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Andrea Dippel, was machen patriarchale Strukturen mit der Kunst?

Hannah Diemer: Hallo und herzlich willkommen zur allerersten Podcastfolge der KontaktAufnahmen 2024. Ich hoffe, Sie sind gut ins neue Jahr gekommen.

Katharina Mittenzwei : Hallo und herzlich willkommen bei einer neuen Ausgabe der Kontaktaufnahme. Mein Name ist Katharina Mittenzwei, und ich sitze heute Dr. Andrea Dippel gegenüber: Hallo Frau Dippel. #00:00:30-3#

Dr. Andrea Dippel: Ja, hallo, es freut mich. #00:00:32-2#

Katharina Mittenzwei : Ja, ich freue mich auch ganz besonders und auch schon sehr lange auf unser Gespräch. Bevor wir so richtig in das Gespräch starten, möchte ich sie einmal kurz vorstellen. Sie bilden nämlich eine ganz, ganz große Bandbreite ab, die ich unheimlich spannend finde. Sie haben Kunstgeschichte, Romanistik und Pädagogik in Paris, Erlangen und Köln studiert und dann in Köln zum französischen Impressionismus promoviert. Ihr Thema war der Städte am Strand. Als ich das gelesen habe, dachte ich mir, der französische Impressionismus mit dem Thema der Städte am Strand verleitet doch zum geistigen total abdriften, oder ist Ihnen das häufiger passiert? #00:01:04-7#

Dr. Andrea Dippel: Also, es war tatsächlich eher eine kulturhistorische Untersuchung. Es hat was mit Tourismus zu tun, ein Thema, was mich dann später auch im Verlag weiter beschäftigt hat, und letztlich mit der Mobilität von Menschen, eben, die mit den ersten Eisenbahnlinien Richtung Norden in die Normandie in Urlaub gefahren, sondern die Impressionisten als Künstler, die sich dem modernen Leben widmeten, sind quasi den Touristen nachgegangen und haben die dargestellt. Es hat dann am Ende auch was zu tun mit den Künstlern, die dann also, wie Monet zum Beispiel die Städte wieder aus ihren Bildern verbannen, und das ist, glaube ich, so ein beliebter Zyklus, dass der Mensch eigentlich immer wieder auf der Suche ist nach neuen Regionen, nach unberührten und natürlich ungern auf den Nachbarn, auf den Touristen stößt. Aber am Anfang war gerade das Phänomen, was die Maler interessiert hat, und das war sehr spannend. Ich war natürlich auch vor Ort und in den kleinen Museen dort und habe da auch sehr viel Recherche auch in Paris im Champs Élysées betrieben. Es war eine spannende Zeit. #00:02:13-4#

Katharina Mittenzwei : Sie haben dann das ja dann tatsächlich auch halb so zum Beruf gemacht. Sie waren dann Lektorin und Produktmanagerin im DuMont Verlag. Das war auch in Köln, richtig? #00:02:24-9#

Dr. Andrea Dippel: Genau! #00:02:24-9#

Katharina Mittenzwei : Erst im Bereich Reisebuch und dann Bereich Kunstbuch, und sind dann aber nach München als Kunstberaterin mit dem Schwerpunkt Kunst am Bau. Und dann sind Sie, waren sie Leiterin der Galerie Bodenseekreis. Also, sie haben gefühlt alles von der Kunstwelt gesehen, weil sie dann 2009, und jetzt kommen wir der Sache schon näher, Leiterin der Kunstvilla geworden sind. Sie haben die Kunstfälle übernommen, die ist ja 2009 in ihrer physischen Erscheinung, so wie wir sie jetzt kennen, noch nicht gab. #00:02:56-0#

Dr. Andrea Dippel: Nein, sondern ich kam also. 2006 war die Schenkung erfolgt durch den Verleger der Nürnberger Nachrichten. Dann gab es erstmal eine Machbarkeitsstudie, ob diese Villa ja überhaupt geeignet ist für die Umnutzung als Museum, wie viel das eventuell kosten würde. Dann hat man natürlich versucht, die ja die Kosten zu teilen. Auch es gab ein Teil von der Stadt, vom Land Bayern, von Stiftungen, und ich kam, 2009 wurde besetzt, im Grunde ja, die Umbaumaßnahmen erstmal zu betreuen aus Nutzerseite. Das Bauwerk selbst wurde von dem Architekten Markus Vogt betreut, aber vom Hochbauamt federführend, aber eben die Nutzerbelange einzubringen und parallel hat die Kunstvilla aber schon ab 2010 die ersten Ausstellungen gezeigt im Ausweichquartier Kunsthaus. Da sind wir zum ersten Mal in Erscheinung getreten, mit einer retrospektiver so wie der Herr Wendland zu gehen, eine der ersten abstrakten Künstler hier in Nürnberg und 2011 zu Kunst des Zusammens. Es war so eine Standortbestimmung, im Grunde auch zu zeigen, welche Präsentationsformen von Kunst gibt es, welche Arten von Sammlungen, das war für mich so ein bisschen das Thema, eine Notwendigkeit, weil ja dieser Villa auch erstmal recht viel Gegenwind entgegenkam, dass man eben meinte, sie wäre gar nicht geeignet. Das sind natürlich Wohnräume gewesen, es ist zu kleinformatig, die Künstlerschaft wünschte sich eher so ein ,,White Cube'' und mit der Ausstellung, Kunst des Zusammens, habe ich versucht aufzuzeigen, dass es schon immer verschiedene Arten von Sammlungen gab und auch schon immer verschiedene Arten von Räumen, um Kunst zu präsentieren, wie eben Kabinette, Wunderkammern, ähnliches. Das war sehr erfolgreich, hat uns selbst auch weitergeholfen, ebenso Präsentationsformen zu finden, und 2012 war dann noch unter Gewinner ist. Da haben wir Biografien von Nürnberger Künstler/innen untersucht, die beim Bundeswettbewerb der studierenden deutschen Studierenden ausgezeichnet worden und geguckt, wie, wie weit Preise, Wettbewerbe ausschlaggebend sind für vielleicht ein späteres gelungenes künstlerisches Schaffen. Und ja, parallel lief der Umbau der Kunstvilla ab 2011 und 2014, eben vor genau zehn Jahren, konnten wir dann eröffnen. #00:05:27-4#

Katharina Mittenzwei : Mhm, sie haben das alles erst mal mit einer Halbtagsstelle gemacht. Wie funktioniert das? Geht das? #00:05:34-4#

Dr. Andrea Dippel: Ja, also im Nachhinein frage ich mich auch, es war eine Herkulesaufgabe. Tatsächlich, wir haben gut diese Notwendigkeit, schon Ausstellungen zu machen. Die war sicherlich da, um schon mal so einen Vorgeschmack auch auf das Museum zu bieten, war natürlich auch ein großer Aufwand. Wir waren zwei Halbtagsstellen und haben das so gebucht. Dann einerseits die Baumaßnahme, die natürlich schon auch eng verfolgt hat, wo es ja um ganz groß viele Detailfragen auch ging, wie ja, was an der historistischen Ausstattung wird erhalten. Es tauchte immer mal wieder was Neues auf, wo man dann wieder gucken muss. Haben wir dafür überhaupt das Budget, um es herstellen, wiederherstellen zu lassen? Und dann auch noch im Hintergrund lief die Aufarbeitung der Sammlung, die ja noch nicht richtig inventarisiert oder erfasst war, die wir dann auch noch uns angeguckt haben, um im Grunde auch die Eröffnungsausstellung vorzubereiten. #00:06:35-6#

Katharina Mittenzwei : Mhm, sie haben es jetzt schon mit einem Halbsatz angesprochen. Die Kunstvilla war mal ein Wohnhaus. Vielleicht können sie ganz kurz für die Hörer/innen, die noch nicht die Geschichte der Kunstfehler kennen, einmal schildern, was das denn tatsächlich war. #00:06:48-1#

Dr. Andrea Dippel: Ja, also die Villa ist einmal situiert in der Marien Vorstadt. Die Marien Vorstadt war die erste Stadterweiterung Nürnberg ab den 1860 er Jahren und daher ein beliebtes Wohngebiet für jüdische Familien, allerdings mit einer Mischnutzung, also teilweise Villen. Aber auch Fabrikgebäude wie die Spielzeugwarenfirma BIG, und in der Blumenstraße reiten sich eins im Grunde die Villen wie an der Schnur. Das Viertel ist im zweiten Weltkrieg größtenteils aufgrund der Bahnhofsnähe zerstört worden, und die Kunstvilla ist eben eines der wenigen, eine der wie wenigen Villen, die noch erhalten geblieben ist. Sie ist 18, 95 erbaut worden von Email und Lilly, eben einem dische Hopfen, Händler und Bankiersfamilie als Wohnsitz, und es prägt natürlich die Räume, die Ausstattung. Sie ist allerdings 19 schon verkauft worden. Da gab es schon die erste Umnutzung hin zu ner Firmennutzung für die Gesellschaft für Elektro Metaloge, da schon auch die ersten Umbauten, eben Büronutzung, die dann da einzog. Weiterhin blieb es ja, aber die Besitz und wurde deswegen ja, nee nur entzogen vom Land Bayern, die Gesellschaft für Elektro Metaloge arisiert, und es zog dann das städtische Straßen, Fluss, Bauamt ein. Es gab in der ganzen Zeit diverse Hotel Nutzungen. Also die Villa war im inneren auch, hatte sehr viele Einbrüche, bauliche Verletzungen, kann man sagen, und nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Villa an die letzte jüdische Besitzerin, Erika Grüne, restituiert, die sie eben an den Verlag und Presse verkauft hat, und der Verlag hatte ursprünglich vor, an der Stelle sein Verwaltungsgebäude zu erbauen. Was aber dann nicht gelang, weil die Villa auf die Denkmalliste gesetzt wurde Anfang der siebziger Jahre. Das ist eigentlich der Grund, warum sie bis heute dann erhalten geblieben ist und später dann zum Kunstmuseum umgebaut werden konnte. Also, man sieht eine sehr bewegte Geschichte, die wir auch sehr ernst nehmen, also gerade diese jüdische Geschichte. Wir haben vor einigen Jahren hat Geschichte für alle in Kooperation mit uns und unserem Förderverein ein Band auch herausgegeben zur Marien Vorstadt, der so diese jüdische Geschichte auch behandelt und wo wir natürlich auch vertreten sind und unser Haus vorgestellt wird. #00:09:27-3#

Katharina Mittenzwei : Ganz interessant, mit wem sie alles zusammenarbeiten. Sie haben Jezt gerade Geschichte für alle erwähnt, eingangs aber auch, als sie darüber sprachen, wie sie als erstmal ihre Leiterin der Kunst Villa für die Villa als Bau gesprochen haben und mit der Künstlerinnen Schaft von Nürnberg aushandeln mussten, dass es vielleicht keinen. Wo gibt es eine städtische Einrichtung? Wie bildet sich ihr Netzwerk? #00:09:49-9#

Dr. Andrea Dippel: Ja, es ist über die Jahre gewachsen. Am Anfang war klar, war er natürlich der Bau. Die ganzen Baubeteiligten standen im Mittelpunkt. Über die ersten Ausstellungsprojekte oder andersrum kann man sagen, es sind am Anfang auch sehr viele Menschen auf uns zugekommen, eben Seis, Künstlerinnen oder auch Nachlassverwalter in einen Sammler, also wo auch klar war, gut, unser Konzept ist noch nicht, steht nicht so fest und ist auch der Bevölkerung noch gar nicht so klar. Also, wir hatten auch sehr viele Anfragen von Hobbykünstlerinnen, die eben dachten, oh, neue Ausstellungsräume, da können wir rein. Ähm, also, das war auch sehr viel abgrenzen, kann man sagen, bis zu unser Konzept stand und auch nach außen dann vermittelt werden konnte, dass wir eben doch als uns der Stadt Nürnberg auch in Abgrenzung zu den Museen der Stadt Nürnberg ein sehr klares Konzept verfolgen. Also, wir betreuen die Werke von Künstlerinnen, Abgebuat um 1880 bis in die Gegenwart, und das ist auch der Sammlungsteil der Stadt Nürnberg, den wir betreuen, und daraus abgeleitet ist auch unser Ausstellungsprogramm, was eigentlich so im Idealfall immer einen Wechsel bedeutet zwischen historischen Aufarbeitung und der Präsentation von Gegenwartskunst, und in dem Rahmen hat sich natürlich dann rasch auch ein Netzwerk gebildet. Ich sage immer, diese beiden, auch Ausstellungs Profile sind so ganz unterschiedliche Aufgaben, weil die historischen Ausstellungen bedürfen natürlich viel mehr Recherche als vielmehr vielleicht manchmal kunsthistorischer Arbeit. Da ist man eben auch auf viele Kooperationspartner angewiesen. Auch also Stadtarchiv, gehen wir dann ein und aus in solchen Projekten Geschichte für alle ganz wichtig, oder auch Menschen, die oft ja ein großes Spezialwissen auch zu bestimmten Künstlerinnen haben, entweder weil sie sie persönlich kannten oder sammelten, also alles, was uns eigentlich zu Beginn fehlte. Bei der Gegenwartskunst ist es natürlich ganz anders, weil da arbeitet man mit lebenden Künstler innen, die sich auch selber einbringen, die selber ihre Vorstellungen haben. Da ist es nicht so wie bei dem anderen, wo man als Kurator in ja doch auch Freiraum hat, selber Thema zu setzen und das auch dann irgendwie durchzuziehen. Bei der Gegenwartskunst entsteht es mit den Kunstschaffende selbst. #00:12:29-4#

Katharina Mittenzwei : Mhm, das heißt, sie haben da teilweise auch sehr persönliche Kontakte, auch wenn sie nicht nur zu den noch lebenden Künstlerinnen, sondern auch zu den bereits Verstorbenen aus kunsthistorischer Sicht, wenn sie Angehörige kennen, die ja vermutlich dann auch aus der Region kommen, ein sehr besonderes arbeiten, oder? #00:12:44-2#

Dr. Andrea Dippel: Hm, ja, auf jeden Fall, also, wir sind halt, ich sag mal, es ist anders als bei anderen, vielleicht temporären Ausstellungshäusern. Bei uns sind die Menschen ja weiterhin vor Ort, das heißt, wir sind vielfach Ansprechpartner. Also alleine heute früh wieder einen Anruf von einer Dame, die irgendwie auch so ein Fan ist, also gerne zu uns ins Museum kommt, die ein paar Arbeiten von Koller hat und dann wissen möchte, sind das Originale? Sind das Druckgrafiken? Also sowas haben wir eigentlich täglich. Also, das wäre so, Ansprechpartner geworden sind für die norberger Kunst und darüber aber auch ja Informationen manchmal beziehen, natürlich auch rausfinden, wo sind noch Werke in Privatbesitz, die vielleicht auch mal als Gaben in Betracht kommen, und ähnliches. Das ist schon so, dass wir da sehr stark in Kontakt sind mit sehr vielen Menschen. #00:13:39-0#

Katharina Mittenzwei : Mhm, Sonderausstellungen spielt eine große Rolle bei ihnen, neben der, natürlich neben der Dauerausstellung. Jetzt sind wir wir zwei gemeinsam im Sommer durch die Ausstellung, wie viele France gegangen, die sie da auch eröffnet hatten? Sie haben sie mir gezeigt. Sie hatten 2019 eine Sonne Ausstellung mit dem Titel die nürnberger Schule, führend in Malerei. Ich fand das ganz spannend, dass sie die Künstlerszene und und um das Kriegs, also ne Kneipe, die es heute auch noch gibt, beleuchtet haben, die ja sehen kann, waren für ihre sehr unangepasste Kunst aus den 68 er Jahren. Jetzt bin ich sehr hellhörig geworden bei dem Titel. Also nochmal, die nürnberger Schule, führend in Malerei. Gibt es denn wirklich die Schule? Hat Nürnberg die Malerei beeinflusst? #00:14:26-4#

Dr. Andrea Dippel: Ja, eher andersrum, sondern es war also ein Titel, der so ein bisschen anspielt. Also, früher hat man ja in den Kunstmuseen oder bekannten Museen, wie im kunsthistorischen Museum in Wien oder im Prado in Madrid, sind ja die ist die Malerei immer noch nach Schulen sortiert. Also, das ist so das historische Vorbild, und in neuerer Zeit hat sich ja dann positioniert die leipziger Schule um Rauch und Nachfahren, und ja, darauf spielte das so ein Stück weit an. Nürnberger Schule und es führend in Malerei, leitet sich ab aus dem Untertitel der Gregor Samsa, die sich eben betiteln als führend in Glas. #00:15:13-6#

Katharina Mittenzwei : Okay, es ist ja tatsächlich immer noch so kleiner Werbeblock, schon mal noch den Stamm in Maxwell zu finden. #00:15:22-7#

Dr. Andrea Dippel: Genau, und so war die Kombination und natürlich auch ein Stück weit so: Nürnberg wird ja durch Albrecht Dürer, unseren kann das den Künstler sehr stark auch mit Grafik in Verbindung gebracht, und das ist hier, wo wir jetzt vielleicht nicht das nicht München haben, oder eben die münchner Schule gibt's ja auch oder dachauer maler Schule, dass wir trotzdem auch ne große malerische Tradition haben, die eben so ne nucleus in dieser Künstler Kneipe fand, auch das ein Stück weit. Also, ich muss selber sagen, wenn man auf so eine Idee kommt, ich bin dann selber immer ganz begeistert, denke ja, das hat irgendwie noch niemand so betrachtet. Man hat da was gefunden, was man gut präsentieren kann, und eben ja auch so ne Künstler Knape, die man vielleicht in Nürnberg jetzt auch nicht unbedingt erwarten würde und wo eben die Künstler, also Künstler innen mit Werken zahlen konnten, die dann die Wände schmücken und diese Gruppe auch an anderen Orten dann in Erscheinung trat und auch schon sowas ja gruppenartig bittet, obwohl es jetzt keine, kein getragener Verein oder keine feste Gruppe, aber eben ein Künstlerkreis, der sich da lange Jahre traf und eben auch ja bestimmte Charakteristika teilt, auch in der Lebenseinstellung, und es war eine sehr erfolgreiche Ausstellung, also ich glaube sogar unsere erfolgreichste bislang. Und dann kam Corona, also tatsächlich kurz danach, und dann kam der Einbruch. Das war sehr traurig, weil wir hatten mit der Ausstellung auch so das Gefühl, da haben wir Krachende und hat natürlich auch nochmal anderes Publikum ins Haus gespült. Das darf man auch nicht Verge essen, weil diese Künstlerschaft grad über die Kneipe auch einfach einen weiteren Publikum bekannt ist, und wir hatten damals auch in schönes Begleitprogramm mit Konzerten und Auftritten der beteiligten Künstler, und das war rundum eigentlich gelungen. #00:17:27-0#

Katharina Mittenzwei : Mhm, jetzt würde ich eigentlich ganz gerne mit ihm, mit ihnen an dem Punkt weitersprechen, der nürnberger Künstlerinnen, aber sie haben erwähnt, dann kam die Pandemie, dann machen wir ganz kurz da weiter, weil mir dazu einfällt, dass doch dann der Lichtkegel auf drei Wachs geworfen wurde. Es muss ungefähr so in der Zeit gewesen sein, dass eine weibliche Künstlerin aus Nürnberg oder der Regionen, die unter dem unter der Rubrik engagierte Kunst läuft. Sie hat sich stark gegen den Nationalsozialismus engagiert und als Frau da große Wege bestritten. Können sie ein bisschen was zu mir erzählen? Und was mich vor allem interessiert, war drei, was eine Einzelkämpferin. #00:18:09-0#

Dr. Andrea Dippel: Ja, also, das war ein Projekt, das war auch eine große Herzensangelegenheit für mir. Was aber dann tatsächlich durch die lockdowns in der Corona Pandemie? Ich glaube, die Ausstellung selbst war nur zwei Wochen geöffnet. Das war sehr bitter für uns. Es ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der ja sogar ein kleines Werkverzeichnis enthält. Das ist so das bleibende. Also, wir haben tatsächlich im Hinterkopf, die Ausstellung noch mal zu zeigen in veränderter Form, weil das eben damals schon sehr traurig war. Ich kann aber vorneweg auch als Werbeblock schon mal sagen, das, was mich jetzt sehr freut, alleine über den Katalog, hat sich die Künstlerin Maximiliane Baumgartner, für die das interessiert, und da wird demnächst eine Ausstellung im Kunstverein Norberg stattfinden, wo sich Maximiliane Baumgartner mit einem heutigen Blick als bildende Künste arbeitet, so ein bisschen in der Art recherchierende Künstlerin, eben mit immer was auseinandersetzen wird und ihrem Schaffen. Also, da hat man dann auch nochmal ne andere Art der Interpretation, und ich kam eigentlich zu der Künstlerin darüber, dass sie tatsächlich die Künstlerin ist, der wir am allermeisten anfragen. Immer hatten auch Mitteilungen, auch Sammler, die uns kontaktierten, und ich dann irgendwann dachte, das muss ich mir mal anschauen, und ja habe dann eben festgestellt, dass es eine Künstlerin, 1908 geboren in Nürnberg, in wohlhabenden Verhältnisse fabrikanten Tochter, die dann erst mal an der Kunstgewerbeschule hier war, fast so ein bisschen klassisch höhere Töchter Ausbildung, was vielleicht nicht gar nicht in der Berufstätigkeit münden sollte, die dann aber nach Berlin gegangen ist, zu Karlhofer, um ihr Studium fortzusetzen, dort ihren Mann Walter Mayer, kennenlernte, mit ihm im Kreis um Felix Nussbaum in Berlin war und eben ja da auch ein weitreichendes Netzwerk bildete. Ihr Mann fiel dann uns in 42 in Stalingrad. Sie kam nach Nürnberg zurück, musste hier dann Zwangsarbeit leisten und hat nach 45 ja ihr Schaffen erst mal wirklich in den Kampf gegen Nationalsozialismus, gegen Krieg, für Frieden gestellt mit vielen Motiven, die ja erst mal diese Traumata des zweiten Weltkriegs aufarbeiten. Also Kriegerwitwe, wir haben gerade in Berg in der Dauerausstellung auch hängen, das tote Kind, also wirklich so diese direkte Betroffenheit, bevor sie dann in den 60er-Jahren ja auch quasi die damalige historischen Ereignis thematisiert hat, wie Spanien, Franco, Angela Davis, ein ganz berühmtes Motiv von ihr, und sie hatte weiterhin gute Kontakte in die DDR. Also, sie wird auch in vielen Standard Büchern der Maligen erwähnt. Das war auch so was, was mich total fasziniert hat, weil ich immer dachte, dieser eiserne Vorhang war so dicht, dass es da keinen Austausch gab. Aber sie war in Dresden auf den Kunstausstellungen der DDR vertreten und hatte da wohl irgendwie so ein Schlupfloch gefunden über einen privaten Kontakt, der ihr das ermöglicht, dass sie da zwischen diesen beiden deutschen Ländern pendelt. Im Grunde in Nürnberg selbst war sie im Kreis organisiert als in der Künstlergruppe der Kreis, was aber zu großen Konflikten führt. Und deswegen ihre Frage zu beantworten Einzelkämpferin, kann man sagen, ja, weil der Kreis dann 19, 60, glaube ich, beschlossen hat, dass jegliche politische Äußerung unerwünscht ist. Sie wollten das Unterbinden, dass sie demonstriert, dass sie Unterschriften sammelt. Ähnlich ist, und ich habe festgestellt bei der Untersuchung ihres Schaffens, dass sie schon auch ja so ein bisschen adressatenorientiert verfasst hat. Also sprich, in der DDR ist es, oder die Werke, die in der DDR ausgestellt wurden, waren dann schon eher ja in dem Duktus, dort auch sich einbinden in die DDR Kunstgeschichte, während sie hier beim Kreis dann manchmal auch sehr belanglose Motive eingereicht hat. #00:22:48-3#

Katharina Mittenzwei : Glauben sie denn, drei? Erwachsen hatte es als Frau leichter in der DDR, als Künstlerin zur damaligen Zeit? #00:22:55-4#

Dr. Andrea Dippel: Also, ich denke mal schon, dass das auch eine Rolle spielt. Es gab in der DDR das berühmte Künstler Ehepaar Hans und und mit was auch befreundet. Es gab dort sicherlich mehr Vorbilder auch für eben gerade dieses politisch engagierte Schaffen als jetzt bei uns. Das war bei uns, war schon diese Schlussstrich, Debatte ging stärker in die Richtung. Die Kunst hat sich damit nicht auseinanderzusetzen, und wir malen jetzt zwar wieder, greifen wieder an an der klassischen Moderne mit Expressionismus oder leichter Abstraktion, aber wir halten uns raus aus politischen Dingen, nach eben der Vereinnahmung durch den Nationalsozialismus, und da ist sie eine Ausnahme, Figur, die ich eben finde, zurecht, die wir zurecht mit einer Einzelausstellung gewürdigt haben, die dann leider Corona zum Opfer fiel. Und ja. #00:23:52-9#

Katharina Mittenzwei : Und welche politische Haltung hat der Kreis ihr untersagt? Welche politischen? Statt? #00:23:57-9#

Dr. Andrea Dippel: Naja, sie war in kommunistischen Kreisen aktiv, und es ging aber im konkreten Fall tatsächlich um ja ihr Mitwirken bei Demonstrationen oder eben Unterschriftensammlungen, und da gab es dann sogar so eine Art Schiedsgericht und ähnliches, also wo dann wieder Kreismitglieder auch gegen sie gearbeitet haben. Das wollte man eben nicht. #00:24:19-9#

Katharina Mittenzwei : Mhm Mhm, gab es denn vielleicht sogar in der nürnberger Region zur damaligen Zeit auch feministische Zusammenschlüsse, eine feministische Kunstbewegung? #00:24:30-9#

Dr. Andrea Dippel: Also nicht, dass ich wüsste, es gibt natürlich die, die ja im Ursprung auch diesen Künstlerinnen verband, diesen ich hatte gerade in Berlin gegründet und dann mit den Ortsverbänden. Ich sag mal, ich glaube, das hat sich mehr bewegt, dann mit kommunistischen Politiker, und das waren so ihre Freundinnen, die ihr dann da auch manchmal wieder helfen, aus mancher Situation rauszukommen, und was ihr vielleicht auch half, war das schon wiederum, in den in der Verwaltung Menschen saßen, die die Notwendigkeit erkannten, gerade die Künstlerinnen zu fördern, die im Nationalsozialismus eben unterdrückt worden waren, quasi im Aufbau für eine demokratische Gesellschaft. Also da ist zum Ende eben der wie, das sind dann später geschiedene Ehefrau, Frau Lilly, wie ich ja auch ähnlich engagiert war, und Georgien hat zum Beispiel durch den Auftrag halt für ne Wandbemalung im heutigen Signa Gymnasium. Sowieso hat sie in den 50 er, 60 er Jahren sehr viele öffentliche Aufträge bekommen, was ja eigentlich auch paradox ist. Gleichzeitig wurde die kommunistische Partei verboten. Aber ich denke, dass da eben andere Menschen an den Schalthebeln waren, die dann auch versucht haben, ein solches Künstlerleben ja finanziell zu stutzen. #00:26:07-9#

Katharina Mittenzwei : Welche Rolle spielen denn generell Künstlerinnen in der Kunstwelt? #00:26:14-3#

Dr. Andrea Dippel: Ne, also, wir versuchen, eine gendergerechte Kunst Will zu präsentieren. Am Anfang war das gar nicht so einfach, weil die Sammlung, das habe ich gleich im Grunde nachgerechnet, nur 10 zu 10 Prozent Werke von Künstlerinnen umfasst. Wir haben unsere Sammlungspolitik daraufhin ausgerichtet, dass wir diese Lücke füllen, also vielfach mit Unterstützung unseres Fördervereins in Kunst willigen, die da auch so ein Stück weit den Schwerpunkt drauf gelegt haben. Ausstellungsprojekten versuchen wir also tatsächlich, halb 50, 50 Prozent Werke auszustellen. Die Dauerausstellung haben wir dann schon 2015 unter dem Titel die Kunst Wille wird weiblich nochmal neu sortiert, eben dann mit nochmal neuen Erkenntnissen auch zu den ersten Generationen an einen ausgebildeten Künstlerinnen in NEN Berg. Also, wir haben ein großes Augenmerk darauf, würde ich sagen. Es ist nur manchmal so, dass es sich nicht anbietet oder dass man das ist dann natürlich oft zu unserem Leidwesen fasst. Also, ein Beispiel wurde schon genannt: die norberger Schule war zum Beispiel eine rein männlich dominierte Ausstellung, weil einfach aus dem Grund. Mir war bewusst, es gab auch Künstlerinnen in diesem Kreis, aber der heute bestehende Zirkel besteht eben nur noch aus Männern, und da hätte es keinen Sinn gemacht, dann Frauen von früher noch dazu zu holen. Das hat aber fast so kleinen Sturm der Entrüstung geführt, also sehr viele, auch Nachrichten in unserem Besucherbuch. Das wurde durchaus bemerkt und kritisiert. Da ist natürlich manchmal so der Hintergrund dann für bestimmte Entscheidungen. Da muss man dann erst wieder erklären, gern und vermitteln, bei der auch schon genannten Ausstellung wie Lavant war der Frauenanteil auch relativ gering. Da stellt sich eben vielfach auch heraus, dass von Frauen die Nachlässe nicht aufbewahrt werden. Das ist, das ist ja, ich bin da auch eine ewige Werberin, dass dazu immer zu einer Asymmetrie oder immer noch kommt, auch bei dem, was im übrigen, wo einfach Menschen oder Frauen leben, oft ein anderes ist als ein männliches Künstlerleben. Künstlerinnen bleiben oft Kinder los, ist manchmal geschieden, das heißt, wenn sie sterben, gibt es niemanden, der sich um ihren Nachlass kümmert oder das als Lebensaufgabe wie bei Männern dann zieht, und ich kam da in manchen Momenten auch schon tatsächlich zu spät, dass dann diese Nachlässe schon im Container waren, und das ist sehr bitter, und das ist auch im Grunde auch so ein Herzensthema von mir, immer da Aufklärungsarbeit zu leisten oder auch überhaupt das Bewusstsein zu schaffen, bei Familien Angehörige auch eine Person der Zeitgeschichte nicht ist, und dass vielleicht das war ja, was familiär dann gar nicht so hoch angesiedelt wird: Ach, und die hat doch da nur so ein bisschen gemalt, es will keiner haben, dass das halt doch durchaus einer professionellen Prüfung erst mal unterzogen werden sollte, weil wir sonst aus diesem Teufelskreis nie mehr rauskommen werden. #00:29:41-2#

Katharina Mittenzwei : Mhm, das heißt, es ist nicht nur so, dass patriarchale Strukturen die Kunstproduktion so ein bisschen gedeckelt haben, sondern auch die Rezeption. #00:29:49-4#

Dr. Andrea Dippel: Genau ja, auf jeden Fall. Ich meine, die Rezeption wird natürlich auch, also ich meine lang. Ich glaube, ist, der Artikel erschien 19, 72 von Ländern noch. Warum gab es keine großen Künstlerinnen in der Kunstgeschichte? 92? Das war so der Aufbruch, überhaupt mal von einer Kunsthistorik zu fragen. Ja, warum gab es die denn eigentlich gar nicht? Und das war so der Startpunkt, dass man schon stärker geguckt hat, und dann kamen bestimmte Künstlerinnen hoch. Aber da habe ich auch irgendwann so feststellen müssen, es sind eigentlich immer Leidensgeschichten. Wir haben alte, als die italienische Brock Malerin, die vergewaltigt wurde, wir haben Frieda, die NEN schweren Unfall hatte, von ihrem Mann betrogen wurde. Wir haben Gabrielle Münter, die von Kandinsky verlassen wurde, und es wurde immer so, ja schon so vor Rollen, eigentlich dann etabliert, und daneben eben viele, viele Künstlerinnen, die ja, ich meine gut, oft auch Künstler, Töchter waren in früheren Zeiten, die mitgearbeitet haben in den Werkstätten, die jetzt so per, würden die ans Tageslicht geholt. Und ich sehe schon auch, wenn man so unterwegs ist europaweit in den großen Museen, dass schon auch ein Umschwung stattfindet, dass diese Position auch stärker jetzt auch in die Dauerausstellungen kommen. Aber es ist noch sehr viel zu tun, sowohl als historisch aufzu, beide noch überhaupt was aufzufinden. Was die Rezeption auch erschwert, muss man auch wirklich sagen, ist natürlich bei Frauen häufig die Namenswechsel mit ner Verheiratung, also Lebensläufe lassen sich viel schwieriger rekonstruieren, dadurch aufbauen, haben dann Archive oft keine Unterlagen dazu, und ja, dann tatsächlich das häufig ja, wer kümmert sich als erstes um Nachlass ist, ist die Familie, die dann vielfach den Wert nicht sieht, oder wo diese Frauen je nach Generation, also weiß ich da was von der Familie, dass sie halt so in schwarzes Schaf war und man dann eigentlich gar nicht die Notwendigkeit Zahl, da noch groß ne Nachlasspflege, dann Grund zu machen. #00:32:10-9#

Katharina Mittenzwei : Aber das heißt aus kunsthistorischer Sicht, man arbeitet sich seit rund 50 Jahren an der gleichen Frage ab. #00:32:17-4#

Dr. Andrea Dippel: Tatsächlich, ja, ich denke schon, das ist immer glücklich, wenn man halt noch was findet, wieder eine Frau auch rausholen kann. Das ist das eine. Ich meine Gegenwart schaffen, denke ich, finden immer wieder, ja auch dezidiert Ausstellungen statt, nur mit Künstlerinnen. Es gibt ja auch Frauen, Kunstmuseum und ähnliche Initiativen. Es gibt inzwischen auch Förderprogramme für Frauen eben nach einer Mutterschaft und ähnliches. Also, ich denke, da ist schon viel in die Wege geleitet worden. Aber ich sage mal, es ist immer noch nicht paritätisch. Also, es ist immer noch viel zu tun, und in der Gegenwartskunst mag es, hör ich auch vielfach von männlichen Künstlern dann ja, also, die fühlen sich dann schon wieder benachteiligt. Aber ich versuche dann immer zu erklären, es ist jetzt der Pendelschlag in die eine Richtung, damit halt auch endlich mal dann Gleichgewicht auch stattfindet. #00:33:13-7#

Katharina Mittenzwei : Die Diskussion gibt es ja auch in allen anderen Ebenen auch. Haben sie denn persönlich eine Vision für die Kunst Will oder auch für die weibliche Kunstgeschichte im allgemeinen? #00:33:25-6#

Dr. Andrea Dippel: Also ich denke mal, für die Kunstwelt gut. Wir schauen jetzt im Grunde im Moment auf zehn Jahre zurück, denke ich schon. Wir haben gezeigt, dass die nürnberger Kunst darstellen kann in ihrer Bandbreite. Wir haben monographische, thematische Ausstellungen gemacht, wir haben über einen Tellerrand geblickt mit Ausstellungen wie France oder Faszination Japan, was so auch Inspirationen darstellt für non Berger Künstler, und diesen Weg wollen wir sicherlich weiterverfolgen. Und da gibt's auch noch viele Themen, die wir so auf Halter haben, wo. Ich werde auch oft gefragt, ja, wie kommst du überhaupt auf Ideen? Manches fliegt einem dann auch so zu, dass man eine Beobachtung macht und denkt, ah ja, das könnte was sein. Also ich denke, da würden wir ja unser Stein um Seiten so zusammentragen. Und ja, was die Künstlerinnen im speziellen betrifft, denke ich gut, wir haben eben mal schon einen Blick geworfen auf die erste Generation Innerberg, durften Künstlerinnen und ab 1907 sich ausbilden lassen und eben deren Lebenswege verfolgt, und ich denke, wir werden auch da weiterhin ein Augenmerk drauf haben. Also, ein paar Namen kenne ich auch schon, wo ich sagen muss, da muss man nochmal einen Blick drauf werfen und diese auch eben letztlich. Das ist nur vielfach mit ja tatsächlich großer Arbeit verbunden, vor allem, wenn nachlässig nicht inventarisiert sind und nicht sortiert sind, was wir jetzt ein Stück weit im letzten Jahr aufgrund unserer Personalsituation auch zurückstellen mussten. #00:35:05-8#

Katharina Mittenzwei : Mhm, das ist eine ideale Brücke in nicht ganz schön ein Thema der finanziellen Situation des Kulturlebens in Nürnberg. Es gab erst mal das Schreckensthema für sie, die Kunst Will sollte geschlossen werden, nicht nur die Kunst Willer, sondern noch andere Häuser. Das konnte abgewendet werden. Auch der hatte das Thema. Die Bücherbusse werden geschickt. Auch das konnte abgewendet werden. Grundsätzlich merken wir aber, dass natürlich Sparmaßnahmen um sich greifen. Jetzt haben wir 2024 das erste Mal keine blaue Nacht. Wie sehen sie das denn für die aktuelle Künstlerinnen? Schaft, welche Knotenpunkte, welche vernetzenden Momente sind jetzt umso wichtiger und schützenswerter? #00:35:43-2#

Dr. Andrea Dippel: Ja, also, ich sage mal, für uns als Institution ist vielen nicht bewusst, mit welcher personellen Ausstattung wir arbeiten. Vielfach begegnet mir auch, dass immer gedacht wird, wir wären viel mehr Menschen hinter dieser Fassade, und auch die Künstlerschaft, weiß ich, gerade zu Beginn, hat von uns erwartet, in viel höheren Durchlauf an Ausstellungen, und da kann man eigentlich immer nur Überzeugungsarbeit leisten oder immer wieder erklären, dass wir natürlich ganz andere Dinge gebunden sind. Wir haben natürlich auch einen hohen verwaltungstechnischen Aufwand. Bei uns muss jeder Transport organisiert werden, es müssen Verträge gemacht werden. Es geht nicht nur darum, mal ein Bild an die Wand zu hängen, und das hat schon so ein bisschen Überzeugungsarbeit geleistet oder auch so natürlich die Frustration dann der kunstschaffenden, die bei uns noch nicht zum Zug kamen. Ich denke aber, dass wir insgesamt jetzt unser Stellenwert schon erkannt ist, auch in der Künstlerschaft. Natürlich ist uns bewusst, dass wir bei Welt noch nicht alle ausgestellt haben. Das ist aufgrund auf die Zeit auch nicht möglich. Aber wir haben auch jetzt im Vorfeld unseres Bums mal ausgerechnet, also wir haben in den vergangenen zehn Jahren um die 400 künstlerische Positionen präsentiert und davon 180 lebende Künstler erinnern. Was ich schon finde, ist eine beachtliche Leistung, und um eben ein bisschen dieses Manko aufzugreifen oder auch unseren kuratorischen Blick zu weiten, haben wir jetzt im Vorfeld der Ausstellung diese 180 Leben Künstlerinnen angeschrieben, mit der bitte um Vorschläge. Wer noch nicht bei uns zu sehen war, haben, glaube ich, 68 Vorschläge erhalten, die wir jetzt evaluiert haben und aus denen im Grunde die Ausstellung gestaltet wird. Es war eine sehr interessante Sache, und und ja auch wirklich sehr interessant, es gab auch Mehrfachnennungen, und man würde wirklich so. Als Kurator hat man natürlich auch immer so seinen Blick auf Dinge, wirklich nochmal auch auf Namen gestoßen. Okay, das schaue ich mir jetzt auch noch mal genauer an, und eben war es so eine wirkliche Horizonterweiterung. #00:37:58-8#

Katharina Mittenzwei : Sie sind ja eigentlich sozusagen die Expertin für die nürnberger Künstler, muss man sagen. Erkennen sie denn so einen kleinsten gemeinsamen Nenner oder ein Thema, das sie ganz häufig erkennen bei den nürnberger Künstlerinnen, die sie so in ihrem Haus ausstellen? #00:38:16-7#

Dr. Andrea Dippel: Eigentlich nicht, weil die Vielfalt ist zu groß. Ich denke mal, wir können hier mit, also wirklich den großen Metropolen mithalten. Es ist wirklich alles da an an Kunstpraxis, von den klassischen Malern, Bildhauern bis zu den performance Installationskünstler. Nicht zuletzt gibt es ja einen beständigen Neuzugang über die Kunstakademie, also auch junge Künstler, Innen, die sich hier ausprobieren. Also ich würde sagen, die norberger Kunst ist ja vielfältig und entspricht so dem heutigen Kunstgeschehen. #00:38:59-6#

Katharina Mittenzwei : Zehn Jahre Kunst will, wie sieht das in weiteren zehn Jahren aus, in der Kunst will? Was sehen wir da? #00:39:08-5#

Dr. Andrea Dippel: Ja, also, unser größter Traum wäre also der Traum von Förderern und mir, dass wir einen Anbau bekommen. Vielleicht, wenn die Mobilitätswende durch ist und das neben uns stehende Parkhaus nicht mehr benötigt wird, könnten wir uns durchaus einen Anbau Vorstelle in einem modernen Anbau, um halt unsere Präsentationsfläche zu erweitern. Also, wir haben 600 Quadratmeter, was natürlich für einen Museum auch mit einer entsprechend inzwischen angewachsenen Sammlung von rund 5000 Werken eine eher kleine Ausstellungsfläche ist. Und natürlich, was ich, was wir eigentlich an sagten, die Kunst will, ist aus was zu Wohnzwecken erbaut wurde. Es hat Vorteile. Wir haben, sag ich mal, vielleicht produzieren wir weniger Schwellenängste. Ich habe zu Beginn, als ich hier kam, habe ich in Logen geprägt, die Villa ist ein Haus im menschlichen Maßstab. Das ist auch so die Resonanz, die bei uns ankommt, dass viele sagen, ja, das wäre so schön, man ist halt in der Stunde durch, ist jetzt nicht überfordert. Aber natürlich ist es auch wiederum eine Beschränkung für manche Ausstellungsprojekte, die wir gerne verfolgen würden, wo dann doch die Räume zum Teil zu kleinteilig sind. #00:40:27-0#

Katharina Mittenzwei : Mhm, mhm, wunderschön, aber kleinteilig, das stimmt ja. Tolles Stichwort mit dem Parkhaus, also, wenn man an Umnutzung von ungenutzten Flächen denkt. Wir hatten bei unserer letzten Podcast Aufnahme ein Interview mit Frau Sesselmann von Lust, ein Verein, der sich der Stadt Umnutzung aus architektonischer, aber eben auch sehr stark aus nachhaltiger Sicht. Drücke ihnen die Daumen, dass man da ganz spannende Projekte umsetzen kann. An der Stelle ein kleiner Werbeblock. Wir haben nämlich ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen, die Kunst will, und das gemeinsam mit unserer Dozentin, Frau Scherer. Wird das ab dem neun April ein, eine, einen dreiteiligen Kurs geben bei ihnen in der Kunstwelt, bei dem sich Frau zusammen, auch mit hochgereinigt innen, unter anderem die Frage stellt, wie kommt die Kunst ins Museum? Also hier mit eine herzliche Einladung an alle Hörerinnen und Hörer! Jetzt zum Schluss noch eine persönliche Frage: was hängt denn an ihrer Wohnzimmerwand? #00:41:21-2#

Dr. Andrea Dippel: Ja, bei mir ist so der Wettstreit zwischen Bücherwand und Kunst. Da ich ja in verschiedenen Lebensstationen war, habe ich also im Wohnzimmer, an der größten Wand hängt das Werk eines münchner Kunst, das, was ich so. #00:41:38-5#

Katharina Mittenzwei : Ja. #00:41:41-4#

Dr. Andrea Dippel: Ja, aber es ist auch ansonsten natürlich mit der Zeit viel an nürnberger Kunst zusammengekommen. #00:41:50-7#

Katharina Mittenzwei : Und wenn jetzt angenommen, der Kunstfell ist aus irgendeinem Grund nicht mehr, wo sind sie dann in Frankreich am Strand? #00:41:59-0#

Dr. Andrea Dippel: Am Strand eher nicht in Paris, also das ist schon mein Lebensstadt, wo ich bei jedem Besuch denke ich mir, ach ja, wärst du nur damals dort geben. #00:42:10-4#

Katharina Mittenzwei : Ja, das ist doch nicht so schlecht, Frau tippe. Ich bedanke mich ganz herzlich für ihre Zeit und gerne! #00:42:17-2#

Dr. Andrea Dippel: Ja. #00:42:17-4#

Katharina Mittenzwei : Ja. #00:42:17-5#

Dr. Andrea Dippel: Sehr gefreut und vielen dank für das Interesse. Tschüss, tschüss! #00:42:21-3#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Zehn Jahre wird die Kunstvilla in diesem Jahr. Die denkmalgeschützte historische Villa in der Blumenstraße wurde 1894 errichtet und hat eine sehr prägende Geschichte hinter sich. Seit 2014 beherbergt das neobarocke Gebäude regionale Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Nürnberg als Ort der Künstler*innen bietet der Leiterin des Kunstmuseums Dr. Andrea Dippel immer wieder neue Ansätze zur historischen Forschung und dem Arbeiten mit zeitgenössischen Kunstschaffenden aus der Region. Immer wieder neue Sonderausstellungen, unkonventionelle Ideen, vielfältige Kooperationen und ein buntes Begleitprogramm machen das alte Haus zum lebendigen Ort Moderner Kunst.

Gab es eine feministische Kunstbewegung in Nürnberg? Warum ist die Sichtbarkeit weiblicher Künstlerinnen in der Geschichte so ungenügend? Andrea Dippel ist ganz klar: Die Kunstvilla ist weiblich.

Aufgenommen am: 26. Februar 2024
Veröffentlicht am: 7. März 2024
Moderation: Katharina Mittenzwei
Im Gespräch: Dr. Andrea Dippel

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