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Julia Ebner und Fabian Schäfer, wie nutzen neue Technologien die menschliche Psyche aus?

Katharina Mittenzwei: Eine neue Folge der Kontaktaufnahme ist da. Mein Name ist Katharina Mittenzwei, und ich durfte am 26. Juli 2023 eine hochspannende Veranstaltung mit dem Titel "radikalisierte Mitte. Warum die Anfälligkeit für radikale Ideen steigt", begleiten. In einem Podiumsgespräch tauschten sich Dr. Julia Ebner und Dr. Fabian Schäfer über ihre aktuellen Bücher aus. Das sind Massenradikalisierung von Julia Ebner und konnektiver Zynismus von Fabian Schäfer. Beide Bücher legen den Finger in die Wunde unserer Gesellschaft, einer scheinbar immer weiter nach rechts rutschenden Mitte. Bevor wir nun in die Aufnahme des Gesprächs schalten, noch eine kurze Vorstellung der Akteur*innen: Dr. Julia Ebner forscht in London und Oxford zu Extremismus. Als Expertin berät sie Regierungsorganisationen und Polizeiorgane sowie die UN, NATO und die Weltbank in Fragen des Extremismus. Ihr Buch "Massenradikalisierung", erschienen im Surkamp Verlag 2023, beschäftigt sich mit der Frage, warum Menschen aus der Mitte der Gesellschaft so anfällig für radikale Ideen geworden sind und welche Strukturen und Mechanismen dahinter stehen. Für das Buch recherchierte sie undercover bei rechtsextremen Verschwörungsgläubigern und Reichsbürger*innen. Dr. Fabian Schäfer hat die Professur für Japanologie an der Friedrich Alexander Universität in Erlangen/Nürnberg . Er forscht zur digitalen Transformation der politischen Öffentlichkeit und beschäftigt sich dabei mit social bots und Hate speech sowie der sprachlichen Normalisierung von neurechten und rechtspopulistischen Diskursen in Japan und Deutschland. Sein Buch "konnektiver Zynismus", 2023 im Verlag Transkript erschienen, veranschaulicht, wie Rechtspopulist*innen, Internet Trolle und Influencer mit menschenverachtenden Humor und antidemokratischen Diskursstrategien die Grenzen des Sagbaren in eine radikale Richtung verschieben. Und nun erst mal euch und Ihnen eine spannende Diskussion. #00:02:18-9#

Dr. Julia Ebner: Ja, vielen herzlichen Dank für die für die schöne Vorstellung und danke, dass Sie heute alle gekommen sind. Schönen guten Abend! Ich werde ein paar Worte zuerst sagen zur Entstehungsgeschichte von diesem letzten Buch, von "Massenradikalisierung", meinem dritten Buch, und dann werde ich Fabian das Wort überlassen, der das gleiche tun wird, und wir werden dann ins Gespräch kommen und dann auch natürlich Fragen aus dem Publikum entgegennehmen. Wenn es dazwischen ganz wichtige Verständnisfragen gibt, können Sie uns auch einfach ein Handzeichen geben. Ich hab vor mittlerweile drei Jahren das Buch "Radikalisierungsmaschinen" veröffentlicht, vier Jahre mittlerweile sogar schon, und habe in diesem Buch mich vor allem mit Randphänomenen beschäftigt, mit extremistischen Gruppierungen, die damals noch sehr stark in den dunkelsten Ecken das Internets zu finden waren und vielleicht geheime Treffen in Airbnbs veranstaltet haben, und ich bin dafür schon undercover gegangen, mit zum Beispiel dschihadistischen Gruppen, IS Hacker Gruppen und auch rechtsextremistischen Gruppen, wie zum Beispiel Neonazi Bewegungen und die Identität der identitären Bewegung, und war auch bei Verschwörungstheoretiker Communitys, wie zum Beispiel QAnon, ich sage, dann gleich ein paar Worte zu der Bewegung. Aber damals war es auf jeden Fall so, dass das noch wirklich sehr stark ein Randphänomen war, und was mich jetzt im Laufe der letzten Jahre dazu motiviert hat, dieses neue Buch zu schreiben, war tatsächlich, dass man immer mehr gesehen hat und ich teilweise in Realzeit beobachten konnte, wie die Sprache, die Narrative, die Symbole und die Erzählungen immer weiter in die Mitte der Gesellschaft vorgerückt sind, von diesen extremen Bewegungen, wie zum Beispiel Verschwörungsideologien von QAnon und vom großen Austausch immer mehr, auch sozial akzeptabler, anschlussfähiger wurden und auch bei Massen Straßenprotesten oder groß angelegten Kampagnen im Internet zu finden waren. Ein großer Wendepunkt für mich war, als ich 2021 mehr oder weniger live mitverfolgen konnte, wie sich QAnon Anhänger und Verschwörungstheoretiker in den USA zum Sturm auf das Kapitol verabredeten. Also man hat hier schon im Vorfeld vom Sturm auf das Kapitol, und das Untersuche ich auch gleich im eingangs Kapitel vom Buch gesehen, wie da die Gespräche in den Chats ablaufen, also dass das fast eine soziale Komponente auch hatte, wo Menschen sich zum ersten Mal in Echt treffen wollten, wo alle aufgeregt waren, sich schon, das sich schon Zimmer im Trump Hotel gebucht hatten, und und vor allem radikale pro Trump Anhänger, die zum Beispiel auch an Wahlbetrugs, narrative glaubten, sich hier zuerst online abgesprochen haben, aber diese Worte dann auch in Taten umwandeln wollten und auch wirklich in der Realität ein Zeichen setzen wollten. Und da haben auch Studien und Analysen ergeben, dass viele diese Randalierer bei diesem US Sturm auf das Kapitol am 06.01.2021 ganz durchschnittliche Amerikaner waren. Das waren keine Mitglieder von extremistischen Bewegungen, von Neonazi Gruppen oder Milizbewegungen, sondern das waren einfach zum Teil Trump Anhänger und durchschnittliche Bürger*innen und auch Studien der University Of Chicago haben gezeigt, dass diese Ideen und diese ideologische Motivation hinter diesem Sturm auf das Kapitol ganz stark verbreitet ist in den USA, und das insgesamt über 10 Millionen US-Amerikaner ideologisch hinter dem Sturm auf das Kapitol stehen oder gestanden sind. Und das hat mich eigentlich dazu gebracht, dieses neue Buch zu schreiben, und ich habe mir natürlich nicht nur die USA angeschaut, sondern vor allem auch den Blick auf Deutschland gerichtet und auf Europa und generell diese, diese immer mehr in die Mitte rücken der extremistischen Narrative aus einer globalen Perspektive betrachtet. In Deutschland haben Studien ergeben, dass mittlerweile also die Konrad-Adenauer Stiftung hat eine Studie herausgegeben, dass 10 Prozent der Deutschen mittlerweile Reichsbürger nahe und antidemokratische Einstellungen haben. Und wir hatten natürlich auch in Deutschland den Vorfall schon vor dem US Sturm auf das Kapitol mit dem versuchten Sturm auf den Reichstag und diverse, auch Reichsbürger Plots, also zum Beispiel der Großangelegte Plot, wo das Ziel war, die Regierung zu stürzen, auch wenn das nicht erfolgreich war. Es gibt trotzdem Anzeichen, dass es hier ein wirklich gravierendes Problem auch für unsere Demokratie gibt und eine gravierende Bedrohung. Genau also in diesem neuesten Buch habe ich auch zum Teil wieder undercover, sowohl online als auch offline, mit weißen Nationalisten und Identitären gesprochen, aber auch mit Verschwörungstheoretikern von QAnon. Vielleicht ein paar Worte zu QAnon, weil nicht alle wissen, was QAnon ist. QAnon eine ursprünglich eine US amerikanische Randbewegung, ein Verschwörungsmythos, dass die Idee verbreitet, dass die Clinton Familie im Untergrund von Washington DC, ein pädophilie Netzwerk oder ein Kindermissbrauch Netzwerk anleitet. Das war so der Ursprung von 2017, und diese Idee hat sich aber im Laufe der letzten Jahre immer mehr international verbreitet, mittlerweile Millionen von Anhänger*innen weltweit erhalten und hat vor allem mit Ausbruch der Pandemie sich rasant verbreiten können. Und mittlerweile wurde diese Idee verknüpft mit zum Beispiel Anti Covid Ideen, mit Impfgegner, Narrativen, aber auch mit anderen Ideen zu Migration, mit politisch relevanten und aktuellen Ereignissen. Und auch in Deutschland ist die pädophilie Bewegung eine eine wachsende, eine stetig wachsende und einer, die doch politisch eine politisch signifikante Bewegung ist.ja, ich belasse es jetzt mal hier, aber wir werden dann gleich ins Gespräch einsteigen, vielleicht als Einstieg zu meinem Buch. #00:09:10-1#

Dr. Fabian Schäfer: Ja, vielen dank. Ich beschäftige mich schon seit ich würde sagen, sechs, sieben Jahren mit den Ausprägungen von dem, was ich so als digitale Transformation von Politik bezeichne, und damit meine ich vor allen, wie sich Sprache verändert hat, also wie bestimmte Begriffe in die Alltagssprache eingesickert sind. Du hast den Begriff des großen Austausches genannt. Das ist ein Begriff, den wir vielleicht auch gleich kurz erklären können, weil der ist sehr, oder. Daran lässt sich sehr, sehr gut verstehen, was damit eigentlich gemeint ist und was auch das Problem daran ist und wie diese diese Begriffe, hinter denen sich eine bestimmte Ideologie verbirgt, die aber nicht offensichtlich ist, also keine offensichtlich rechtsextremistischen Begriffe sind, die aber eine sehr, sehr menschenfeindliche Ideologie in sich tragen, wie die sich über die Alltagssprache ausbreiten, über unterschiedliche Medien und dann auch in den politischen Diskurs einsickern. Also, wir haben in Deutschland die AfD als rechtspopulistische Partei auf nationalem Niveau, und die verwendet solche Begriffe in ihrem politischen Programm, aber auch im politischen Diskurs, und ich mache das also. Wir haben gehört, ich bin eigentlich beruflich Japanologe. Ich mach das Vergleichen, also ich beschäftige mich mit diesen Prozessen der Ausbreitung von diesen Begriffen, diesen Sprachen oder kurz kann man vielleicht auch nennen in Japan, in Deutschland und in den USA, und ich vergleiche. Das heißt, ich habe von Anfang an so eine internationale Perspektive darauf, und dann habe ich sehr schnell gemerkt, dass diese Prozesse eigentlich überall ablaufen. In den meisten demokratischen Ländern, Kulturen finden wir solche Entwicklungen und die sind natürlich nicht sprachlich immer eins zu eins, die gleichen, also den Begriff des "großen Austausches". Den gibt es in Japan so verbreitet nicht, aber es sind ähnliche Strukturen, die dahinter stecken. Es sind ähnliche Akteure, Akteurinnen, also vor allen dingen Rechtspopulistinnen, aber auch bestimmte Internet sub communitys, die zum Beispiel der Gamer Kultur nahestehen. Ähm, wo sich ähnliche Mechanismen finden, wo also mit Sprache versucht wird: Die Kultur, die Alltagssprache und dann längerfristig auch die Politik zu verändern. Und das war das Anliegen, dieses Buch zu schreiben, und das Problem, was ich immer gesehen habe, ist, und ich glaube, das ist auch, warum wir von Mitte reden und Radikalisierung der Mitte ist, dass der Begriff des Rechtsextremismus oder des Faschismus, findet man auch gerne darauf nicht zutrifft, weil er bestimmte Bedingungen nicht erfüllt, die wir als faschistisch oder rechtsextremistisch definieren würden. Also in Deutschland, Sprache, die dem Nationalsozialismus entstammt, ist eindeutig als rechtsextrem identifizierbar. Was machen wir mit solchen Begriffen wie der "große Austausch", die sozusagen nur was verklausulieren, aber eigentlich eine menschenfeindliche Ausländer*innenpolitik, fordern oder beinhalten, umfassen und dieses Spektrum, was sozusagen nicht extrem rechts ist, auch nicht extrem links ist. Wie bezeichne ich das, wenn ich das nicht als faschistisch bezeichne ? Ich bin dann mit dem mit dem Begriff des Zynismus. Aber da können wir gleich noch drüber reden, dahergekommen und versuche, eine zynische Haltung zu beschreiben, die sich meines Erachtens sehr, sehr stark ausgeprägt hat und sich in den unterschiedlichen Kulturen, aber auch im politischen Diskurs finden lässt. Und das Buch selbst ist eigentlich so entstanden, dass ich sehr viel gelesen habe. Und es gibt sehr, sehr viele Bücher, die sich mit diesen Subkulturen beschäftigen, die sich mit Gaming Kulturen, die irgendwie sehr toxisch, maskulinistische sind, beschäftigen. Es gibt sehr, sehr viele gute Bücher über Rechtspopulismus, und es gibt sehr, sehr viele Bücher darüber, was soziale Medien sind, und ich in dem Buch eigentlich versuche, diese drei Dinge zusammenzudenken. Also ich will untersuchen, was hat das, was wir heute in der Politik sehen, mit sozialen Medien zu tun? Bei Trump hat man das sehr, sehr deutlich gesehen. Der war sehr geschickt darin, diese sozialen Medien einzusetzen. Was hat das mit einem kulturellen Wandel zu tun? Also wie verändern sich Subkulturen im Internet, und was hat das ganze mit Politik zu tun? Und diese drei Dinge will ich irgendwie zusammendenken, und ich glaube, dass ich dafür diesen Begriff des "Zynismus" benötige. Daher ist er auch im Titel. Das ist ein Begriff, der glaube ich, einer Alltagssprache gebraucht wird, aber der vielleicht definitionswürdig oder notwendig ist, den zu definieren. Ja, das war das Anliegen sozusagen, warum ich dieses Buch geschrieben habe, weil ich irgendwie eine Lücke vermutet habe, sowas wie eine Begrifflichkeit zu finden, wie wir das beschreiben, was wir beobachten und was du auch in deinen Büchern beschrieben hast. #00:13:53-5#

Katharina Mittenzwei: Das ist total spannend. Vielleicht, um gleich hier anzusetzen, kannst du eine kurze Erklärung geben, wie dieser Begriff des konnektiven Zynismus, wie du auf den gekommen bist und was da genau aussagt. #00:14:04-9#

Dr. Fabian Schäfer: Also stecken also, das Buch hat einen komplizierten Titel mit zwei Wörtern, die eigentlich niemand auf anhieb versteht, und wenn ich jetzt das Buch nochmal schreiben würde oder den neuen Titel geben würde, hätte das vielleicht einen ganz anderen Titel, vielleicht eingängiger Titel. Aber mir war es eigentlich wichtig, dass diese beiden Begriffe da sind, weil ich glaube, die versuchen oder man versucht, damit etwas wichtiges auszusagen. Zynismus ist eigentlich würde man, oder bezeichnen zwei Denker, Sloterdijk und Žižek, also zwei Philosophen als aufgeklärt falsches Bewusstsein. Hört sich total paradox an, ist eigentlich auch paradox. Und wenn man jetzt sich anschaut, was ist denn ein aufgeklärtes, falsches Bewusstsein, dann ist es eigentlich heruntergebrochen ein Mensch oder eine Person, eine Haltung, die weiß, dass sie was Falsches tut, aber es trotzdem tut. Ähm, und ich glaube, es gibt so ein Alltags Zynismus. Das ist vielleicht eine Krankheit der spätkapitalistischen Moderne in der wir leben. Also wir haben Handys, und die kommen aus China, und wir sind uns darüber klar, dass die unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt werden. Wir setzen uns in Flugzeug, um in den Urlaub zu fliegen, und wir wissen, dass das zum Klimawandel beiträgt. Also wir leben sozusagen in so einer konstantinischen Haltung, in unserer eigenen, in unserem eigenen Leben. Aber ich glaube, das ist nicht das, was ich mit Zynismus meine, weil ich glaube, richtig zynisch wird. Also der ist eigentlich, man kommt, man kann nicht die Welt auf einmal ändern, also zu einer gewissen Art gehört das zu unserem heutigen Leben dazu. Aber wenn es wirklich zynisch wird, ist, wenn Dinge, wenn Politiker*innen Dinge sagen, im vollen Bewusstsein, dass sie damit Schaden anrichten, im vollen Bewusstsein, dass sie damit die Demokratie destabilisieren und sie das nur zu ihren eigenen Zwecken tun, und genauso ist es zynisch, im Internet antifeministische, sexistische Witze zu machen, und man weiß, dass es eigentlich ein sexistischer, rassistischer Witz ist, und aber sich so eine Kultur entwickelt hat im Internet, die wir heute beobachten können. Man kann, glaube ich, inzwischen Dinge sagen, die man früher nicht mehr uns, die man früher nicht hätte unsanktioniert, sagen können, dass das sozusagen auch eine Art ist, die das Internet mit sich gebracht hat als Kultur also eine zynische Kultur, einen zynischen Humor. Ich glaube daran schließt dann auch der Begriff der Konnektivität an. Aber vielleicht fangen wir mit dem der Massenradikalisierung an. Vielleicht hat das irgendwie. Können wir das verbinden mit mit dieser Haltung, mit dieser Ambiguität, die sich in dem Zynismus zeigt. #00:16:31-0#

Dr. Julia Ebner: Ja, ich denke schon, es ist ja interessant, dass viele der Online Subkulturen, die ursprünglich gar nicht so politisch waren, wahrscheinlich in die Richtung, also immer zynischer geworden sind, ich hätte gesagt, immer radikalisierter auch geworden sind im Laufe der letzten Jahre, also gerade bei diesen hobby communities wie auf image sports wie 4chan und so weiter, Anime Liebhaber oder die Videospiel Subkultur im Internet, da ist schon sehr vieles wahrscheinlich an diesem Zynismus auch entstanden, eigentlich dieser politischen Korrektheit, ähm, und den Wunsch, Tabus zu brechen. Und um diese Tabus zu brechen, wurden dann immer mehr politisch inkorrekte Scherze gemacht, und das natürlich dann zum Teil schon auf Kosten von Minderheiten und auf Kosten von dämonisierte Außengruppen, Fremdgruppen, und das hat zu einer ganz eigenen kulturellen Entwicklung geführt, haben ja auch viele der extremistischen Gruppen, die ich schon vor vier Jahren beschrieben habe in meinem letzten Buch, haben wir damals schon gesagt, also zum Beispiel der Leiter der identitären Bewegung, Martin Sellner an der, mit dem ich bei einem internen Strategietreffen gesprochen habe. Der hat damals schon gesagt, diese Breitbart Doktrin, diese Idee, das eigentlich Politik nur über Kultur verändert werden kann, dass das seinem ganzen strategischen Denken zugrunde liegt und der identitären Bewegung, also den Strategien der identitären Bewegung zugrunde liegt. Und das ist natürlich auch das, wo sich gerade diese diese online Subkulturen sehr stark auf kultureller Ebene immer mehr Richtung rechts und immer mehr Richtung man verschiebt das Fenster des Sagbaren nach rechts, indem man Scherze macht, indem man Tabus bricht und so weiter, und damit aber auch als fast schon Nebeneffekt eine Radikalisierung bewirkt haben, und ich würde sagen, diese Radikalisierung ist mittlerweile leider wirklich in politisch signifikanten Teilen der Bevölkerung zu sehen. Zumindest in den USA, in Deutschland und auch in Großbritannien, und ich weiß nicht, wie es zum Beispiel in Japan ist, aber in anderen Ländern, wo man das auch feststellen kann, unter Maskenradikalisierung ist ja interessant, den Titel wählen ja sehr oft die Verlage aus, da kann man ja gar nicht so mitreden. Aber aber grundsätzlich bin ich beim Titel der "Maskenradikalisierung" denke ich schon, dass das sehr treffend ist, weil für mich eine Maske schon können auch schon 10 Prozent der deutschen Bevölkerung sein, eben diese, die laut dieser Konrad-Adenauer Studie wirklich antidemokratische Reichsbürger Ideologie haben. Das ist für mich schon eine signifikante politische Masse, die einen radikalen Wandel bewirken kann, und wir haben auch in den Mobilisierungen, sowohl in den Straßen als auch online gesehen, dass es hier, dass es wirklich zu einem Massenphänomen geworden ist, der den Diskurs verändern und manipulieren kann, wo diese Bewegungen einfach ein viel größerer, einen viel größeren Effekt erzielen können, sowohl auf kommunikativer Ebene als auch dann tatsächlich in der Politik bewirken, dass ihre Ideen ein Echo finden in Parlamenten oder das eben rechtspopulistische Parteien schon flirten wollen mit diesen Zielgruppen und immer mehr, auch zum Teil sogar die Memes, die visuellen Inhalte verwenden von diesen, diesen extremistischen Gruppierungen, um die zufriedenzustellen oder einen kleinen Versuch starten mit QAnon und mit Verschwörungsmythen, mit vielleicht auch mit frauenfeindlichen Ideologien. Also das sieht man immer mehr, dass es auch in der Politik diesen Effekt gibt, und da, denke ich, sind wir, wie gesagt, da sind wir am Anfang einer einer potenziellen Massenradikalisierung angekommen. #00:20:17-8#

Dr. Fabian Schäfer: Ich finde es total spannend, was du gesagt hast, es gibt so einen radikalisierenden Nebeneffekt, hast du es glaube ich so genannt und ich glaube, das ist das entscheidende Problem, und ich glaube, das beschreibst du auch in deinem Buch, und ich versuche das auch irgendwie zu erklären oder darauf zu schauen. Ich glaube nur davon zu sprechen, dass bestimmte extremistische politische Institutionen, Organisationen versuchen, die Massen zu radikalisieren, greift irgendwie zu kurz. Ich glaube, es sind zwei Dinge auf einmal passiert mit dem Internet, mit dem Aufkommen des Internets. Das eine ist, dass durch das Internet auf einmal sich Communitys herausgebildet haben, die eine eigene Kultur von von Ironie, früher vielleicht Ironie, also Ironie ist ja eigentlich nur etwas zu sagen, was man nicht meint. Also das kann auch Satire, kann auch kritisch sein, kann auch sehr lustig sein, kann auch total klug sein, dass sich das irgendwann gekippt hat in so einen zynischen Humor, also gegen Humor, der sich vor allen gegen Institutionen richtet. Du hast das Political correctnes genannt, also so eine Art Grenzüberschreitung um der Grenzüberschreitung willen als Spiel, irgendwie so. Also, das ist das eine, das hat sich seit den 90er-Jahren in so Foren herausgebildet auf Imageboard oder aber man findet auch auf Reddit, also diese Plattform, auf denen man schon sehr, sehr früh kommunizieren konnte mit anderen Menschen. Und das andere ist eben, dass wir sowas wie rechtspopulistische, neurechte Bewegungen haben, die erkannt haben, dass sie mit dieser Grenzüberschreitung Politik machen können, und ich glaube, die sozialen Medien oder das Internet spielen da eine entscheidende Rolle. Also die haben die beiden erst irgendwie zusammengebracht. Also es ist so, es kommt von beiden Seiten, es sind nicht nur die Bösen Radikalisierer, sondern es gibt auch so eine spontane Entwicklungen im Internet, das, wie du das gesagt hast, es gibt auf einmal eine bestimmte Form von Witzen, die irgendwie akzeptiert war. #00:22:11-1#

Dr. Julia Ebner: Ja, ja, absolut, ich würde sogar sagen, es sind wahrscheinlich noch mehr Faktoren. Also es sind einerseits klar die neuen Technologien. Es sind jetzt auch vor allem die Krisen, die ganze Reihe an Krisen, die wir durchlebt haben. Also zumindest ist das immer wieder vorgekommen in den Interviews, die ich geführt habe, egal ob sie jetzt radikale Frauenfeinde bei der Incel-Community waren oder Verschwörungstheoretiker bei QAnon oder weiße Nationalisten, die, die neu dazugekommen sind, jetzt in den letzten paar Jahren. Das sind sehr oft Menschen gewesen, die ganz tiefe Ängste, Perspektivenlosigkeit und auch Frustration mit der Politik und ein Mangel des Vertrauen in die Institutionen hatten, also in die Medien, in die Wissenschaft sogar und in die Politik. Und das ist durch die Krise jetzt nochmal stärker, auch noch mal stärker aufgekommen und wurde sehr stark ausgebeutet von extremistischen Gruppierungen. Also, ich denke, die Krisen haben auch schon so noch mal zusätzlich was sehr stark was veranlasst bei uns allen eigentlich, dass wir anfälliger wurden für radikale Inhalte und für potenziell auch eine extremistische Ausbeutung oder Manipulation, also sowohl natürlich die Coronakrise, die eine globale Gesundheitskrise war, als auch der Ukraine Krieg, der eigentlich zumindest im europäischen Raum eine ganz tiefe Sicherheitskrise darstellt, und auch die Wirtschafts- und Inflation- und Energiekrise, und dann würde ich sagen, genau die neuen Technologien. Wir hatten auch noch nie das gleichzeitige Zusammenspiel aus einer globalen Polykrise, also so viele Krisen auf einmal, und einer neuen Revolution, Revolution, was Technologien betrifft. Also, wir hatten schon immer mal das eine oder das andere mit auch dem Buchdruck oder mit der Erfindung des Radios. Das wurde auch oft dann ausgebeutet. Aber dass alles so geballt auf einmal, dass dann gleichzeitig auch noch diese ganze Reihe an Krisen kommt, das denke ich, hat eine enorme Anfälligkeit in der Bevölkerung bewirkt. Und genau und dann zusätzlich die politische Ausnutzung und so der politische Opportunismus, vor allem bei rechtspopulistischen Parteien, wo man sieht, die AfD ist jetzt am Höhepunkt sowohl ihrer Radikalität angelangt als auch ihrer Popularität. Das ist was, was eigentlich schon allein, wenn man sich anschaut, wie stark sich die AfD Rhetorik radikalisiert hat und eben immer mehr auch große, großen Austausch, QAnon Ideen und so weiter einbettet und dieses dieses ganz tiefe Misstrauen in die Institutionen weiter füttert. Das ist schon erstaunlich, dass sie damit so erfolgreich sind und auch jetzt eben in den Umfragen so hoch dabei sind und eigentlich auch den Höhepunkt in ihrer Popularität erreicht haben. Und dann vielleicht als letzten Punkt denke ich, dass auch eine große Rolle gespielt, und das behandelst du ja auch in deinem Buch Influencer, und also dieser selbe celebrity Effekt, dieser Effekt von berühmten Personen, etwas, das ist ja sogar in der Werbung. Wenn berühmte Personen etwas unterschreiben oder etwas, in das man eben für ein Produkt oder für eine Idee oder für eine Marke, dann kann das enorm viel bewirken auf psychologischer Ebene bei Menschen, und das zeigen auch Studien, dass sowohl Einstellungen als auch Verhalten manipuliert werden können mit Hilfe von solchen Influencer oder berühmten Persönlichkeiten. Gerade in Deutschland hatten wir eine ganze Reihe an Verschwörern, die einfach schon ein großes Publikum ansprechen konnten, und auch in anderen Ländern, in den USA, vor allem sowohl was Verschwörungsmythen betrifft als auch was zum Beispiel Frauenfeindlichkeit betrifft. Andrew Tate ist vielleicht manchmal im Begriff, dieser radikale Frauenfeind, der Millionen von Follower hatte, auf Tiktok vor allem in den jüngsten Generationen sehr gut angekommen ist, wo dann sogar mehr Lehrerinnen und Lehrer auch in Deutschland und in Großbritannien erzählt haben, dass immer mehr Kinder in ihren Schulen, immer mehr junge Buben vor allem in den in den Klassen, Vergewaltigung verharmlosen und auch angeben, Fan zu sein von diesem Andrew Tate. Oder Kanye West, der antisemitische Ideen an 30 Millionen Followers verbreitet, wo wir nur 15 Millionen Juden auf der Welt haben, also doppelt so viele, die diese antisemitischen Ideen erreichen, wie es Juden auf der Welt gibt. Das ist enorm gefährlich und denke ich. Es ist an sich auch also diese Verstärkung, diesen Verstärkungseffekt, den Influencer haben, das würde ich auch sagen, dass das eine große Rolle gespielt hat in der Verbreitung. #00:26:52-0#

Dr. Fabian Schäfer: Mhm, ich glaube, das spielt die, die technologische oder die Architektur, die Art und Weise, wie diese sozialen Medien eine wichtige Rolle, die man vielleicht noch ein bisschen erklären muss, weil es gibt solche berühmten Influencerinnen und Influencer eigentlich nur, weil es soziale Medien gibt. Gut, das ist jetzt relativ klar. Aber es gibt sie aber vor allen Dingen deswegen, weil sich bestimmter Content, also ein bestimmter Inhalt, man spricht von Monetarisieren, also zu Geld machen lässt. Das heißt, man kann inzwischen mit menschenverachtenden, frauenfeindlichen, rassistischen, antisemitischen Inhalten Geld verdienen auf unterschiedlichen Plattformen. Also wenn man die Regularien der jeweiligen Plattform sehr gut kennt, kann man das auch einigermaßen so weit ausreizen, dass man da nicht gesperrt und geblockt wird. Also viele der extremsten, radikalsten Influencer und Influencerinnen sind geblockt worden oder gelöscht wurden in der letzten Zeit. Die Weichen dann auf andere Plattformen aus. Da kennst du dich ein bisschen besser aus, wo die wohin ausweichen. Aber man muss wissen, dass sozusagen dieser Zynismus kommt. Daher weil es möglich ist, diese Form des grenzüberschreitenden Humor zu Geld zu machen, und das sind dann solche Influencer wie Tate, die mit Menschen oder frauenverachtenden Aussagen Geld machen, und andere wie Adlersson ist einer, ein Dresdner YouTuber, den haben wir uns untersucht, der hat halt antisemitische Witze gemacht, der ist inzwischen auch gesperrt, geblockt, aber der hat ja auch 150.000 Follower, und der hat damit auch Geld verdient. Einfach, und das ist das ist sozusagen, weil die sozialen Medien, die Algorithmen der sozialen Medien so funktionieren, dass sie besonders grenzüberschreitende Aussagen eben höher bewerten und damit nach oben spülen und verstärken, multiplizieren als zum Beispiel eine sachliche Diskussion irgendwie. #00:28:48-9#

Dr. Julia Ebner: Ja, ja, absolut diese Aufmerksamkeitsökonomie, die du eher auch in deinem Buch beschreibst. Ich denke, da profitieren natürlich einerseits die radikalen Influencer davon, die schaffen, ihre Arbeit oder ihre gefährlichen Ideen zu monetarisieren, und andererseits natürlich auch die großen Plattformen, die ihr Geschäftsmodell eigentlich daran orientieren, wo wir als Menschen trotzdem psychologische Schwachstellen haben. Nämlich wir waren schon immer fasziniert von blutrünstigen Inhalten, und wir haben schon früher Hexenverbrennungen und Gladiatorenkämpfe angeschaut, und das hat sich, denke ich, heute nicht verändert. Aber es ist noch immer was. Oder das ist jetzt was, wo die Firmen wissen, wie sie genau die menschliche Psyche so ausnutzen können, dass sie die Aufmerksamkeit oder die Zeit, die wir auf diesen Plattformen verbringen, maximieren, und das bedeutet, unsere Aufmerksamkeit so lange wie möglich zu binden. Und genau es tun leider vor allem radikale und auch unglaubwürdige oder apokalyptische Inhalte. So komplett verrückte Inhalte tun das am besten, und deswegen sind auch, wenn man sich nur ein Account auf YouTube anlegt, einen komplett unbeschriebenen Account sozusagen und ein Selbstexperiment macht, landet man in immer radikaleren Inhalten, und das war schon vor fünf Jahren, und leider, wenn man es heute wiederholt, ist es noch immer nicht anders, obwohl mittlerweile sehr viel Kritik gegen diese großen Plattformen vorgedrungen ist, natürlich sowohl als auf zivilgesellschaftliche Ebene als auch von Seiten der Politik. Aber das einzige, was sich getan hat, ist, dass auf vielen der großen Plattformen, also sowohl Google als auch Meter Plattformen, jetzt Inhalte entfernt werden, die extremistisch oder gefährlich sind, und Accounts gelöscht werden, aber weiterhin diese algorithmische Grundvoraussetzung. An der hat sich nichts verändert, weil das das Businessmodell ist oder weil das zu tief in das Geschäftsmodell eingreifen würde. Gut, und jetzt mit Elon Musks Twitter Übernahme, haben wir auch ein rückgängig machen von vielen Fortschritten gesehen, selbst was das Entfernen von Inhalten und von Nutzern oder Accounts betrifft. #00:31:04-7#

Dr. Fabian Schäfer: Ich finde es spannend, was du gesagt hast über die Gladiatorenkämpfe, weil ich glaube also Gladiatorenkämpfe und auch der Karneval, als dass gesellschaftliche Moment, wo die Menschen ihre ihre Urtriebe sozusagen auslassen können und freien Lauf lassen können, die war ja auf wann auf sehr beschränkte Räume eingegrenzt. Also das war entweder zu ganz bestimmten Zeiten, da war Karneval, da durften die Leute sozusagen total ausflippen, oder das waren Gladiatorenkämpfe, die waren in der Arena, und dann ging die normale Gesellschaft sozusagen drum herum weiter. Ähnlich ist es mit Humor. Also, es gab natürlich auch schon immer sexistische Witze, also jeder Stammtisch gleitet da wahrscheinlich irgendwann ab. Aber ich glaube, das Problem ist, dass eben ganz klar war: Okay, das ist ein Rahmen, in dem das stattfindet, und alle Menschen wissen: Okay, ein Gladiatorenkampf findet in der Arena statt, heißt ergo, ich schlage niemanden auf der Straße den Kopf ein, oder ich mach sexistischen Witz oder einen rassistischen Witz. Das ist ein schlechter Witz, ein sehr, sehr schlechter Witz. Aber alle wissen: Okay, hier am Stammtisch, das würden wir uns nie trauen, das öffentlich zu tun, und ich glaube, dass hat sich verschoben. Das hat sich verschoben durch die, durch die, durch die sozialen Medien, also die die Reichen so weit über dieses Gespräch hinaus, wo das vielleicht stattfindet, durch Liken, weiterleiten, durch die Algorithmen, die das neu sortieren, dass das sich eigentlich durch die sozialen Medien eklatant geändert hat. Also die Rahmung, die es früher gegeben hat, auf die sich alle geeinigt haben, die es auf einmal weg, und dann passiert es, dass sich das normalisiert und ausbreitet, irgendwann ist überall Karneval. #00:32:40-3#

Dr. Julia Ebner: Ja, ja, absolut, und es wird leider eben sogar belohnt, also einerseits mit mehr, mehr Views und mehr Likes eventuell sogar, und man sieht, dass es da sogar die, die Großen, wie Elon Musk verstanden haben, dass das so ist, weil sonst hätten sie nicht jetzt einen Nahkampf angekündigt. Die wissen genau, dass das auch in den sozialen Medien einfach eine riesige Aufmerksamkeit an sich ziehen wird und dass das ja auch mit den neuen Technologien nach wie vor so ist, wie früher bei den Gladiatorenkämpfen, weil, wobei früher wahrscheinlich nicht die Reichsten sich wechselseitig den Kopf eingeschlagen hätten, sondern eher, man hätte die ärmsten Leute in die Ringe geschenkt geschickt. Was mich interessieren würde, wäre, weil Japan ist sowas, was bei mir ehrlich gesagt in der Forschung wenig vorkommt. Ich habe immer, ich komme sehr oft über japanische Memes und und teilweise vokabular, weil die Rechte auch in Deutschland eine wirklich eine Affinität für Japan ja scheinbar hat, und irgendwie, ich weiß auch nicht genau, woher das kommt. Ich habe das Gefühl, dass es war vielleicht ein sehr homogenes, ethnisch homogenes Land ist und weil es doch sehr nationalistisch auch ist, mit einzuarbeiten, und aber ich frage mich, was ist da so dein Einblick, wie ist es in der japanischen Gesellschaft? Gibt's da auch sowas wie QAnon eben oder andere Verschwörungsmythen oder extremistische Ideologien? #00:34:12-5#

Dr. Fabian Schäfer: Also QAnon, ich kann das nicht mit Zahlen belegen. Aber ich habe in deinem Buch gelesen, das QAnon die größte Community in Deutschland als zweite nach den USA hat, und ich würde fast mal vermuten, dass Japan die dritte hat. Das interessant, und es gibt auch pro Trumpismus in Japan, wo man sich auch fragen würde, wie kommt das da hin und wo kommt es her? Und das hat, glaube ich, auch ähnlich wie in den USA mit einem Spiel angefangen, also den Trump toll zu finden, war jetzt irgendwie eher so was, was dann als Witz gesagt hat, und dann hat sich das selbstständig, und ähnlich ist es mit QAnon und den Verschwörungsnarativen, die so da dranhängen. Aber es gibt, es gibt noch was viel gefährlicher und das, da gibt es ein, zwei journalistische Arbeiten. Die hat auch den größten Trampistischer, also diese chinesische Sekte, die international in China ist, sie, glaube ich, verboten, und sie ist dann in allen chinesischen community weltweit aktiv. Die haben auf einmal über ihre sozialen Medien, also YouTube und so weiter, pro trampistischer, rechtspopulistische Inhalte verbreitet, und niemand hat so richtig verstanden, warum sie das tun. Und Ähm, also meine meine These ist, und das ist auch die These dieses Journalisten, der das geschrieben hat, glaube ich, in der New York Times erschienen. Er sagt sozusagen, erst mal gibt es eine große Nähe zwischen Verschwörungstheorien und religiöser Esoterik. Also, wer sozusagen an der esoterisches glaubt, glaubt auch an an die Geschichte mit mit Hillary Clinton, die du erzählt hast. Ähm, das heißt, da ist sozusagen eine gewisse Mentalität da, Dinge zu glauben, die verschwörerisch sind, die, die überirdisch, außerirdisch oder sonst was sind. Und das gleiche gibt es auch in Japan. Es gibt in Japan eine Sekte, die heißt happy science, die genau die gleiche Strategie fährt und auch diese rechtspopulistischen Inhalte auf und Verschwörungserzählungen und Narrative über ihre Kanäle verbreitet, und die haben auch 150.000 Follower. Also, es gibt sozusagen, es gibt so einen globalen Trumpismus, den kein Mensch also, den kann man sozusagen nicht nicht inhaltlich verstehen, sondern den kann man nur verstehen, wenn man kapiert, was dahinter steckt, sozusagen die Destabilisierung des politischen Systems, der Wissenschaft, des Journalismus durch Verschwörungserzählungen, die total verrückt sind. #00:36:29-9#

Dr. Julia Ebner: Und glauben die QAnon Anhänger dann in Japan auch zum Beispiel, dass die globalen Eliten Reptilien sind oder Satanisten, die das Blut von Kindern trinken, um jung zu bleiben. Weil das ist gut, das ist unter den radikalsten der Verschwörungstheoretiker von QAnon vorhanden, nicht mit der einen, aber ist es da auch so ein Spektrum, wo das auch abgedeckt wird, oder? #00:36:53-0#

Dr. Fabian Schäfer: Also, es gibt dieses völlig verquere Spektrum auch, wobei ich mich aber auch, und das hast du ja auch schon gesagt, es lässt sich immer sehr, sehr schwer sagen, was die Leute ernst meinen und nicht ernst meinen im Internet, also wie viel ist davon spiel, wie viel ist davon einfach? Also inwieweit findet man es einfach lustig, dass jemand so eine verrückte These aufstellt, und inwieweit wird die instrumentalisiert durch dann politische Akteure?.Und die Nähe zwischen du hast es gesagt, und und Trump oder Trumpisten ist sehr, sehr. Die Schnittmenge ist ist da, und die ist nicht klein. Aber es gibt auch viel, viel gemäßigteres, und das gibt es ja allgemein, dass es sozusagen so ein deep state gibt, also einen tiefen Staat, der von hinten die politischen Geschicke steuert, der unsere Regierung steuert, da können Geheimorganisation da ne Rolle spielen, da kann irgendwie die große Weltverschwörung, die auch antisemitisch immer markiert wird, eine Rolle spielen. Das gibt's den Japan auch, aber eben auf so einer Weise, dass ich mir denke, das hat eigentlich nichts mit Japan zu tun. Also, es gibt 0,01 Prozent, weiß ich, nicht, Juden in Japan, und trotzdem gibt es einen profunden Antisemitismus. #00:38:02-1#

Dr. Julia Ebner: Hm! #00:38:02-3#

Dr. Fabian Schäfer: Mhm. #00:38:02-8#

Dr. Julia Ebner: Das ist interessant, ja, und diese Idee, dass das eben da versteckte Mächte, die Politik oder die großen Institutionen steuern, die ist ja auch wirklich sehr stark verbreitet und ist auch nicht immer im Zusammenhang natürlich mit QAnon, sondern ist auch manchmal einfach so vorhanden. Aber da gab es jetzt gerade eine Studie vor kurzem, die gezeigt hat, dass in Deutschland fast die Hälfte der Bevölkerung daran glaubt, dass Politiker gesteuert werden. Es ist ja auch irgendwie eine. Also es ist ja auch eine Idee, die, glaube ich, sehr ansprechend sein kann, weil man natürlich das Gefühl hat Politiker sind nicht authentisch immer und machen vielleicht ja, wissen vielleicht selbst nicht immer, was sie eigentlich gerade tun. Aber ich war schockiert. Trotzdem, als ich diese Studie bei Studien oder bei Umfragen, muss man natürlich immer aufpassen. Ich habe mir jetzt nicht die genaue Methodik angeschaut, aber es war auf jeden Fall einfach eine sehr schockierende Zahl. #00:38:55-2#

Dr. Fabian Schäfer: Wie baust du das ein jetzt so in deine These der Massenradikalisierung, dass du sagen würdest, du dann sagen, ja, dann sind es doch nicht nur 10 Prozent, sondern dann sind es halt schon viel, viel mehr. Wie bringst du die zwei? #00:39:05-8#

Dr. Julia Ebner: Ja, das ist eine gute Frage. Es ist auch ein Misstrauen bei den Studien, wie zum Beispiel beim Edelmann Trust Barometer, der in unterschiedlichen Institutionen zeigt, wie das jetzt stetig gesunken ist. Das sind zum Teil ja Trotzem, diese Misstrauenserklärung gegenüber den Institutionen da, gegenüber der Politik, würde ich sagen oder bereitet den Weg vor für dann weitere Verschwörungsmythen. Also ich denke, das ist noch nicht unbedingt diese Menschen, die da jetzt in dieser Umfrage angegeben haben, dass sie glauben, die Politik sei gesteuert von außen. Das, denke ich, ist noch nicht immer notwendigerweise extremistisch oder oder sogar ideologisch radikal, sondern das kann auch einfach ein ganz grundsätzliches Misstrauen sein. Aber natürlich lässt sich das dann viel leichter ausbeuten und in eine Richtung drehen von extremistischen Gruppierungen oder Verschwörungstheoretikern. Die jetzt also, das denke ich, ist so der Grund, ist die Grundthese auch des Buches, die jetzt einfach die jetzt viel einfacher haben oder viel leichter seit Ausbruch von Covid, und in den letzten Jahren haben sie es einfach viel leichter, große Teile der Bevölkerung zu radikalisieren. Und ich denke schon, dass diese Umfragewerte auch da zeigen, wie groß die Anfälligkeit ist, und auch die die Werte beim Edelmann Trust Barometer, die eben zeigen, dass das Misstrauen in Politik, in Medien und sogar in die Wissenschaft und den Ngos stark gesunken ist oder generell einfach niedrig ist, im gesamten, eigentlich auf internationaler Ebene, aber auch vor allem im europäischen Raum, und das eigentlich das einzige, das war interessant, der einzige, sozusagen die einzige Institution, in die noch ein Vertrauen relativ stark hoch vorhanden ist, ist der Privatsektor beziehungsweise der eigene Arbeitgeber. Das heißt, da besteht eigentlich eine große Verantwortung auch für für Firmen im Privatsektor, hier eventuell vielleicht auch präventiv mehr zu tun oder sich mehr einzubringen, gerade auch was die Resilienz betrifft gegenüber extremistischen Ideen. Was sehr interessant ist, weiß ich hier Privatunternehmen noch kaum einbringen. Wir haben jetzt beim Institut Institute for Strategic Dialogue, bei dem ich arbeite, eine Initiative, den Business Council For Democracy, wo wir mit Unternehmen zusammenarbeiten und zum Beispiel so digital Kompetenzen vermitteln und an die auch dann also, wo die Unternehmen dann als Multiplikatoren auch agieren und das dann ihre an ihre Arbeitgeber weitergeben und so auch eben digital Kenntnisse. Und auch wie unterscheidet man Desinformationen von praktisch korrekten Informationen und so weiter, diese Themen behandelt werden. #00:41:52-8#

Dr. Fabian Schäfer: Wir können gleich noch kurz über Gegenstrategien, glaube ich, reden, weil das ist auch das letzte Kapitel in deinem Buch, das ist in dem anderen Buch, in dem Radikalisierungsmaschinen, auch schon drinnen gewesen. Ich würde gerne ein Beispiel kurz erläutern, weil wir reden jetzt doch immer über den sehr sag ich mal, extrem radikalen Teil dessen, was wir beobachten, also Verschwörungstheorien. Wir reden über sozusagen rechts extremistische Radikalisierung in der Mitte und so weiter. Ich habe in unserer Forschung, haben wir uns ein Beispiel angeguckt, was total harmlos erscheint, woran man aber, glaube ich, sehr, sehr gut zeigen kann, wie Politik, politische Institutionen, politische Persönlichkeiten, Personen destabilisiert werden können. Es gibt den Begriff der zusammen oder sehr, sehr oft, inzwischen gemeinsam, den gemeinsamen genannten Ausdruck "Frau Merkel". Mhm, der geht uns inzwischen, glaube ich sehr gängig über die Lippen. Wenn man aber mal schaut, wie männliche Bundeskanzler angesprochen worden in den Massenmedien, aber auch im Internet, dann war das nicht Herr Schröder, dann war das nicht Herr Kohl, sondern es war immer Kanzler Kohl und Kanzler Schröder. Also dieser Begriff "Frau Merkel" stammt ja eigentlich eher so aus dem Pegida Spektrum, also der wurde sehr häufig benutzt von Pegida-Anhängern und Anhängerinnen, um sozusagen Frau Merkel zu adressieren, jetzt nicht als Bundeskanzlerin, sondern als Mutti Merkel oder was es da alles gab, also sie erst mal auf ihr Frausein zurückzuwerfen und nicht auf ihr politisches Amt. Und dieser Begriff, der ist inzwischen, den findet man oder die Bezeichnung der Bundeskanzlerin oder der ehemaligen Bundeskanzlerin also "Frau Merkel" findet sich inzwischen auch in den Massenmedien, und das passiert sogar einer Anne Will in der Talkshow, dass sie das sozusagen reproduziert, dass sie sagt, "Frau Merkel" anstatt Bundeskanzlerin Merkel, und ich glaube, was da passiert, ist nicht nur, dass "Frau Merkel" nur als "Frau" angesprochen wird, sondern dadurch wird gleichzeitig das Amt irgendwie entwertet. "Frau Merkel" ist zu einem Schimpfwort geworden, wird auch lustig benutzt. Die Normalisierung in einer Anrede für eine Politikerin, und ich glaube, daran kann man das sehr gut sehen, wie sich sehr harmlos Bezeichnungen sozusagen in die Sprache eingeschlichen haben, die aber aus einer sehr extremen Ecke stammen, irgendwie, das ist auch so eine Beobachtung.Vielleicht ein Beispiel aus den USA, oder? #00:44:40-0#

Dr. Julia Ebner: Ja, ja, es ist spannend, weil es sowohl bei sprachlichen als auch bei Bildinhalten natürlich einige Beispiele gibt, also zum Beispiel aus der Incel-Community, was jetzt total trendet, überall und in den sozialen Medien, vor allem in den Kanälen, die eher die jüngeren Generationen verwenden, auf Tiktok und so ist das sigma male meme, das eigentlich aus dieser sehr radikalen frauenfeindlichen Szene kommt, und das ist so, das stellt so die Idee da ist dagegen ein bisschen ähnlich zu sehen wie Alpha Male der, der den Gruppen Anführer darstellt, der so das Ultimative weiß nicht, das Ziel jedes Mannes sollte seinen Alpha Mann zu werden, laut der frauenfeindlichen Communitys Online und Sigma Male ist aber jetzt eine Alternative dazu, dass sind Männer, die auch die eigentlich Einzelgänger sind, denen Frauen komplett egal sind, und daraus wurde so ein "Meme", also ein visueller Inhalt, der Viral gegangen ist und der jetzt überall auftaucht, und die wenigsten wissen wahrscheinlich, dass das diese Ursprünge hat in diesen sehr frauenfeindlichen Subkulturen. Ähnlich verhält sich es auch mit einigen Begriffen in der Sprache, die auf jeden Fall entweder verdreht wurden und jetzt komplett, zum Teil jetzt komplett eine negative Assoziation haben, wie zum Beispiel "Multikulti", oder selbst der Begriff der "Diversität", der jetzt immer wieder so ein Fragezeichen hervorruft bei vielen oder selbst "Feminismus", weil das einfach wiederholt mit negativen Zusammenhängen verbunden wurde oder mit negativen Ereignissen auch in Verbindung gebracht wurde. Ich kann mich erinnern also an einen Rechtsextremist in Großbritannien nach dem Angriff, dem dschihadistischen Angriff auf die Westminster Bridge. Das war Tommy Robinson, der Rechtsextremist, der sich vor die Westminster Bridge danach gestellt hat und einfach immer wieder wiederholt hat: Diversity, Diversität, Diversität hat uns hier umgebracht und ist Schuld an diesen Terroranschlägen und damit ist dieser Begriff der "Diversität" total, natürlich negativ annotiert gewesen bei vielen Menschen, und jetzt auch umgekehrt, wurden auch andere Begriffe komplett gekapert und auch missbraucht von rechtsextremistischen Gruppierungen oder von Verschwörungstheoretikern. Zum Beispiel der Begriff der "Freiheit", der "Meinungsfreiheit" oder der Begriff der "Demokratie", zum Teil sogar der Begriff von "Frauenrechten", sind ja sehr paradoxe Zusammenhänge dann sehr oft, weil zum Beispiel Einschüchterung, Kampagnen oder Hasskampagnen durchgeführt werden unter dem Motto oder dem Vorwand der kompletten Meinungsfreiheit, wobei natürlich dann die Opfer dieser Kampagne soweit eingeschüchtert werden, dass sie eigentlich mundtot gemacht werden. Also das ist ein richtig paradoxes Verhältnis, weil hier kaum mehr von Meinungsfreiheit sprechen kann, oder antidemokratische Bewegungen mit dem Begriff der "Demokratie" arbeiten und in Wirklichkeit aber sehr autoritäre Einstellungen verbreiten wollen. #00:47:38-6#

Dr. Fabian Schäfer: Das könnte man in Japan übrigens auch beobachten, dass der Begriff der "Freiheit" sozusagen neu definiert wurde, besonders während der Corona-Pandemie. Wenn in diesen Bewegungen, in der Impfgegner*innenbewegung von "Freiheit" gesprochen wurde, dann ist da ja nie das philosophische Konzept oder das politische Konzept von "Freiheit" gemeint gewesen, also ein Begriff, der auch irgendwie umkämpft ist und der auch erkämpft wurde in der Aufklärung, also "Freiheit", wovon vor allen Dingen Freiheit als gesellschaftliche Grundbedingung des Zusammenlebens und auch der politischen Äußerung, also Meinungsfreiheit, was aber dann, und das finden wir auch in Coronaleugner*innen Kreisen und Impfgegner*innen Kreisen in Japan wie in Deutschland, ist das mit "Freiheit" dann auf einmal nur noch die ganz subjektive "Freiheit" gemeint ist, also meine "Freiheit". Ich werde ja wohl noch irgendwie auf die Straße gehen dürfen oder so. Ich lasse mir sozusagen diese "Freiheit" nicht nehmen, und damit ist nicht die größere "gesellschaftliche Freiheit" gemeint gewesen, und das ist genau das, was du meinst. Es ist eine Verengung des Konzepts der "Freiheit" und auch eins, was sich so sehr viel einfacher nachvollziehen und aneignen lässt als so ein abstraktes Konzept, philosophisches oder politisches Konzept von "Freiheit". #00:48:59-4#

Dr. Julia Ebner: Absolut! Ich sehe das auch enorm gefährlich. Also ich denke, gerade jetzt in diesem Zeitalter. Wir haben hier das Zitat übrigens von Immanuel Kant, also eigentlich zur Aufklärung. Ich habe das Gefühl, wir sehen ein fast schon ein reversieren der Aufklärung und auch das kapern dieser typisch aufklärerischen Begriffe. Man sieht, und nämlich auch sehr oft lese ich auch genau solche ähnlichen, eigentlich fast schon Abwandlungen von diesem Kant Zitat in QAnon Gruppe. "Bediene dich dann des Verstandes und sehe die Welt, wie sie wirklich ist", auch diese Referenzen in der Popkultur, wo man endlich die Wahrheit, also diese Bewegungen behaupten, sie sind die einzigen, die die Wahrheit so sehen, wie es ist, und die Medien verschleiern alles nur und verdecken alles, und die Wissenschaft zeigt auch nicht die Wahrheit, die Studien sind alle gefälscht und so weiter. Und da sehen wir jetzt schon fast, also fast ein Rückkehren, nicht mehr Ratio, sondern eher in Richtung Mythos, vom Logo. In der Aufklärung war es vom Logos zum Mythos, und jetzt sehen wir so ein Zurückkehren zum Mythos, und das, denke ich, ist enorm gefährlich. Also ich würde sogar sagen, eventuell könnte das der Anfang von einem digitalen Mitleiden sein, also indem wir zurückkehren in eine weniger evidenzbasierte Politik und eine mehr Mythos bassierte, mehr Mythos basiertes Zeitalter. Also wir sehen natürlich, dass die rasante Verbreitung eben von Verschwörungsmythen und von Falschmeldungen und Desinformation allgemein jetzt sich auch noch mal verschärfen wird, höchstwahrscheinlich mit dem neuen, mit der nächsten Revolution an Ki basierten Technologien, die auf uns wartet, also Text basierte Ki Technologien als auch Image oder Bild basierte Ki Technologien, wie zum Beispiel Deepfake und ChatGPT auf der Textebene. #00:51:04-1#

Dr. Fabian Schäfer: Mhm. #00:51:04-5#

Dr. Julia Ebner: Wie siehst du das ? #00:51:10-4#

Dr. Fabian Schäfer: Ich hatte noch die Gegenstrategien mir gedacht, weil du damit schon angefangen hast, dass wir da vielleicht noch kurz zwei Minuten drüber reden. Also bei mir ist der Teil sehr, sehr knapp, weil ich mich nur auf diesen diesen Teil beschränke, den ich auch im ersten Teil des Buches bespreche. Vielleicht sagst du, du hast schon zwei genannt, glaube ich, also die Aufgabe der Firmen selbst. Medienkompetenz hast du genannt. Also, dieser Ruf nach Medienkompetenz ist ein sehr, sehr alter Ruf. Der ist so weit alt wie die Medien eigentlich, und ich frage mich immer, okay, der ist sehr leicht auf die Tagesordnung gebracht. Aber wenn man sich dann anguckt, ich nicht Geld für Medienkompetenz ausgegeben wird in Schulen oder wie klein die Programme sind, das auszubauen, dann ist man doch immer erschrocken, wie wenig oder wie schnell dieser Beruf veraltet. #00:52:01-0#

Dr. Julia Ebner: Ich denke aber auch, dass der Begriff der Medienkompetenz viel zu eng gesehen wird, also auch im Bildungssystem viel zu wenig in unterschiedliche Richtungen ausgebaut wird, weil es ist der Fokus jetzt mittlerweile schon relativ stark darauf, wie erkennt man Fake News von faktisch korrekten oder hochwertigen Informationsquellen und so weiter. Aber viel weniger beschäftigen sich Schüler*innen und auch digitale Migrantinnen, also die älteren Generationen, mit dem Thema, was machen diese neuen Technologien und was machen diese neuen Medien mit uns auf psychologischer Ebene? Was bewirken die in Gruppensettings? Was für Gruppendynamiken können die fördern? Wie kann man manipuliert werden, eventuell und auch, was passiert auf gesamtgesellschaftlicher Ebene durch diese neuen Technologien? Da kommt ja ein Zusatz. Es ist also ein riesiger Faktor, der uns auf psychologischer Ebene so stark verändert, eben sowohl und und auch auf soziologischer Ebene, dass das, denke ich, noch viel zu wenig ein Thema ist im Bildungssystem, sich da auch zu wappnen vor eben potenzielle Ausbeutung und auch vor dem, was man selbst eventuell erfahren kann, jetzt sowohl Radikalisierung als auch betroffener zu sein von Hass, als auch ganz einfach in eine komische Gruppendynamik reinzukommen, die plötzlich politisch wird, oder obwohl es eigentlich nichts, wo man eigentlich glaubt, in einer Hobby Gruppe gelandet zu sein, und dann plötzlich wird es immer politischer und vielleicht sogar radikaler. Das sind Themen, mit denen, denke ich, noch viel zu wenig, wo man viel zu wenig im Bildungsbereich sieht. Vielleicht einen Lösungsansatz habe ich auch schon genannt, der Privatunternehmen viel mehr involvieren sollte in das ganze und einer, der mir wichtig ist in Bezug auf das letzte Thema, was ich jetzt genannt habe, im Bezug auf die ganz neuen Ki basierten Technologien. Man sieht, dass wir leider immer einen Schritt hinterherhinken, was die neuesten technologischen Entwicklungen betrifft, und ich würde mir sehr stark wünschen von der Politik, dass wir jetzt vorausschauend auf diese Ki basierten Technologien blicken und auf das, was uns da erwartet, an eventuelle Ausbeutung durch Extremisten und durch auch durch staatliche Akteure natürlich, die vielleicht Europa destabilisieren wollen und auch Verschwörungsmythen weiter ankurbeln wollen, dass man hier bessere Design, also schon Schutzmechanismen zum Beispiel in kommerzielle Produkte einbaut. Jeder Drucker, kommerziell verfügbare Drucker, hat mittlerweile eine Funktion, und das war eigentlich schon relativ lang so eine Funktion integriert, die einen davon abhält, Sie haben es hoffentlich alle noch nie probiert, die einen davon abhält, Geldscheine zu kopieren oder Geldscheine zu drucken. Ich nehme jetzt mal an, dass hat noch niemand hier versucht. Aber wenn man das versucht, dann wird dieser Drucker das nicht erlauben, und so etwas bräuchten wir von Anfang an bei diesen neuen Produkten. Das ist einfach, dass es schon integriert ist im Produkt an sich oder im Service, dass man es nicht manipulieren oder ausnutzen kann für extremistische Zwecke. Ein Beispiel sind auch 3D-Drucker, die jetzt immer wieder vorkamen bei der Planung und sogar Durchführung von Terroranschlägen, wo die Terroristen dann ihre eigenen 3D Waffen ausdrucken. Es sollte nicht möglich sein, die Komponenten von einer Waffe auszudrucken. Es muss irgendwie möglich sein, dass du diese diese 3D-Drucker, also diesen Schutzmechanismus einzubauen, zu integrieren, dass das einfach, dass man da zumindest auch präventiv arbeiten kann und natürlich vor allem, was auch den rechtlichen Bereich betrifft, das hier viel vorausschauender darauf geachtet wird. Wir sind jetzt noch bei dem Thema Hassrede. Wie begegnen wir dem auf rechtlicher Ebene? Es gibt zum Glück mittlerweile in Deutschland viele Meldestellen und viele Institutionen, Ngos vor allem die Betroffenen dabei helfen, anklagen durchzubringen. Aber auch da gibt's noch enorme rechtliche Lücken. Und wenn wir jetzt eben auf zum Beispiel diesen pornografischen Darstellungen, die, man als Form der Rache zum Beispiel verwenden kann, oder als Hasskampagne mit Deepfake oder mit neuen Technologien, wenn man auf das schaut oder das Fälschen eines Zeitungsartikels, wo man einer Journalistin Worte in den Mund schiebt, die sie nie geschrieben hat, das ist absolut, also man sieht das absolut kommen mit diesen wie ChatGPT oder ähnlichen Technologien, so schreib mal einen Artikel mit ChatGPT im Stil von xy. Das sind Dinge, wo wir bessere rechtliche Maßnahmen auch brauchen oder Regulierungen, um da einen einen Maßstab zu setzen, denke ich. #00:56:37-9#

Katharina Mittenzwei: Hm! #00:56:38-3#

Dr. Julia Ebner: Wie geht man mit Ängsten um? In den Interviews, die ich geführt habe, hatte ich oft Empathie oder sogar Sympathie für diese Ängste, die eine Radikalisierung zugrunde liegen oder die Ursprünge, aber konnte dann natürlich die ideologischen oder die Lösungen, zu denen dann gegriffen wurde, nicht mehr nachvollziehen. Und das ist aber, es ist, denke ich, der Untertitel von meinem Buch heißt ja, "Wie die Mitte Extremisten zum Opfer fällt", und ist wahrscheinlich unglücklich gewählt, weil ich auch nicht Menschen eine Unmündigkeit unterstellen will, sondern ich denke, wir sind ja trotzdem nach wie vor eher selbstbestimmt oder sollten selbstbestimmt und selbst reflektiert agieren und selbst für Ängste Lösungen finden, die nicht heißen, man macht ein Kreuzchen bei der radikalsten aller Parteien, weil man einfach in eine komplett andere Richtung politisch gehen will oder einen radikalen Wandel braucht. Ich denke, dass das vielleicht auch ein Lösungsvorschlag wäre, dass man Menschen besser beibringt, schon von ganz früh an, schon in der Schule, vielleicht ein Fach einführt, wie geht man mit Ängsten um? Was sind Coping-Strategien, die gut funktionieren? Was sind welche, die eventuell gefährlich sein können, weil man abdriften kann, und weil diese Instrumentalisierung von Angst tatsächlich was ist wo denke ich, womit wir viel zu wenig auch uns vertraut gemacht haben als Individuen, als Gesellschaft und wo wir vielleicht besser reflektieren müssen oder besser vielleicht von klein auf, auch als Kinder schon verstehen müssen, wie könnten wir mit Ängsten umgehen? #00:58:09-6#

Katharina Mittenzwei: Ich habe den Eindruck, das, was Sie hier uns gerade geschildert haben, man kann ja Auswirkungen noch gar nicht so richtig, wir können sie uns auch gar nicht so richtig vorstellen. Danke, dass Sie forschen, dass Sie uns das erzählen, was Sie erforschen, dass wir darüber diskutieren. Das ist das wertvolle, dass wir in der Diskussion bleiben und Bildungsveranstaltungen besuchen und bespielen. Herzlichen! Dankeschön, dass ihr da wart. #00:58:30-5#

Dr. Julia Ebner: Danke schön! #00:58:31-4#

Dr. Fabian Schäfer: Vielen Dank! #00:58:38-6#

Katharina Mittenzwei: Und nun zum Schluss noch eine kleine Anmerkung aus dem Off. Wenn Sie noch mehr zu diesem Thema erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen, zwei Podcast Gespräche, die wir schon einmal mit Fabian Schäfer geführt haben, nachzuhören auf allen Podcast streaming Plattformen und unsere BZ-Website "bz.nuernberg.de/podcast". Bis zum nächsten Mal! #00:59:04-5#

 

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Wo hört Humor auf und wo fängt Zynismus an? Und was hat die drohende Umkehr aller demokratischen Errungenschaften seit der Aufklärung mit ANGST zu tun?

Wenn Julia Ebner und Fabian Schäfer auf dem Podium aufeinandertreffen, können sich die Hörerinnen und Hörer gewiss auf einen intensiven Forschungsaustausch verlassen. So auch am 26. Juli 2023 als die beiden Forschenden zu Gast im Bildungszentrum waren.

Warum wird die Mitte der Gesellschaft immer radikaler?  - So lautete die Grundfrage des Podiumsgesprächs. Schäfers Forschungsansatz fußt in der Entwicklung, dass bestimmte Art von Witzen im digitalen Raum auf einmal akzeptiert sind. Grenzüberschreitung wird um der Grenzüberschreitung willen als Spiel angewendet und letztlich dazu instrumentalisiert, Politik zu machen. Verstärkend sieht Ebner dabei die Polykrise (Corona, Inflation, Angriffskrieg auf die Ukraine), welche eine große Vulnerabilität innerhalb der Bevölkerung ausgelöst hat. Diese Empfindlichkeit fällt zeitlich zusammen mit der steigenden Popularität von rechten Parteien. Auch Promi-Verschwörer*Innen nutzen dazu ihre Reichweite und erzeugen den Celebrity-Effekt. Die algorithmische Grundordnung der Social-Media-Plattformen tragen das Ihrige bei, nämlich die starke Bewertung grenzüberschreitenden Humors - sei er antisemitisch, rechtsradikal, antifeministisch oder verschwörungsmythologisch. Ebner geht noch einen Schritt weiter und stellt fest, dass die Gesellschaft bereits jetzt schon auf dem Weg ist, die demokratischen Errungenschaften der Aufklärung umzukehren, auf dem Weg vom Logos zum Mythos. „Was machen neue Technologien mit unserer Psyche und was bewirken sie in Gruppensettings? Diese Frage müssen wir uns in unserem Bildungssystem stellen“.
Julia Ebner und Fabian Schäfer diskutierten bei dieser Veranstaltung auf Grundlage der beiden 2023 erschienen Sachbücher „Massenradikalisierung. Wie die Mitte Extremisten zum Opfer fällt“ (Ebner, Julia) und „Konnektiver Zynismus und Neue Rechte. Das Beispiel des YouTubers Adlersson“ (Schäfer, Fabian).

 

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Aufgenommen am: 26. Juli 2023
Veröffentlicht am: 21. Oktober 2023
Moderation: Katharina Mittenzwei
Im Gespräch: Dr. Julia Ebner, Dr. Fabian Schäfer

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