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Benedikt Sarreiter, wie funktioniert Ekstase?

Das Buch Extasen der Gegenwart ist nicht das erste Buch, was sie gemeinsam mit Philipp Hanske geschrieben haben. Bereits 2015 erschien Neues von der anderen Seite, die Wiederentdeckung des Psychedelischen, können sie in zwei Sätzen kurz zusammenfassen. Um was ging es in diesem ersten Buch? Ob das aktuelle Buch eine Fortsetzung ist?

00:02:53 - 00:04:02Benedikt Sarreiter

Also im ersten Buch ging es konkret um Psychodelika, also um LSD, Psilocybin und MDMA und dort haben wir uns eher mit den medizinischen Aspekten beschäftigt, also wie, wie werden diese Substanzen in der Medizin benutzt, besonders in der Psychotherapie, in der Psychiatrie, und das war, das war damals eine Renaissance. Also, es hat es hat angefangen in den 60er-Jahren, dass man sich mit diesen Substanzen beschäftigt hat in diesem Bereich, und damals, das ist jetzt schon acht Jahre her, als wir das Buch geschrieben haben, oder neun Jahre her, das Buch geschrieben haben, und damals fing das langsam wieder an, so ein paar Jahre davor, dass man sich wieder damit beschäftigt hat, also dass das Tabu gefallen ist, um mit diesen Substanzen zu hantieren, und darüber ein Buch geschrieben über die Kulturgeschichte dieser Substanzen, aber auch über die Verwendung, und das neue Buch ist insofern eine Fortsetzung, weil wir uns mit dem Zustand beschäftigen, indem man durch diese Substanzen kommen kann, aber eben auch mit anderen Techniken, die wir auch in dem Buch beschreiben.

00:04:03 - 00:04:27Grazyna Wanat

Genau, im Titel des aktuellen Buches stehen Extasen im Plural, und je tiefer man in das Buch eintaucht, umso sichtbarer wird es, dass es historisch und aktuell zahlreiche Formen der Extasen gegeben hat und gibt. Etwas muss sie alle aber verbinden. Zu Extasen machen. Was macht eine gute Laune zu Extasen?

00:04:28 - 00:05:36Benedikt Sarreiter

Also Ekstasen, das Verbindende der Ekstasen ist natürlich das Zustand, in dem man gerät, und das ist ein Zustand, in dem erstens Zeit keine Rolle mehr spielt, also Vergangenheit und Zukunft, dann das eigene ich verschwindet, und man stellt eine Verbindung her zu etwas anderem im Idealfall. Also natürlich ist nicht jede Technik, die man anwendet, führt automatisch zu Extase. Also, man muss es. Bei vielen Techniken muss man das sehr stark einüben, wie bei Meditation zum Beispiel. Jeder, der Meditiert, kommt automatisch in Extase. Das dauert recht lang, bis man das mal schafft, und dann schafft es immer noch nicht jeder, man braucht auch ein gewisses Talent dafür. Bei Substanz ist es um einiges einfacher, als wenn man jetzt LSD nimmt. Da kann man es kaum verhindern in einer gewissen Dosis, dass man da reinkommt. Das ist aber dann auch auch mit Vorbereitungen verbunden, weil man muss wissen, auf welchen Pfad man sich da begibt und was man beachten muss. Und so ist eben das Verbinden, dieser Zustand, dieser Ich freie Zustand, indem man nicht mehr über die Zukunft nachdenkt und auch nicht mehr über die Vergangenheit. Also, es ist eigentlich ein Zustand des absoluten jetzt.

gehört habe, und ehrlich gesagt, ich habe mich damit auch nie wirklich auseinandergesetzt, und das war für mich auch eine Entdeckung. Warum ist diese Person so wichtig für die Geschichte der Extasen?

00:13:08 - 00:16:02Benedikt Sarreiter

Na ja, das ist halt eine der der bekanntesten Mystikerin. Die Mystikerinnen sind ja dafür bekannt, dass sie sich eben auf den Weg zu Gott gemacht haben, mit verschiedensten Techniken. Bei Hildegard von Bingen war es so, dass die anscheinend sehr stark Migräne hatte, und durch diese Aura, und bei starken Migränikern ist es ja so, dass sie einen sehr starken anderen Zustand geraten und oder einen sehr eindrucksvollen anderen Zustand, und die konnte dann eben in andere Geisteszustände geraten. Dadurch, und die Mystikerinnen schlechthin waren, hatten verschiedenste Techniken, um sich mit Gott zu vereinen, war nicht gern gesehen von der von der Kirche, weil man sollte eigentlich den Wort folgen, dem Wort Gottes, und sich nicht selbst auf den Weg zu Gott machen. Ähm, also Theresa von Avila ist eine andere Mystikerin, die es zum Beispiel dafür bekannt, dass sie im Fersensitz meditiert hat. Also das ist, die hat einfach, wie heute auch Leute meditiert und hat ein Stufenweg von sieben verschiedenen Stufen entwickelt, mit dem, mit der man, wenn man diesen Stufen weg geht, kann man am Ende in die Extase eintreten. Wenn man, wenn man das wirklich nach ihrer Anweisung macht und dann tanzen sie, tanzt man mit Gott. Also für die war das oder mit Jesus, also das war es gibt so eine Art Brautmystik auch. Das heißt, wenn man dann den Zustand gerät, dann ist man mit Jesus zusammen und tanzt mit Jesus. Es hat auch eine sehr starke sexuelle Konnotation, also man muss dazu auch wissen, dass Frauen damals ohne Mann nichts waren. Ja, also wenn man nicht verheiratet war, dann war man eigentlich ein bisschen verloren in der Gesellschaft, und damals gab's aber auch Kreuzzüge, und da sind viele Männer gestorben, und deswegen blieb vielen Frauen nur der Weg ins Kloster und da oder in Kloster ähnliche Institutionen, und da war die Mystik schon recht verbreitet, also die dieser eigene Weg zu Gott war, der war oft der Weg von Frauen, und das hat den auch ganz großes Selbstbewusstsein gegeben, weil bei Hildegard von Bingen war es ja auch so, dass die noch, die hat ja ein Reformkloster gegründet und ist dann auch viel gereist, und die war aber, bevor sie diese Vision hatte, war sie jetzt nicht so, nicht so bekannt und auch nicht so gefragt und auch nicht so selbstbewusst. Also so eine Erfahrung kann einen natürlich auch transformieren, also das, wenn man sie immer wieder macht.

immer minimaler, und wenn im Disco noch über Liebe gesungen wurde, wurde dann im Asset Haus schon eher nur noch über den Zustand, in dem man gerade ist, gesungen, also Lucia so weiter. Also es ging eigentlich nur darum, sich in Ekstase zu tanzen. Damals spielte auch eine bestimmte Substanz eine Rolle und zwar Ecstasy. Aus den Usa ist dann über Ibiza, wo es ja schon sehr früh eine sehr prägende Clubkultur gab. nach England ist es dann gekommen, und in England ist es dann richtig explodiert. Es war so eine Massenbewegung eine Zeitlang, und da hatte England damals ein großes Hooligan Problem, also Fußballhooligans, die sich sehr viel geprügelt haben, und da hat Alkohol eine große Rolle gespielt, und diese Hooligans sind aber alle zu diesen Partys gegangen und haben Ecstasy genommen, auf einmal waren sie friedlich, die Leute waren wahnsinnig friedlich. Diese Partys sind ja auch sehr friedlich. Natürlich gab es dann auch Leute, die es übertrieben haben, gibt es natürlich immer. Das war bei Hippies auch das Problem, dass die Leute nicht genau wussten, wie man es dosieren soll, und dann dann haben sie es übertrieben, es gab auch auch Schwerverletzte, muss man sagen. Wenn man zu viel Ecstasy nimmt, dann kann man auch sterben, man muss halt wissen, wie man es dosiert. Und dann gab es aber einen backlash von der konservativen Regierung, die dann der Stimmung gegen diese Partys gemacht haben, weil die waren riesig, da waren Zehntausende von Menschen auf irgendwelchen Feldern, und dann ist es eigentlich ein bisschen zurückgegangen. In Deutschland kam dann die Love Parade, also dann ging es nach Deutschland rüber, in Deutschland hat sich die ganze Rave Kultur entwickelt, und mittlerweile muss man schon sagen, es ist eine globale Kultur. Es gibt überall, was es damals vielleicht nur in Westeuropa und Amerika gab, gibt es jetzt auch in Südamerika, in Asien. Osteuropa überall. In Osteuropa ist es auch viel freier als hier und also der backlash kam zwar, aber er hat nicht lange gehalten.In der Geschichte der Ekstase gibt es natürlich viele Backlashs, viel Kriminalisierung, besonders was Drogen betrifft. Eigentlich wurde Mariuahna schon bei dem alten Ägyptern verboten, weil man eben bestimmte Gruppen in der Gesellschaft unter Kontrolle bringen wollte, die Kiffer aus dem alten Ägypten. Die Pharaonen wollten halt nicht die kiffende Minderheit, die unkontrollierte Minderheit unter sich haben. Deswegen haben sie damals schon Mariuahna verboten. Das zieht sich eigentlich durch die Menschheitsgeschichte. Das Opium rauchen war mal total normal, oder auch Opiumtinktur zu nehmen, um zu beruhigen, es war eine Hausfrauen Tinktur. Ob das jetzt völlig ungefährlich war, sei dahingestellt. Man kann es natürlich immer übertreiben, und es macht auch süchtig bei bestimmten Leuten. Damals hat man eben dann gemerkt, okay, die chinesische Minderheit in den USA, die wollte man ein bisschen mehr unter Kontrolle bekommen. Also hat man die Substanz, die sie am meisten konsumiert hat, kriminalisiert und so war es bei den Schwarzen, so ist es dann später bei Hippies gewesen. Das ist ja auch alles dokumentiert, das ist auch mittlerweile zugegeben worden von den Regierungen, dass es so war. Es ging nicht um die Substanz, sondern es ging meistens um politische Aspekte und Macht.

00:26:27 - 00:26:45Sprecherin 1

Darf ich mal was fragen zu den Synthetischen Drogen wie Ecstasy, dass macht doch auch abhängig, sogar stark abhängig oder nicht? Und, wie sie schon sagten, es ist ja durchaus gefährlich, auch weil es den Körper nicht nur in eine andere Dimensionen bringt, sondern auch körperlich angreift oder nicht ?

entscheiden. Eine Ekstase ist ja nicht so, darf man sich nicht so vorstellen, also wenn man komplett transformiert, danach also, das ist nicht so, das ist zwar. Es wird zwar heutzutage so verkauft, dass man, wenn man einmal einen Psilocybin Resort in Holland besucht und Pilze nimmt und immer an, ja, dann sagt man so, das ist ein transformatives Erlebnis, und man wird ein neuer new born und ein neuer Mensch, aber das ist vielleicht für zwei Wochen, und danach ist man dann wieder. Dann kommen die alten Muster zurück, und das muss man schon. Das wie gesagt, das ist eine Einübung. Ja, man muss es wie bei Meditation, man muss es konstant machen, und auch bei bei Psychodelika ist so, die Transformation muss ins Leben integriert werden oder das transformative Erlebnis und es reicht nicht, wenn man das einmal macht, sondern das muss man öfter machen, mit Leuten drüber sprechen und das einordnen und so weiter. Das ist es ist nicht so, dass die Substanz die Kraft hat, einen komplett neuen Menschen aus einem zu machen. Ja!

00:49:40 - 00:49:43Grazyna Wanat

Ich habe noch einen Link zu Nürnberg gefunden in dem Buch Albrecht Dürer.

00:49:43 - 00:51:39Benedikt Sarreiter

Ah, ja, das stimmt, das stimmt, das Bild Melancholie, ja das ist natürlich, das ist. Das Bild ist entstanden in der Zeit in der die Melancholie man eigentlich erst erfunden wurde, also nicht erfunden, sondern benannt wurde, weil der Mensch sich eher in dem, in dem Zustand befunden hat, indem man mehr über die Zukunft nachgedacht hat. Also davor haben die Menschen in einem sehr klaren Kreislauf der Jahreszeiten gelebt, also dann war Ernte, dann war Erntefest, und es hat sich halt immer wiederholt. Es waren immer wieder gleicher Loop im Leben, und damals durch die Wissenschaften, die sich damit entwickelt haben, hat der Mensch das erste Mal weil darüber nachgedacht, wie man auch die Zukunft beeinflussen könnte. Und wenn man die Zukunft beeinflussen kann oder an die Zukunft denkt, dann denkt man natürlich auch gleichzeitig an das Vergangene, und in dem Bild ist also, da sitzt ja ja so da und denkt über die Vergangenheit nach, und das ist so. Das haben wir so als als Sinnbild dieses neuen Zustands des Menschen gesehen, weil also wir, wir schreiben uns ein bisschen überspitzt, auch so, dass der Mensch eigentlich davor in einem ständig ekstatischen Zustand gelebt hat, und zwar in diesem Kreislauf Thema, indem man eigentlich genau rhythmisch und und nicht sehr viel über die Zukunft nachgedacht hat. Die Zukunft erschien immer als eher als Weltende. Deswegen hat man sich gerne in einem Kreislauf wiedergefunden. Man wollte gar nicht in die Zukunft denken, weil das da herrscht, da droht ja die Apokalypse und man hat aber auch nicht viel billiger Vergangenheit nachgedacht, sondern immer sehr über, also auch Spekulation, aber weiß ja nicht genau, wie es wirklich war, aber wenn man Interpretation, ja.

dass wir uns so die Brocken hinwerfen, und dann kann man das, und dann dann gibt es so ein, also wir schreiben die Bücher eher wie so ein.

00:53:46 - 00:53:52Grazyna Wanat

Aber das Auflegen erscheint mir jetzt, nachdem, was ich gelesen habe, auch als eine ekstatische Beschäftigung.

00:53:52 - 00:54:40Benedikt Sarreiter

Mhm, das ist eine ekstatische Beschäftigung, also man vergisst komplett die Zeit. Ne ja, wenn man Glück hat, ab und zu, also, wenn man so einen Flow gerät, dann ist es schon so, wir schreiben sehr schnel, beide, also wir können beide sehr schreien, wir machen dann schon so einem Flow, wo man dann auch ein bisschen die Zeit vergisst. Und also besonders, wenn man Zug fährt, finde ich, wenn die Landschaft so vorbeirauscht, und man fährt so dahin. Da habe ich einmal, beim ersten Buch habe ich ein komplettes Kapitel in der Fahrt von Berlin nach München geschrieben. Das war so ein Wintertag, da ist der Zug noch sechs Stunden gefahren von Berlin nach nach München, und da habe ich ein komplettes Kapitel geschrieben, und das ist schon viel, und das war schon so ein Zustand, wo ich nicht genau wusste, wie das passiert ist.

00:54:42 - 00:54:57Grazyna Wanat

Ich bin schon fast durch mit meinen Fragen, aber unbedingt wollte ich noch eben über diese politischen Geschichten sprechen, also über das Kapitel Strum, warum hat das beispielsweise was mit den Ekstasen zu tun?

00:54:57 - 00:56:59Benedikt Sarreiter

Weil diese Leute wie die Nazis hier früher in einem kompletten Rausch waren, wenn man sich diese Videos anschaut. Die waren komplett außer sich. Die saßen ja dann auch in der Rotunde im weißen Haus, haben gekifft, die haben sich Joints angezündet und haben dann gekifft, und wir nehmen das ja am Beispiel des Büffel Manns durch. Und der Büffel Mann, das ist eigentlich, würde man früher, hätte man gesagt, das ist ein Hippie, also der also der, der interessiert sich für Schamanismus, der hat LSD ausprobiert, der Kifft, aber der ist eben auch ein rechter, radikal rechter, und auch dieses begeben sich in diese Verschwörungstheorien zu begeben, hat auch was ekstatisches, weil die natürlich sich in eine komplett verrückte Welt begeben. Also, es ist schon so, diese Erzählungen, die da stattfinden, die sind also, der ist ja QAnon Anhänger, und die, die erzählen sich ja von Menschen und so weiter, die sehen komplett andere Realität als wir, also würde nicht an, dass sie scheinlich in Ekstase sind. Aber die sind auf jeden Fall Leute, die sich gerne Ekstase begeben auf dem Trip, und und der, der Kapitol Sturm, war absolut ein Trip, also auch ein gewaltvoller Trip, weil die haben ja, die aber ja auch auf die Polizisten eingeprügelt und so weiter. Die waren komplett im Kampf Rausch, also einige von denen ich nicht alle, aber einige von denen waren richtig drauf , von dem ganzen Erlebnis. Man muss ich es auch vorstellen. Ich meine, das wäre so, als würden wir den Bundestag stürmen hier, was ja auch versucht wurde, aber das ist ja unglaublich, eigentlich ja. Also, es ist der mächtigste Staat der Welt und es ist hilflos, und zwar einer Horde gegenüber, die im Rausch ist, und deswegen ist es eine ekstatisch Veranstaltung gewesen für uns.

00:56:59 - 00:57:38Grazyna Wanat

Genau wir haben diesen Podcast gegründet in Zeiten von Corona und da kamen die ersten Corona-Leugner Aufmärsche auf. Unsere allererste Folge war mit einer Rechtsextremismusexpertin und wir waren alle ratlos, diese Zusammensetzung von diesen Aufmärschen, auf einmal diese Hippies, diese Menschen, die man überhaupt mit dieser Art von Bewegungen nicht assoziieren kann. Wir konnten das damals nicht verstehen, warum die Historiker auf einmal und diese Leute, warum auch so einem Aufmarsch und Sie haben dafür eine Erklärung, oder?

100.000 €, um dann Ayahuasca zu trinken oder Psilocybin zu sich zu nehmen, also Magic Mushrooms und dann ist man sehr stark betreut von Psychologen vielleicht, und dann hat man eben die Experience, wie ich schon gesagt habe. Die wird einverkauft, und es passt natürlich auch zu unserer Zeit, dass man alles muss schnell gehen, alles muss effektiv, am besten an einem Wochenende werde ich vielleicht zu neuen Menschen. Ich habe ja nicht so viel Zeit, ich muss mich ja um mein, ich muss mich um die Vorsorge, finanzielle Vorsorge kümmern, und das wird da verkauft, und das ist natürlich wird ja auch wahnsinnig propagiert. Das ist ja in allen Lifestyle Magazin genau, also das ist, da wird wahnsinnig viel Geld mitgemacht, mittlerweile, und es ist aber auch so, dass also über die psychodelischen Substanzen da wurde ja lange, die waren ja lange unter starken Tabu verordnet. Jetzt gibt es aber irgendwie das House of Psychedelic wo man sich dann informieren kann, wie man am besten sagen, in Psychedelic Startups investiert oder wie man Management Kurse belegen kann, indem dann Substanzen genommen werden, um auf bessere Ideen zu kommen, oder es gibt Teamwork, Teambuilding Events mit Substanzen und so weiter. Also, es ist alles in den Mainstream eingeflossen, jetzt. Als wir das erste Buch geschrieben habe, war das kommt noch sehr am Rand. Ja, kurze Zeit, ja, das erste Buch kam raus vor acht Jahren, aber damals war das noch nicht so, dass irgendwie, da waren wir noch so ein bisschen Außenseiter mit dem Buch. Dann hat mich Michaeal Pollan ein Buch geschrieben, ist ein amerikanischer Autor, das war, glaube ich, 2019 oder so, und mit dem Buch ist es dann gebummt, weil der, der hat ein sehr zugängliches Buch darüber geschrieben, über seine eigene Erfahrung mit den Substanzen hat, seine Ehe, glaube ich, gerettet mit der mit diesen Erfahrungen, ein bisschen Ratgeber. Jetzt hat er auch in seinem Buch diesen Kompass für die Seele oder so diese absolute Bestseller. Der nimmt auch Magic Mushrooms um sich irgendwie zu heilen, und da habe ich schon irgendwie dachte, aha, interessant, das ist ja auch ein bisschen also was ich ein bisschen schwierig finde daran, man redet jetzt so darüber, als wäre das komplett normales zu nehmen, aber es ist halt immer noch verboten. Also, es ist nicht so, dass wir in der Gesellschaft leben, wo das jedem zugänglich ist, und es ist auch ganz gut so, weil es braucht Vorbereitung, es braucht, schreibt es auch in seinem Buch, dass es jetzt nicht ungefährlich ist. Aber der Staat macht ja nichts dafür, oder es gibt keine Institution, die sich um solche Dinge kümmert. Aber es wird natürlich, wenn er darüber spricht, wie toll die Erfahrung ist in seinem Buch, oder auch wir als Personen, die das auch finden, genau also, das ist natürlich die Kehrseite des ganzen. Die wollen das natürlich auch, und dann gibt es aber niemanden, außer, sie fahren nach Holland und zahlen irgendwie sehr viel Geld. Aber es hat ja nicht jeder ja, versuchen uns einfach dann und probieren es aus. Natürlich kann man im Internet sehr viele Seiten finden, wo einem gezeigt wird, wie man das macht. Trotzdem ist es nicht ungefährlich, und deswegen plädieren wir schon sehr stark dafür, dass es da eine andere Art des Staates gibt oder eine andere Art der Institution, wie man damit umgegangen wird.

01:07:09 - 01:07:12Grazyna Wanat

Und gibt es ein Land, in dem das gut funktioniert?

01:07:13 - 01:08:08Benedikt Sarreiter

Naja, in Portugal sind Drogen wenigstens dekriminalisiert. Also, wenn man da aufgegriffen wird mit Substanzen, dann kommt nicht die Polizei, sondern man geht zur Aufklärung. Also man muss keine Strafe zahlen, sondern muss einen Kurs besuchen, wie man mit diesen Substanzen umgeht oder was die Gefahren sind und so weiter, ist besser, auf jeden Fall besser. Die haben das eingeführt, weil es damals sehr viele Herointote gab, in Lissabon vor allem und in Porto, und das ist komplett zurückgegangen. Also, die haben kein Problem mehr mit Heroin. In der Schweiz gibt es auch ein sehr gutes Heroin Programm, weil die ja auch ein Riesenproblem damit hatten. Also, es gibt Wege, aber Deutschland ist komplett hinterher, also das ist schwierig.

01:08:09 - 01:08:09Grazyna Wanat

Und wir sind in Bayern.

01:08:10 - 01:08:12Benedikt Sarreiter

Bayern ist nochmal ein Spezialfall. Ja!

Also das ist, das ist sehr ausgefuchst. Wenn man sich in die Hände von diesen Leuten gibt, dann dann kann man sich schon sehr sicher sein, dass jetzt nicht so schlimm wird, in dem Moment ist kann es schon sehr schlimm sein. Aber das Schlimme ist, dass nicht loslässt. Wenn man sich gegen den Trip wert, dann ist man verloren, man kann sich dagegen nicht wehren. Der ist so stark, dass man einfach sagen muss: "Okay, ich lasse es jetzt gehen" und dann funktioniert es auch. Wenn man aber sich festhält, also rigide bleibt ja, es soll ja, diese Rigidität soll ja aufgelöst werden. Wenn man in Rigide bleibt, dann wird's Horror, dann bewegt man sich in der Schleife und kommt nicht mehr raus, und deswegen ist es immer das Ding, "lass los" oder "lass es gehen" und dann funktioniert es auch. Ja, das ist der Horrortrip, dass man sich in diese Schleife begibt und dann nicht mehr rauskommt. Aber das kann man schaffen, indem man eben Leute bei sich hat, die einem da helfen, wieder rauszukommen und das funktioniert auch ganz gut. Geht ganz viel über Körper und Umarmung.

01:13:56 - 01:14:06Grazyna Wanat

Wenn sie keine Fragen mehr haben, dann würde ich nur diese obligatorische Frage stellen. Worüber wird das nächste Buch handeln?

01:14:06 - 01:15:18Benedikt Sarreiter

Ich glaube, wir schreiben erst mal kein Buch mehr. Das kann man überhaupt nicht sagen. Wir haben für das Buch, also das ist ja jetzt acht Jahre erst nach dem ersten Buch entstanden. Es kann gut sein, dass wir wieder mal eins schreiben, aber das dauert bei uns immer sehr lang, weil wir schreiben des ja immer neben der Arbeit, und das ist sehr anstrengend. Ich glaube der Paul schreibt jetzt einen langen Essay über Kokain und Patriarchat, also wie und warum Kokain die Droge des Patriarchats ist? Und ich schreibe Essay über die "Schönheit des Alleinseins". Also wir sind ja nicht mehr allein in unserer Zeit, weil wir ständig das Handy haben und ständig in Kontakt sind. Und was heißt es, wenn man mal das Handy ausschaltet für längere Zeit und irgendwo ist, wo man auch nicht erreichbar ist. Also über diesen Zustand.

01:15:18 - 01:15:23Grazyna Wanat

Wo werden wir das Lesen dürfen ?

01:15:23 - 01:15:59Benedikt Sarreiter

Das von Paul weiß ich nicht. Ich hab noch so eine Idee, also ich hab mit zwei Freunden eine Galerie gegründet und da verlegen wir auch kleine Bücher, sind aber eher so Bildbände. Da ist dann immer ein Essay in dem Buch, mit Bildern begleitet und ich fahr mit ihm eben auf die Färöer Inseln, mit dem Fotografen, und darüber schreibe ich dann den Text, also nicht nur über die Färöer Inseln aber halt als Anlass, und dann dann wird das mit den Bildband veröffentlicht, kann man dann über die Galerie kaufen. Also, es ist nicht im Handel oder so.

01:15:59 - 01:16:02Grazyna Wanat

Wir werden es suchen.

01:16:02 - 01:16:14Benedikt Sarreiter

Ich kann Ihnen gerne den Link schicken. Beim Paul weiß ich es nicht, dass wird wahrscheinlich ein sehr langer Essay. Ich weiß nicht, wo er dann veröffentlicht wird, kann ich Ihnen aber auch sagen, ja!

01:16:14 - 01:16:16Grazyna Wanat

Dankeschön, vielen Dank.

01:16:16 - 01:16:17Benedikt Sarreiter

Bitte, bitte, hat mich sehr gefreut.

 

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Mitschnitt einer Liveveranstaltung mit Co-Autor des Buches „Ekstasen der Gegenwart. Über Entgrenzung, Subkulturen und Bewusstseinsindustrie“.

Das Buch „Ekstasen der Gegenwart. Über Entgrenzung, Subkulturen und Bewusstseinsindustrie“ von Benedikt Sarreiter und Paul-Philipp Hanske will dem menschlichen Grundbedürfnis nach Selbstüberschreitung nachspüren. Denn der Rausch war und ist ein fester Bestandteil jeder Gesellschaft. Weil sie schwer kontrollierbar sind, sind Ekstasen bis heute verpönt – völlig verschwunden sind sie jedoch nie. Und kehren mit aller Macht zurück: Überraschenderweise begegnen wir ihnen heute nicht nur beim Rave oder bei schamanistischen Ritualen, sondern auch in Yogaklassen, Achtsamkeitsseminaren und Workshops, die die Leistungsfähigkeit im Job verbessern sollen.

 

Benedikt Sarreiter arbeitete als Autor unter anderem für den Zündfunk, für Arte Tracks, für die Süddeutsche Zeitung, NEON, Zeit Online und WIRED. Er ist Mitgründer und Partner der Münchner Kommunikationsagentur Nansen & Piccard. Sarreiter ist Co-Autor (auch mit Paul-Philipp Hanske) vom Sachbuch „Neues von der anderen Seite – Die Wiederentdeckung des Psychedelischen“ (2015).

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Aufgenommen am: Donnerstag, 20. Juli 2023 (Live Veranstaltung)
Veröffentlicht am: Donnerstag, 2. November 2023
Moderation: Grazyna Wanat
Im Gespräch: Benedikt Sarreiter

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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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