Philipp Bornschlegl, welche Parallelen gibt es in Ihrer Arbeit in Tansania und dem Corona-Leitungsteam-Nürnberg?
Ansage: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#
Vera Deising: So, dann sage ich erstmal Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des BZ Podcast. Mein Name ist Rising und heute nehme ich Kontakt auf mit Dr. Philipp Bornschlegl. Hallo Philipp. #00:00:33-0#
Philipp Bornschlegl: Hallo. #00:00:33-6#
Vera Deising: Hallo. Jetzt wollte ich eigentlich einen kurzen Überblick über deine Vita geben, aber das ist gar nicht so einfach, habe ich gemerkt. Ich versuche es trotzdem. Also du hast Medizin studiert und hast da schon Aufenthalte in der Schweiz, Norwegen und Nepal hinter dir, danach hast du deinen Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der Uniklinik Erlangen gemacht und bis 2017 hast du dort in der Neuropädiatrie gearbeitet. Das ist ein Teilgebiet der Pädiatrie für Nervenkrankheiten. Danach warst du eine Zeit lang in Afrika, in Tansania, dazu komme ich später noch und anschließend, als du wieder in Deutschland warst, hast du dann bei der Zentralen Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsauffälligkeiten und Behinderungen, kurz die "ZEBBEK" beim Gesundheitsamt Nürnberg gearbeitet. #00:01:22-1#
Philipp Bornschlegl: Die ZEBBEK. #00:01:23-1#
Vera Deising: Die ZEBBEK, genau. Und jetzt bist du eigentlich ganz neu, seit Juni auch Bereichsleiter der neuen Abteilung Kinder- und Jugendgesundheit. Da bist du immer noch zuständig für die ZEBBEK, zusätzlich jetzt noch für die aufsuchende Gesundheitshilfe, für Zahngesundheitsdienste und für den Aufbau der Hebammenkoordinationsstelle. Okay. Ja, es wird noch nicht fertig. Es geht noch weiter. Du bist auch noch Schularzt in der Bertha-von-Suttner-Schule, das ist eine Schule mit einem Förderzentrum, mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung in Nürnberg. Hier können Kinder ohne Einschränkungen und Kinder, die eine Einschränkung haben, eine körperliche Behinderung haben, einfach ihren Schulabschluss machen. Und jetzt, ganz aktuell bist du auch noch im Coronaleitungsteam seit März. Du bist ja gar noch nicht so lange bei der Stadt Nürnberg, genau wie ich. Wie bist du denn in diese Aufgabe jetzt hineingerutscht? #00:02:22-8#
Philipp Bornschlegl: Also ich bin, ich habe im September am Gesundheitsamt angefangen, nachdem wir im Juli wieder aus Tansania zurückkamen. Und da war dann relativ schnell klar, dass der Plan bestand, den Bereich Kinder- und Jugendgesundheit zu teilen und ein Bereich sollte der Kinder- und Jugendärztliche Dienst sein, der sehr groß geworden ist durch die steigenden Geburtenraten und die steigende Zahl von Kindern, die Schulreife erlangen in Nürnberg, so dass man gesagt hat, den Teil, wo es eher um präventive Maßnahmen geht, den lagert man aus. Und dann hatte man mich ausgeschaut als möglichen Bereichsleiter, was natürlich ein anspruchsvoller Wechsel war und ich habe aber gedacht, das wäre doch eine schöne Chance. #00:03:06-1#
Vera Deising: Okay, hast du dich schon von Afrika aus auf die Stelle beworben oder erst, als du hier warst? #00:03:11-4#
Philipp Bornschlegl: Ich habe mich tatsächlich schon von Afrika aus beworben und das war insofern spannend, als dass ich der erste Bewerber in der Geschichte der Stadt Nürnberg war, dessen Bewerbungsgespräch per Videokonferenz stattgefunden hat. Ich saß in Tansania, in Lindi, in meinem kleinen Zimmerchen mit wackeliger Internetverbindung und blickte auf einen Bildschirm, auf einen Konferenzraum, wo es so aussah, als wäre ich an die Wand geworfen worden mit Beamer. Und alle haben an dem Bildschirm, also an meinem Blick, vorbeigeschaut und nur ab und zu so seitlich auf mich. Das war sehr ungewöhnlich, aber hat scheinbar ganz gut funktioniert. #00:03:46-6#
Vera Deising: Auch da warst du schon ein bisschen deiner Zeit voraus, oder? #00:03:49-6#
Philipp Bornschlegl: Naja, da muss man eher sagen, vielleicht weil die Stadt Nürnberg ihrer Zeit hinterher. #00:03:53-7#
Vera Deising: Ja, okay. Du bist der Kinder- und Jugendarzt. War das schon immer dein Traumberuf? #00:03:58-6#
Philipp Bornschlegl: Das definitiv. Es gibt vielleicht noch einen zweiten Traumberuf, der aber eher träumerisch ist, das ist der der Filmregisseur, aber, also Dokumentarfilm. Aber ich denke immer, als Kinder- und Jugendarzt muss ich auch den Kindern und den Eltern Informationen herauslocken und die befragen und ich habe Einblick in alle Gesellschaftsbereiche. Ich sehe da sogar einige Parallelen. #00:04:23-0#
Vera Deising: Und wann hast du das so entschieden? War das schon im Gymnasium? Klar, ich werde Arzt, oder? #00:04:28-0#
Philipp Bornschlegl: Tatsächlich in den letzten Schuljahren ist mir klar geworden, dass mich die Medizin als Wissenschaft oder als Themengebiet unglaublich interessiert, weil mich interessiert hat, wie der Mensch funktioniert. Auf sowohl körperlicher, wie geistiger Seite und Medizin fand ich dann einfach spannend. Dann habe ich im Zivildienst in der Knopfschen Kinderklinik festgestellt, dass das mir schon taugt. Und nachdem ich es viel zu riskant fand, mein Leben abhängig zu machen ausschließlich von meiner Kreativität, habe ich mich dann für die Medizin entschieden. #00:05:01-5#
Vera Deising: Okay, die Kreativität ist jetzt nur noch Hobby, also nur noch. #00:05:06-0#
Philipp Bornschlegl: Ausgleich. Ausgleich, wichtiger Ausgleich. #00:05:08-6#
Vera Deising: Okay, gut. Ja, du bist ja auch Familienvater, hast drei Kinder im Kindergarten und Grundschulalter. Die Situation Familie, Beruf ist nicht immer einfach. Wie geht ihr damit um? #00:05:19-2#
Philipp Bornschlegl: Nicht einfach ist eine wunderschöne Untertreibung. #00:05:23-3#
Vera Deising: Gerade jetzt in dieser Zeit. #00:05:25-7#
Philipp Bornschlegl: Gerade jetzt. Und es war schwierig. In Tansania ging es. Als wir dann zurückkamen, war es gerade dabei, wieder gut zu werden und dann haben die Schulen geschlossen, dann ist es wieder schwierig geworden. Also man kann aktuell, es ist unglaublich anstrengend mit drei Kindern sich von dem Modell Hauptverdiener und der andere bleibt zu Hause zu lösen. #00:05:52-8#
Vera Deising: Das stimmt. #00:05:53-6#
Philipp Bornschlegl: Und wenn man das versucht, dann ist das stressig und man muss jede Minute planen. Und wir sind da gerade sehr auf der Suche, wie wir das lösen. #00:06:03-1#
Vera Deising: Ja, wenn du ein Patentrezept hast, verrate es mir. Uns geht es ähnlich. #00:06:08-6#
Philipp Bornschlegl: Dann schreibe ich ein Buch. #00:06:09-8#
Vera Deising: Genau. Ja, Im Redaktionsteam überlegen wir immer, wen laden wir ein, wer hat interessante Geschichten im Gepäck, wen könnten wir da interviewen? Und ganz spontan habe ich da über dich gesagt, das ist ein Typ, der ist in der Welt zu Hause, der ist in Franken daheim. Würdest du zustimmen? #00:06:27-7#
Philipp Bornschlegl: Auf jeden Fall. #00:06:28-6#
Vera Deising: Okay. Bist du im Herzen Franke? #00:06:30-2#
Philipp Bornschlegl: Ich bin im Herzen tiefster Franke. Also Mittelfranke vor allem muss ich dazu sagen. Ich habe diese Auseinandersetzung auch verstärkt führen dürfen, weil meine Frau aus Nordrhein-Westfalen kommt und ich für mich das Fränkische, vor allem auch der Dialekt ist. Also gerade nachdem wir in Tansania waren, habe ich festgestellt, das Essen ist ganz wichtig, das fränkische Essen und auch vor allem die Vielfalt. Ich habe ja hier nicht nur Bratwürste, sondern auch die ganzen internationalen Gerichte, aber vor allem auch eben Bratwürste und Schäufele. Aber was tatsächlich mir wirklich gefehlt hat und was ich genieße, ist der fränkische Dialekt. Das ist wunderbar. Gerade das Nürnbergerische ist so eine unglaublich effiziente Sprache. #00:07:11-1#
Vera Deising: Ja, und die ist auch so ganz anders wie der Umlanddialekt und das Fränkische von weiter hinten. Also das ist ganz was anderes. #00:07:19-2#
Philipp Bornschlegl: Und die Effizienz ist so eindrucksvoll, es ist einfach, ich hatte mal im Studium musste ich im alten Rathaussaal eine Ausstellung aufbauen und dann war da so ein Pförtner gesessen in seinem Pförtnerhäuschen. Und dann bin ich da hingekommen mit studentischen Kollegen und habe dann gesagt: Pass auf, hier, in einer halben Stunde kommt der und der Transporter bringt das und das und dann, eine Stunde später kommt der andere Transporter, bringt das und das und wir würden es dann aufbauen und dann wären wir fertig. Der Pförtner schaut mich an über seine Bildzeitung hinweg, guckt mich an und sagt einfach nur: Ordnung. #00:07:47-2#
Vera Deising: Was will man denn noch mehr sagen? #00:07:50-1#
Philipp Bornschlegl: Da ist alles gesagt. Da ist alles drin. Mehr braucht man nicht. #00:07:52-8#
Vera Deising: Ja, das stimmt. Der Franke beschränkt sich aufs Wesentliche, genau. Was assoziierst du dir mit Nürnberg? An was denkst du als erstes, wenn du an Nürnberg denkst? #00:08:01-8#
Philipp Bornschlegl: Hm. Tatsächlich, wahrscheinlich schon an Bratwürste, an meine Kindheit und Jugendzeit, an die Altstadt, daran, dass man alles ohne großen Aufwand mit dem Fahrrad oder mit den Öffentlichen erreichen kann. An die grünen Oasen in der Stadt. An die kulturelle Vielfalt. Das ist doch schon viel, aber das sind so die ersten Sachen, die einem kommen. #00:08:26-7#
Vera Deising: Ja, schön. Bist du auch Club-Fan? #00:08:28-7#
Philipp Bornschlegl: Ja. #00:08:30-8#
Vera Deising: Oder ambivalent. #00:08:31-8#
Philipp Bornschlegl: Fußball ist jetzt nicht so in meinem Interessenzentrum. Ich verfolge es leidend am Rande mit. #00:08:38-9#
Vera Deising: Was aber auch erleichtert. Ja, gut. #00:08:42-6#
Philipp Bornschlegl: Aber es war halt wieder sehr typisch. #00:08:45-1#
Vera Deising: Ja, Okay. Ja. Du warst ja lange Zeit, oder sagen wir mal zwei Jahre mit deiner Familie, fernab der Heimat, fernab von Nürnberg, nämlich in Afrika, in Tansania, um ganz genau zu sein. Im Herbst 2016 habt ihr, du und deine Frau, nehme ich mal an, die Entscheidung getroffen, beruflich nach Tansania zu gehen. Du hast dort in der Entwicklungsarbeit für Neugeborenenversorgung für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit gearbeitet. Wie kommt man denn auf so eine Idee? #00:09:17-9#
Philipp Bornschlegl: Das liegt schon relativ lange zurück. Ich habe schon im Studium mich für Medizin außerhalb Europas interessiert. Es gab da ein tolles Projekt, das nannte sich Medical Peace Work. Das ging aus von Kollegen aus Nürnberg und Kollegen aus Norwegen, die wollten einen online, die haben einen Onlinekurs, ein E-Learning System entwickelt zum Thema Friedensarbeit durch medizinische Tätigkeit. Dahinter steckt ein Konzept, das man, wenn man in Ländern die medizinische Versorgung verbessert, man dadurch auch automatisch Friedensarbeit macht. Da steckt die IPPNW dahinter, die internationalen Ärzte zur Verhinderung des Atomkriegs, eine politische Ärztevereinigung und noch diverse andere Projekte. Und da war ich damals dabei und durfte ein paar Videos schneiden und war dann auch bei der Entwicklung der zweiten Phase mit dabei. Und das war mein erster Kontakt zur internationalen Gesundheit. Und das ist dann geblieben. Und ich habe dann mich, nach dem Staatsexamen engagiert in der "Gesellschaft für Tropenpädiatrie" und war dann 2011 auf einem Kongress in Hamburg, der sehr interessant war. Ich habe mich da als frischer Assistenzarzt und frischer Papa sehr klein und unscheinbar gefühlt, habe dann aber trotzdem ein sehr gutes Gespräch geführt mit einem Hamburger Arzt, der auch zwei kleine Kinder habend kurz davor war, nach Tansania auszureisen. Und der hat mich sehr fasziniert, weil er da sehr souverän darüber gesprochen hat und aber auch meine Sorgen verstanden hat mit, zu diesem Thema. Und den habe ich, den Kontakt behalten. Er hat dann immer Emails geschrieben, Rundmails und hat berichtet aus Tansania und ich bin mit ihm lose in Kontakt geblieben. Dann kam er zurück. Ich habe ihn noch mal getroffen, auf einem Intensivkurs Tropenpädiatrie, der auch angeboten wurde. Und dann, wie es der Zufall so wollte, wurde genau seine Nachfolgestelle ausgeschrieben. Und in dieser Zeit hatten wir schon den Entschluss gefasst, dass wir nach einigen Jahren Erlangen nun auch mal ein bisschen was von der Welt sehen wollten, auch mit Kindern. Da kam dann noch ein bisschen Zeitdruck dazu, weil die große Tochter dem Schulalter immer näher rückte und wir wussten, der alte Konflikt wenn wir ins Ausland gehen, in eine Hauptstadt, dann leben wir in einer Expatblase und die Kinder gehen auf deutschsprachige, oder englischsprachige Schulen und wir leben hinter großen Mauern und Kriegen von dem Leben, von dem in Anführungszeichen "ursprünglich Leben" vor Ort überhaupt nichts mit. So hat also tatsächlich auch ein bisschen die Zeit gedrückt und dann hat es aber ziemlich genau gepasst, vom Timing her. #00:11:54-6#
Vera Deising: Okay, aber ihr wolltet schon wirklich, ich sage mal ins Land, also deutsche Schule oder so war jetzt nicht der Plan. Also ihr wolltet schon richtig Kontakt haben. #00:12:03-1#
Philipp Bornschlegl: Wir wollten möglichst ursprünglich ist immer so ein blödes Wort. Wir wollten möglichst so leben, wie die Leute dort auch leben und uns nicht dort durch Mauern oder in irgendwelchen Luxusstadtteilen isolieren, sondern zwischen und mit den Menschen dort leben, wenn wir auch dort arbeiten wollten und natürlich auch die dortige Sprache und die Kulturen lernen und erleben können. #00:12:26-7#
Vera Deising: Gab es auch irgendwelche Zweifel, wo ihr gesagt habe, da könnte es kritisch werden? #00:12:32-2#
Philipp Bornschlegl: Also wir hatten tatsächlich den Vorteil, dass eben der Kollege, den ich kannte und ein Freund von ihm als Nachfolger schon jeweils zwei oder drei Jahre an dieser Stelle gearbeitet hatten. Mit denen hatte ich natürlich auch ausführliche Vorgespräche und die konnten zum Beispiel den Punkt Gefahr vor Ort durch Räuber oder Überfälle konnten die entkräften und auch solche Sachen, dass eben irgendwelche Lebensmittel nicht verfügbar wären, oder solche Gefahren, konnte entkräftet werden. Natürlich war für uns das Hauptthema tatsächlich die Beschulung, oder die Betreuung der Kinder, weil es gibt dort zwar Kindergärten, aber zum Beispiel Kindertagesstätten oder sowas gibt es da nicht. Und wenn man dann drei Kinder hat, einer im Kindertagesstättenalter, einer im Kindergartenalter und eine im Schulalter, ist das natürlich anspruchsvoll, das irgendwie so unter einen Hut zu kriegen und dann eben nicht das gleiche Problem zu haben, was man in Deutschland hatte, dass die Frau zu Hause sitzt und sich um die Kinder kümmert und der Mann früh aus dem Haus geht und abends wieder heim kommt. #00:13:33-7#
Vera Deising: Okay. Im Frühjahr 2017 begann dann die Vorbereitungsphase für euren Auslandsaufenthalt, das sogenannte Onboarding. Dazu gehörten Seminare und auch ein, du hast gerade schon angesprochen, einen Sprachkurs. In deinem Blog hast du geschrieben "Diese neue Sprache zu lernen ist für mich wie der erste kleine Blick durch eine Tür. Ich bin gespannt, was noch kommt.". Das fand ich total schön, dass du das so geschrieben hast, dass das so der Türöffner war. Und da frage ich dich jetzt ganz direkt Bist du ein gerne Lerner? Lernst du gerne? #00:14:10-0#
Philipp Bornschlegl: Ich habe immer so eine gewisse Anfangseuphorie, wenn es darum geht, neue Sachen zu lernen, die leider oft abebbt. Also ich interessiere mich für sehr viele Dinge mit so einem Interessenpeak am Anfang und dann oft verläuft sichs im Sande. Aber generell kann man schon sagen, dass ich mich für viele Dinge interessiere und mich mit vielen Dingen gerne beschäftige, auch mit neuen Dingen. Ich würde jetzt wahrscheinlich aus Langeweile nicht unbedingt mal eben noch mal eine neue Sprache lernen, aber wenn ich weiß, dass ich mich zwei Jahre da in einem Land befinde, ist es natürlich, gehört es irgendwie dazu, sich so mit dem Land auseinanderzusetzen, dass die Sprache auch dazu gehört. Was ich gerne mache, sind, aktuell, das hat in Tansania angefange, Bücher über Selbstmanagement, also amerikanische Bücher über Selbstmanagement, ist so ein bisschen negativ belegt, aber ich bin zum Beispiel gerne, ich prokrastiniere sehr gerne und da gibt es ein tolles Buch gegen Prokrastinierung, den "The Now Habit" heißt das von Neil Fiore. Das habe ich mal durchgearbeitet und in Tansania habe ich ein tolles Buch gelesen über digitalen Minimalismus von Cal Newport. Vorher hatte ich schon gelesen "The 7 Habits Of Highly Effective People" von Stephen Covey und ganz vorher hatte ich auch schon "Getting Things Done" gelesen von David Allen, was ich täglich immer wieder neu versuche, um die Flut an Aufgaben, die einem im Kopf herumschwirren, aus dem Kopf rauszukriegen. Also diese Art von Selbstlernen mag ich sehr gerne. #00:15:35-9#
Vera Deising: Okay. Gibt es auch noch was, wo du gesagt hast, das habe ich noch nie ausprobiert, das würde ich gerne noch mal lernen. #00:15:42-4#
Ansage: Gerne lernen. #00:15:44-3#
Philipp Bornschlegl: Ja, wir waren mal im Urlaub auf Sansibar und da habe ich Kite surfen ausprobiert. Zum Beispiel. #00:15:52-6#
Vera Deising: Ist schlecht am Bildungszentrum, aber vielleicht kriegen wir das auch mal hin. #00:15:57-4#
Philipp Bornschlegl: Und jetzt zwingt mich mein Sohn dazu, dass ich BMX fahren, oder Oder in Bike-Parks fahren und Sprünge machen noch mal neu lernen muss. #00:16:08-5#
Vera Deising: Okay, also eher so Outdoorgeschichten. #00:16:10-8#
Philipp Bornschlegl: Aktiv, Aktivitätssachen. Ja, genau. #00:16:13-0#
Vera Deising: Okay, kommen wir zurück zu deiner Auswanderung oder Ausreisephase. Wie hoch war der Papierstapel, der für die Auswanderung nötig war? Ich habe gelesen von Papieren für Arbeitserlaubnis, Geburtsurkunden, Visa, diverse Anträge, Führungszeugnisse, Approbationsurkunden, Unbedenklichkeitsbescheinigung, usw. und so fort. Wie viele Kilometer musstest du rennen, um das alles zusammenzukriegen? #00:16:40-8#
Philipp Bornschlegl: Ich musste vor allem stundenlang telefonieren und Millionen Emails schreiben und was für mich immer nicht so ganz nachvollziehbar war, dass tatsächlich ich immer das Gefühl hatte, dass bei mir das System neu entdeckt wird, weil immer wieder ich das Gefühl hatte, es ist gar nicht klar, welche Unterlagen ich überhaupt brauche. Aber das ist natürlich auch ein großer Teil, wie es einfach in anderen Ländern möglicherweise abläuft, dass man im Prozess selbst erst überhaupt rausfindet, welche Unterlagen man braucht. Also es waren natürlich viele Sachen, die klar sind. Es war die Approbationsbescheinigung, die musste dann durch einen zertifizierten Übersetzer übersetzt werden, das Facharztzeugnis musste auch übersetzt werden. Und dann gab es eben so was wie eine Unbedenklichkeitserklärung der Landesärztekammer, wo im Prinzip noch mal geschrieben wird, dass in meinem Führungszeugnis wirklich nichts steht und dass ich eigentlich schon eigentlich ein guter Arzt bin und natürlich diverseste Arbeitserlaubnisse usw. Es gibt dann diverse, die Bürokratie in Tansania ist sogar noch etwas mehr ausgeprägt als bei uns, oder vielleicht noch undurchsichtiger. Und es hat einfach. Es war einfach aufwändig. Ich musste teilweise auch, es ist ja nicht so, dass man mal eben mit DHL was nach Tansania schickt, ich musste dann einige Briefe nachsenden in einer speziellen Urkundendokumentenmappe und das hat dann von hier nach Tansania 75 € gekostet für eine Dokumentenmappe. #00:18:05-2#
Vera Deising: Ups, okay, das sie quasi geschlossen dort auch wieder ankommen. #00:18:09-4#
Philipp Bornschlegl: Dass sie vollständig dort ankommen, weil das waren teilweise Originale, die ich dahin geschickt habe und ich war natürlich vorher noch nie dort gewesen. Als ich dann dort war, hat sich dann, wenn man das System kennt, relativiert sich das schon ein bisschen. Aber hier im Vorfeld war das hat das natürlich sehr fremdartig gewirkt. #00:18:26-1#
Vera Deising: Okay, gut, im Mai seid ihr dann nach Daressalam geflogen. Das ist eine Stadt an der Küste im Indischen Ozean, am Indischen Ozean in Tansania. Ich habe gelesen, wörtlich übersetzt heißt Daressalam "Haus des Friedens". Wie waren eure ersten Eindrücke, als ihr am Flughafen gelandet seid und ausgestiegen seid? Habt ihr sofort gerochen, jetzt bin ich in Afrika. #00:18:50-9#
Philipp Bornschlegl: Gerochen nicht. Es war eine unglaubliche, drückende Hitze. Und der Fahrer, der uns abholen sollte, kam erstmal nicht. Wir hatten natürlich noch keine lokalen SIM Karten, das heißt unser Handy hat nicht wirklich funktioniert. Die, meine lokale Chefin, eine Rheinländerin, war zunächst auch nicht erreichbar. Irgendwann kam dann der Taxifahrer, hat unsere acht Gepäckstücke mit Ach und Krach in den kleinen, kleinen Minivan reinstopfen können und uns fünf Personen auch. Und dann standen wir erstmal im Stau, was anstrengend war, weil wir natürlich eine lange Reise hinter uns hatten. Und die Kinder waren müde und durstig und wir hatten kein Wasser mehr. Auf der anderen Seite war es spannend, weil wir natürlich sehen konnten, wir konnten aus dem Fenster gucken und uns sind die Augen übergegangen, weil ganz viel Leben in Daressalam natürlich auf der Straße stattfindet und es gibt an jeder großen Ampel Straßenverkäufer. Man kann alles Erdenkliche auf der Straße kaufen. #00:19:53-0#
Vera Deising: So aus dem Auto raus. #00:19:54-2#
Philipp Bornschlegl: Aus dem Auto, raus. Da gibt es quasi das ist eine eigene Branche, das ist der Hauptstraßenverkäufer, und da gibt es üblicherweise Getränke, es gibt Essen, es gibt kleine kleine Snacks, es gibt verschiedenste Chips, selber gemachte. Es gibt aber auch Spielzeug, also Fußbälle, Strandzubehör. Das Abgefahrenste, was ich tatsächlich mal gesehen hatte, war ein Aquarium, was eine an der Straße verkauft hatte, befüllt. #00:20:16-6#
Vera Deising: Mit Fischen? #00:20:17-2#
Philipp Bornschlegl: Mit Fischen. #00:20:17-7#
Vera Deising: Hast du aber nicht gekauft #00:20:20-9#
Philipp Bornschlegl: Ich hab das nicht gekauft, nein. Und da war es dann so, wir hätten gerne Wasser gehabt, aber unsere Suaheli Kenntnisse waren natürlich rudimentär, weil wir drei Wochen in der Vorbereitung, also wir hatten quasi 15 Tage, immer vormittags, weil am Nachmittag die Kinderbetreuung dort schwierig war und wir haben es dann irgendwie geschafft, dass wir uns Wasser bestellen konnten, hatten natürlich kein Geld, wollten den Taxifahrer auch nicht um Geld anhauen. Es war kompliziert und eigentlich ist es einfach, weil Wasser heißt "Maji" und man sagt "Maji Maji" und dann kriegt man Wasser und dann zahlt man ein paar Schilling dafür. Aber diese Fahrt hat effektiv, glaube ich, zwei Stunden gedauert und dann sind wir völlig fertig in unserem Haus angekommen, wo wir erstmal wohnen sollten in Daressalam. #00:21:01-1#
Vera Deising: Genau das war dann in so einer ehemaligen finnischen Wohngemeinschaft, ist das richtig? Ich stelle es mir wie so ein kleines Dorf vor, wo Entwicklungshelfer und ihre Familien wohnen oder wohnen können. Da wart ihr dann erstmal untergebracht. #00:21:14-7#
Philipp Bornschlegl: Genau, es ging ja. Das Onboarding sollte ja in Tansania noch weitergehen für vier Wochen, bevor wir dann in unseren ursprünglichen Tätigkeitsort, Lindi, weitergefahren wären. Und so war es auch geplant. Man muss sich vorstellen, Daressalam ist ein riesiger Moloch. Ich glaube, dreieinhalb Millionen Menschen wohnen da und es gibt eine Halbinsel, die Peninsula und auf dieser Halbinsel rotten sich alle westlichen Expat-Familien zusammen. Das heißt, da gibt es dann ein paar Villengegenden und es gibt Casinos und es gibt westliche Supermärkte, wo man auch mal mehr als drei verschiedene Schokoladen kaufen kann und auch Gummibärchen, was es sonst nirgends gibt. Und ganz an der Spitze dieser Peninsula war dieses Alte, dieses alte, diese alte finnische Compound und da haben zu der Zeit noch drei andere Familien gelebt, zwei davon aus dem Entwicklungshilfekontext und es war toll, weil es gab in der Mitte einen Pool und einen Volleyballplatz und ein Spielplatz. Die Sauna, die es natürlich auch gab, hat leider nicht mehr funktioniert. Und von der Architektur her war es tatsächlich so, wie man sich es, wenn man sich die Serie Lost anschaut, da gibt es ja auch "The Others" und die leben auf der Nachbarinsel und oder an einem anderen Teil der Insel und haben auch so alte Baracken aus den 60ern, die dann so überwuchert sind. So ungefähr sah es aus. Ich habe mich immer gefühlt wie in Lost, mit Urwald und Palmen und alten Gebäuden aus den 60ern. #00:22:43-9#
Vera Deising: Aber war es dann auch mehr noch so ein Urlaubsfeeling? Oder war es schon klar, das ist jetzt unser neues Leben? #00:22:50-3#
Philipp Bornschlegl: Es war leider kein Urlaubsfeeling, weil der ganze Service, der sonst zu einem Urlaub dazugehört, wie eine Bar und Restaurant und so, Roomservice, das gab es alles nicht. Wir hatten dann da ein ein Haus und, leider dieser Camper gehörte der Regierung und es gab einige Häuser, die bewohnt waren und es gab viele Häuser, die schon ein bisschen verfallen waren und der Bedarf war scheinbar nicht so da, dass die gefüllt wurden und unser Haus war in einem okay-ischen Zustand. Es gab eine bestückte Küche mit einem Gasherd und mit einem Gasofen und mit fließend Wasser und mit einem Kühlschrank. Das war gut. Es gab auch Betten, aber wir hatten, gottlob, zum Beispiel Moskitonetze selber dabei, die haben wir dann fummelig aufgehängt und sonst gab es nicht viel. Das heißt, wir mussten dann erstmal zum Supermarkt und Essen kaufen und überhaupt mal sich da einfinden und herauszufinden, wo gibt es Essen, wo gibt es fertiges Essen, wo gibt es was, wie können wir uns das selber kochen? Das hat schon eine Zeit lang gedauert und wir hatten jetzt natürlich in unseren acht Köfferchen auch nicht viel Kinderspielzeug dabei. Wir hatten, gottlob, eine Tasche mit Büchern und einer Kugelbahn, einer Plastikkugelbahn, zum Zusammenstecken. Und dann hieß das also, dass die Kinder auf dem Compound rumgefahren sind und den erforscht haben und mit der Kugelbahn gespielt haben. #00:24:11-1#
Vera Deising: Und im Pool waren #00:24:12-3#
Philipp Bornschlegl: Und im Pool waren. #00:24:13-0#
Vera Deising: Okay, aber für die Kinder sind ja wahrscheinlich so die ganz normalen Eindrücke schon so überwältigend. Haben Sie Ihr Spielzeug vermisst? #00:24:20-1#
Philipp Bornschlegl: Nein, haben sie nicht. Und da gab es dann halt zum Beispiel auch solche Sachen wie großartige Regenschauer, wenn es dann draußen 28 Grad hat und dann ist und über zehn Minuten kommen dann literweise Wasser runter. Da sind die Kinder dann auch tatsächlich draußen herumgesprungen und haben sich gefreut. #00:24:37-2#
Vera Deising: Ja klar, warum auch nicht? Genau. Also das war quasi noch mal so eine Art Vorbereitungsphase, aber diesmal im Land. Und dann seid ihr weitergereist. Nach Lindi. #00:24:48-0#
Philipp Bornschlegl: Genau. #00:24:48-9#
Vera Deising: Das ist eine kleine Küstenstadt, sogar mit Flughafen, am Lindi Bay, am Indischen Ozean. Hat ungefähr 43.000 Einwohner. Ja, so wie Schwabach, habe ich geschaut. Und wie wart ihr dort untergebracht? #00:25:01-1#
Philipp Bornschlegl: Also den Flughafen muss ich leider relativieren. Der wird, Lindi war in den 1910er Jahren der Regierungshauptort für Deutsch-Ostafrika. Aus dieser Zeit stammt auch noch der Flughafen, der dann, nachdem die Deutschen wieder abgezogen sind, gab es ja eine britische Besetzung bis in die 60er Jahre. Und da gab es da vor allem diese Sisal. #00:25:29-2#
Vera Deising: Sisal. #00:25:30-0#
Philipp Bornschlegl: Genau. Also im Rahmen der britischen Besatzung wurde dann vor allem der Flughafen von Lindi genutzt, weil es dort ganz viele Sisalplantagen gab und natürlich "korosho", also Cashewnüsse. Und dadurch wurde der Flughafen genutzt, aber seit den 70er Jahren ist der eigentlich kaum in Betrieb. Ab und zu landet mal eine Regierungsmaschine, wenn irgendein Regierungsvertreter zu Besuch ist, aber wir mussten immer nach Mtwara, das ist die Nachbarstadt, eineinhalb Autostunden entfernt, ein Stückchen mehr nach Süden, fast schon an der Grenze zu Mosambik. Und der Flughafen wird regelmäßig von der Daressalam angeflogen. Und die Flugstrecke Mtwara - Daressalam habe ich in und auswendig gekannt, das war eine Stunde Flugzeit, und das bin ich relativ häufig geflogen. Du hast gefragt, wie wir dort untergebracht wurden und, also am Anfang waren wir uns noch kurz unsicher, weil es gab ein Haus, das Entwicklungshelferhaus, das war ein bisschen abseits vom Stadtker Lindy und wir waren am Anfang ein bisschen unsicher, weil wir hätten natürlich gerne mitten drin gewohnt und da immer so sieben Kilometer mit dem Auto rein und rausfahren hat uns genervt. Wir hatten auch Räder dabei, aber das war meistens zu heiß, um wirklich morgens die sieben Kilometer zu fahren. Ich habe das insgesamt glaube ich, fünf Mal gemacht. Wir haben uns dann für das Haus draußen entschieden, weil es einfach die beste Substanz hatte und es gab einen Hochtank draußen, wo man das Wasser hochgepumpt hat. Es gab eine Wasserleitung, die hat aber in der Trockenzeit nur einmal die Woche ein bisschen was geliefert. Das heißt, es gab einen Erdank, der das Wasser von der Wasserleitung gesammelt hat, und wir mussten dann regelmäßig das Wasser hochpumpen auf den Hochtank und durch den Hochtank hatte man dann Wasserdruck auf den Leitungen und konnte den Wasserhahn aufmachen. Da kam es raus. Das war am Anfang herausfordernd, weil wir oft Stromausfall hatten und dann keinen Strom hatten, um Wasser in den Hochtank zu pumpen. #00:27:20-0#
Vera Deising: Das habt ihr nicht mit so einem Benzingenerator gemacht? #00:27:22-6#
Philipp Bornschlegl: Nein, nein, nein. #00:27:22-9#
Vera Deising: Okay. #00:27:23-8#
Philipp Bornschlegl: Aber wir hatten dann eine, es gab eine Solaranlage, aber der Transformator für die Solaranlage war kaputt und den haben wir am Anfang reparieren lassen wollen, dann ging es nach Daressalam, war dann da, wochenlang. Kam dann zurück und beim ersten Anmachen ist er wieder explodiert. Dann musste ich wieder mit der GIZ verhandeln und dann haben wir irgendwie einen neuen. Also es hat ungefähr ein Dreivierteljahr gedauert, bis wir neue Batterien und diese Solaranlage funktionierend hatten. Aber dann lief Wasser und dann lief Strom und dann war es eigentlich gut. Trinkwasser hatten wir über eine Filteranlage, über so ein Filtersystem, wo das durch so ein Filter durchgeht. Es war relativ gut, aus der Schweiz #00:27:59-3#
Vera Deising: Wie so ein Brita Wasserfilter oder so wie? #00:28:00-5#
Philipp Bornschlegl: Ja, so ähnlich, aus der Schweiz war das. Und das Haus war einfach schön. Wir hatten einen großen Garten, wo die Hühner von den Nachbarn immer rumgezogen sind und überhaupt die Kinder, die Nachbarskinder da regelmäßig mit unseren Kindern spielen konnten. Und das war auch einfach die Freiheit. Der Mittlere morgens früh aufgewacht ist, dann raus und im Garten, hat im Garten gespielt. Ich habe dann eine kleine Mountainbike Bahn im Garten gebaut und wir hatten diverse Spielgeräte im Garten, eine Schaukel und eine Slackline unter einem Cashewnussbaum. Das war sehr, sehr schön da. Aber es war eben ein bisschen auswärts von der Stadt und wir haben vom Stadtleben dadurch nur was mitgekriegt, wenn wir abends, oder dann noch in die Stadt reingefahren sind. Es hat uns oft traurig gemacht, aber auf der anderen Seite haben wir von anderen Familien gehört, die, also viele amerikanische Missionarsfamilien gab es dort und die haben erzählt, die haben in einem kleinen Dorf gewohnt, mitten im Dorf, und die haben das den Fish Bowl genannt, also wie im Aquarium sich gefühlt. Die hatten zwar einen Zaun gemacht und den Zaun noch abgedichtet, aber trotzdem ein Jahr lang waren da jeden Tag von früh bis spät die Nachbarsleute am Zaun gehangen und haben geguckt, was die machen, bis es sich dann als normal normalisiert hat. Und das hatten wir natürlich nicht, weil wir da ein bisschen außerhalb waren und weil die Nachbarsleute auch gewohnt waren, dass da immer mal wieder Westler gewohnt haben. Aber das war ein sehr, sehr schönes Haus. Da. #00:29:21-6#
Vera Deising: Ja, das glaube ich. Das sind halt Freiheiten, die man hier nicht hat. #00:29:25-4#
Philipp Bornschlegl: Nee. #00:29:26-7#
Vera Deising: Nee. #00:29:27-5#
Philipp Bornschlegl: Da müssen wir schon weit in die Fränkische fahren, um so ein Haus zu finden. #00:29:31-5#
Vera Deising: Ja, ja, wunderbar. Die Menschen in Tansania, habe ich mir aufgeschrieben, zählen zu einem Drittel zum Islam, das nächste Drittel zum Christentum, überwiegend katholisch und dann gibt es noch diverse Stammesreligionen. Kurz nach ihrer Ankunft wurde ja das Zuckerfest gefeiert, also der traditionelle Abschluss des Ramadan. Also wie habt ihr diese Zeit erlebt, die ja für die Muslime eine ganz besondere Bedeutung hatte? Und was hast du überhaupt für Einblicke in den Islam bekommen? Oder hattest du vorher schon Kontakt mit dieser Religion? #00:30:07-5#
Philipp Bornschlegl: Also vorher hatte ich tatsächlich muss ich gestehen, kaum Kontakt mit dem Islam. Ich hatte natürlich hier, anfang der Nullerjahre habe ich einige Video Videoprojekte gemacht, mit Jugendhäusern hier im Großraum, mit dem Jugendhaus Gost und mit dem Jugendmedienzentrum Connect in Fürth. Da waren schon viele Jugendliche mit Migrationshintergrund, die islamischen Glaubens waren. Da habe ich so ein bisschen was mitgekriegt, aber im Studium dann gar nicht mehr. Und in Lindi ist es noch mal was Besonderes, weil in Lindi sind fast über 70 % islamisch. #00:30:43-3#
Vera Deising: Okay, doch so viel. #00:30:44-2#
Philipp Bornschlegl: Und die Christen sind in der Minderheit tatsächlich. Und das hat auch mit der Geschichte zu tun, weil generell in Tansania die Küstenstädte, also man muss sich vorstellen, vor der deutschen Besatzungszeit war der arabische Einfluss sehr groß in Tansania und an den Küsten wurde sehr viel Sklavenhandel betrieben, das heißt die Küstenstädte, die ganze Küstenregion und auch Sansibar, was ja inzwischen zu Tansania gehört, sind durch die arabischen Kulturen stark beeinflusst worden durch den arabischen Islam. Und die das Christentum, die vor allem europäischen Missionare sind dann, weil sie wussten, die Küsten sind schon von vom arabischen Einfluss abgedeckt, sondern eher ins Landesinnere. Das heißt man findet im Landesinneren viele christliche Zentren und auch immer noch katholische Klöster, auch bei uns in der Nähe war eins, Ndanda, ein richtiges katholisches Kloster, von immer noch südbayerischen Nonnen bewohnt, auch sehr spannend. Aber an der Küste ist es vor allem der Islam, der überwiegt. Und da ist es eine interessante Mischung, weil es gibt relativ strenge islamische Regeln. Also wirklich, der Ramadan wird sehr konsequent durchgezogen, auch bei 30 Grad wird den ganzen Tag gearbeitet und kein Tropfen Wasser getrunken, was ich enorm eindrucksvoll fand. Und dann dafür abends, wenn die Sonne unterging. Der Vorteil war, dass immer um Punkt 18:30 Uhr die Sonne weg war. Dann wurde waren die Straßen voll und es wurde gegessen. Trotzdem ist dieser Islam stark beeinflusst immer noch von diesen Stammesreligionen, oder von diesen eher naturbezogenen Glauben, der ursprünglich in Tansania vorherrschte und dadurch ist es eine spannende Mischung, die daraus entstanden ist. Und auf der anderen Seite gab es in den 50er, 60er Jahren einige, eine, eine große indische Gruppe, die auch in den Küstenstädten gelebt haben. In Lindi waren es über 10.000 Inder, die dann da viel Handel betrieben haben. Das heißt, man kann in Lindi tatsächlich erleben, das Christentum in der Minderheit und der Islam und auch Hinduismus völlig parallel zueinander in Frieden koexistieren. Es werden alle Feste irgendwie doch gemeinsam gefeiert. Es gibt den Hindutempel neben der Moschee, dann gibt es oben auf dem Hügel die christliche Kirche und man geht überall hin und man toleriert es einfach gemeinsam. Das habe ich so noch nirgendwo anders erlebt. #00:33:18-0#
Vera Deising: Ja, das ist schön. So sollte es eigentlich sein. Also ich finde, man kriegt hier auch viel zu wenig mit, wenn Ramadan gefeiert wird. Also ich hatte vorher auch keine Berührungspunkte, bis ich hier in der Südstadt als Kursleiterin gearbeitet habe und ich habe auch in der Zeit so viel über den Islam gelernt. #00:33:34-3#
Philipp Bornschlegl: Ja, man sieht aber auch einfach wieder, wie unterschiedlich Religionen doch in den Regionen gelebt werden. Und ich habe alle dort beteiligten Religionen in dieser Region als sehr, sehr tolerant erlebt. Man hat sich gerne ausgetauscht und erzählt, wie man es wie es für sich selber ist. Der Islam dort war schon eher patriarchalisch geprägt. Wir haben eine sehr gute Freundin, die dort sehr viel für uns organisiert hat. Die ist dann. Nach einem Jahr, haben wir erlebt, wie sie verheiratet wurde. Und da war es tatsächlich so, dass der Ehemann, oder der zukünftige Ehemann ihren Bruder gefragt hat und ihr Bruder hat dann über diese Hochzeit entschieden und hat auch den islamischen Ehevertrag unterschrieben. Da war ich dann in der Moschee mit dabei, als dann die Ehe beschlossen wurde, da war aber das war eine tolle Hochzeit mit super geschmückter Frau. Da haben sich alle getroffen in dem kleinen Haus und drumherum und plötzlich, wie durch ein unsichtbares Signal sind alle Männer Richtung Moschee gegangen, ich bin dann mit spaziert. Dann wurde da der Ehevertrag unterschrieben, es wurde gefeiert, dann kam man zurück und dann wurde gegessen. Auch strikt getrennt. Frauen im Haus, Männer draußen. Das wurde dann schon aufgelockert und dann gab es, dann wurde gefeiert wie sonst auch immer. Aber es war schon irgendwie getrennt, aber auch irgendwie nicht so getrennt, das man sich nicht gemocht hat, sondern es war halt ein Ritual, was man halt gemacht hat und dann ging es wieder normal weiter. #00:35:10-1#
Vera Deising: Okay, ja spannend. Schön, dass sie euch auch, das sieht man auf den Bildern, die du in deinem Blog hast, so voll mit aufgenommen haben, mit einbezogen von der ersten Minute an. Ihr wart da in dieser Festgesellschaft zusammen am Strand. Das war überhaupt kein Thema, die Hautfarbe oder solche Geschichten. Also ihr wart da, ihr habt mitgefeiert. #00:35:30-3#

Philipp Bornschlegl: Also die Hautfarbe ist schon leider noch ein Thema. Also es gibt dann quasi den umgekehrten Rassismus, auch wenn ich das, also Rassismus ist ein zu hartes Wort. #00:35:40-3#
Vera Deising: Ein hartes Wort, ja. #00:35:41-0#
Philipp Bornschlegl: Die Weißen sind dort einfach die "Mzungu", also der, "der Weiße" einfach und es war auch üblich, dass man von den Kindern, wenn man in kleinere Dörfer gegangen ist, die haben einen gesehen und dann riefen sie "Mzungu" und haben auf uns gedeutet und der Weiße ist auch automatisch der, der Geld hat und der, der Macht hat. Und da kann man, da kann man nichts dagegen machen. #00:36:05-9#
Vera Deising: Das will man gar nicht so, aber man wird trotzdem so gesehen. #00:36:08-7#
Philipp Bornschlegl: Ja. #00:36:09-4#
Vera Deising: Okay, Kommen wir noch mal zu deiner Arbeit in Tansania. In deinem Blog hast du einen Blog geschrieben, der heißt "Supportive Supervision im Hinterland" und hat den netten Titel dahinter "Was mache ich hier eigentlich?". Da schreibst du über die Neugeborenenversorgung, über Ausbildungssysteme von Ärzten und Fachpersonal, von Materialknappheit und Medikamentenmangel. Kannst du erklären, für uns, die kein Mediziner sind, was genau war deine Aufgabe dort, was hast du dort eigentlich gemacht? #00:36:44-0#
Philipp Bornschlegl: Das kann ich eigentlich nicht erklären. #00:36:45-2#
Vera Deising: Doch, bitte versuch's. #00:36:46-9#
Philipp Bornschlegl: Es ist. Es ist natürlich die Gretchenfrage, weil ich da auch immer, schon dort von Freunden, die dann hier geblieben sind, gefragt wurde und es ist einfach so schwer, das in einfache Sätze zu fassen. Letztlich gibt es eine Zusammenfassung, die meine dortige Chefin gesagt hat, die es eigentlich trifft. Bei uns ist das System Gesundheit, das Gesundheitssystem ist bei uns stark, das heißt, das System gibt vieles vor. Und wenn es dann eine Gruppe von Ärzten gibt, die eine bestimmte Aufgabe hat, zum Beispiel im Dienstplan, oder es gibt die Oberärzte und da gibt es die Assistenzärzte und dann geht einer aus dem Team weg, oder die Teamzusammensetzung ändert sich, dann hat das keine großen Konsequenzen, weil das System drumherum stark ist. In Tansania ist das System schwach, das heißt, es hängt unglaublich von den Personen ab, die dort arbeiten, sowohl was den Wissensstand angeht, als auch das Engagement. Das heißt, wenn man da jemanden hat, der die Neugeborenenstation leitet und dann hat er einen Assistenten und dann geht der Chef weg, dann fällt das komplette, die komplette Struktur quasi auseinander und man muss wieder von Neuem anfangen, weil es eben keine Struktur gibt. Es gibt nicht die Visitenrunden und die Abläufe, dass man weiß, wenn das passiert, dann mache ich das und wenn das passiert, mache ich das, sondern es ist viel, viel offener, viel durchlässiger in alle Richtungen. Das Fachpersonal ist natürlich auf einem ganz, ganz anderen Ausbildungsstandard, hat auch einen ganz anderen Bezahlstandard und hat damit auch ein ganz anderes Verhältnis zur Arbeit. Das ist schwer zu beschreiben. Und kann man jetzt eigentlich, wirklich, sprengt den Rahmen, leider. Generell kann man sagen, es ist ein gewisses System, was vorhanden ist und meine Aufgabe war es zu gucken, was an dem System läuft gut, was an dem System läuft schlecht, wie kann ich mit den vorhandenen Ressourcen sowohl materiell, als auch fachlich wissenschaftlich die Abläufe und die Strukturen so verbessern und so nachhaltig Wissen in dieses System bringen, dass es nachhaltig bleibt und dass dieses System weiter verbessert wird, auch wenn ich weg bin. Das ist, dieser Schwerpunkt der Nachhaltigkeit ist natürlich etwas, was die GIZ sich ganz vorne auf die Fahnen geschrieben hat. Aber es ist ja auch sinnvoll. Das grenzt ja diese Arbeit auch von diesen Hilfseinsätzen mit Ärzte ohne Grenzen ab. Bei Ärzte ohne Grenzen gehe ich in ein Flüchtlingslager, arbeite acht Monate, mache chirurgische Tätigkeiten und dann gehe ich wieder weg, da bleibt nichts, außer dem, was ich gemacht habe. Hier ist es ein anderer Ansatz, da geht es schon darum, zu gucken, was im System ist vorhanden, was ich gut weiterentwickeln kann und was ist was, was ich vielleicht wechseln kann. Und das ist auch gerade die Herausforderung, weil ich kann da nicht einfach mein deutsches Denken anwenden und kann sagen so, also in Deutschland, wir wissen es besser, wir machen das jetzt so wie bei uns daheim, sondern ich muss genau gucken, wie sind denn hier die Strukturen, die gesellschaftlichen Strukturen, die kulturellen Strukturen, die Ausbildungsstrukturen, die Finanzierungsstrukturen? Es gibt dann auch immer wieder, das war ein Regierungskrankenhaus, und da wurden dann immer wieder plötzlich Leute abgezogen und neue Leute kamen dazu. Das heißt, man musste irgendwie das so installieren, dass das Wissen Personen unabhängig dort bleibt und das ist natürlich eine unglaubliche Herausforderung. #00:40:07-4#
Vera Deising: Ja, das glaube ich. Weil man hat ja auch nicht die Ressourcen, die wir hier haben. Also wahrscheinlich scheitert es manchmal schon an so banalen Dingen, wie Medikamenten, Material. #00:40:16-8#
Philipp Bornschlegl: Ja, Medikamente gibt es natürlich, verschiedenste Hilfssysteme, die sich um die Medikamente kümmern. Aber zum Beispiel mein Vorvorgänger, den ich in Hamburg kennengelernt hatte, der hat, der war als allererstes dort und der hat dann erstmal drei Monate alles beobachtet und hat rausgefunden, dass die Neugeborenen dort erst nach vier Wochen einen Namen bekommen, weil die Neugeborenensterblichkeit so hoch war, dass man erstmal die vier Wochen wartet und dann guckt, schafft es das Neugeborene und dann kriegt es erst einen Namen. Das heißt, die ersten vier Wochen heißt das Baby dann "Baby of Majuma" oder "Baby of Hamissa". Und dann war es auch so, es gab keine dezidierte Neugeborenenstation, sondern der Schwerpunkt lag auf der Mutter. Wenn die Mutter geboren hat, kam sie auf die Wochenstation, alle haben sich um die Mutter gekümmert und das Baby war halt so mit dabei. Aber das Baby wurde nicht regelmäßig untersucht. Es wurde sich selten aktiv darum gekümmert zu gucken, trinkt das Baby, hat das Baby Gelbsucht, hat Das Baby vielleicht Fieber und eine Neugeboreneninfektion, gar nicht. Und das hat er dann rausgefunden und hat dann eine, ein Triage-System entwickelt, also eine eine Art Checkliste, wo man nach vier Stunden nach der Geburt, zehn Stunden nach der Geburt und 48 Stunden nach der Geburt ungefähr abhaken musste. Man musste gewisse Tests machen bei dem Baby. Die Rekapillarisierungszeit, zum Beispiel von von den Fingern, um zu gucken, ob die Durchblutung passt, oder man hat Fieber gemessen, oder man hat sich die Haut angeschaut, geguckt, hat das Baby Gelbsucht und trinkt das Baby und hat es dann angekreuzt. Und dann gab es einen Farbcode System, wenn es grün war, war alles okay, wenn es gelb war, ist es in die engere Überwachung gekommen und wurde dann nicht mehr nur in diesen drei Momenten überwacht, sondern häufiger und wenn es rot war, dann wurde es auf die damals neu geschaffene Neugeborenenstation gebracht, wo es dann noch engmaschiger überwacht wurde. Und Neugeborenenstation heißt jetzt nicht wie bei uns Neugeborenenstation, sondern Neugeborenenstation heißt eigener Raum, immerhin mit so Baby-Wärmebettchen. Aber alle anderen Ressourcen, die wir so gewohnt sind, waren da halt Mangelware. Da gibt es dann zum Beispiel einen Sauerstoffsensor für den Sauerstoffgehalt im Blut, da gibt es dann zwei und die haben dann jeweils ein Kabel und wenn das Kabel kaputt geht, weil halt ein Kabel Bruch ist, dann gibt es kein Ersatzkabel. Dann wird das ganze Sauerstoffmessgerät nicht mehr, kann nicht mehr verwendet werden und es gibt immerhin auch Sauerstoff, den man den Kindern geben kann, den Neugeborenen. Aber das ist nicht wie bei uns aus der Wand kommt der konzentrierte Sauerstoff, sondern das ist dann ein Raumluftsauerstoffkonzentrator. Eine Maschine, die dann so vor sich hin wummert und die aus der Raumluft den Sauerstoff konzentriert und dann über einen Schlauch raus pustet. Die müsste dann regelmäßig gewartet werden, dann müssten regelmäßig die Filter ausgetauscht werden und genau diese Regelmäßigkeit, die fehlt in diesem System, genauso wie bei den Pulsmessgeräten, die gehen einfach häufig kaputt, weil sie nicht gewartet werden, weil es keine Wartungsstruktur gibt. Und das "Preventive Maintenance" Konzept, das ist auch ein riesen Teil gewesen, der in diesem Projekt dabei war, schon seit mehreren Jahren wird versucht das irgendwie zu etablieren, aber dann werden Leute ausgebildet in diesem Maintenance System, aber die werden dann wieder ausgetauscht und gehen woanders hin. Und es ist einfach, es fehlt an Struktur, um solche Ideen dann einfach im System zu behalten. Auch wenn man einen Schritt nach vorne geht oder zurückgeht und sich anguckt, warum so viele Kinder eine Neugeborenenasphyxie, also Neugeborenen, bei der Geburt einen Sauerstoffmangel erleiden, das liegt dann zum Beispiel daran, dass bei der Geburt, bei der Austreibungsphase die Überwachung durch die Hebammen, oder durch die Krankenschwestern nicht so ist, wie wir es hier gewöhnt sind. Es gibt keine Wehenschreiber, das heißt, es wird alles händisch gemacht. Dann sind meistens mehr als genügend Mütter, die gerade gleichzeitig in der Austreibungsphase sind. Und dann kommt es oft vor, dass es dann zu obstructed Labour oder prolonged Labour kommt und dann steckt das Kind irgendwo und dann kommt es zu einem sekundären Kaiserschnitt und dann haben die Kinder schon den Sauerstoffmangel. Und da hat man auch versucht, verschiedenste Konzepte einzupflegen, wie man dieses Labormonitoring, dieses, die Wehenüberwachung besser gestalten kann. #00:44:36-5#
Vera Deising: Aber gehen die Frauen überhaupt in die Klinik zum Gebären oder? #00:44:40-3#
Philipp Bornschlegl: Ja, also das hat schon die letzten zehn Jahre deutlich zugenommen. Es war 2010, als dieses Projekt begonnen hat, war die Krankenhausgeburtsrate ungefähr bei 55 bis 60 % und jetzt ist sie bei über 80 %. #00:44:54-6#
Vera Deising: Okay. Und die Hebammenbegleitung ist normal, oder standard oder? #00:45:00-0#
Philipp Bornschlegl: Es fehlt dann einfach an Personal. Und es gibt auch die dezidierte Hebamme, wie sie es bei uns gibt, gibt es nicht wirklich das machen dann Krankenschwestern, manche haben dann so eine weitere Ausbildung, aber so eine Begleitung, wie wir sie kennen, mit gemeinsamem Atmen, das gibt es da nicht. Dass es da auch wieder kulturell so dass die Frau bei der Geburt eigentlich, für unsere Verhältnisse, aus unserem Blick sehr alleine gelassen wird. #00:45:23-5#
Vera Deising: Okay, okay. Ja, das heißt, wichtig war, einfach Kontakt zu den Menschen zu kriegen, die dort sind. Mit ihnen gemeinsam zu schauen, was ist denn da? Und dann Dinge zu entwickeln. #00:45:36-3#
Philipp Bornschlegl: Genau, mit den Leuten vor Ort, mit den Krankenschwestern, mit den Ärzten. Die Ärzte konnten natürlich immerhin alle Englisch, das war schon mal einfacher, weil ich habe natürlich Suaheli gelernt und konnte dann auch so ein paar Grundlagen. Aber dann kommt ja wieder quasi das medizinisches Suaheli, das ist ja dann genauso wie bei uns, man ja auch medizinische Terminologie noch mal zusätzlich hat, hätte ich theoretisch zum normalen Suaheli auch noch mal ein medizinisches Suaheli lernen müssen und da war dann irgendwie keine Zeit mehr. Also ich habe mich dann mehr schlecht als recht mit "Baby Suaheli", so hat es mein Vorgänger auch immer genannt, durchgeschlagen und das hat aber eigentlich auch funktioniert. Und ich hatte ja nicht nur, in Lindi gab es ein sogenanntes "Regional Referal" Krankenhaus, was quasi ein Krankenhaus war, mit der Idee, dass es schon spezialisiert ist und dass die Distriktkrankenhäuser ihre komplizierten Fälle zu uns "referen", also verlegen konnten. Und dann war ich in der ganzen Region Lindi noch für die fünf weiteren Distriktkrankenhäuser zuständig, wo es dann auch darum ging, dass ich regelmäßig in die Krankenhäuser gefahren bin, mit einem Fahrer und einem riesigen, nicht riesigen, mit einem massiven Jeep, weil die Straßen auch teilweise nur Sandpisten waren und dort dann das nannte sich "Supportive Supervision", also quasi unterstützende Supervision, wo man hingeht, wo man einfach mal einen Tag lang mitmacht, die "rounds" mitmacht, die Visiten macht, Geburten mit begleitet, einfach guckt, wie die Leute dort vor Ort arbeiten und am nächsten Tag dann mit denen spricht und sagt So, pass mal auf hier, das wie wäre es denn wenn wir da und können wir nicht gemeinsam usw. #00:47:10-8#
Vera Deising: Sich gemeinsam überlegt an welchen Stellschrauben kann man drehen, um die Situation dort zu verbessern? #00:47:16-9#
Philipp Bornschlegl: Und natürlich jede Qualitätsverbesserungsmaßnahme ist abhängig von Daten und Daten ist ein großes Highlight. Dort gibt es riesige Geburtsbücher und Bücher und Zettelwirtschaft und ich hatte dann auch immer so Checklisten und war dann auch immer vertieft und habe auch stundenlang die Daten abgeschrieben und abgezählt, also mir die letzten drei, das war immer so, alle drei Monate bin ich da hin und dann musste ich die letzten drei Monate durchgehen. Wie viele normale Geburten hatte ich, wie viele Kaiserschnitte hatte ich? Wie viele Babys, die da geboren wurden, hatten einen initialen Apgar, ein fünf Minuten Apgar, also den zweiten Apgar, der unter sieben war und dann wurde das irgendwo in eine Statistik eingepflegt, wobei das natürlich sehr fehleranfällig war. #00:47:59-4#
Vera Deising: Alles analog, #00:48:00-4#
Philipp Bornschlegl: Alles analog. #00:48:01-5#
Vera Deising: Also wäre die Digitalisierung, die ja hier in Deutschland eher so ein heikles Thema ist in der Medizin für Tansania ein ein Gewinn. #00:48:10-9#
Philipp Bornschlegl: Das wäre ein enormer Gewinn und es ist auch jetzt in der aktuellen Projektphase, die jetzt Anfang dieses Jahres begonnen hat, die quasi die Nachfolge Projektphase von meinem Projekt ist, ist der Schwerpunkt auch Digitalisierung, das Bundesministerium für Entwicklungshilfe hat sich die Digitalisierung als zentralen Punkt auf die Fahnen geschrieben und auch in Tansania, auch in der Medizin heißt es jetzt, man versucht, digitale Patientenmanagement- und Krankenhausmanagementsysteme zu etablieren. Das ist natürlich unglaublich zwiespältig, weil es tatsächlich schwer zu vermitteln ist oder auch schwer zu verstehen ist, dass ich jetzt in ein Krankenhaus, wo es an Überwachungsgeräten, wo es an Medizin, wo es an Verbrauchsmaterialien mangelt, dass ich da jetzt erstmal einen Computer hinstell und mich darum kümmern, dass der Computer regelmäßig Strom hat, dass der auch noch eine Netzwerkverbindung hat, damit er seine Daten übermittelt. Das ist schwer zu verstehen, aber ich finde es trotzdem sinnvoll, weil man nicht nur den zur Datenübermittlung nutzen kann und man hat dann auch mal eine eine gute Patientenhistorie, wo man dann sagen kann, der Patient wurde begonnen, die Behandlung wurde begonnen im Distriktkrankenhaus, dann wurde er verlegt ins Referralkrankenhaus und digital seine bisherige Verlaufsgeschichte wird auch mitgeschickt. #00:49:30-6#
Vera Deising: Also bisher war es quasi so er hat einen Zettel mit Notizen gekriegt und ist in das andere Krankenhaus. Und alles hat wieder von vorne angefangen. #00:49:37-1#
Philipp Bornschlegl: Wenn überhaupt. Oder es gab einen Referralnote, also eine Verlegungsnotiz, aber da ist dann halt auch schon wieder das Problem. Diese Vorlage hat irgendwann mal jemand entworfen und dann wurde die irgendwann kopiert und dann verschwindet halt die Vorlage auch irgendwann und dann gibt es halt die Referralnote nicht mehr, weil es halt einfach das System schwach ist. Und da würde die Digitalisierung sicherlich große Fortschritte bringen, auch was die Telemedizin betrifft, dass man gemeinsam Fälle diskutiert mit Experten und da gab es auch schon in der Zeit, wo ich dort war, große Fortschritte. Es gibt die pädiatrische Gesellschaft Tansania "PAT", Pediatrics Association of Tanzania und die haben als Zaubermittel WhatsApp Gruppen entdeckt. Also das haben wir dann auch dort etabliert. Es gibt eine spezielle WhatsApp Gruppe für Neugeborene und es gibt eine WhatsApp Gruppe für Gynäkologen, wo jetzt Lindispezifisch die verschiedenen Distriktkrankenhäuser, die Ärzte drin sind und aber auch aus Daressalam Fachärzte, die in den jeweiligen Vereinigungen sind, die die ganze Kommunikation mithören. Und dann ist es oft so gewesen, dass das jetzt als Forum genutzt wird, um komplizierte Fälle zu schildern. Da schickt dann eine zum Beispiel aus dem Distriktkrankenhaus Nyangao sagt: Guck mal, ich habe hier die Geburt, da ist das und das, was soll ich machen? Oder ein anderer schickt: Ich habe die, das Rezept für die, für die angereicherte Nahrung verlegt, wie macht man die denn? Und Plumpy'nut zum Beispiel, es gibt Plumpy'nut, das ist so ein Nahrungsergänzungsmittel. Wenn das fehlt, dann kann man irgendwie anders, nach WHO-Rezept zusammenbasteln und sowas wird dann über WhatsApp Gruppen ausgetauscht. Quasi ganz einfache Telemedizin und auch Fotos. Es gibt den Patograf, das ist so eine Methode, wie man den Wehenverlauf in der Austreibungsphase dokumentiert und dann guckt man, wo ist das Köpfchen, wie weit ist der Muttermund geöffnet, wie ist der Blutdruck bei der Mutter, wie oft kommen die Wehen? Und dann kann man das auf einen Blick sehen und der wird dann abfotografiert und wird dann über die WhatsApp verschickt und da sagt man hier, guck mal, ich bin da und jetzt bei der letzten Kontrolle war das, was soll ich machen? Und dann wird es diskutiert. #00:51:44-6#
Vera Deising: WhatsApp. Was soll man sagen? Jeder Datenschützer würde sich hier die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber dort wäre es, ist einfach eine gute Art und Weise in Kontakt zu treten. Ich denke, wäre das auch was für Menschen, die quasi weit weg von jeglicher medizinischer Versorgung leben? Haben die Menschen Handys, könnten sie so auch Kontakt aufnehmen zu Fachpersonal? #00:52:07-1#
Philipp Bornschlegl: Die Handyverteilung ist unglaublich, hat unglaublich zugenommen die letzten zehn Jahre. Auch weil die Netzabdeckung besser geworden ist und die Preise günstiger geworden sind. Und es gibt auch von vielen Entwicklungsorganisationen gibt es unterstützende Mobile Health Apps, die dann zum Beispiel, da gibt es viele Pilotprojekte in den Nachbarländern, also in Kenia gibt es viel und in Botswana, wo man die Vorsorge und die Nachsorge in Apps packt, also zum Beispiel die Schwangerenbegleitung, da gibt es dann eine App und dann registriert sich die Frau und sagt okay, ich habe da und der Geburtstermin und dann kriegt sie Erinnerungen an die Vorsorgetermine, dann kriegt sie Erinnerungen, sie soll ihr Gewicht eintragen usw. und das wird App mäßig unterstützt oder auch wenn man kein Smartphone hat, SMS basiert. Also die Leute über das Handy zu erreichen und andersrum auch, dass sie in Kontakt treten mit Fachpersonal, ist ein großes, vielversprechende Möglichkeiten. #00:53:06-2#
Vera Deising: Deine Arbeit in Tansania, die war ja begleitet von vielen Dingen, die nicht vorhersehbar sind, von Unsicherheiten, von Unabwägbarkeiten. Haben dir diese Erfahrungen auch geholfen bei deiner jetzigen Aufgabe im Coronaleitungsteam? Ich denke einfach, die Situation ist ja ähnlich, man hat keine, wie soll ich sagen, man hat keine Erfahrungswerte, auf die man sich berufen kann oder wenig. Hilft dir das, dass du so flexibel mit Situationen umgehen kannst, wo es jetzt noch keine Patentlösung vorab gibt? #00:53:41-0#
Philipp Bornschlegl: Also ich habe oft schon scherzhaft gesagt, dass die Coronakrise parallelen zu der Arbeit in Tansania hat, weil man eine völlig neue Situation mit verfügbaren Ressourcen neu gestalten muss. #00:53:54-4#
Vera Deising: Genau das meine ich ja. #00:53:55-3#
Philipp Bornschlegl: Das war auch das, was ich im Coronaleitungsteam am Anfang gemacht habe. Ich habe geguckt, was muss man beim Kontaktpersonenmanagement machen und was braucht es für Strukturen, um das soweit zu institutionalisieren, dass es effizient gestaltet werden kann? Und wir hatten am Anfang Kontaktpersonenmanagement heißt ja, dass ein Indexfall gemeldet wird, dann muss dieser Indexfall angerufen werden, in Quarantäne gesetzt werden und dann muss man rausfinden, wer waren seine Kontaktpersonen in der Zeit, in der er schon infektiös war und dann müssen diese Kontaktpersonen angerufen und auch in Quarantäne gesetzt werden. Durch diese Methode glaube ich persönlich, dass wir in Deutschland die Zahlen so niedrig halten konnten, weil das ein unglaublich effektives, effizientes System ist. Aber es ist aufwendig und es braucht eine eine gute Struktur dahinter. Am Anfang, als ich ins Leitungsteam kam, hatten wir in Nürnberg 14 Fälle und die waren auf zehn Exceldateien verteilt. Dann haben wir relativ schnell gesehen, wir müssen die Exceldateien standardisieren, dass jeder Fall eine eigene kriegt. Mit mit auch so Parametern, die man in der Exceldatei schnell ändern kann. Haben wir aber auch gesehen, wenn es jetzt mal über 100 ist, was wir uns damals überhaupt nicht vorstellen konnten, dann braucht man eine Datenbank und haben dann gesagt, wir müssen eine Datenbanklösung finden, die quasi das Informationsmanagement übernimmt, weil er verschiedene Leute an den gleichen Fällen arbeiten. Wir haben Ärzte, wir haben Experten und wir haben Telefonisten, die dann diese täglichen Anrufe machen. Und dann gab es also eine Struktur mit Abläufen, wer wann wo wie zuständig ist, wer welche Aufgaben hat. Und es gab eine IT-Infrastruktur, die aufgebaut werden musste. Da gab es dann eine tolle Zusammenarbeit mit dem Professor Zimmermann von der TU und mit der mit dem "DIP" mit dem Zentrum für Digitalisierung, IT und Prozessmanagement, die da ganz tolle Arbeit geleistet haben und innerhalb von fünf Tagen eine erste Datenbank programmiert haben. Und da konnte ich genau das machen, was wir in Tansania gemacht haben. Ablaufdiagramme zeichnen und überlegen, wie man da die Kommunikation untereinander verbessern kann. Und ich glaube, das hat auch gut funktioniert. Wir hatten jetzt ja über 1000 Fälle. Wir haben in den letzten, seit Anfang März haben wir insgesamt über 55.000 Anrufe gemacht. Das kann man jetzt durch die Datenbank alles wunderbar auslesen und wir hätten das bei weitem nicht geschafft, wenn wir nicht von Anfang an da eine gute Struktur gefunden hätten. #00:56:18-7#
Vera Deising: Ja, Gott sei Dank haben wir hier die Mittel, um so eine Struktur aufzubauen. Das war wahrscheinlich in Tansania das größere Problem. #00:56:25-5#
Philipp Bornschlegl: Ja, hier gibt es genug PCs in den verschiedenen Räumen. #00:56:28-5#
Vera Deising: Und WLAN und Stromversorgung bricht nicht ab zwischendurch. #00:56:32-4#
Philipp Bornschlegl: Wir konnten einfach die 140 Mitarbeiter vom Gesundheitsamt, die vorher alle schön in ihren Sachgebieten, in ihren Fachbereichen schon getrennt waren. Das war auch toll. Die haben dann plötzlich alle ein riesiges, agiles Team gebildet mit verschiedenen Zuständigkeiten und es gab das Abstrich Team und es gab die, die die Anordnung gemacht haben. Das war eine ganz tolle, agile und auch kreative Dynamik, die auch ganz neues Teamwork entstehen hat lassen. Und das ist jetzt, finde ich, die Herausforderung, wie man diese, diese Dynamik, dieses, diese Bewegung, wie man das einfach beibehält, wenn jetzt auch der Routinebetrieb, der jetzt ja auch wieder zu 80, 90 % angelaufen ist, dass die Leute zwar in ihren Bereichen wieder sind, aber trotzdem man man dieses gemeinsame Arbeiten wiederfindet und das ist auch in diesem, es ist ja immer noch ein Amt, das heißt Gesundheitsamt und das da beizubehalten, ist eine große Herausforderung. #00:57:27-6#
Vera Deising: Ja, und das Gefühl aufrechtzuerhalten, man war der Teil von etwas sehr wichtigen, also eine sehr wichtige Aufgabe hat man da ja auch ausgeführt. #00:57:36-8#
Philipp Bornschlegl: Ja, und es ist ja leider auch noch nicht zu Ende und es wird sicherlich, was heißt sicherlich, es kann gut sein, dass es jetzt im September dann noch mal die zweite Welle gibt, auf die alle noch warten und dann wird es wieder von vorne losgehen. Aber dann haben wir immerhin schon Abläufe und Strukturen, auf die wir zurückgreifen können. #00:57:52-2#
Vera Deising: Aber generell bist du schon so ein Typ, der sich gerne Herausforderungen stellt, oder? #00:57:56-6#
Philipp Bornschlegl: Ja, muss man mit drei Kindern. #00:57:59-3#
Vera Deising: Und gibt es auch mal so Situationen, wo dann deine Grenzen kommst? Also sowohl in Tansania als auch hier, wo du sagst, uff, jetzt weiß ich nicht mehr weiter. #00:58:08-9#
Philipp Bornschlegl: Ja, auf jeden Fall. Also ich habe, gottlob, im Studium schon durch intensiven Kontakt mit der Medizinethik viel reflektieren können und habe immer mir dadurch Wege suchen können, mich rauszuziehen. Und das war in Tansania ein paar Mal so, dass ich es war nicht oft, aber es war ein paar Mal so, dass ich mich wirklich rausgezogen habe, wenn ich gemerkt habe, okay, das Frühchen hat jetzt über die letzten drei Tage einfach mal nur 20 % von der Nahrung bekommen, die es eigentlich hätte bekommen können und ist jetzt quasi dabei zu sterben, weil es einfach zu wenig war und dann merke ich, dass das mich schon einfach sehr ärgert und ich aber dann gleichzeitig das den Leuten auch nicht übel nehmen kann, weil das ganze System und das ganze, die ganze Vorgeschichte da ist und dann bin ich einfach traurig und ziehe mich dann irgendwie raus. #00:59:03-3#
Vera Deising: Wie schöpfst du dann wieder Kraft in solchen Momenten? #00:59:06-7#
Philipp Bornschlegl: Oh, da ist ein gewisser Grundoptimismus da und auch einfach so eine Freude an der Welt an sich vielleicht. #00:59:18-4#
Vera Deising: Okay. Und deine Familie gibt dir auch Kraft dann. #00:59:20-9#
Philipp Bornschlegl: Natürlich, die Familie und also wenn ich heimkomme, ich schaffe es tatsächlich, habe es eigentlich fast immer geschafft, dann, wenn ich heimkommen, irgendwie die Arbeit hinter mir zu lassen. Das ist es jetzt erst mit der Leitungsstelle schwierig geworden, weil einfach so viel Verantwortung und auch zeitliche Verfügbarkeit da ist, aber da muss ich jetzt auch mich wieder ranhalten und sagen, wenn ich zu Hause bin und durch die Tür gehe, dann lasse ich das alles hinter mir und dann geht es um andere Sachen wieder und dann freue ich mich über die Freude meiner Kinder, die sich freuen, mich zu sehen. #00:59:53-1#
Vera Deising: Genau daraus schöpft man dann wieder Kraft. Ich habe gelesen, dass die ganzen großen Organisationen, du hast vorhin schon angesprochen Ärzte ohne Grenzen, Save the Children und wie sie alle heißen, gerade ziemlich Alarm schlagen über die Lage in Afrika, weil die ganzen Lieferketten zusammengebrochen sind, weil keine Hilfsgüter mehr ins Land kommen, Medikamente fehlen, Impfungen können nicht durchgeführt werden und das sind alles Folgen der Coronapandemie, die wir ja hier, wie du schon sagtest, ganz gut im Griff haben, aber in Afrika glaube ich ganz anders abläuft. Die sprechen sogar schon von einer Pandemie des Hungers, als Folge von der Pandemie die Corona gebracht hat. Hast du noch Kontakte Aktuell nach Tansania und wie ist die Lage dort vor Ort? #01:00:40-3#
Philipp Bornschlegl: Ich habe ganz sporadisch. Wir haben aktuell ganz sporadisch Kontakte, wir haben, meine Frau hat da noch ein Stoffprojekt aufgebaut und zu den Leuten vom Stoffprojekt haben wir Kontakt und da ist es zum Beispiel so gewesen, das von unserer besten Freundin, dort, wo ich vorhin über die Hochzeit berichtet habe, da ist zum Beispiel vor zwei Monaten der Mann gestorben. Vermutlich nicht an Corona, aber trotzdem hat uns das unglaublich traurig gemacht, weil wir einfach wissen, dass das da jetzt diese Frau, die so stark ist und so eigenwillig, jetzt trotzdem wieder alleine dasteht. Und mit Corona kriegen wir tatsächlich überhaupt nichts mit. Das hat auch ein bisschen politische Gründe, weil der Präsident von Tansania da sehr strikte Vorgaben gemacht hat und Ende April gesagt hat, wir melden keine Zahlen mehr und Ende Mai dann gesagt hat, wir haben Corona besiegt mit unseren Gebeten, deswegen ist das ein heikles Thema tatsächlich und ich kriege leider wenig mit. Aber ich habe auch aktuell tatsächlich gerade die letzten vier Monate absolut keine Zeit gehabt. #01:01:47-8#
Vera Deising: Okay, dann ist die Informationslage, die aus den verschiedenen Ländern kommt, wahrscheinlich auch unterschiedlich sehr unterschiedlich. #01:01:54-9#
Philipp Bornschlegl: Und ich meine, bei uns war es ja am Anfang schwierig, Tests zu bekommen und diese Testung, diese Abstriche, von denen alle sprechen, ist eine sehr anspruchsvolle, technisch anspruchsvolle Testung, weil da über im Prinzip eine gentechnische Methode, über eine PCR direkt der Virus nachgewiesen werden muss. Da braucht man Reagenzien, da braucht man gewisse Labore, da braucht man eine bestimmte, ein bestimmtes, sehr teures und sehr wartungsintensives Gerät, was diese PCR durchführt, diese Vervielfältigung von dem Virusstrang, die dann dazu führt, dass es messbar gemacht wird. Und ich glaube, dass in vielen afrikanischen Ländern, wenn überhaupt, das nur in den jeweiligen Hauptstädten zur Verfügung steht und die ganzen Umländer, die ganzen bäuerlichen, ruralen Regionen da überhaupt keine Zahlen liefern können, weil einfach die Testungen so schwer zu erreichen sind. #01:02:47-3#
Vera Deising: Da fehlt dir dann manchmal auch das Verständnis für die, sage ich mal für das Gemecker der Leute hier. Ich muss Maske tragen, ich muss Abstand halten und in Afrika sieht die Situation ganz anders aus, die Menschen haben da ganz existenzielle Ängste. #01:03:03-0#
Philipp Bornschlegl: Da muss man gar nicht nach Afrika gucken, um Unverständnis zu haben für die, für die Gegendemos. Also ich erinnere mich noch, es gab ja in Nürnberg diesen, diesen unsäglichen Aufstand an der Lorenzkirche und wenn ich mir denke, wenn die Leute schon auf die Straße gehen, weil sie das Gefühl haben, dass ihre individuelle Freiheit nur darin beraubt wird, dass sie in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske tragen müssen, da, das kann ich einfach nicht nachvollziehen, dass da hört es für mich auf. Ich kann verstehen, dass man eine, jetzt ist sie ja so En Vogue, eine gewisse Systemkritik hat und denkt, dass man da irgendwie bevormundet wird, das kann man machen, da kommt man dann gleich in den Bereich der Impfgegner und der... #01:03:44-8#
Vera Deising: Verschwörungstheoretiker. #01:03:46-5#
Philipp Bornschlegl: ...Verschwörungstheoretiker. Und das ist einfach so, das, glaube ich, durch die sozialen Netzwerke, da viel neue Dynamik einfach durch die Verbreitung von Halbwahrheiten möglich ist. Das, die Extremform sieht man in Amerika, wo einfach ein Präsident seine Wissenschaftler und Virologen diskreditiert, systematisch und damit die Hälfte der Gesellschaft mitzieht und dann es zu Demos was mit Maskenverbrennungen kommt, so weit sind wir hier glaube ich noch nicht, Verbrennungen hatten wir früher mal jetzt... #01:04:20-6#
Vera Deising: Das brauchen wir nicht nochmal. #01:04:21-2#
Philipp Bornschlegl: ...müssen wir nicht Maskenverbrennungen machen. Ich denke, was mich daran einfach stört, ist, dass ich finde, da fehlt einfach ein gewisses Gemeinwohlverständnis. Es mag natürlich sein, dass ich keine Lust habe, für mich eine Maske aufzusetzen, aber ich setze die ja nicht nur für mich auf, sondern ich die ja für das "Gemeinwohl" in Anführungszeichen auf und da kann man sich ja diesem schweren Schicksal sicherlich mal beugen. #01:04:46-9#
Vera Deising: Zumal es ja nur zeitlich begrenzt ist und andere Menschen ihr Leben lang in prekären Verhältnissen leben müssen und überhaupt keine Chance haben, da wieder rauszukommen oder überhaupt diese Welt mal hinter sich zu lassen. #01:05:00-0#
Philipp Bornschlegl: Ja, das stimmt. Ich finde einfach, es ist immer schwierig, jetzt, wo ich da in Tansania gelebt habe, ist es natürlich einfach zu sagen, Mensch, wieso regt denn ihr euch hier alle in Deutschland über so Kleinigkeiten auf, in Tansania die Leute, die haben es doch viel schlechter. Das ist ein bisschen so wie Ich habe das mal gelesen, das hat jemand, den, das evangelische schlechte Gewissen genannt, wenn man nicht aufessen wollte und dann die Mutter gesagt hat Jetzt ist dein Teller leer, die afrikanischen Kinder würden sich freuen über den Rest. Und das finde ich aber eine gefährliche Reaktion, weil wir sind hier in unserem Kulturkreis und wir sollten innerhalb dieses Kulturkreises ein Verständnis finden und da fehlt es mir schon auch daran, dass man einfach mal wertschätzt, was man hier überhaupt an Luxus hat. Aber diesen, diese Wertschätzung sollte man finden, ohne jetzt auf die Drittweltländer gucken zu müssen, sondern in sich. Das wäre sehr schön. #01:06:00-5#
Vera Deising: Was war eigentlich emotional anstrengender? Der Aufbruch in diesen neuen Lebensabschnitt, oder der Kulturschock in der Heimat, als ihr zurückgekommen seid? Also ich habe oft gelesen, dass die Menschen, die ins Ausland geschickt werden, gut vorbereitet werden, aber schlecht nachbereitet. Wie ging es euch damit? #01:06:19-7#
Philipp Bornschlegl: Also wir haben uns, als es dann losging mit der Rückreiseplanung, viel beschäftigt, mit diesem Reverse Culture Shock und irgendwie ist danach, direkt danach so viel passiert, dass noch gar nicht ich habe das Gefühl, wir hatten noch überhaupt keine Zeit... #01:06:37-9#
Vera Deising: Den Schock zu haben. #01:06:39-7#
Philipp Bornschlegl: den Schock zu haben. Weil, als wir zurückkamen, hatten wir gedacht, wir machen zwei Monate, wir sortieren uns zwei Monate und dann fange ich wieder an zu arbeiten und dann fängt irgendwann meine Frau an zu arbeiten, dann kam aber raus, dass unser kleinster Sohn eine Nierenoperation braucht, dann war das das Thema, dann war die Nierenoperation gerade fertig, dann kam raus, dass unsere alte Wohnung, in die wir zurückgekommen waren, dass wir da eine Eigenbedarfskündigung bekommen, dann mussten wir also als fünfköpfige Familie in Erlangen eine neue Bleibe suchen, was auch nicht so einfach ist. Da hatten wir dann auch großes Glück. Dann mussten wir im Januar umziehen und da waren wir gerade umgezogen und die Kinder waren in ihren neuen Schulen gerade eingewöhnt und dann kam die Coronakrise und dann war sowieso alles anders. Also ich kann rückblickend sagen, ich glaube, wir hatten keine Zeit für den Reverse Culture Shock. #01:07:26-7#
Vera Deising: Wart ihr denn dann wieder froh, hier zu sein? #01:07:29-9#
Philipp Bornschlegl: Das variiert. #01:07:32-6#
Vera Deising: Auf welche Dinge habt ihr euch hier gefreut? Oder was habt ihr vermisst, als ihr in Afrika wart und andersrum? #01:07:37-1#
Philipp Bornschlegl: Also, ich kann ja für mich sprechen. Ich habe mich tatsächlich auf das Essen hier gefreut, weil das Essen dort war toll, ich habe es genossen, aber mir haben einfach tatsächlich die Bratwürste gefehlt. #01:07:50-2#
Vera Deising: Okay. #01:07:52-0#
Philipp Bornschlegl: Das kann ich jetzt nicht anders sagen. Und ich habe dann, als wir zurückkamen hier, glaube ich, in den ersten Wochen so viel Bratwürste gegessen, das, und trotzdem konnte ich immer noch Bratwürste essen die ganze Zeit. Also ich mag einfach Bratwurst mit Sauerkraut, da bin ich groß geworden damit. Und dort ist das Essen dort war toll. Wir hatten eine ganz tolle Köchin, auch wenn das jetzt wieder so dekadent klingt, wir hatten eine Frau, die für uns dort gekocht hat und die hat immer ganz viel Reis mit Bohnen gekocht. Die Bohnen waren, haben fünf Stunden in einer Kokosmilchcremesauce mit ganz viel Koriander gekocht, geköchelt und der Reis war auch lecker, es war einfach großartig. Also Reis mit Bohnen konnte ich da jeden Tag essen und dann gab es Mishkaki, das sind quasi Fleischspieße mit Rindfleisch und dann gab es Chicken, das waren quasi ganze Hähnchen, die in so einer,gegrillt wurden in verschiedener Panade, das war schon sehr lecker. War auch natürlich Luxusessen für dortige Verhältnisse. Dort gab es ganz viel Maniok, das ist so eine Wurzel, die dann in verschiedenen Arten gegessen wird und ganz viel Reis, also Reis. Das war lecker, aber hier, wie gesagt Bratwurst, da habe ich mich sehr gefreut. #01:09:08-0#
Vera Deising: Unschlagbar, Bratwurst. #01:09:08-4#
Philipp Bornschlegl: Und natürlich der Freundeskreis, die Freunde und einfach mal sich, das fränkische Bier, muss ich auch zugeben und sich dann einfach mal mit Freunden hier im Biergarten zu setzen, gerade auch in den Biergarten und einfach mal zu quatschen, das hat schon gefehlt und da habe ich mich sehr darauf gefreut. Auf der anderen Seite hatten wir dort den Luxus, wir sind in unseren 4Wheel, in unseren vierrad Jeep gestiegen, der einfach riesig und total toll war, ein Toyota Landcruiser und sind sieben Minuten gefahren zu einem Strand und waren dann da allein an diesem Strand und hatten den Strand für uns am Indischen Ozean und konnten da baden und rumtoben und machen was wir wollen. #01:09:49-5#
Vera Deising: Ja, unglaublich. #01:09:50-3#
Philipp Bornschlegl: Und dann kamen Regenschauer, dann sind wir ins Auto geflüchtet, dann sind wir wieder zurück an den Strand und das war einfach großartig. #01:09:55-1#
Vera Deising: Sind das so Dinge die, über die ihr immer noch sprecht in der Familie, so wisst ihr noch, damals in Afrika, oder? #01:10:00-9#
Philipp Bornschlegl: Ja, wir sagen eher so Mensch, jetzt wäre ich gern wieder am Strand, jetzt würde ich gerne an den Strand gehen oder so. #01:10:05-1#
Vera Deising: Also für deine Kinder ist es auch noch sehr präsent natürlich. #01:10:07-9#
Philipp Bornschlegl: Der Kleine nicht mehr so, aber der Mittlere und die Große schon. #01:10:13-2#
Vera Deising: Okay und würden die gern noch mal hingehen? Was sagen die dazu? #01:10:16-2#
Philipp Bornschlegl: Ich glaube schon. #01:10:17-0#
Vera Deising: Ja, okay. Aber ihr habt es von Anfang an so als als geschlossenen Projektzeitraum betrachtet. Es gab nie die Möglichkeit, wir verlängern, oder? #01:10:26-3#
Philipp Bornschlegl: Wir hätten die zwei Jahre auf drei Jahre verlängern können. Aber da sind wir dann wieder beim Thema Schule und Lindy ist eine kleine Stadt im Süden, relativ weit ab vom Schuss. Es gibt eine große Teerstraße, die seit 2011 fertig ist, so dass der Supermarkt auch Windeln hat, die gab es vorher nicht bei meinem Vorgänger, der hat das erste Jahr ohne Windeln verbracht. Das heißt, der Anschluss an die Hauptstädte ist schon da und es gibt aber schulisch war es einfach anders. Und meine, die große Tochter war dort auf einer lokalen Schule, die von einer Kenianerin gegründet wurde, die immerhin Englisch als Sprache hatten, aber es ist schwer, wieder in wenige Worte zu fassen, die Schule ist einfach anders da. Es ist ein sehr autoritäres Schulsystem, Corporal Punishment, also Prügelstrafe ist dort, war dort bis vor kurzem im Gesetz verankert, erlaubt. Es gab einen Prügelstrafe Lehrer, der war dann immer anwesend, wenn ein Kind dann zu einer Prügelstrafe geholt wurde, das wurde in ein Buch eingetragen. Trotzdem, zusätzlich dazu gab es einfach, war die Stimmung dort eher autoritär aggressiv geprägt. Und man muss sich auch vorstellen, die Kinder, die dort hingegangen sind, die waren da von 7:45 Uhr bis 16:00 Uhr in der Schule und die hatten zu Hause mehrheitlich überhaupt keinen Resonanzraum, wo das, was sie in der Schule gelernt haben, irgendwie noch mal reflektiert werden konnte. Es gab keine Bücher im Haushalt. Das heißt, sie sind in die Schule und dann sind sie wieder in ihre völlig andere Welt nach Hause. Und die Lerninhalte waren dadurch auch mit unserer Grundschule nur eingeschränkt vergleichbar. #01:12:01-7#
Vera Deising: Das heißt deine Kinder sind hier dann gerne in die Schule gegangen? #01:12:05-4#
Philipp Bornschlegl: Ja, würde ich schon sagen. Also deswegen haben wir aber nicht auf ein drittes Jahr verlängert, weil dann die große noch ein Jahr mehr hätte machen müssen und wir hätten auch den Ort wahrscheinlich wechseln müssen, was wieder mit der Dynamik des Projektes von der GIZ zu tun hatte und wir wollten nicht in die Hauptstadt. Wir hätten in die Hauptstadt gehen können, man hat mir angeboten, dass ich dann auch noch mal in einer höheren Position dort bleibe, aber dann hätten wir da in diesem Expat Experten Parallelwelt gelebt, mit eingezäunten, eingemauerten, schicken Häusern, mit Gärtner und mit Koch und mit Sicherheitsdienst und mit internationaler Schule, die es dort auch gab, die einen guten Ruf hat, die dann irgendwie 50.000 $ im Jahr kostet und da hätte man das, hätte man auch alles. Dafür muss man nicht nach Tansania gehen. #01:12:53-2#
Vera Deising: Okay, das war ja eigentlich das, was ihr nicht wolltet. #01:12:56-1#
Philipp Bornschlegl: Also sind wir nach zwei Jahren wieder zurückgekommen. #01:12:58-6#
Vera Deising: Okay. Wir haben hier noch so eine Rubrik, die heißt "Meckerecke". Gibt es etwas, worüber du dich so richtig aufregen kannst? #01:13:06-7#
Ansage: Mecker Ecke. #01:13:09-5#
Philipp Bornschlegl: Über das Gemecker der anderen. Über nichtiges Gemecker der anderen. #01:13:16-7#
Vera Deising: Über nichtiges Gemecker. #01:13:18-0#
Philipp Bornschlegl: Über nichtiges Gemecker der anderen und über den Club. #01:13:21-1#
Vera Deising: Ja. Wunderbar. Ja, gibt es noch was, was du sagen willst? Was dir wichtig ist Zum Abschluss, weil dann wären wir schon fast beim Ende unseres Gespräches. #01:13:32-6#
Philipp Bornschlegl: Ich glaube, ich würde mich freuen, wenn mehr Leuten wieder klar wird, auch nach der Coronakrise jetzt in dieser neuen Normalität, wie gut wir es eigentlich hier in Deutschland haben und wie gut wir hier eigentlich leben können, trotz der kleinen Probleme, die es hier gibt oder trotz der vielen Probleme, die es hier gibt. Das ist eigentlich ein, ganz im philosophischen Sinne, gutes Leben ist, was wir hier haben können. #01:14:01-0#
Vera Deising: Und dazu muss man nicht unbedingt im Ausland gewesen sein, so wie du, dazu hat nicht jeder die Möglichkeiten, aber einfach sein, seinen Blick offen lassen, seinen Geist offen lassen, denke ich und nicht nur seine Sicht der Dinge sehen, sondern auch versuchen, auf andere einzugehen. #01:14:18-1#
Philipp Bornschlegl: Auf andere einzugehen, anderen zuhören und auch mal im Zug, in der S-Bahn, in der U-Bahn einfach mal aus dem Fenster gucken und gucken, was draußen so los ist und nicht nur immer aufs Handy gucken. #01:14:29-7#
Vera Deising: Ja, da sagst du was Wahres. Ja Philipp, vielen Dank für das Gespräch. #01:14:35-2#
Philipp Bornschlegl: Gerne. #01:14:35-9#
Vera Deising: Hat ganz schön lang gedauert. Liebe Zuhörer, ich hoffe, auch Ihnen hat es gefallen. Ich möchte mich verabschieden für heute. Diese und andere Folgen finden Sie wie immer zum Nachhören unter www.bz.nürnberg.de/Podcast. Wenn Sie Spaß hatten, dann hören Sie doch gerne nächste Woche wieder rein, zu einem neuen Podcast aus dem Bildungszentrum Nürnberg. #01:14:58-2#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Philipp Bornschlegl berichtet von seiner Arbeit in der Neonatologie in Tansania, über die Chance der Digitalisierung in der Patientenversorgung und die Nachhaltigkeit von Entwicklungszusammenarbeit.
Philipp Bornschlegl leitet die neue Abteilung Kinder- und Jugendgesundheit 1 am Gesundheitsamt Nürnberg. Nach seiner Rückkehr aus Afrika katapultierte ihn ein Virus ins Corona-Leitungs-Team.
Im Podcast spricht er über die Familienentscheidung ins Ausland zu gehen, die intensive Vorbereitung und die Zeit in einem Land fernab der Heimat Mittelfranken.
Tägliche Stromausfälle, langwierige Reparaturarbeiten, heftigste Regenfälle - die Familie lebt sich in ihrem neuen Domizil ein, nimmt Kontakt auf mit den Menschen vor Ort und entdeckt die einsamsten Strände am Indischen Ozean. Der leidenschaftliche Arzt berichtet von den Herausforderungen, die medizinische Versorgung von Neugeborenen und schwangeren Frauen in Tansania zu verbessern und welche Chance direktes Mentoring für qualitative Standards und Abläufe im Krankenhausalltag ist. Die Digitalisierung in der Medizin sieht er als große Chance und erklärt, was eine digitale Patientenregistrierung, Abrechnung und Dokumentation für Vorteile haben. Beindruckt haben ihn in Lindi, Tansania die friedliche Co-Existenz der unterschiedlichen Religionen – Christentum, Islam und Hinduismus.
Abschließend zieht Philipp Bornschlegl Parallelen zwischen seiner Arbeit in Tansania uns der Aufgabe in Corona-Leitungsteam, die einen staunen lassen.
Blog zum Auslandsaufenthalt der Familie Bornschlegl mit einfühlsamen Berichten und ganz wunderbaren Bildern.
Das Recht geliebt zu werden und das Recht auf Bildung und Lernen: ein Musik-Video von Philipp Bornschlegl, das zusammen mit einer Schule in Lindi entstanden ist
GIZ-Seite zum Projekt in Tansania: https://www.giz.de/en/worldwide/20523.html
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Aufgenommen am: Donnerstag, 16.07.2020
Veröffentlicht am: Donnerstag, 06 August 2020
Moderation: Vera Deising
Im Gespräch: Philipp Bornschlegl
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.
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Fotonachweis: Philipp Bornschlegl