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Bewohner*innen der jAcht, wie kauft man ein Haus für eine Million Euro ohne reich zu sein?

Herzlich willkommen! Schön, dass ihr da seid. Herzlich willkommen zu unserer neunzigsten Sendung des Podcast "Kontaktaufnahme". Es ist Oktober 23, und wir widmen uns heute einem Thema, das uns wirklich ausnahmslos alle, alle alle angeht. Wir sprechen übers Wohnen. Mein Name ist Katharina Mittenzwei und ich sitze mit zwei Menschen hier in einem Raum, die dazu ziemlich viel zu sagen haben. Hallo Michaela Grischzok und Felix Müller. Schön, dass ihr da seid!

00:00:46 - 00:00:48Felix Müller

Hallo, schön, dass wir da sein können.

00:00:48 - 00:00:53Katharina Mittenzwei

Sehr, sehr gerne. Seid ihr so nett und stellt euch beide vor mich, Michaela magst du anfangen?

00:00:55 - 00:01:12Michaela Grischzok

Ja, ich bin die Michi und ich wohne jetzt seit Mai in einem Hausprojekt "die jAcht" und das ist jetzt auch seit September diesen Jahres sozusagen das zweite offizielle Mietshäuser Syndikatsprojekt in Nürnberg.

00:01:12 - 00:01:23Felix Müller

Hi, ich bin der Felix. Ich bin letztes Jahr, als wir angefangen haben das mit dem Syndikat alles aufzuziehen, bin ich dazugestoßen und bin seitdem in der "J8".

00:01:23 - 00:02:02Katharina Mittenzwei

Ihr seid tatsächlich die ersten Gäst*innen, die ich mit Adresse vorstelle. Ihr wohnt in der Julienstraße 8 in St. Johannis. Warum ich das tue? Das ist nämlich das Narrativ, das euch gemeinsam verbindet, die Geschichte, warum ihr heute hier seid. Es geht eben um euer Wohnprojekt. Ich war zur Vorbereitung auf auf eurer Website: "hausprojekt-j8.de" und ich werde als Nutzerin empfangen mit einem Ohrwurm, zumindest für mich. Einem Ohrwurm, das ist unser Haus. Ich darf Ton Steine Scherben hier vermutlich nicht einspielen, würde es aber gerne tun. Der Untertitel ist: "Das Haus ist freigekauft". Erklärt uns bitte, was bedeutet das?

00:02:04 - 00:02:35Felix Müller

Ja, genau das Haus ist freigekauft. In dem Sinne, dass mit diesem Konstrukt, dass wir da mit den Mietshäuser Syndikat gewählt haben, ist das Haus jetzt quasi in den Händen der Mieter*innen und kann nicht mehr verkauft werden. Also, es gibt Kontrollstrukturen in diesem Konstrukt, die dafür sorgen, dass das Haus nicht mehr auf den freien Markt kommt und deswegen, das ist unser Haus, es ist freigekauft, es bleibt in den Händen der Mieter*innen. Niemand kann damit Geld verdienen.

00:02:36 - 00:02:42Katharina Mittenzwei

Ich bin ganz auf diesem Terra. Deswegen werde ich jetzt ganz basale Fragen stellen, Was ist denn "wir" ? Wem gehört denn jetzt das Haus?

Geschichte? Wo hat es angefangen?

00:04:37 - 00:04:49Felix Müller

Also angefangen hat es, indem die ersten Leute von unserer Gruppe so 2015 ungefähr in dem Haus eingezogen sind, glaube ich. Das war eine Wohnung, dann sind irgendwie halt Wohnungen frei geworden, es sind immer mehr Menschen dazugekommen.

00:04:51 - 00:04:54Katharina Mittenzwei

Wem hat das Haus gehört?

00:04:54 - 00:06:09Felix Müller

Einer Einzelperson, eine Privatperson. Anfang 2022 kam die Vermieterin auf uns zu und meinte, dass das Haus verkauft wird, Ein paar von uns, hatten vorher schon von Syndikats Projekten Nürnberg, eben ein anderes Projekt, die bis heute noch kein Haus haben, einen Vortrag gehört, wo die eben das Modell "Mietshäuser Syndikat" und wie man damit Häuser vom Markt freikaufen kann vorgestellt haben. Die haben es in einem Vortrag erklärt und dann haben wir uns gedacht, okay, ähm, wenn das jetzt irgendein Investor kauft, dann werden wir uns das nicht mehr leisten können, und die sanieren die Wohnungen, und dann kommen da bei Kronen oder was weiß ich und dann werden die Mietpreise so stark steigen, dass wir uns das als jetzt Normalverdiener, sag ich jetzt mal, wahrscheinlich nicht mehr leisten werden können. Und dann haben wir uns eben dieses auf den ersten Blick recht komplexe Konstrukt entwickelt. Wir haben uns da ein bisschen reingefuchst und haben uns das angeeignet und damit dann angefangen, eben Geld zu sammeln um das Haus zu kaufen.

00:06:09 - 00:06:22Katharina Mittenzwei

Mhm, das heißt, die Idee war vorher schon da. Ihr wart zusammenlebende Menschen, die gut miteinander auskommen. Das höre ich da raus, weil sonst hat man ja diese Vision, nicht ein gemeinsames Projekt zu stemmen, bei dem vielleicht auch einige Risiken dann mit dabei sind.

00:06:23 - 00:07:06Felix Müller

Genau, es gibt auf jeden Fall auch genügend Projekte, wo diese Wohnsituation vorher nicht so gemeinschaftlich war, wie das bei uns jetzt schon der Fall war. Aber bei uns war das auf jeden Fall so. Wir haben schon wie eine WG gewohnt, auch mit mehreren Wohnungen quasi, die eigentlich als eine so angesehen wurden, und hatten deswegen auch vorher schon ein bisschen so die ja, ich sag mal, dieses Gemeinschaftliche auch ein bisschen und die Struktur auch einfach, um damit auch relativ schnell anzufangen und auch relativ schnell zu starten, weil es eben die Auflage von der Verkäuferin war damals, sie will es dieses Jahr verkaufen, also 2022, und deswegen musste das alles ziemlich schnell gehen. Genau.

Menschen haben, das Durchhaltevermögen und auch hoffen, dass es klappt. Also das gehört natürlich auch dazu. Also bei unserem Fall hatten wir auf jeden Fall Glück, auch, dass es mit der Vermieterin auch sehr kulant und entspannt war. Und ja.

00:09:31 - 00:09:54Katharina Mittenzwei

Du hast jetzt erwähnt, es war kein leichter Weg, es gab einige Steine und barrieren auf diesem Weg. Ich höre auch so ein bisschen raus, ihr musstet euch als Expertinnen und Experten auf, auf nem Terra voran tasten, auf dem ihr vermutlich nicht heimisch seid oder? Wer kennt sich schon mit dem Leitzins, mit dem Immobilienmarkt, mit was auch immer aus? Wie funktioniert das?

00:09:56 - 00:10:38Felix Müller

Einerseits eben ganz viel Unterstützung und sich auch einfach trauen, weil so will, ist das alles am Ende dann irgendwie auch nicht, merkt man dann so ein bisschen, ähm, aber ja, also im Endeffekt einfach viel fragen. Es gibt Verteiler, auch eben vom Mietshaus Syndikat, wo man dann auch ganz schnell mit reinkommt sobald man einen Verein gegründet hat, kann da überall Leute fragen. Und ja, also, wir hatten damals halt vor allem auch die Problematik, dass das mit dem Zins gerade losging, dass die Zinsen gestiegen sind, und jetzt eben mit dem schweren Weg. Also das war auf jeden Fall gerade, als wir angefangen haben zu suchen. Sind die Zinsen gestiegen, wir hatten verschiedene Banken und Angebote.

00:10:38 - 00:10:43Katharina Mittenzwei

Darf ich dich unterbrechen, "zu suchen" ? Da geht es natürlich nicht um eine Immobilie, die hattet ihr, sondern was habt ihr gesucht?

00:10:44 - 00:11:33Felix Müller

Wir also, die Finanzierung funktioniert quasi über einen solidarischen Anteil an Direktkrediten von Privatpersonen. Das sind sogenannte Nachrangdarlehen. Das heißt, wenn wir pleite gehen würden, würde die Bank zuerst ihr Geld bekommen. Das ersetzt unser Eigenkapital, weil in dem Moment also, jeder soll sich das leisten können, da zu wohnen und niemand von uns muss der Geld mitbringen. Oder auch jetzt wie bei einer Genossenschaft, wo ich irgendwie eine Einlage leisten muss, um da Teil werden zu können, und sowas gibt's bei uns nicht. Das heißt, dass Eigenkapital haben wir quasi durch solche Nachrangdarlehen ersetzt. So wird das Mietshäuser Syndikat allgemein gehandhabt, das ist eigentlich in jedem Syndikatsprojekt so. Also wir mussten Geld auftreiben, mehr oder weniger, also, blöd gesagt, Kohle ran schaffen.

00:11:33 - 00:11:41Katharina Mittenzwei

Und Direktkredite ist es das, was ich denke, also irgendjemand hat dann ein bisschen Geld gezahlt und einen Direktkredit euch gewährleistet.

00:11:41 - 00:12:05Felix Müller

Wir haben 120 kreditgebende und das sind immer so bis zu 10.000 € pro Person, Zinsen gibt es bis zu ein Prozent, können sich die Menschen also kann, die können wir anbieten aktuell, und da kann man dann quasi sein Geld investieren, bei uns und direkt vorbeikommen und sehen was mit diesem Geld passiert ist.

00:12:06 - 00:12:10Katharina Mittenzwei

Und wie kam die an? 120 direkt Kreditgebende? Das ist doch unglaublich

00:12:11 - 00:13:07Michaela Grischzok

Also viele Veranstaltungen mitmachen, viele Stände, darüber reden, sprechen. Wir waren auch, glaube ich, wie oft, zweimal in der Zeitung, mehrmals in der Zeitung gewesen und wirklich den ganzen Sommer lang. Also, ich meine, ich hab da zwar noch nicht gewohnt, aber ich kenne auch die ganzen Menschen, die da schon wohnen und hab das auch manchmal mitgemacht. Naja, dann hat man seine Stände, seine Vorträge und hofft, dass man halt Menschen überzeugen kann, und ich meine, es sind ja meistens Menschen, die auch aus Solidarität, einfach ihr Geld rein investieren oder irgendwie "parken". Das kriegt man ja zurück mit dem Gedanken dahinter, hey, es könnte auch schief gehen, und man kriegt sein Geld nicht zurück. Das ist leider schade, weil nicht wie bei einer Bank, sondern ich gebe mein Privatgeld für eine gute Sache, und das finde ich eigentlich ganz schön, dass da Menschen zu finden. Klar muss man irgendwie auch überzeugen.

Jetzt muss ich aber doch nochmal auf eine Frage zurückkommen, die ich vorhin schon mal so ein bisschen angeteasert habe. Ihr musstet lernen, wie der Immobilienmarkt funktioniert. Ihr musstet Leitzinsgeschichten verstehen. Ihr musstet dann Bankverhandlungen führen, dann diese riesige Pr Aktionen oder Aktionen, die ja auch bedeuten, dass ihr miteinander ständig in Kommunikation sein müsst. Wie seid ihr organisiert? Das sind Vollzeitjobs.

00:15:54 - 00:16:49Felix Müller

Wir haben uns zu der Zeit eigentlich einmal die Woche zum Plenum getroffen, und es ist halt, ich meine, viele von uns haben schon viele Veranstaltungen gemacht. Auch Öffentlichkeitsarbeit ist jetzt nicht allen von uns komplett neu. Also, wir waren da einfach vorher schon irgendwie so zumindest was das angeht, so Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen da sind wir eigentlich gut aufgestellt. Das war jetzt nicht so das Problem, aber so diese ganze, ich sag mal, buchhalterische oder was da so GmbH Gründung und so was und jetzt auch mit Bankverhandlungen, da muss man echt einfach sagen, also da war unser Berater, war da einfach super, super hilfreich, und es gibt also, es gibt da quasi Exceltabellen, eben auch schon vom Syndikat, wo man das alles durchrechnen kann, wo dann Prognosen automatisch erstellt werden und so weiter. Da wird einem schon sehr viel geholfen. Aber es ist natürlich einfach, es ist halt eine ganz neue Erfahrung, auf jeden Fall.

00:16:49 - 00:16:58Michaela Grischzok

Ja, das ist verrückt! Auf einmal muss man irgendwie Finanzpläne aufstellen und irgendwie nicht nur fürs nächste Jahr planen, sondern für die nächsten 20, 30 Jahre planen.

00:16:58 - 00:17:12Katharina Mittenzwei

Das einem sonst eher fremd liegt vielleicht so? Hm, aber ich stelle es mir auch so empowernd vor, das alles zu können, zu verstehen, zu durchsteigen, und du hast am Anfang gesagt, es ist gar nicht so schwer zu verstehen. Also was für eine empowernde Situation!

00:17:12 - 00:17:27Felix Müller

Ja, also, ich glaube es ging vielen von uns so, gerade wenn man, weil wenn es jetzt um Business geht, sag ich mal, halt auch immer Zahlen im Spiel sind, die jetzt in unserem normalen Leben halt auch. Also, das Haus hat Millionen gekostet, das, wer von uns hat Millionen auf dem Konto?

00:17:28 - 00:17:29Katharina Mittenzwei

Unglaublich, ja!

00:17:29 - 00:17:52Felix Müller

Und dann hat man da auf einmal solche Summen, die man halt bewegt, und irgendwie und es kommt Geld rein, und das ist total absurd. Aber am Ende verändert sich ja auch nichts. Wir wohnen da wie vorher, jetzt sind wir halt selber dafür verantwortlich, man gewöhnt sich da dran, habe ich das Gefühl. Ich glaube schon, dass das für viele Menschen auch auf jeden Fall auf jeden Fall einen empowerndes Gefühl, würde ich schon sagen.

Die Person, die auszieht, die ist raus ?

00:21:52 - 00:21:56Michaela Grischzok

Also die ist dann raus, genau.

00:21:56 - 00:22:02Katharina Mittenzwei

Weil man keine Einlagen gegeben hat wie bei einer Genossenschaft.

00:22:02 - 00:22:02Michaela Grischzok

Ne, man kriegt keinen Cent.

00:22:02 - 00:22:35Felix Müller

Und also auch wenn man jetzt hier irgendwie 30.000 € mitbringt und die in das Projekt investiert, kann man gerne machen. Aber es gibt keinerlei Privilegien. Also, und das ist eigentlich auch einer der Grundprinzipien von Mietshäuser Synidkaten und eben soll für jeden leistbar sein. Voraussetzung für die Aufnahme in diesem Dachverband ist unter anderem auch, dass man eben mit Bürgergeld sich auch die Zimmer noch leisten können muss. Also dass die Mieten so niedrig sind, dass das Amt das auch übernimmt, das niemand, weil er seinen Job verliert, jetzt dann da ausziehen muss.

00:22:37 - 00:23:26Michaela Grischzok

Es gibt sozusagen einen Gesellschaftsvertrag zwischen dem Haus, Verein und der Mietshäuser Synidkat, wo man sozusagen sobald, wenn es meist eben den Anteil, also wenn wir den Anteil abgeben, dann eben solche Sachen wie auch drinstehen? Also, man schreibt auch und verpflichtet sich dafür, dass man zum einen, dass das Mietshäsuer Syndikat als GmbH, was der Felix vorher schon erzählt hat, eigentlich die einzige Funktion hat, das Vetorecht, dass, falls wir auf die Idee kommen sollten, das Haus zu verkaufen, dass eben diese Funktionen eintritt, weil es müssen ja beide Gesellschafter, also der Hausverein und Mietshäsuer Synidakt zustimmen, und das würde ja nicht passieren. Und zum anderen steht zum Beispiel auch solche Sachen wie wenn jemand auszieht, wird da kein Geld ausgezahlt. Das ist jetzt nicht so wie bei Gesellschaften, gibt es ja auch.

00:23:26 - 00:23:45Katharina Mittenzwei

Ich habe jetzt zur Begrüßung gesagt: Wohnen geht uns alle an und auch wenn wir es als Problem bezeichnen wollen, das Thema wohnen, was sich im Laufe des Lebens immer wieder ändert. Die Bedarfe ändern sich immer wieder. Seid ihr denn auch intergenerationell? Also leben auch Familien bei euch im Haus oder Menschen, die vielleicht auf dem Berufsleben schon ausgetreten sind?

00:23:46 - 00:23:51Felix Müller

Also, wir sind absolut nicht intergenerationell.

00:23:54 - 00:23:55Michaela Grischzok

Kommt drauf an, wie viel Jahre man damit meint.

00:23:55 - 00:23:55Katharina Mittenzwei

100 Jahre

00:23:59 - 00:24:06Felix Müller

Also die Erwachsenen, also alle Menschen, die keine Kinder sind, sind zwischen 20 und 35.

00:24:07 - 00:24:09Katharina Mittenzwei

Aber ich höre raus, es gibt doch Kinder, ja!

Die Versammlung war vorbei und wir sind auf die Straße herausgegangen und einfach aus Gewohnheit von der letzten 24 Stunden, irgendjemanden angesprochen, weißt du, wo es da hingeht? Und direkt sind alle total unfreundlich, und man denkt, okay ich bin jetzt hier wieder raus aus meiner "Bubble" und wieder in der normalen Welt.

00:29:15 - 00:29:23Katharina Mittenzwei

Okay, ja, schade, dann wünsche ich Nürnberg und der gesamten Wohnszene, also allen, dass sich eure Idee verbreitet.

00:29:23 - 00:29:24Michaela Grischzok

Ja, das wäre schön.

00:29:24 - 00:29:28Felix Müller

Schön, auch wenn es nicht unsere Idee ist!

00:29:28 - 00:29:30Katharina Mittenzwei

Darum geht es ja auch nicht.

00:29:31 - 00:29:33Michaela Grischzok

Dann ergeben sich irgendwie neue Ideen aus der Idee.

00:29:33 - 00:29:51Felix Müller

Stimmt, es gibt auch schon das Ackersyndikat, weil die rechtliche Situation für landwirtschaftlichen Grund einfach ganz anders ist als für Wohnimmobilien, und die kann man nicht einfach mit einem Verein und einer GmbH kaufen. Deswegen gibt es da wieder neue Konstrukte, aber das wächst alles immer weiter.

00:29:52 - 00:30:00Katharina Mittenzwei

Du hast jetzt gerade schon so ein bisschen angesprochen, wie ist denn das Zusammenleben?

00:30:02 - 00:31:00Michaela Grischzok

Schön, entspannt. Naja, ich mein, wir haben ja alle, also wir beide haben auch Wg Erfahrungen an sich. Es ist schon anders, als in einer Wohngemeinschaft zu wohnen im Sinne von, weil man nämlich gleichzeitig, abgesehen davon, dass man irgendwie die Wohnung instande hält, ja auch selbstverwaltet lebt. Das heißt, man muss irgendwie schauen. Also, es kommen zurzeit laufende Rechnungen, so vom Grundbauamt oder Wasserwerk weiß ich vielleicht, dass man irgendwie daran denken muss. Man muss selber daran denken. Okay, wir haben jetzt neue Heizungen, die irgendwie ein und ausgebaut werden. Man plant es für mehrere Jahre und nicht irgendwie jetzt, wenn ich in der Wg damals gewohnt habe. Okay, vielleicht bleibe ich halt so paar Monate, weiß ich noch nicht. Es ist schon was längerfristig also Gedanken gehen schon in die Zukunft rein, dass man sich denkt: Okay, wie wollen wir das Haus erhalten? Was wollen wir renovieren, was muss renoviert werden? Man muss eigentlich an alles selber denken, aber ja.

00:31:01 - 00:32:25Felix Müller

Ich würde auch sagen, dass sich also, es hat sich jetzt so vom grundsätzlichen Zusammenleben her jetzt nicht so krass viel verändert. Aber wir sind auf jeden Fall auch ein bisschen zusammengewachsen dadurch, weil es einfach natürlich, je mehr man irgendwie auch Verantwortung zusammenträgt, dass so mehr Konfliktpotenzial gibt, das zu mehr, streitet man sich auch mal und muss sich halt anders miteinander auseinandersetzen. Aber wir sind da als Hausgemeinschaft jetzt quasi nicht mehr als Wohngemeinschaft, sondern als Hausgemeinschaft eigentlich schon. Das sage ich immer gerne, ich wohne jetzt in einer Hg und nicht mehr in einer Wg. Wir auf jeden Fall zusammengewachsen und sind auch schon also, wir haben vorher schon sehr gemeinschaftlich gewohnt, mit geteilten Kühlschränken, und jeder kann einfach überall reingehen, so ungefähr, und das hat sich jetzt eigentlich nicht so sehr geändert, dass heute die eine Wohnung möchte, das nicht, und da ist dann halt eher nicht so viel Gemeinschaftsraum. Die anderen Wohnungen sind wieder mehr zusammen, das ist, wir sind da sehr. Also, das ändert sich ja auch mit der Besatzung immer so ein bisschen, und je nachdem, wer dann gerade da ist. Wir haben auch ein Gästezimmer, wo dann Leute mal unterkommen oder kommen wieder zurück von irgendwo her und kommen dann mal für einen Monat unter oder so, ähm, und wir haben da schon ein sehr ein buntes Treiben, sag ich mal, im Sommer nicht so viel, da sind immer alle unterwegs. Im Winter dafür umso mehr. Wir haben eine Dachterasse, da kann man natürlich Morgens wunderschön Kaffe trinken

Also wir dachten dann anstatt diese Ags, Arbeitsgruppen, das klingt so lässig irgendwie. Die Gemeinschaftspflege haben wir als "Spaß Zirkel" genannt, und dann in dem jeweiligen "Spaß Zirkel" haben wir halt mindestens so schauen wir, dass es halt recht aufgeteilt ist, mindestens zwei Personen, einen Joker, falls man jemand irgendwie krank ist oder irgendwie einfach keine Zeit hat, weil wir auch alle einfach noch aktiv sind an anderen Projekten und arbeiten und so weiter. Ja, genau, wir treffen uns und dann wird eben besprochen aus den verschiedenen "Spaß Zirkeln" und da gibt es eben Buchhaltung, Hausverwaltung, Hausmeisterei, Struktur, Geschäftsführung, Gemeinschaftspflege, was gibt's noch?

00:01:26 - 00:01:27Felix Müller

Aber ich glaub, das wars.

00:01:27 - 00:01:28Michaela Grischzok

Das war's schon, ne!

00:01:28 - 00:01:30Felix Müller

Die Direktkredit Verwaltung gibt's noch.

00:01:30 - 00:01:33Michaela Grischzok

Ja, genau Direktkredit Verwaltung gibt es auch noch.

00:01:33 - 00:01:36Katharina Mittenzwei

Da gibt so ein paar "Spaß Zirkel" , bei denen man vielleicht nicht so ganz viel Spaß hat, oder ?

00:01:36 - 00:02:06Michaela Grischzok

Ja, ich dachte so ganz ehrlich. Ich dachte auch so, also am Anfang. Wir haben es jetzt erst wieder neu gemacht, neu verteilt, und ich war so, oh nee, Buchhaltung, auf gar keinen Fall. Aber jetzt mittler, weil der seit der Mv, wo wir wir mussten uns da auch vorstellen, unsere Finanzpläne und so weiter bisschen durchblickt und irgendwie das anfängt zu verstehen, finde ich das gar nicht so langweilig. Ich weiß nicht, ich finde es eigentlich ganz cool, es endlich mal zu checken, also wenn ich von mir ausgehe.

00:02:06 - 00:02:40Felix Müller

Mir ging es eigentlich genauso. Ich habe mich gefreut, dass irgendwann mal so. Also ich habe mir halt irgendwann auch gedacht, auch wenn es nicht wird, wir lernen hier irgendwie schon echt viel Zeug, das uns auf jeden Fall irgendwann mal nützlich sein kann, und es schadet nicht, wenn man schon mal weiß, wie das alles so basic abläuft, zumindest weil so ein Haus zu verwalten ist. Jetzt buchhalterisch jetzt auch nicht so fas schlimmste also, da gibt's andere Firmen, sag ich mal, wo das natürlich viel mehr Aufwand ist. Bei uns sind das ja alles laufende Posten, die sich wiederholen.

00:02:41 - 00:03:15Michaela Grischzok

Ich weiß nicht, vielleicht ist es nochmal anders, wenn man weiß: Okay, man macht es für sich selbst, nicht irgendwie im Job oder für was anderes, ist es auch nochmal so ein Aspekt, der mit reinspielt, wo man es irgendwie gerne und anfängt, spannend zu finden, also egal in welchem Bereich auch Hausverwaltung oder Hausmeisterei, zuschauen: Okay, da muss was gemacht werden, hier muss was gemacht werden, okay, wie mache ich das eigentlich? Und dann fängt man eben an, Learning by Doing. Also, ich finde, es ist schön, ja, aber klar, es gehört Arbeit dazu, noch, wenn man es so nennen kann.

00:03:15 - 00:03:47Katharina Mittenzwei

Ja, ich finde, anhand eures Projekts man denkt, wohnen ist ein ganz, ganz privates Thema, ganz persönliches Thema. Letztlich ist es ja aber auch wahnsinnig politisch und ein Thema, das einfach die Öffentlichkeit auch betrifft und wo auch so ganz viel politischer Aktionismus auch dazugehört, wenn man Wohnen so gestalten möchte, dass es sozialverträglich ist, da, das ist euch total gut geglückt, und jetzt, um mal in dem Bild der "J8" zu sprechen, ihr nennt euch "J8". Das glaube ich, habt ihr noch gar nicht so richtig thematisiert.

00:03:48 - 00:03:49Felix Müller

Den Namen gab es auch vorher schon.

00:03:49 - 00:03:52Michaela Grischzok

Ja, wir sind eigentlich alles: Matrosen*innen.

noch ein drittes hoffentlich entstehen. Ich habe das Gefühl, wenn die Leute eben sehen, okay, es funktioniert und es läuft, und man kann es irgendwie ermöglichen, dass dann vielleicht die Leute eher den Mut haben, etwas zu schaffen, oder sich auch trauen, das zu machen, und auch, dass Menschen noch eher sich trauen, da auch irgendwie Geld rein zu spenden oder halt zu leihen.

00:09:14 - 00:09:15Felix Müller

Ja, spenden haben wir eigentlich keine.

00:09:15 - 00:09:18Michaela Grischzok

Nee, eigentlich nicht, aber ja, Geld leihen!

00:09:18 - 00:09:19Felix Müller

Kredite ja.

00:09:19 - 00:09:26Michaela Grischzok

Ich habe das Gefühl, wenn es irgendwie mehr oder weniger normalisiert wird, halt alternative Wohnformen.

00:09:28 - 00:11:15Felix Müller

Und jetzt zu dem, weil du meintest, auch mit so, wie die Szene, sage ich jetzt mal, in Nürnberg ist, also als wir hier diesen Vortrag in der Stadtbibliothek auch schon mal hatten, da waren auch Genossenschaften und so was. Das gibt es ja auch schon hier, und jetzt von vom Syndikat her gibt's eben den Krähengarten. Wie du genau meintest, gibt es auch seit 2020 oder 2019 haben die gekauft. Die sind schon seit langer Zeit auf der Suche nach einem Gebäude. Seit neuestem gibt es eben das "P 31" . Ähm, das Projekt 31 an den Rampen, die auch ihr Gebäude jetzt mit dem Mietshäuser Synikat kaufen wollen, die haben auch noch drei, vier Jahre, bis sie da raus müssen. Bis dahin müssten sie es gekauft haben. Ähm, genau und da haben wir auf jeden Fall, also, wir haben auch Infostände immer zusammen gemacht. Wir haben auch diesen Sommer in Infostand gemacht, den haben wir auch zusammen mit dem 31 "P 31" gemacht. Also, das ist, da ist schon eine Vernetzung da, auf jeden Fall. Es gibt auch immer Bayerntreffen, zum Beispiel in Augsburg oder in Bamberg, und da ist auch auf jeden Fall eine Vernetzung da. Aber es ist natürlich auch so ein bisschen Sache der Projekte, inwieweit die quasi eher so für sich bleiben oder sich eher vernetzen. Das ist auch immer natürlich persönlich abhängig, und also Autonomie ist ganz groß geschrieben im Syndikat, also von oben, wird sich ganz, ganz, ganz wenig eingemischt, eigentlich nur, wenn's zu teuer wird oder verkauft wird oder die Leute rechts sind, dann kommen die dann nicht rein. Alles andere wird eigentlich, müssen die Projekte für sich selber entscheiden.

00:11:15 - 00:11:49Katharina Mittenzwei

Es klingt einfach total faszinierend, was ihr da geschafft habt, und verlockend, so diese sehr solidarische Art miteinander zu leben. Herzlichen Dank, dass ihr so offen wart, dass ihr uns mitgenommen habt in eurer "J8". Ich kündige einmal noch an, dass wir tatsächlich innerhalb der Veranstaltungsreihe, kennt ihr eigentlich schon bei uns am Bildungszentrum auch eure "J8" oder die Julienstraße 8 einmal besuchen dürfen, ab November ist die Veranstaltung bei uns buchbar. Teilnehmende können sich anschauen, wie das so funktioniert, und sehen euer Haus.

00:11:58 - 00:12:07Katharina Mittenzwei

Ja, dann bedanke ich mich ganz herzlich bei euch. Schön, dass ihr da wart. Danke dir und bis bald, tschüss!

00:12:07 - 00:12:07Michaela Grischzok

Bis bald!

00:12:07 - 00:12:07Felix Müller

Bis bald!

 

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Sich selbst bezahlbaren, sozialen und solidarisch organisierten Wohnraum schaffen. Wie das geht? Die Bewohner*innen des Hausprojekts jAcht erzählen!Spekulationen auf dem Immobilienmarkt, Privatisierungen, immer teurer werdender Wohnraum, Abhängigkeiten und geringe Gestaltungsfreiräume – mit diesen oder ähnlichen Herausforderungen sind Menschen konfrontiert, die sich mit dem Thema Wohnen auseinandersetzen. So auch die Bewohner*innen der Julienstraße 8. Einst Mehrparteienhaus in Privatbesitz, ist das Hausprojekt iAcht mittlerweile Gemeinschaftseigentum. Michi und Felix aus der J8 (abgeleitet aus der Wohnadresse im Nürnberger Stadtteil St. Johannis) haben uns im Bildungszentrum besucht und sprachen über ihren unglaublichen Weg.

Als einfache Mieter*innen in einem Mehrparteienhaus waren die Bewohner*innen des Hauses 2022 mit der Tatsache konfrontiert, dass das Haus verkauft werden sollte. Durch die Beteiligung des Mietshäuser Syndikats ist die jAcht mittlerweile dauerhaft dem Spekulationsmarkt entzogen und gehört denjenigen, die es bewohnen und nutzen. Dazwischen aber liegt ein langer Weg, denn es galt ausreichend Eigenkapital zu „finden“. Binnen eines halben Jahres hat die Initiative Direktkredite in Höhe von 600.000€ von 120 Menschen gesammelt.

Wie der Traum eines selbstverwalteten Hausprojekts Wirklichkeit werden konnte und wie es sich anfühlt, solidarisch und eigenverantwortlich in Nürnberg zusammenzuleben, erzählen Michi und Felix in unserer KontaktAufnahme.

Links:

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Aufgenommen am: 6. Oktober 2023
Veröffentlicht am: 19. Oktober
Moderation: Katharina Mittenzwei
Im Gespräch: Bewohner*innen der jAcht, Michi und Felix

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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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