Da musste ich auch daran denken. Wir hatten auch ein Gespräch mit Sophia Fritz. Ich weiß nicht, ob Sie sie kennen. #00:30:45-7#

Katja Lewina: Ach Sophia Fritz, na klar! #00:30:46-6#

Grazyna Wanat: Ja. Mit ihrem Buch "Toxische Weiblichkeit." Genau. Und da ging es auch unter anderem viel darum. Und da habe ich mir gedacht auch, ob diese Kapitel werden von einem Mann geschrieben wären, ob wirklich auch so ein Kapitel entstanden wäre, ob das doch nicht eine Frauengeschichte ist. #00:31:04-1#

Katja Lewina: Ich glaube, Frauen ist das einfach bewusster, ehrlich gesagt. Männer machen das Ganze ja auch nur auf eine andere Art und Weise. Männer sind vielleicht eher noch diejenigen, die mehr lügen oder sowas, die sich in Halbwahrheiten verlieren, die vielleicht Sachen auch nicht aussprechen. Also Männer, ich kenne viele Männer, die ganz hervorragende Taktiken haben, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. Manchmal explodieren die Konflikte dann noch viel mehr, weil sie die Leute damit auf die Palme treiben. Aber tatsächlich dieses: "Ohje, ich will jetzt hier nicht unangenehm auffallen. Ich möchte jetzt niemandem zur Last fallen." Das ist ganz bestimmt eine super weibliche Denke. Aber ich glaube, das ist das gleiche Problem, nur mit unterschiedlichen Wordings sozusagen. Also dass ein Mann niemandem zur Last fallen will, glaube ich eher nicht. Oder unangenehm auffallen. Also sicher kann es da auch Ausnahmen geben, aber wir sprechen jetzt hier in Tendenzen. Aber diese Angst, irgendwie nicht zu bestehen oder ja, letzten Endes irgendwas zu tun und dann die Zuneigung, die Liebe zu verlieren. Letzten Endes läuft ja alles auf Liebe hinaus. Wenn mich hier heute Abend alle hassen, ich habe zwar keine persönliche Beziehung zu irgendwem, aber ich will dennoch auch geliebt werden. So. Und davor haben wir alle irgendwie Angst. Und wir werden auch so erzogen. Wir wissen ganz genau, wie wir uns verhalten müssen, wie wir sein müssen. Schon als Kind zu unseren Eltern, zu unseren Lehrerinnen, zu wem auch immer. Damit wir eine möglichst positive Resonanz bekommen. Und das heißt meistens, in den allermeisten Fällen, die eigenen Bedürfnisse oder die eigene Expression irgendwie zurückstellen. #00:32:51-4#

Grazyna Wanat: Zurückstellen oder dann nicht mehr selber zu wissen eigentlich. #00:32:54-5#

Katja Lewina: Genau. Und irgendwann merkt man es einfach gar nicht mehr. #00:32:56-6#

Grazyna Wanat: Und trauern Männer und Frauen unterschiedlich? Kann man auch sagen. Wir sprechen von Tendenzen. Kann man diese Tendenzen ein bisschen erkennen, oder ist doch sehr individuell? #00:33:06-6#

Katja Lewina: Naja, wahrscheinlich spreche ich doch ein bisschen in Plattitüden, wenn ich sage, dass Männer tendenziell nicht reden und das mit sich selber ausmachen und Frauen diejenigen sind, die mehr Austausch brauchen. Also das habe ich in meiner eigenen Familie so beobachtet. Ich bin diejenige, die dann immer wieder sich erinnern will und immer wieder irgendwas erzählen will. Und bei seinem Vater ist das jetzt nicht so wahnsinnig ausgeprägt. Und auch um uns herum die Personen, die jemanden verloren haben, da war die Tendenz eigentlich auch so. Aber das ist so. Irgendwie will ich jetzt auch niemanden in irgendeine Ecke stellen. #00:33:43-0#

Grazyna Wanat: Und Kinder? #00:33:44-7#

Katja Lewina: Die machen es irgendwie auf eine tolle Art und Weise, wenn man sie lässt. Ich weiß nicht, was mit Kindern passiert. Da kenne ich gerade jetzt aus meiner Elterngeneration ganz unangenehme Beispiele, wo dann, wenn jemand gestorben ist, man nicht mehr über die Person geredet hat zum Beispiel. Das hat dann die Oma ganz traurig gemacht, wenn man über den Opa gesprochen hat und dann hat man es einfach nicht mehr getan. Oder die Sachen durften dann irgendwie nicht angefasst werden. Dann bleibt das Zimmer so, wie es noch vor 50 Jahren war und keiner darf da reingehen oder so. Also es gibt schon so unglaublich komische Signale an Kinder. Aber wenn man diese komischen Signale an Kinder nicht sendet, sondern sie einfach mitnimmt in dieses Thema, auf diese Reise von "Hier, ist jetzt jemand gestorben. Und wie gehen wir damit alle zusammen um?" Dann finden die ganz automatisch also so ein Gespür für wie viel Nähe und wie viel Distanz brauchen die denn jetzt eigentlich zu diesem Menschen und zu dieser Situation. Also Kinder sind ja wie so kleine Tierchen, das sind so Instinktbündel, die spüren eigentlich sehr, sehr gut, Will ich jetzt hier eigentlich sein, Wenn jemand weint, will ich darüber reden? Die haben oft auch einfach einen ganz, ganz anderen Zugang als wir. Weinen vielleicht nicht so viel, aber träumen dafür mehr oder so. Ich glaube, man muss die einfach lassen und denen das Gefühl geben, das ist total okay. Und wenn du nie wieder an diese Person denkst, ist auch in Ordnung. #00:35:13-6#

Grazyna Wanat: Jetzt ist ihre Zeit für die Fragen und es kommt sogar ein Mikro. #00:35:16-8#

Katja Lewina: Das klingt immer so bedrohlich: "Und jetzt kommt der Mann mit dem Mikro." #00:35:19-5#

Grazyna Wanat: Ich habe vorher schon vorgewarnt. Ich bin mir sicher, es kommen Fragen. Es dauert nur ein Weilchen. #00:35:24-3#

Katja Lewina: Wir haben ja Zeit. Außerdem habe ich sehr großen Durst. Und wer pünktlich weg muss, geht einfach. #00:35:29-0#

Grazyna Wanat: Ja. Wenn nicht. Ich habe natürlich noch ein paar Fragen. #00:35:34-4#

Katja Lewina: Ich glaube das auch nicht, dass hier niemand eine Frage hat. Manchmal muss man einfach ein bisschen warten. Das ist wirklich immer so. #00:35:40-5#

Zuschauer: Ich habe keine Frage im Moment. #00:35:43-0#

Katja Lewina: Aber danke, dass Sie es trotzdem versuchen! #00:35:45-9#

Zuschauer: Ich bin jetzt mal so die. Ich spüre einfach nur so einen ganz großen Raum in mir an Achtung, Respekt, Gefühl, Liebe, Herz und Dankbarkeit. #00:35:54-9#

Katja Lewina: Oh, das ist so schön. Vielen Dank. Danke! #00:35:58-8#

Zuschauer: Ich habe wirklich auch keine Frage, Aber ich habe. #00:36:03-0#

Katja Lewina: Was ist denn heute los? #00:36:04-4#

Zuschauer: Nein, ich finde nicht, dass das ein schlechtes Zeichen ist. Ich habe Ihr Buch gelesen und ich habe eher das Bedürfnis, einfach noch mal mit einem ganz anderen Aspekt. #00:36:13-6#

Katja Lewina: Total gerne. Wir haben eigentlich noch eine Lesestelle. Eine ganz kleine. Wo ist es denn? Ach, hier unten, eine ganz kleine. Und zwar habe ich mich ja dem Thema Vergänglichkeit versucht, von ganz, ganz vielen Seiten zu nähern. Und dann gehört zum Thema Tod und Loslassen auch für mich tatsächlich das Thema Altern. Denn das ist ja etwas, was uns einfach sehr, sehr eindeutige Signale sendet von: Hier geht irgendetwas dem Ende entgegen. Und ich weiß natürlich, dass man mit 39 oder 40, wie ich jetzt geworden bin, noch gar nicht so sehr, also ganz andere Geschichten dazu erzählen kann, als wenn man 80 wäre. Aber tatsächlich, ich spüre auch jetzt schon, dass es losgeht. Und gerade als Frau in unserer Gesellschaft ist man damit ja auch einfach ständig konfrontiert, dass man älter wird und was man alles für Produkte jetzt braucht und wie man möglichst geschmeidig bleibt usw. Also dachte ich, dazu sollte ich auch was schreiben. Und hier kommt das. Das ist ein kleiner Abschnitt aus dem Kapitel "Die young, Stay pretty". Das war mein Lieblingssong von Blondie, als ich 16 war. Das war noch so eine romantische Vorstellung von: "Okay. Und wenn mich jetzt ein Autounfall holt, dann ist meine Schönheit für immer konserviert." Naja, eigentlich nicht. Aber ihr wisst, wie ich es meine. So, das ist nicht das ganze Kapitel, aber ein kleines Stückchen. Da die Menschen nicht tot, Elend und Unwissenheit heilen konnten, sind sie, um sich glücklich zu machen, auf den Einfall gekommen, nicht daran zu denken. Und was könnte außer der andauernden Geschäftigkeit, die Pascal den Menschen als perfektes Ablenkungsmanöver auslegt, besser dazu dienen, den Tod zu verdrängen, als ihn und seine Vorboten aus unserem Sichtfeld zu verbannen? Bleiben wir für immer jung und unversehrt, dann werden wir ja wohl auch niemals sterben. Wo kein Alter, da kein Tod. Und als nichts Geringeres ist doch unser Bestreben zu betrachten, jegliche Zeichen von Verfall von unseren Gesichtern, Bäuchen, Hinterteilen fernzuhalten. Alte, Siche, Todgeweihte, erschrecken uns. Gerade in einer Gesellschaft, in der Tod weniger als Gewissheit, sondern als Folge schlechter Lebensentscheidungen gilt, schreibt Roland Schulz. Einer Gesellschaft, die jung oder alt kaum mehr als körperliche Zustände, sondern als Geisteshaltung begreift. 80 ist das neue, 60, 60 ist das neue 40.. Wenn wir so weitermachen, pinkeln wir mit 20 bald wieder in Windeln. Allein schon das Wort alt ist praktisch eine Beleidigung geworden, konstatieren Thomas Hohensee und Renate Georgi. Da wird lieber ausweichend von älteren Senioren, Silver Ager, Hochbetagte und Ähnlichem gesprochen, damit sich niemand auf den Schlips getreten oder vom kalten Hauch des Todes angeweht fühlt. Bloß nicht daran denken, bloß nicht daran rühren. Jede Falte ist eine Erinnerung an das Unsägliche. Hier kommt keiner lebend raus. Wie jedes Lebewesen auf dieser Erde kämpfen wir erbittert, wenn wir plötzlich sterben sollen. Und selbst wenn unsere Zeit schon lange abgelaufen ist, ringen manche von uns noch mit dem Ende. Unser Streben nach Jugend ist Selbsterhaltungstrieb und somit höchst natürlich, auch wenn er in Extremform praktiziert, oft jegliche Natürlichkeit vermissen lässt. Den Frauen, die ich auf Instagram und in den Restaurants beobachte, ist sofort anzusehen, Irgendetwas stimmt hier nicht. Diesen Part haben wir übersprungen. Anfangs beschreibe ich, wie ich immer wieder mit Frauen konfrontiert bin, vor allen Dingen in den sozialen Medien, aber manchmal auch in der realen Welt, die so perfekt durchoperiert sind, denen man trotz ihres schon auch fortgeschrittenen Alters überhaupt nicht ansieht, dass da eigentlich irgendetwas hängen müsste oder so, sondern da hängt einfach nichts. Sie sind einfach glatt bis obenhin. Also den Frauen, die ich auf Instagram und in den Restaurants beobachte, ist sofort anzusehen, Irgendetwas stimmt hier nicht. Lippen würden so nicht wachsen, Brüste würden so nicht stehen, Haut wäre nie im Leben derart straff. Und auch Männern bleiben längst nicht nur lässige Sneaker, schnittige Karren und Geliebte, die ihre Töchter sein könnten, um sich den Gedanken an den eigenen Verfall vom Leib zu halten. Auch sie gönnen sich inzwischen Botox Behandlungen, Facelift, Haartönungen und trainieren gegen ihren an. Jung sein, wollen alle Geschlechter. Und doch möchte ich eine kleine Unterscheidung einwerfen: Frauen trifft es in einer patriarchalen Gesellschaft besonders hart. Die Forschung legt es leider offen: Ein jung wirkender Körper simuliert Fruchtbarkeit und wird von Männern aller Altersklassen als deutlich begehrenswerter wahrgenommen. Andererseits ist es so wichtig, immerzu und jederzeit von so vielen Männern wie möglich begehrt zu werden?So oder so. Kosmetische chirurgische Eingriffe nehmen mit jedem Jahr zu. Auch in den jüngeren Altersgruppen. Als ich noch Teenager war, war alles, was wir tun konnten, uns auf Modelmaße runterzuhungern. Heute sind Arschimplantate und Wangenfettentfernung eine durchaus realistische Option, vorausgesetzt, wir verfügen über das nötige Kleingeld. Das Buch ist jetzt ein Jahr alt. Also es ist nicht ein Jahr alt, aber ich habe es vor einem Jahr geschrieben und inzwischen, gab es damals noch nicht so flächendeckend, lassen sich 20-jährige präventiv Botox spritzen. Das ist jetzt irgendwie ganz groß Baby Botox, also noch bevor irgendwelche Falten entstanden sind. Es geht rasant. Verstehen Sie mich nicht falsch, Es ist großartig, die Möglichkeit zu haben, den eigenen Körper nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Nicht alles an ihm ertragen zu müssen, was wir nicht ertragen wollen. Was für ein Geschenk, dass wir weder so aussehen noch so leben müssen wie unsere Großmütter. Sicher sind auch Ihnen schon Memes begegnet, in denen den 50-jährige Fernsehstars von heute mit 50-jährigen Fernsehstars von vor 30 Jahren verglichen werden. Die einen straff und heiß, als kämen sie gerade von einem Pornodreh. Die anderen alt und grau, als sie ihre Socken stricken. Ihr letztes, noch verbliebenes Hobby. Auch wenn das natürlich heillos übertrieben ist, ist das nicht abzustreiten. Die älteren Generationen von heute sind gesünder, vitaler und insgesamt fresher als ihre Vorgängerinnen und Vorgänger. Sie tragen Jeans mit Fransen dran, tanzen Salsa und fliegen nach Afrika auf Safari. Wie die beiden Seniorinnen, die sich mit mir vorhin das 4er-Abteil im Zug geteilt haben. Es war geradezu beängstigend, mit welcher Begeisterung sie sich über den WhatsApp Status ihrer sich gerade am Gardasee befindlichen, nichts als einen Bikini tragenden Freundin hermachten. Ihre Haare waren besser gefärbt als meine. Ihr Make up perfekt. Wem wollte man solch ein schönes Leben schon missgönnen? Doch das wahre Problem ist nicht das Wahren von Jugendlichkeit. Es ist die Angst vor dem Alter. Die Beautybranche ist dafür berüchtigt, angebliche Problemzonen selbst zu erschaffen und dann die Lösung dafür zu verkaufen. Was wir nicht alles an Tigelchen und Tübchen und Prozeduren brauchen, um jung, straff und schön zu bleiben. Noch so jung, straff und schön wie die fotogeschoppten Models, die diese Produkte präsentieren, werden wir niemals werden, egal wie sehr wir uns anstrengen und wie viel wir bezahlen. Das ist eine Unart des Kapitalismus, den Menschen in ewiger Unzufriedenheit zu halten, denn maximale Unzufriedenheit verspricht den maximalen Profit. Und mit der Angst vor dem Tod kann man erst so richtig Asche machen. Für das Jahr 2022 wurde der weltweite Anti Aging Markt auf 64 Milliarden US Dollar geschätzt. Bis 2032, also innerhalb von zehn Jahren, soll sich die Summe in etwa verdoppelt haben. Es ist verrückt. Wir alle wollen möglichst alt werden, aber um nichts in der Welt wollen wir so aussehen. Dankeschön! Das ist so lieb wie Sie immer so nach meinem Dankeschön ganz artig klatschen. Ich mag das sehr! #00:43:32-1#

Grazyna Wanat: Ja, es ist mir auch aufgefallen, dass tatsächlich alt werden peinlich ist. Man versucht das irgendwie nicht. #00:43:41-5#

Katja Lewina: So ein persönliches Versagen. Irgendwie. #00:43:44-0#

Grazyna Wanat: Ja genau. Also, ich werde. Jetzt sage ich es laut. Ich werde in zwei Monaten 60 und es kostet mich eine Wahnsinns Überwindung, das laut zu sagen. Habe ich mir gedacht, als ich da die Fragen vorbereitet habe. Dann sagte ich: "Okay, wenn es die Gelegenheit gibt, Ich oute mich!" #00:43:59-3#

Katja Lewina: Herzlichen Glückwunsch zum Outing! #00:44:03-0#

Grazyna Wanat: Ja, falls keine Fragen gekommen sind in der Zwischenzeit. In dem Buch schreiben Sie auch zum Beispiel, Was will ich hinterlassen? Das letzte Hemd, Was will ich hinterlassen? Und dann beschreiben Sie die Sachen, über die man nachdenken könnte, vom Testament oder Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung angefangen, aber auch viele anderen Sachen. Gibt es Entscheidungen, die Sie getroffen haben wegen diesen Überlegungen? Also nicht nur Überlegungen, was man machen könnte bzw. sollte, sondern tatsächlich beruflich was Neues oder privat was Neues, also komplett was umgeworfen, weil wir sterben. Keine Zeit für Bullshit. Jetzt mache ich es ernst. #00:44:48-5#

Katja Lewina: So eine, so eine tricky Frage. Weil ich nämlich sagen würde, wenn man mich von außen betrachtet, dann so, guck wie ist mein Leben heute, wie ist mein Leben damals? Ich mach noch den selben Beruf. Ich wohne in derselben Wohnung. Ich habe okay, ich habe ein Kind weniger, aber das war nicht meine Entscheidung. Ich lebe immer noch mit meinem Exmann zusammen. Es ist keine freiwillige Entscheidung. Der Wohnungsmarkt gibt nichts her. Aber wir leben immer noch zusammen und sind uns auch ganz grün. Es hat sich gar nicht so vieles geändert. Ich schreibe immer noch Bücher, sitzt immer noch auf Bühnen. Das funktioniert alles. Aber ich würde sagen, wer mich von innen sehen würde, das ist ein ganz, ganz anderer Kosmos inzwischen, einfach weil solche Dinge einen umkrempeln. Und dann kriegt man sich nicht mehr zurückgekrempelt. Viele Dinge sind völlig anders geworden. Ich lebe sehr viel langsamer. Das ist zum einen durch meine Krankheit bedingt, dass ich eben auf Stress und geilen Scheiß wie Alkohol, Koffein usw. versuche zu verzichten. Ich mute mir nicht mehr ganz so viel zu. Ich nehme mir auch wirklich sehr viel Zeit für meine Begegnungen. Ich habe sehr abgespeckt, was mein Freundes und Bekanntenkreis angeht. Das hat sich schon verändert, dass ich merke, es gibt Leute, die tun mir jetzt nicht so wahnsinnig gut und wiederum andere, von denen ich früher nie gedacht hätte, dass sie mir so ans Herz wachsen würden, sind jetzt dazugekommen. Also wenn ich das so runterbrechen könnte, dann würde ich sagen, dass man so mit so einschneidenden Erfahrungen, das müssen gar nicht so Todeserlebnisse sein oder so schlimme Diagnose. Es kann ja auch, weiß ich nicht eine Trennung sein, oder irgendeine andere Krise, psychische Erkrankungen oder was auch immer, dass die schon, wenn die so was Aufrüttelndes haben, einen näher zu sich selber bringen und man dann merkt: "Okay, das will ich, das will ich nicht. Das will ich, das will ich nicht. Das tut mir gut und das nicht." Und ich kann wirklich alle nur dazu ermutigen, dann auch die nötigen Schritte zu gehen und da sich selber zu glauben. Weil ich glaube, näher als in solchen Situationen kommen wir uns eigentlich gar nicht. Wenn es uns gut geht und alles läuft, dann haben wir ja auch oft gar keinen Grund, uns zu bewegen oder zu gucken, wie könnte es eigentlich noch besser sein? #00:47:06-6#

Zuschauer: Ich habe sogar zwei Fragen. Das ist ja dann jetzt trotzdem schon ein paar Jahre her, dass dein Sohn gestorben ist und du deine Diagnose bekommen hast. Hast du so nach vier Jahren mal wieder so, dass dir auffällt, dass das wieder so ein bisschen in Vergessenheit gerät und man doch wieder in so "ich lebe jetzt mal so vor mich hin" geht. Das war die erste Frage und die zweite wäre: Ich kenne das so, wenn montags schon auf der Arbeit ätzend ist und ich weiß, die ganze Woche bleibt, dann denke ich manchmal so. Alter, diese Woche verbrenne ich so die ganze Woche meine Lebenszeit mit Zeug, wo ich eigentlich keinen Bock drauf habe. Aber dann, also so weit denke ich schon. Aber dann denke ich mir, das ist jetzt die eine Woche, die kriegst du auch rum. Dann schiebe ich das so ein bisschen weg. Merkst du bei dir, da du da näher dran bist als ich, dass dir das in so einer Situation schwerer fällt, da drin zu bleiben als vielleicht früher? #00:47:53-9#

Katja Lewina: Okay, jetzt muss ich mich sammeln. Muss ich ganz kurz zurückkommen zu der ersten Frage, ob das jetzt in den Hintergrund rückt. Ich habe das Gefühl, ehrlich gesagt, dass es mehr in den Vordergrund rückt, aber auf eine ruhigere Art und Weise. Also am Anfang ist die Trauer ja rasend und ich weiß auch noch, dass ich schon das Bedürfnis hatte, auch vor dieser Trauer irgendwie wegzulaufen, phasenweise. Also, dass ich dann eine Pause brauchte und dann viel feiern gegangen bin, irgendwie mich mit Freunden getroffen habe, auch viel getrunken habe. Also einfach, weil ich irgendwie mal an was anderes denken wollte und irgendwie mal wieder so ein bisschen Leben spüren wollte. Ich würde sagen, in den ersten ein, zwei Jahren gab es so diese zwei Pole von rasender Trauer und diesem so ein bisschen sich daraus stehlen auch auf eine Weise rasend vielleicht. Und jetzt ist es so, dass ich diese Flüchte nicht mehr brauche und das sehr viel ruhiger mir angucken kann, aber es dadurch auch präsenter ist. Also es ist einfach immer da und es ist manchmal stärker und es ist manchmal schwächer. Aber so wie ich das mitbekommen habe von Menschen, die das schon ein paar Jahre länger machen als ich, ist das auch etwas, das nicht weggehen wird. Also klar ist man halt irgendwann in der Lage, wieder ein normales Leben zu führen, aber das begleitet einen wirklich immer. #00:49:11-3#

Zuschauer: Aber ich meine auch ein bisschen einfach, dass dieses Bewusstsein da bleibt, dass das Leben endlich ist. #00:49:15-7#

Katja Lewina: Ach so, das meinst du? Ja, das spüre ich. Das spüre ich sehr, ja. Ich glaube aber auch, dass mir meine Erkrankung dabei hilft, weil ich tatsächlich auch physische Einschränkungen habe, die das mit sich bringt. Also alleine, wenn du dann da immer stehst und deine Tabletten einnimmst, ohne die du nicht leben kannst, dann ist das schon immer sehr, sehr deutlich. Oder wenn du dann mal irgendwie die vergisst oder so, dann genau. Und weißt du, ich komme auch irgendwie keine Treppe so richtig gut hoch und so, das ist schon so: "Okay, rennst du jetzt den Bus nach und stirbst oder nimmst du den nächsten?" Das klingt immer so ein bisschen. Also manchmal, wenn ich das erzähle und denke so: "Shite, ich bin 40 und erzähle, dass ich kein Bus nachrennen kann wie so eine alte Oma." Aber es ist eigentlich gar nicht so schlimm. Ich finde diese kleinen.... #00:50:02-3#

Grazyna Wanat: Nichts gegen alte Omas. #00:50:03-6#

Katja Lewina: Nein, aber das ist ja etwas, das man eher mit einer alten Oma assoziieren würde als mit einer jungen Oma. So ne, das ist einfach, es passiert einfach irgendwann. Also jedenfalls, ich habe mir das so mit 80 vorgestellt und nicht 40 Jahre früher. Aber es ist gar nicht so schlimm. Das ist wie gesagt einfach manchmal eine schöne Erinnerung von: "Okay, du hast nicht 1000 Jahre Zeit. Jetzt mach mal lieber schnell!" Ich habe ein bisschen Glück. Um jetzt mal auf die zweite Frage zurückzukommen mit dem "jetzt mal die die doofe Woche rumbringen usw. oder das halbe Jahr oder was auch immer". Sowas kann sich ja manchmal auch ein bisschen ausdehnen. Das gibt es natürlich auch bei mir, dass ich mich in Situationen wiederfinde, wo ich denke: "Scheiße, jetzt musst du einfach nur durchhalten und danach die Sintflut." Aber da bin ich inzwischen tatsächlich sehr, sehr viel pickier geworden. Und wie gesagt, ich habe das große Glück, dass ich einen sehr, sehr schönen Beruf habe. Und ich mache natürlich Abstriche dann auf einer anderen Ebene. Zum Beispiel, Ich bin freie Autorin, ich habe keine Anstellung. Wenn ich nicht arbeite, kommt kein Geld rein. Und manchmal ist es auch trotz Arbeit nicht besonders viel. Das ist auch ein Luxus, den ich mir gönne, Sachen machen zu können, auf die ich wirklich Lust habe und dann dafür aber auch vielleicht nicht so ein geiles Leben finanziell zu haben wie andere Leute, die einen festen Job haben und ewig krank sein können oder weiß ich nicht, ihre 30 Urlaubstage haben. Es ist immer eine Entscheidung. #00:51:32-3#

Zuschauer: Genau. Mich würde es interessieren, ob du Trauerbegleitung in Anspruch genommen hast oder sowas in der Art. #00:51:38-8#

Katja Lewina: Ich musste zum Glück nicht. Ich hatte wirklich Glück mit meinem Umfeld, mit meiner Familie, mit meinen Freundinnen, Freunden. Wir hatten auch in unserer Nähe, quasi in unserem ganz direkten Umfeld, zwei Familien, die schon jemanden verloren haben. Ein paar Jahre vorher, also da wusste ich einfach genau, mit wem ich sprechen muss, um mich aufgehoben zu fühlen oder um auch ein Gegenüber zu haben, der weiß, was ich brauche, wie es mir geht usw. Aber das war einfach Glück irgendwie und fühlte sich manchmal auch ganz übersinnlich an, so wie diese Todesfälle alle in einer Reihe standen. Und die sind jetzt auch alle beieinander beerdigt. Und das ist irgendwie ganz, ganz schön und ganz, ganz beruhigend immer gewesen. Aber ich kenne auch Leute, die total davon profitiert haben. Gerade wenn du eben niemanden hast, der dich da verstehen kann und nicht weiß, wie es dir geht, dann ist das eine super Sache. #00:52:30-6#

Zuschauer: Ja, du hast ja einen langen Weg hinter dir, sozusagen. Hast du dir auch so einen spirituellen Weg dir irgendwo aufgetan, oder irgendwie? #00:52:36-6#

Katja Lewina: Ich wünschte, ich wünschte wirklich. Ich beneide alle Menschen, die irgendeinen Glauben haben an irgendetwas, was auch immer das ist. Also ich habe auch einige sehr christliche Freundinnen. Die sind so unerschütterlich dann in ihrem Leben. Also das ist jetzt nur als Beispiel so, dass ist immer dieses Wissen: Egal was mir passiert, Gott hat mich an seiner Hand. Gott passt auf mich auf. Das ist alles nur irgendwie eine Prüfung, die ich überstehen muss. Und im Jenseits geht es dann weiter. Das sind natürlich wahnsinnig tröstliche Gedanken. Und ich wünschte, ich könnte so etwas empfinden. Also auch was so spirituelle Ideen angeht. Sowas wird natürlich auch an mich von allen Seiten immer wieder herangetragen. Diese Idee von "Das hat alles irgendeinen Sinn, wir erkennen es halt nur noch nicht. Und bestimmt ist dein Sohn immer noch bei dir." Das ist toll, wenn Leute das so empfinden können. Ich hab da irgendwie gar keinen Bezug zu. Und ich glaube, also ich bin wahrscheinlich einfach ein viel zu rationaler Mensch, dass wir dazu neigen, uns gerade was so etwas Finales und und Schreckliches oft ja auch wie den Tod irgendwie zu erklären und irgendwie da dann so ein Mysterium draus zu machen, damit es nicht ganz so schrecklich aussieht. Ich würde ja auch behaupten, dass sämtliche Religionen überhaupt erst entstanden sind, weil die Menschen Angst vor dem Tod hatten. Also alle diese Religionen, die wir haben, die wir kennen, selbst die alten Ägypter, eint ja immer dieser ganz, ganz große Jenseitsglaube und diese Hoffnung darauf, dass es dann irgendwie weitergeht. Und bei den Ägyptern, ihr wisst, was sie alles gemacht haben. Die waren ja total besessen vom Leben nach dem Tod. Und wir finden sie heute noch toll. Was die sich da zurecht gebaut haben, was die für Geschichten sich erzählt haben und letzten Endes, wer heute christlich oder spirituell ist oder egal, muslimisch, jüdisch, buddhistisch, lebst du halt irgendwie. Hat diesmal nicht gut geklappt. Machst du im nächsten Leben weiter. Also was kann es Schöneres geben als diese Vorstellung? Ich warte noch darauf, dass irgendwas kommt. Ich würde es mir wünschen. Es würde mich bestimmt sehr trösten. #00:54:48-9#

Zuschauer: Mich würde interessieren, ob es vom Prozess her einen Unterschied macht, ob man über Sex oder den Tod schreibt. Also Sie haben ja schon gesagt, der Tod wird noch mehr totgeschwiegen. #00:54:58-1#

Katja Lewina: Wow, was für ein Wortspie!. Dass ich darauf noch nicht gekommen bin... #00:55:03-4#

Zuschauer: Aber macht es für Sie als Autorin einen Unterschied? #00:55:08-1#

Katja Lewina: Also das hier ist ja ein sehr, sehr dünnes Buch, würde ich sagen. Es hat 150, 140 Seiten ungefähr. Das ist mein kleinstes Werk und ich habe ewig daran geschrieben. Es hat wirklich ewig gebraucht und es hat mich so viel gekostet. Es war leicht, es zu schreiben. Ich wusste genau, was ich da reinbringen will. Aber ich saß so viele Tage wirklich vor dem leeren Blatt, vor dem leeren Worddokument heutzutage, ohne dass da wirklich was rausgekommen wäre. Und weil ich einfach so unglaublich traurig war über das, was ich da schreibe. Und das würde ich schon sagen, dass das mich einfach sehr, sehr viel gekostet hat im Vergleich zu "Wo unterdrückt das Patriarchat die Frauen?" Was hat das alles mit mir zu tun? Das ging dann schon bedeutend leichter von der Hand. #00:55:56-5#

Grazyna Wanat: Kann man danach schreiben: Was kommt jetzt? #00:55:58-5#

Katja Lewina: Was kann jetzt noch kommen? Sex und Tod? Ich habe die beiden großen Themen der Menschheit einfach schon abgehandelt. Hier vorne ist noch eine Frage gewesen. Und dann verrate ich auch, was es noch gibt. #00:56:10-4#

Zuschauer: Jetzt bin ich wieder sprachlos. Aber es wartet schon eine Frage in mir. Wie sind Sie von dem "Nein" zum "Ja" gekommen? Von dem, nicht aushalten zu dem Annehmen? Das stelle ich mir wahnsinnig schwer vor. Sie haben es, glaube ich, aber auch selber mal in einem Interview gesagt, dass ist die Erlösung oder das ist der einzige Weg: Lernen, es anzunehmen. #00:56:29-8#

Katja Lewina: Auch da habe ich wieder Glück gehabt, dass ich schon so viele Dinge in meinem Leben erlebt habe, zu denen ich ein ganz, ganz großes "Nein" hatte. Wo ich aber gelernt habe, dass ich nicht weiterleben kann, wenn ich nicht akzeptiere, was passiert ist und das einfach mitnehme als Teil von mir selber, von meiner Biografie. Und genau so ging es mir dann auch in diesem Fall. Das ist etwas, wo für mich einfach kein Weg dran vorbei geht. Und ich kann auch gar nicht so genau sagen, wie man das macht, was das für ein Schalter ist, den es da umzulegen gilt. Ich will einfach so, so so gerne leben und ich lebe so gerne. Ich finde, das ist so schön und so ein tolles Geschenk, auf dieser Welt zu sein. Das empfinde ich jetzt noch viel mehr so als vorher, oder wahrscheinlich kann ich es jetzt erst so richtig spüren, ohne dass das so eine blanke Theorie geblieben wäre. Und ich bin einfach überzeugt davon, dass um gut leben zu können und Freude und Liebe und all das Schöne haben zu können,man das Schlechte, So nenne ich es jetzt einfach mal, obwohl schlecht ein blödes Wort ist, aber das Schlechte wirklich akzeptieren muss, wenn man nichts mehr daran ändern kann. Und ich weiß nicht, wer diesen Begriff geprägt hat, ob es den irgendwie, ich weiß nicht, ich hab den irgendwo aufgeschnappt, diese Idee der radikalen Akzeptanz. Zu sagen: "Okay, so ist es jetzt gewesen und wie kann ich weitermachen?" Und das bedeutet übrigens überhaupt nicht, diese schlimmen Sachen zu vergessen oder zu verdrängen oder irgendetwas. Das bedeutet, sie anzunehmen und traurig zu sein und zu leiden und zu wüten. Aber ich glaube, je mehr wir leiden und je mehr wir wüten und zwar je mehr wir das wirklich tun. Ich meine jetzt nicht Jammerei oder irgendwie so was, sondern wirklich in diese Gefühle reingehen, desto eher gehen die weg und desto eher können wir mit ihnen auch leben so. Und dann kommt das ja. #00:58:25-6#

Zuschauer: Danke! #00:58:26-0#

Katja Lewina: Ja, auf jeden Fall. Also, das ist, glaube ich, wirklich Teil dieser Akzeptanz. Ich finde tatsächlich diesen Gedanken, dass der Tod auch oder die Gewissheit des Todes auf eine Weise frei machen kann. Oder die Gewissheit, dass wir es auch nicht wissen, Das so als großes Ganzes, als großes Paket, total schön. Das denke ich nämlich auch ganz oft, also der Tod ist ja etwas, dass wir überhaupt nicht in der Hand haben. Wir können ganz alt sterben, wir können ganz jung sterben, wie ich jetzt auch gelernt habe. Das ist etwas, das wir überhaupt nicht kontrollieren können. Wir können uns total gesund fühlen, aber eigentlich wartet schon eine Krankheit zum Beispiel in unserem Körper. Oder wir haben einen Unfall. Jeden Tag, jede Minute kann uns irgendetwas zustoßen. Und wenn man sich das so vergegenwärtigt, wie unsicher das Leben eigentlich ist und wie unsicher viele, viele Dinge sind, die uns im Leben widerfahren. Wir schließen Versicherungen ab gegen alle möglichen Schäden, wir bunkern unser Geld bei der Bank, wir legen immer irgendwas zurück für die Rente, wir geben uns treue Versprechen, wir wollen für immer zusammen sein. So, und trotzdem können auch all diese Dinge zu Ende gehen. Wir können eigentlich für gar nichts garantieren. Für nichts. Und wir haben so ein großes Glück, dass wir hier in so einem sicheren Land uns befinden, bei halbwegser Gesundheit mit einem tollen Sozialsystem, das ist so fantastisch. Aber auch das ist nicht für immer. Und es ist ein super befreiender Gedanke für mich, immer wieder auch zu merken, Ich habe eben nicht alle Dinge in der Hand, Ich kann nicht mein ganzes Leben kontrollieren. Das ist ein bisschen beängstigend, aber das ist auch so, ich finde, das entlastet auch total. Zu wissen, ich bin nicht für alles verantwortlich. Ich bin nicht an allem schuld, was in meinem Leben ist. Dinge geschehen ohne mein Zutun. Ich darf mich auch zurücklehnen. #01:00:14-0#

 

Zuschauer: Ich habe auch keine Frage. Ich möchte auch nur einen Beitrag leisten. Ich h

Mitschnitt einer Liveveranstaltung mit der Autorin Katja Lewina

In ihrem Buch  „Was ist schon für immer“ setzt sich Katja Lewina mit Sterblichkeit, Verlust und der Frage auseinander, was unsere Endlichkeit mit uns macht: mit der Liebe, mit der Familie, mit unseren Entscheidungen fürs Leben. Elf Kapitel, ganz ohne Carpe-diem-Plattitüden – dafür mit viel Klarheit, Humor und einer ordentlichen Portion No-Bullshit-Sauce. So auch das Gespräch mit der Autorin: ernst, berührend, aber auch erstaunlich leicht und oft voller Lachen.
Katja Lewina weiß, wovon sie spricht: Sie lebt seit zwei Jahren mit einer schweren Herzerkrankung, die sie jederzeit das Leben kosten kann. Die Diagnose bekam sie kurz nach dem plötzlichen Tod ihres siebenjährigen Sohnes. Sterben ist für sie kein abstrakter Gedanke, sondern Teil des Alltags.

Katja Lewina schreibt als freie Autorin für zahlreiche namhafte Medien. Bekannt wurde sie mit ihren Büchern Sie hat Bock (2020), Bock. Männer und Sex (2021) und EX (2022). Katja Lewinas neues Buch „Wir können doch Freunde bleiben. Trennungsgeschichten aus der Hölle“ erschien am 10. Oktober 2025 im DuMont Verlag.

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Über die Reihe  „Sachbuch des Monats“ – es ist völlig klar, dass sich ein umfassendes Sachbuch in nur 90 Minuten nicht gründlich besprechen lässt. Und doch bieten die Veranstaltungen in der Reihe „Sachbuch des Monats“ eine ganze Menge von Entdeckungen, Denkanstößen und Inspirationen. Wenn Sie offen sind für neue Themen, unterschiedliche Herangehensweisen und interessante Begegnungen, ist diese Reihe perfekt für Sie. Mit jedem Titel setzen wir ein neues Thema, das (gerne kontrovers!) diskutiert werden kann. Sie müssen nicht zwingend das Buch bereits gelesen haben. Jedes Buchgespräch wird von einer anderen Referentin bzw. einem Kursleitenden moderiert, die/der einen speziellen Bezug zum besprochenen Thema hat. Ab und zu stellt auch die Autorin oder der Autor selbst das eigene Buch vor.

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Aufgenommen am: Mittwoch, 20. März 2025
Veröffentlicht am: Donnerstag, 30. Oktober 2025
Moderation: Grazyna Wanat
Im Gespräch: Katja Lewina

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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede zweite Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch. 

Wen sollen wir noch befragen - haben Sie Ideen und Anregungen? Oder möchten Sie Ihre eigenen „Glücksmomente“ (manchmal am Ende des Interviews zu hören) an uns schicken? Schreiben Sie uns an