Zum Hauptinhalt springen

Barbara Engelhard, lässt die Pandemie Kreative noch kreativer werden?

Katharina Mittenzwei: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des BZ-Podcasts. Mein Name ist Katharina Mittenzwei und meine Gästin ist heute die Künstlerin Barbara Engelhard. Hallo Barbara! #00:00:29-3#

Barbara Engelhard: Hallo! Schön, dass ich da bin. #00:00:31-5#

Katharina Mittenzwei: Ja, schön, dass wir uns sehen. Wir sitzen uns ja leider nicht direkt gegenüber. Wir sind gerade verbunden über eine App und können so gut miteinander sprechen. Du bist in Nürnberg geboren und lebst als freischaffende Künstlerin in Fürth. Du hast an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg studiert und dich dann in die Ausrichtung Kunst und Öffentlicher Raum vertieft. Seit Anfang Juli, seit einigen Tagen wissen wir, dass du den Kulturförderpreis der Stadt Fürth bekommst. Barbara, ich beglückwünsche dich dazu herzlich! Ich finde das ganz, ganz toll! Und es ist ein guter Anlass hier, uns jetzt darüber zu unterhalten. Über die Künste, über die Metropolregion, über das, was uns gerade umtreibt. Seit 2018 bist du Kuratorin des Wettbewerbs der Blauen Nacht in Nürnberg. Was genau machst du da? #00:01:16-9#

Barbara Engelhard: Ja, als Kuratorin der Blauen Nacht sitze ich mit in der Jury. Da bereite ich vor allem die Bewerbungen vor und stelle jede einzelne Bewerbung in der Juryrunde vor. Und danach ist meine Aufgabe, die Künstler mit zu betreuen, dass sie ihre Sachen, ihre Kunstprojekte gut vorbereiten, wann sie hier auch ankommen, dass das alles mit den Orten auch klappt, dass sie sozusagen, dass sie auch alles dabei haben. Ich frage auch nach, dass ihre Kalkulationen auch wirklich stimmen, weil man ja nicht unendliches Budget hat. Also man muss auch rechnen können, sage ich jetzt mal, und betreue sie auch, wenn sie dann hier ankommen zu der Blauen Nacht, dann beim Aufbau und natürlich dann auch wieder während der Blauen Nacht und beim Abbau. #00:02:10-0#

Katharina Mittenzwei: Nun ist ja 2020 was ganz anderes passiert. Alle Großveranstaltungen mussten abgesagt werden, unter anderem dann natürlich auch die Blaue Nacht. Wie seid ihr als Team in dieser Situation umgegangen? #00:02:24-4#

Barbara Engelhard: Ja, also 2020. Wir haben lange gehofft, dass es vielleicht doch noch geht, haben das aber dann doch abgesagt und auch den Künstlern mitgeteilt. Wir haben danach einfach noch diskutiert, wie wir damit umgehen wollen und jetzt die Entscheidung getroffen, dass wir das Thema auf alle Fälle mit ins nächste Jahr nehmen - Risiko. Passt ja unglücklicherweise sehr gut zu diesem Jahr. - und dass wir keinen neuen Wettbewerb ausschreiben, sondern die Künstler auch lassen und die auch sozusagen auch aufs nächste Jahr mit rüberziehen. Wir haben da auch schon einen Termin, das ist der 23.- 24. April 2021. Und wenn nichts dazwischenkommt, dann hoffen wir, dass wir nächstes Jahr im April die Blaue Nacht machen können. #00:03:17-0#

Katharina Mittenzwei: Wie verhält sich denn dein Künstlerinsein zum Kuratieren des Wettbewerbs? #00:03:24-1#

Barbara Engelhard: Ich mache meine Kunst und aus diesen vielen Erfahrungen, die ich schon, gerade auch in Kunst im öffentlichen Raum habe, kann ich eben ganz gut den Künstlern auch Fragen beantworten, kann die auch einfach gut leiden und einfach gut betreuen. Und auch die Künstler, also wenn man Leute trifft, inspiriert man sich ja auch immer gegenseitig. #00:03:50-6#

Katharina Mittenzwei: Wo kommen die Künstler*innen her? #00:03:53-9#

Barbara Engelhard: Die Blaue Nacht ist ein deutschlandweiter Wettbewerb, auch teilweise international ausgeschrieben. Also wir hatten auch jetzt Österreicher mit dabei, auch einen aus Finnland. Jetzt dieses Jahr hätten wir einen aus England mit dabei, einen Künstler. Und genau, der ist einfach gut ausgeschrieben und jeder kann mitmachen und sich auch bewerben. #00:04:19-4#

Katharina Mittenzwei: Lass uns jetzt vielleicht mal zu dir als Künstlerin kommen. Du bist bekannt für deine Interventionen im öffentlichen Raum, mit denen du eigentlich auch immer soziale Räume und soziale Begegnungen schaffst. Ich denke hier beispielsweise an deine Installation "Kommt zusammen!" auf der Fürther Freiheit, bei dem du zum Benutzen und Aneignen einlädst, oder auch an das Projekt "A Sparkling Stream - for you and me" auf der Pegnitz. Du beschäftigst dich also mit sozialen Räumen und Interaktion. Was haben denn die vergangenen Monate mit deiner Arbeit mit und im öffentlichen Raum gemacht? Also die letzten Monate mit der Ausgangsbeschränkung, mit den Kontaktbeschränkungen? #00:05:04-0#

Barbara Engelhard: Ich war natürlich auch erst mal, naja, nicht nicht geschockt, aber ich hatte auch erst mal wie eine Pause, weil alle ja wie so fassungslos waren, was jetzt tatsächlich passiert. Und jeder hat ja dann auch geschnallt, als sie langsam das heruntergefahren haben, dass jetzt alles immer mehr zugemacht wird. Und einerseits hat die Ruhe mir echt gutgetan, weil ich das Gefühl habe, dass die Zeit heute immer schnelllebiger wird und man alles immer schneller machen muss. Und andererseits hat man viel einfach drüber nachgedacht, wie man Kunst jetzt noch zeigen kann, wie man Kunst zu den Menschen bringt. Ich hatte auch das Gefühl, dass ganz viele Kulturinstitutionen, auch die Kulturämter, versucht haben, den Künstlern Möglichkeiten einfach zu bieten, wie jetzt zum Beispiel, in Fürth haben sie #KunstCorona gemacht, auch ein Plakatwettbewerb, wo man einen Plakatentwurf einreichen konnte und dafür ein kleines Honorar bekommen hat. Und in Nürnberg parallel sind ja auch so viele Veranstaltungen abgesagt worden, gibt es ja auch zum anderen diese Hofmusik, wo sozusagen auch Musikern und anderen bildenden Künstlern geholfen wird oder eine Möglichkeit gegeben wird, sich da wieder einzubringen Und andererseits auch dieser Kunstanschlag, wo immer 20 Künstler in drei Dekaden ein ganzes Plakat in Nürnberg gestalten durften. Und dafür hat man auch ein Honorar bekommen und etwas Materialgeld. Und das ist einfach schon eine tolle Sache, dass sich so viel Leute bemühen, wie kann man auch diesen einzelnen Gruppen einfach helfen? Ich muss sagen, wir haben sehr viele Vorschläge bekommen, um auch Projekte einzureichen. Und ich hab die letzten Wochen gehirnt und mir Sachen überlegt und hab nur noch Ideen produziert, was man jetzt noch machen könnte. Wir haben zum Beispiel auch hier in Fürth mit der Schule der Phantasie - weil ich ja auch sehr viele Workshops für Kinder und Jugendliche gebe -, hat die Ulli Irrgang den Kunstbeutel entwickelt, sozusagen ein Workshop to-go, der eben "Der Kulturbeutel" jetzt genannt wird. Haben auch andere Künstler parallel gemacht, dass wir Pakete geschnürt haben, die Kinder und Jugendliche bekommen haben und man dann via Zoom einen Workshop gegeben hat. Also ich hatte das Gefühl, man war auf der einen Seite ganz eifrig und auf der anderen Seite ist es wirklich eine schwierige Situation. Weil jetzt ist einem geholfen, aber wir Künstler können überhaupt nicht in die Zukunft planen. Normalerweise hätten wir jetzt schon, würden wir ein, zwei Jahre im Voraus planen und das bricht aber weg. Also ich weiß nicht, was dann so in einem halben Jahr oder in einem Jahr los ist, vor allem, weil diese Planungsunsicherheit einfach da ist. Und andererseits ist es auch eine Chance. Also ich merke, dass gerade Kunst im öffentlichen Raum auf einmal viel offener geworden ist, also dass man Sachen im öffentlichen Raum machen darf, weil dieser ja letztendlich übrig geblieben ist, wo man sich gut treffen kann mit den ganzen Bestimmungen, mit Abstand, man ist an der frischen Luft. Genauso mit den Plakatwänden. Da konnte jeder über komoot.de dann eine Fahrradtour selber machen. Und über den Wettbewerb "Kleiner Grenzverkehr" darf ich jetzt auch meine Projektskizze ausarbeiten. Und mal schauen, vielleicht kann ich die im Herbst auch umsetzen. #00:09:12-3#

Katharina Mittenzwei: Lass uns vielleicht einmal kurz bei den Plakatwänden in Nürnberg bleiben, bei den Kunstanschlägen. Es trägt den Titel "Signale aus der Nürnberger Szene". Wie ist denn die Stimmung in der Nürnberger Szene? #00:09:26-8#

Barbara Engelhard: Ja, es ist schon so teilweise gedrückt und teilweise fangen auch an, neue Ideen zu brodeln. Auch der Marian Wild hat ja über curt.de diese Künstlerinterviews angefangen. Da war ich auch mit einem der ersten mit dabei. Und das hat mir richtig so ein bisschen Aufschwung gegeben in der Zeit, auch wieder anzufangen, was zu machen. Und die Interviews laufen jetzt ja immer noch weiter und ich finde es auch interessant, weil viele kenne ich und manche kenne ich auch noch gar nicht. Also man denkt, Nürnberg ist nicht so groß. Aber man kennt tatsächlich nicht alle Künstler, die hier in der Szene sind. Und ich finde es immer spannend, da auch neue kennenzulernen. Und dieses Sichtbarmachen auch in der Stadt. Also ich finde, den Kunstanschlag, das wäre jetzt zum Beispiel auch ein Projekt, was zukunftsfähig ist. Es ist einfach eine neue schöne Möglichkeit oder ein neuer Ort, an dem jetzt nicht nur Werbung gemacht werden kann, sondern tatsächlich auch Kultur vermittelt werden kann. #00:10:50-4#

Katharina Mittenzwei: Ja, also tatsächlich bei den Kunstanschlägen finde ich eben auch so ganz toll, dass es auch, ja, so eine ganz praktische politische Komponente hat, durch diese komoot-Fahrradtouren, ja eigentlich auch einen Hinweis gibt auf alternative Mobilität und Ansporn gibt und Möglichkeit gibt. #00:11:08-9#

Barbara Engelhard: Ja, Kunst geht ja immer schon parallel mit der Wissenschaft und mit der Forschung und zeigt auch oft - Also Künstler experimentieren gerne auch mit neuen Materialien, die entwickelt sind, haben auch Ideen. Wie zum Beispiel ein toller Künstler, den ich sehr gerne mag, ist Tino Sehgal. Der arbeitet ja ganz ohne Material und hat auch diesen Recyclinggedanken dabei, indem er Schauspieler initiiert und die also Wörter oder Sätze sagen, wenn man in den Ausstellungsraum kommt. Und es ist nur noch temporär und es gibt in dem Sinn keine materielle Kunst, wo kein neues Material jetzt noch mal verwendet wird. Gibt auch viele Künstler, oder in meiner Kunst, wie zum Beispiel mit den Stühlen, ist es ja auch ein Material, was schon vorhanden ist: der Stuhl. Ich sammele alte Stühle von Leuten, die eigentlich nicht mehr gebraucht werden und das sieht man auch. Viele haben dann auf der Stuhlinstallation Sitzproben gemacht, wie sich welcher Stuhl anfühlt, sitzt. Manche befanden manche Stühle als noch total super, die sie gerne haben würden, dann zum Schluss der Aktion, die anderen Leute dann im Gegensatz sagen, nee, der schaut ja so oll aus, den kann man ja wegschmeißen. Und für andere ist es dann wieder ein toller Stuhl, den die sich herrichten und restaurieren wollen. Und da ist es natürlich auch diese Materialfrage. Ich nehme eigentlich nur Material, was vorhanden ist und gebe es dann auch wieder zurück, sodass die Kunst sozusagen bei den Leuten weitergeht. #00:12:46-8#

Katharina Mittenzwei: Und lässt dadurch soziale Räume entstehen. Ganz spannend, weil sich dann da ja teilweise spontane Singgruppen gebildet haben oder sich Chöre getroffen haben zur Probe. Ganz spannend! Im Herbst wird es am Bildungszentrum eine mehrteilige Veranstaltung mit dem Titel "Vergessene Künstlerinnen" geben. Bezieht sich auf den Surrealismus und auf ein kunsthistorisches Versäumnis, bei dem einiges nachgeholt und ergänzt werden muss, dort, wo es eben noch möglich ist. Viele Museen, unter anderem die Schirn in Frankfurt, widmen sich der weiblichen Kunst und den Menschen dahinter. Es ist auch eben ein ganz aktuelles Thema. Denn laut dem National Museum of Women in the Arts in Washington, also dem größten Kunstmuseum der Welt, das ausschließlich Kunstwerke von Frauen sammelt, sind derzeit 51 Prozent aller Künstler*innen Frauen. Doch auf dem Kunstmarkt, also dort, wo es dann um das große Geld geht, bilden sie eine Minderheit. Wie weiblich erlebst du den aktuellen Kunstmarkt in der Metropolregion und aber auch überregional? #00:13:55-5#

Barbara Engelhard: Ja, ich glaube, bei Frauen ist es grundsätzlich so, ich merke das zum Beispiel auch bei Interviews, dass ich grundsätzlich gerne gefragt werde, weil ich eine Frau bin, und ich habe drei Kinder, wie ich denn das mache, wenn ich noch drei Kinder habe. Und ich habe gemerkt, wenn ich ein Mann wäre und ich hätte ein Interview, würde ich das nicht gefragt werden, auch wenn ich dann drei Kinder hätte. Und es ist schon so, heute noch, wird die Frau einfach auch, obwohl wir schon, ja, sag ich jetzt mal, 2020 leben, ist dieses Frauenthema immer noch aktuell. Und genauso wird es auch auf dem Kunstmarkt gehandhabt und auch im Arbeitsmarkt. Ich finde zum Beispiel auch dieses Jahr toll, dass den großen Kulturpreis in Fürth dieses mal eine Frau bekommt, nämlich die Gisela Naomi Blume. Und man merkt auch, wenn man im Internet guckt, dass beim großen Kulturpreis einfach eher ziemlich wenig Frauen genannt sind. Und ich habe auch bei der Ute Möller jetzt bei einem Interview mitgemacht. Da sollte ich mir eine Künstlerin aussuchen, die hier auch in Nürnberg gewirkt hat. Da hab ich die Else Oppler genommen. Und die Else Oppler war ja ein Naturtalent mit ganz vielen Passionen in ganz vielen Richtungen. Die war Architektin, die war Designerin, die hat auch die Dekoration ganz weit nach vorne gebracht, die hat auch die Dekoration Schule dann eigentlich auch gegründet, hat mit Filme gedreht, hat Bühnenbilder erstellt und hat eben in einer Zeit gelebt, wo sie einfach - die war auch hier in dem Frauenclub 1900, 1910, den es ja auch in Nürnberg gab. Und sie hat auch sehr stark dafür gekämpft, dass Frau einfach anerkannt wird und hat dann auch mit das Reformkleid erfunden. Der Hintergrund war, wenn man einfach ein Kleid mit Korsett anhatte und großen Reifröcken, konnte man weder ein Fahrrad fahren, noch sich in der Uni in eine Sitzreihe setzen. Also man war schon bewegungsgehemmt und konnte eigentlich nur schön gerade auf einem Sofa oder Stuhl sitzen und war dadurch schon total eingeschränkt. Und nachdem Frauen sich sozusagen aus dieser Kleidermode befreit hatten, und in der Architektur sieht man ja auch, dass Frauen früher teilweise dann auch keine Jobs bekommen haben oder nicht genommen wurden. Oder der Else Oppler wurde eben dann auch gesagt, sie wäre ja eine Frau und dass man doch dann besser aufgehoben ist in dem Dekorativen, in dem sozusagen Einrichten eines Hauses. Genau. Und ich finde, heute ist es schon so, man schaut sehr drauf, dass Frauen auch da sind. Und ich habe persönlich jetzt in der Nürnberger und Fürther Kulturszene, sehe ich das einfach sehr positiv. Also sehe da überhaupt keinen Anlass, dass ich jetzt weniger anerkannt bin, weil ich eine Frau bin, sondern ich finde, da wird schon sehr gut drauf geachtet, da ist es egal, ob man ein Mann oder eine Frau ist, da wird wirklich auf die Arbeit auch geachtet. #00:17:50-1#

Katharina Mittenzwei: Führt hat ein Frauenmuseum. Du hattest da bei einem Projekt mal mitgewirkt, richtig? #00:17:56-2#

Barbara Engelhard: Ja. Das Frauenmuseum ist in Burgfarrnbach im ehemaligen Marstall. Und das sind ganz toll engagierte Frauen, die wirklich weltweit mit Frauen auch kommunizieren, auch zu ihren Ausstellungen einladen und mit denen Projekte machen. Und für die hatte ich eben auch ein Projekt gemacht, das hieß "Ein Kleid für die Wand" und habe die Außenwand des Marstalls verkleidet mit meinen Satinbändern. #00:18:31-3#

Katharina Mittenzwei: Barbara, wir haben in unserem Podcast eine Rubrik, die heißt "Gerne lernen". Was möchtest du einmal gerne lernen? #00:18:44-6#

Barbara Engelhard: Was möchte ich jetzt noch einmal gerne lernen? Also ich finde, man lernt nie aus und man kann auch noch als Oma studieren, wenn man das möchte, wenn man sich für was interessiert. Ich würde, glaube ich, gerne noch mal - ja, was mir jetzt fehlt und wo ich gerade dabei bin, ich lerne gerade Tutorialdrehen und auch etwas Filmschneiden. Das ist, was mir noch fehlt. Und so ein Kindheitstraum von mir, ich würde gerne immer noch mal fliegen lernen. #00:19:18-9#

Katharina Mittenzwei: Okay, da kann ich dir leider keine Kurse im Bildungszentrum anbieten. Schade. #00:19:25-2#

Barbara Engelhard: Und ich fand immer besonders bemerkenswert, wenn die Düsenjäger über einen drüber geflogen sind mit so einer Geschwindigkeit. Würde ich auch gerne mal machen. #00:19:36-5#

Katharina Mittenzwei: In Sachen Tutorial beziehungsweise Video drehen und schneiden kann ich dir dafür aber meine Kolleg*innen vom Fachteam Beruf und Karriere empfehlen. In der Fachgruppe Medien und Öffentlichkeitsarbeit würdest du hier ganz sicherlich mit einem Kurs fündig werden. Lass uns vielleicht noch einmal auf deine Anfänge blicken, auf deine Anfänge als Künstlerin. Deine Abschlussarbeit liegt schon etwas zurück zwar, aber das Motiv ist noch immer sehr präsent. Im Museumsshop Barbara als mobile Installation vermarktest du dich und deine Kunst. In der Kunstgalerie Fürth gab es dazu im Rahmen der Ausstellung Fürth sogar einmal den Sexshop Barbara. Und jetzt findet man dich im Netz unter barbarashop.de, also dieses Motiv ist noch immer erhalten. Hinzu kommen deine Installation im öffentlichen Raum, aber eben auch dein pädagogisches Engagement im Kinderkunstraum und bei den Projekten "Kultur macht stark" mit Schülerinnen und Schülern, mit Schulen, mit Jugendlichen. Das sind jetzt erst mal auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Dinge. Auf der einen Seite bist du ganz vielseitig und mutig und auf der anderen Seite so ganz bodenständig. Muss man das sein als Künstlerin? #00:20:48-5#

Barbara Engelhard: Ja, schon. Künstler ist ein Beruf. Also, es ist ein richtiger Beruf. Und in einem Beruf muss man genauso kalkulieren. Also, es ist ein selbstständiger Beruf. Man muss auch gucken, wie jetzt bei einem Grafiker, dass man seine Kunden hat. In dem Fall seine Käufer, Sammler. Man muss gucken, dass man auch vielleicht eine Galerie hat. Es ist wichtig zum Beispiel, dass man auch mal einen Preis bekommt, weil dadurch andere Leute auch wieder auf einen aufmerksam werden. Also, Künstlerdasein ist wirklich ein richtiger Beruf, in dem man auch Geld verdienen möchte. Und die Workshops sind einfach für mich ein zweites Standbein. Ich hab mich dafür entschieden, dass ich in meiner Sparte bleiben möchte. Mir macht das auch sehr viel Spaß, Kunstvermittlung, Kunst also anderen Leuten, Menschen, Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, und jetzt nicht nebenbei einen Nebenjob zu haben, wie, sag ich jetzt mal, Taxifahren oder jetzt in was völlig anderem einen Job zu haben. Also mir war es wichtig, in meiner Sparte noch mit zu arbeiten. Es hat sich auch bei mir so entwickelt, dass ich immer wieder weiterempfohlen wurde bei den Workshops, weil ich auch viel so Gestaltungs-, also Wandgestaltungsprojekte und Raumprojekte mit den Kindern mache und da auch immer wieder von Schulen und Jugendzentren kontaktiert werde, ob ich mit denen was machen könnte. #00:22:31-4#

Katharina Mittenzwei: Stichwort Geldverdienen, Barbara: Im Rahmen des Projekts Nürnberger Kunstaktien verkaufst du Aktien. Was hat es damit auf sich? #00:22:43-8#

Barbara Engelhard: Das war eine Idee in Coronazeiten, wie man denn sozusagen etwas überbrücken kann. Und das hatte Erik Linder von der Galerie 2Bananas mit ins Leben gerufen. Der hat seine erste Kunstaktie von der Galerie aufgelegt, mit einem anderen Künstler noch. Ich habe mich dann auch sehr gefreut, dass ich eingeladen wurde, auch eine Kunstaktie zu entwerfen. Und da ist die Idee, man kauft die Aktie für 10 €, ist aber 20 € wert, wenn man sie dann bei dem Künstler einlöst. Und es ist aber so, wenn man dann ein Kunstwerk kauft, nur 30 Prozent vom Gesamtbetrag dann bei dem Kunstwerk mit Aktien einsetzen. Das ist in dem Fall eine win-win-Situation. Man hat in dem Fall, wenn Leute Aktien kaufen, hat der Künstler ein bisschen Geld wieder zur Verfügung. Und andererseits würde ich mich auch sehr drüber freuen, wenn die Leute auch tatsächlich mit gekauften Kunstaktien mich kontaktieren und zu mir ins Atelier kommen und sich meine Kunstwerke anschauen und vielleicht dann dafür tatsächlich entscheiden, noch ein Kunstwerk zu kaufen. Die Aktien gibt's jetzt immer noch in der Galerie 2Bananas oder eben bei mir zu erwerben. #00:24:07-5#

Katharina Mittenzwei: Es klang bisher so alles ganz, ganz positiv. In Nürnberg ist unheimlich viel los, in Fürth auch. Preise werden vergeben. Es sind augenscheinlich einige Projekte, auch in der Coronazeit, entstanden. Nun befindet sich Nürnberg ja auch gerade im Bewerbungsprozess um den Titel der Kulturhauptstadt 2025. Du hast auch beispielsweise mitgewirkt am Bewerbungsbuch der Kinder im letzten Jahr. Was braucht Nürnberg, um diesen Titel zu bekommen und um dem Titel dann auch gerecht zu werden? #00:24:45-8#

Barbara Engelhard: Nürnberg hat es ja bis jetzt sehr gut gemacht, weil es ja auch jetzt in die zweite Runde gekommen ist. Was mir aber persönlich hier immer noch fehlt, ist einfach die Einbindung der regionalen Künstler, die hier in Nürnberg, Fürth und in der Metropolregion ansässig sind. Also da hab ich einfach das Gefühl, dass man da nicht sehr zum Zuge kommt oder mit einbezogen wird. Ich fände schön, wenn da auch noch mal vielleicht ein Wettbewerb entstehen würde, wo nur die fränkischen Künstler dazu eingeladen sind, die tatsächlich hier wohnen in Nürnberh, Fürth, Schwabach, Erlangen und da noch was zeigen könnten. Was ich auch sehr schade finde, ist, dass hier, es gab mal eine Künstlerdatenbank in Nürnberg im Internet. Und diese Künstlerdatenbank wurde leider im Zuge der Datenschutzverordnung einfach geschlossen. Das fand ich schade, weil das doch einen sehr schönen Überblick gibt, welche Künstler hier in der Region ansässig sind und was hier auch so geboten ist. #00:26:01-4#

Katharina Mittenzwei: Du bist ziemlich in die Nürnberger Szene verwoben, in Fürther Szene in der Metropolregion, hast hier studiert, lebst und arbeitest und Fürth - mit einem kurzen Abstecher nach Shenzhen, China zum Künstler*innenaustausch -, hast du vorwiegend hier gearbeitet. Was macht Heimat für dich aus? #00:26:25-5#

Barbara Engelhard: Also Heimat ist erstmal für mich nicht, wo man unbedingt geboren ist, aber da, wo man aufgewachsen ist, wo man seine Kindheit verbracht hat. Und ich glaube, später ändert sich das dann. Bei mir ist es jetzt zufällig so geblieben, dass ich jetzt hier geblieben bin und hier auch meine Familie habe. Aber wenn ich jetzt mit meiner Familie woanders hingezogen wäre, dann wäre da einfach meine neue Heimat. Also für mich hat es ganz viel mit der Familie zu tun und an dem Ort, da bin ich dann auch. Also das ist für mich Heimat. Es gibt so zwei Heimaten. Eine Heimat, die man so mit der Kindheit verbindet und eine Heimat, die man dann hat, wenn man erwachsen ist. #00:27:18-1#

Katharina Mittenzwei: Ja, und die sich dann auch definitiv in der Kunst widerspiegelt, sicherlich. #00:27:22-5#

Barbara Engelhard: Ja, also ich hab mich wirklich für die Kunst entschieden. Und als ich mal so einfach eine Kunstpause hatte, auch gerade eben, weil ich dann Kinder bekommen habe, habe ich richtig gemerkt, wie sehr mir das fehlt und habe mich nach der Kinderpause dann auch tatsächlich entschieden, einfach nochmal Kunst und Öffentlicher Raum zu studieren. Und da war es eben sehr praktisch und auch durchführbar, dass die Akademie einfach hier in Nürnberg auch war und da konnte ich mich nochmal bewerben und wurde da genommen und so konnte ich das auch organisatorisch einfach lösen, dass ich auch einfach dann die Möglichkeit hatte, das tatsächlich zu machen und durchzuführen. Das muss ja immer auch praktikabel sein, also für mich und meine Familie. #00:28:17-6#

Katharina Mittenzwei: Wie war dann dein Weg dorthin? Also von der Studierenden zur Künstlerin? #00:28:25-2#

Barbara Engelhard: Im Zweitstudium war es schon so, da wusste ich dann ganz genau, was ich will und da ist es schon während des Studiums passiert, dass wir sehr viel angehalten wurden, bei Wettbewerben mitzumachen. Da war ich sehr früh dann auch schon das erste Mal bei der Blauen Nacht mit dabei und hab da eine große Aktion gemacht, wurde dort von der Kunsthistorikerin auch in den Kunstverein Neuhausen eingeladen. Wir haben sehr viele Fahrten auch gemacht. Nach Paris, auch hier in andere Städte, nach Göppingen, haben da Kunstinstallationen gemacht. Und für mich war es dann schon klar, ich möchte Kunst weitermachen, auch wenn es eher ein schwieriger Bereich ist und auch gerade im öffentlichen Raum, gerade mit installativen Sachen. Und ich bemühe mich und kämpfe einfach weiter, dass ich das wirklich immer machen kann, sag ich jetzt mal so. #00:29:36-9#

Katharina Mittenzwei: Gibt es denn eine Person, mit der oder einen Ort, an dem du gerne einmal arbeiten würdest? #00:29:46-4#

Barbara Engelhard: Ja, da gibt's viele Orte. Also Shenzhen hat mich jetzt schon sehr inspiriert und ich würde gerne nochmal auch nach Japan gehen. Ich finde, die haben einfach, wie in China, da ist einfach, denen ihre Grafik ist mit dem Leben verschmolzen. Also egal, ob man U-Bahn fährt, alles, was man anschaut, die Plakate, die Zeichnungen, das finde ich alles toll. Also da hat auch alles so eine Ästhetik. Auch allein, wenn man isst und das Geschirr mit diesen Stäbchen und den Teekannen und auch wie das Porzellan auch bemalt ist. Also das finde ich einfach wunderschön. Und da finde ich auch in Japan auch diese tolle Japanausstellung, die sie auch im neuen Museum hatten, die fand ich auch ganz toll, weil bei denen auch wirklich die Philosophie auch mit in das Handwerk so einfließt. Genau. Und das würde mich sehr interessieren und deswegen fände ich das sehr spannend, nach Japan zu gehen. #00:30:53-9#

Katharina Mittenzwei: Und jetzt hast du hier noch einmal die Gelegenheit, so richtig zu meckern. #00:31:04-2#

Barbara Engelhard: Wie meinst du das, Meckern? #00:31:08-4#

Katharina Mittenzwei: Du darfst dich beschweren über irgendetwas, was dir schon lange auf der Seele brennt. #00:31:13-4#

Barbara Engelhard: Was brennt mir schon lange auf der Seele? Ja, ich hätte gerne in der Region hier ein, vielleicht ein Büro, was sozusagen einen Kontakt herstellt zu leerstehenden Räumen, die Künstler nutzen können. Da fehlt einfach manchmal so der Kontakt, weil das einfach toll ist, wenn man auch mal, selbst wenn wir auch nur für ein Jahr mal große Flächen haben zu einem günstigen Preis, vielleicht gerade auch jetzt in unserer Situation, wo man einfach gut arbeiten und gut schaffen kann. Da finde ich, verschwinden durch die ganzen Renovierungen und Neusanierungen immer mehr diese kleinen Offspaces. Ja, was ich auch schön fände, in Nürnberg gibt es ja einen Künstleraustausch. Fände ich schön, wenn es in Fürth auch einen Künstleraustausch gäbe mit einer Partnerstadt und eine Möglichkeit, hier das zu integrieren und dass es sozusagen eine Künstlerwohnung gibt, wo das dann tatsächlich auch auch möglich ist. Und ja, man hätte schon ein paar Ideen. Aber so wirklich kann ich jetzt nicht meckern. Ich glaube, wichtig ist, dass die Kunst und Kultur einfach auch als systemrelevant, sag ich jetzt mal, auch eingeschätzt und betrachtet wird. Und ich glaube, es ist immer noch ganz wichtig, dass Leute sich austauschen. Das habe ich ja schon immer in meinen Kunstprojekten auch gezeigt. Gerade in den Städten, wo jeder mehr und mehr für sich alleine lebt, ist gerade der öffentliche Raum noch mehr wichtig, sich auszutauschen. Aber wie gesagt, alles ist so ungewiss, was jetzt weiterhin passiert. Also, ich bin gespannt. Ich denke, es gibt auch manche neue Möglichkeiten daraus oder manche neue Sachen entstehen und lässt uns Kreative nochmal ganz kreativ werden. #00:33:41-4#

Katharina Mittenzwei: Das klingt toll und sehr viel versprechend. Barbara, lass uns vielleicht da enden, wo wir angefangen haben. Das beste Signal ist ja tatsächlich für dich, dass du den Kulturförderpreis der Stadt Fürth bekommen hast. Wie war das für dich? Hat dich das total überrascht? #00:33:59-6#

Barbara Engelhard: Mich hat es sehr gefreut. Ich wusste ja, dass ich auch vorgeschlagen war. Aber man weiß ja nie, was passiert. Und ich habe mich sehr darüber gefreut, weil es einfach schon auch eine Anerkennung ist. Es bestärkt einen als Künstler, weiterzumachen, dass man auch das Richtige gemacht, dass tatsächlich meine Aktionen, die Stuhlaktion mit "Kommt zusammen!"und die "A Sparkling Stream - for you and me", die Wunschlichter im Wasser. Die haben wirklich den Fürthern und den Besuchern sehr gut gefallen. Und ich freue mich sehr darüber, ich bedanke mich auch dafür. Und es gibt einem, gerade auch jetzt in der Zeit, einfach auch einen Aufschwung oder einen Lichtblick, dann weiterzumachen und ja, da am Ball zu bleiben. #00:34:58-5#

Katharina Mittenzwei: Das ist ein ganz schönes Schlusswort. Danke dir, Barbara! Danke für das Gespräch. Vielen Dank für deine Offenheit und deine Zeit. Ich wünsche dir alles Gute! Ich freue mich auf die Blaue Nacht 2021. Wir hören uns bei der nächsten Folge zum Podcast des Bildungszentrums KontaktAufnahme am nächsten Donnerstag. Tschüss! Danke Barbara! #00:35:21-0#

Barbara Engelhard: Tschüss, danke! #00:35:22-3#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

"Der öffentliche Raum ist das Einzige was uns bleibt", sagt die Künstlerin Barbara Engelhard. Im Podcast spricht sie über das neue Brodeln in der Nürnberger Kunstwelt, ein Reformkleid und japanische Ästhetik.

Herzlichen Glückwunsch – Barbara Engelhard wurde im Juli 2020 mit dem Kulturförderpreis der Stadt Fürth ausgezeichnet. Die Kuratorin des Wettbewerbs der Blauen Nacht spricht in diesem Podcast über das Frausein in der Kunst und ihren Weg von der Hochschule ins eigene Atelier. Neben Ihrer eigenen Kunst erdenkt sie sich Projekte mit Kindern und Jugendliche im KinderKunstRaum und für „Kultur macht stark“. Kunstvermittlung und die Auseinandersetzung mit jungen Menschen sind wesentliche Bestandteile Ihres Engagements.
Der Fokus ihrer Kunst sind soziale Räume. Kunst ist dabei parallel mit Wissenschaft und Forschung zu sehen und wirkt politisch. Barbara Engelhard nutzt die Idee des Wiederverwendens und Recycelns. Dabei ist Sie inspiriert von der Arbeit des Künstlers Tino Sehgal - seinen materiallosen, „konstruierten Situationen“, die nur im Moment existieren. „Kunst geht bei den Menschen weiter“ sagt Barbara und meint damit unter anderem Ihre Installation „Kommt zusammen!“, bei der alte Stühle als materielle Grundlage der Kunst wieder zurückgegeben und in ihre ursprüngliche Funktion überführt werden können.

Wir sprechen aber auch über das Verschwinden kleiner Off-Spaces durch Neusanierung. Es fehlt an Platz und Räumen zum Arbeiten, Verorten und Kommunizieren. Barbara ist sich sicher „Wir müssen mehr miteinander reden!“

Mehr von und mit Barbara: auch die Kunstaktien sind hier zu erwerben, initiiert von der Galerie 2bananas.

Den Vorstoß einer Strategie für Leerstand zur Zwischennutzung für Kulturelle Ermöglichungsräume macht das Kulturreferat:

Mehr über den Künstler Tino Sehgal und seine moralische Intuition

-------
Aufgenommen am: Donnerstag, 09.07.2020
Veröffentlicht am: Donnerstag, 30 Juli 2020
Moderation: Katharina Mittenzwei
Im Gespräch: Barbara Engelhard

-------

Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.

Wen sollen wir noch befragen - haben Sie Ideen und Anregungen? Oder möchten Sie Ihre eigenen „Glücksmomente“ (manchmal am Ende des Interviews zu hören) an uns schicken? Schreiben Sie uns an!

Fotograf: Michael Matejka