Aga Labus, darf ein feministischer Chor romantische Liebeslieder singen?
Hannah Diemer: Ja, voll schön, dass du da bist. Ich freue mich voll auf unser Gespräch. #00:00:08-6#
Aga Labus: Hallo Hannah, ich freue mich auch sehr! #00:00:08-9#
Hannah Diemer: Ich hab mir gedacht, jetzt, wo ich dich als professionelle Sängerin und Chorleiterin da habe, wollte ich dich mal fragen, vor Beginn hast du Tricks, bevor man viel spricht? Kann man sich da irgendwie drauf vorbereiten? Gibt es da Übungen, die du mir zeigen kannst, damit das lange Sprechen besser läuft? #00:00:26-9#
Aga Labus: Ja, also tatsächlich, als erstes fällt mir ein, erst mal viel trinken und einfach ein paar mal genüsslich summen. Wichtig ist dabei genau, dass man die Lippen nicht aufeinander presst, sondern einfach wirklich, ja, den Kiefer total locker lässt und dann nur die Lippen drüber spannt und dann ein paar mal genüsslich "mhmm" macht. Aber was ich auch immer sehr witzig finde, ist, das kann ja jetzt die Zuhörerin oder der Zuhörer auch machen. Normalerweise nimmt man einen Korken, und ich habe dich ja auch schon nach einem Korken gefragt. Wir haben jetzt alternativ eine Karotte genommen, und da steckt man sich einfach das eigentlich eher dickere Ende. Also, es sollte den Durchmesser von einem Korken eben haben. Das steckt man sich einfach zwischen die Schneidezähne, und dann spricht man einen Satz. Vielleicht nehmen wir einfach ein Zungenbrecher. Ähm, wir nehmen jetzt einfach mal "Fischers Fritz fischt frische Fische", und das sprechen wir mit der Karotte im Mund. Und direkt danach nimmt man die Karotte raus und spricht es noch mal ganz bewusst und achtet mal darauf, wie sich dann alles anfühlt. Und das kann man als Sprechübung natürlich mit ganzen Sätzen und richtigen Sätzen machen, oder ja, einfach länger auch man kann da auch wirklich ne Minute lang sprechen. Okay, Okay, probiere es mal aus! Karotte in den Mund und zwischen die Schneidezähne. #00:01:57-8#
Hannah Diemer: Merkst du einen Unterschied? Man merkt einen Unterschied, weil man bewegt den Mund ganz anders. Wenn man die Karotte oder den Korken quasi zwischen den Zähnen hat, hat man eine ganz andere Spannweite oder muss viel mehr mit den Backen machen. #00:02:29-6#
Aga Labus: Absolut, und das ist eine total gute Übung, und was ich selber persönlich immer auch gerne mache, ist einfach extreme Grimassen ziehen, um einfach mal alle Muskeln des Gesichts zu bewegen. Genau so sich vorstellen, man hat Zitronensaft getrunken oder man nimmt einen riesengroßen Bissen von einem vegetarischen Döner oder irgendetwas, und ich mache das tatsächlich auch immer voll gerne im Alltag. Natürlich, wenn ich unbeobachtet bin, weil das ja in der Ubahn, könnte das einige Menschen erschrecken. Aber ja, einfach ein bisschen Gesichtsgymnastik und Grimassen schneiden ist wirklich eine tolle Übung, bevor man weiß, dass man viel sprechen wird. #00:03:07-1#
Hannah Diemer: Hey, cool, dann würde ich sagen, fangen wir einfach mal an. Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Kontaktaufnahme". Mein Name ist Hannah Diemer und ich darf heute sprechen mit Aga Labus. Aga ist sehr vielseitig, sie ist nämlich Sängerin, Songwriterin, Chorleiterin, Musikpädagogin, eine Songtextautorin, Liedermacherin und ich würde noch dazufügen: Mutter, Feministin und Aktivistin bist du nämlich eigentlich auch, und von diesen ganzen Facetten wollte ich dich eigentlich mal Fragen, was dir am meisten Spaß macht. #00:04:03-3#
Aga Labus: Oh, total schwer, sich da auf eine Sache zu fixieren, das ist echt schwer! Ich würde sagen, also, was eine extreme Genugtuung ist, wenn man an einem Song ewig lang feilt und am Ende steht der, und dann singt und spielt man den irgendwie zum ersten Mal in seinem Übungsraum oder spielt ihn zum ersten Mal Kolleginnen vor oder so. Das ist ein extrem schönes Gefühl. Deswegen ja, ich würde sagen, Songwriterin, aber auch Chorleiterin. Ich würde die beiden Sachen nehmen, wenn ich darf. #00:04:41-0#
Hannah Diemer: Sehr gerne, du darfst so viel aussuchen, wie du möchtest. Was nimmt denn von deinen ganzen Aufgaben am meisten Zeit ein in deinem Leben? #00:04:47-4#
Aga Labus: Es ist tatsächlich die Chorleitung gerade aktuell. Noch, ja, genau! #00:04:54-4#
Hannah Diemer: Denn du hast vor zehn Jahren, glaube ich, die "Desirenen" gegründet. #00:04:58-2#
Aga Labus: Ja, so mitgegründet, genau. #00:05:02-1#
Hannah Diemer: Wie kam es dazu? #00:05:03-7#
Aga Labus: Es kam dazu, dass also ich glaube, es waren drei oder vier Freundinnen, die waren alle so im Umfeld vom Theater "Pfütze" und die wollten eigentlich einen Frauenchor gründen. Mit einer von diesen vier Frauen war ich sehr gut befreundet, und die meinte, ich kenne da eine, die ist eine Freundin von mir, die macht das bestimmt total gut, die hat da bestimmt total Bock drauf. Ich frage jetzt einfach mal, und dann habe ich mich mit den Vier getroffen und dann haben wir gesagt, ja, okay, machen wir das einfach mal hier zu zu fünft. Jeder von den vier Freundinnen hat eine Freundin gefragt, ob sie mitmachen möchte, und ich hatte da total Bock drauf und gleichzeitig total Angst davor und habe mich zum Glück von der Angst nicht abschrecken lassen. Ja! #00:05:50-9#
Hannah Diemer: Was hat dich denn "qualifiziert", dass die dich gefragt haben? #00:05:56-0#
Aga Labus: Ja, witzigerweise habe ich tatsächlich hochoffiziell eine Ausbildung als Chorleiterin, weil ich auf eine Berufsfachschule für Musik war, und da ist es Pflicht, eine Chorleitungs Prüfung zu machen. In Wahrheit bin ich sogar offiziell qualifiziert. Ich habe mich da aber nicht qualifiziert gefühlt, weil diese Prüfung ein bisschen ulkig war und man irgendwie echt nicht viel machen musste, außer: Okay, wie schlägt man einen Viervierteltakt an, mit den Händen einen Dreivierteltakt, und das war's auch schon und den ganzen Rest, den man irgendwie mitbringen musste für die Prüfung, die hat man einfach generell in der Ausbildung als Musikerin gelernt, an der Berufsfachschule. Von daher hatte man eigentlich nie das Gefühl, dass man jetzt extra für diese Chorleitungssache was machen muss. Man musste noch einmal von einer kleinen Gruppe von Mitschülerinnen einen kleinen Auszug aus einem Chorstück denen sozusagen beibringen, aber in meinem Fall war das damals so oder an unserer Schule, dass einfach klar war, jeder besteht diese Prüfungen. Man kann eigentlich gar nicht viel falsch machen, und das also deswegen. Das war ja. #00:07:09-0#
Hannah Diemer: Aber das heißt, Chorleiterin sein besteht ja nicht nur aus dirigieren. Erzähl uns mal, was du da eigentlich so machst! #00:07:18-0#
Aga Labus: Was glaube ich das ersichtlich ist, und das logischste und ja von Außenansicht am sichtbarsten ist, natürlich, die Chorproben abhalten. Das heißt, man überlegt sich, welche Lieder möchte ich eigentlich dem Chor beibringen und überlegt sich, wie man die Stimme aufwärmen könnte, weil das meiner Meinung nach sehr wichtig ist, bevor man jetzt direkt anfängt zu singen, und das war's eigentlich auch schon. Der Witz ist nur, in diesen zwei Aufgaben steckt so unfassbar viel Vorbereitungsarbeit drin, und was einfach das größte Lernenfeld ist, ist die Chorprobe selbst, weil du einfach auf erwachsene Individuen in einer Gruppe zusammen triffst, in einer großen Gruppe, und eigentlich ist das irgendwie so die Hauptarbeit, da, diesen Überblick zu haben, die Präsenz zu haben, die Energie hochzuhalten, sich nicht ablenken zu lassen von dem Geräuschpegel, der einfach automatisch entsteht, wenn eine große Gruppe von Menschen zusammenkommt, selbst wenn sie offiziell was lernen möchten und still sein möchten. Aber das ist einfach eine Gruppendynamik, die da entsteht und das sind so Aufgaben, die kann man vorher irgendwie nicht wissen und nicht erproben. Das kommt dann einfach durchs Tun, und das ist so mit die größte Aufgabe, und das sind so die ersichtlichen Aufgaben. Aber wenn ich mir jetzt ein Stück überlege, dann muss ich entweder auf Recherche gehen und gucken: Okay, gibt's dafür Noten, und dann muss ich ganz viel im Internet suchen oder Bücherwälzen, tatsächlich Notenhefte. In meinem konkreten Fall mit den "Desirenen", die wir da eben vor zehn Jahren zu fünft gegründet haben, war es einfach so, dass ich kaum Literatur gefunden habe für ausschließlich Frauen, die kein Bock haben, Gospel zu singen, die kein Bock haben Kirchenlieder zu singen, die einfach coole Songs singen wollen. Und ich habe Stunden um Stunden, um Stunden Recherchearbeit verbracht, um am Ende so gut wie gar nichts zu finden. Und somit kam ich dann auf den nächsten Schwerpunkt meiner Arbeit. Okay, ich muss anfangen, die selber zu arrangieren, weil es keine Arrangements dafür gibt, und das macht sehr viel Arbeit im Hintergrund einfach aus. #00:09:43-9#
Hannah Diemer: Und wie schaut so eine Arrangements Arbeit aus? Also, du suchst dir quasi ein Stück aus, was du machen möchtest und was passiert dann? #00:09:52-4#
Aga Labus: Ähm, eigentlich eine krasse Frage, weil ich das noch nie erzählt habe. Deswegen mal schauen, was jetzt so aus meinem Mund rauskommt. Ja, also okay, vielleicht machen wir das ja, also vielleicht nehmen wir ein konkretes Beispiel. Also, ich hatte irgendwann mal wahnsinnig Lust, den Song " Girl with one eye" zu machen mit dem Chor. Das ist eigentlich ein Punkstück, aber wurde erst so richtig bekannt, oder ich habe es erst so kennengelernt von Florence and the Machine, und dann höre ich einfach die ganzen verschiedenen harmonischen Komponenten raus. Das erste ist logischerweise die Melodie klar, und dann höre ich einfach drauf, was machen die anderen Instrumente, die dabei sind. Wo ist eigentlich so der Grundton? Also, ich versuche in erster Linie, irgendwie eine Baseline eigentlich erst mal rauszuhören, die nicht immer ein Buss macht, und wenn es die nicht gibt, dann versuche ich irgendwie so das harmonische Zentrum zu finden. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich das mache. Das ist irgendwie so ein intuitiver Vorgang. Dann überlege ich mir, klingt das cool, wenn man das auch mit Text unterlegt, oder klingt das eher cool, wenn ich nur Silben nehme oder nur Vokale, und dann nehme ich das alles einfach auf und probiere es aus, also in so nem Prinzip. Ja, ich lobe dann bestimmte Passagen. Das kann auf ganz unterschiedliche Weise stattfinden. Tatsächlich analoge Station, oder ich nehme ein paar Akkorde am Klavier auf und singe dann einfach. Ich mach mir eine Sprachaufnahme auf meinem Handy und singe dann einfach immer drüber und hör mir das danach an und denke mir, hat mir das gefallen oder nicht, und dann lege ich so verschiedene Schichten drüber, also Terzenschichtung und das klingt jetzt alles erst mal sehr einfach. Manchmal ist es auch so einfach. #00:11:44-5#
Hannah Diemer: Es klingt, ehrlich gesagt, überhaupt nicht einfach. #00:11:46-4#
Aga Labus: Es wird auch manchmal tatsächlich ein bisschen kompliziert, weil man ja auch immer bedenken muss, die Grenzen von so einer menschlichen Stimme in einem Kontext auch, und manchmal manchmal gibt's vielleicht Töne, die ich gut singen kann, aber wo ich dann weiß, hey, wenn ich das jetzt aber dem Alt gebe, dass da müssten die so viel üben, das macht keinen Sinn. Und dann muss ich eigentlich eine coole Idee, die jetzt für mich cool funktionieren würde, doch nochmal umbauen, damit sie für die "Desirenen"Geinfach passt, und dass es oft manchmal wirklich sehr fitzelige, sehr detaillierte Kleinarbeit. So entsteht das Ganze, und das braucht auch je nach sehr viel Zeit. Manchmal geht es aber auch ganz schnell von der Hand. Also das kann ich dir gar nicht sagen. Also ich muss auch sehen, so diese klassischen Rock/ Pop Lieder funktionierende einfach wirklich einfacher und schneller. Das Problem ist, dass das nicht so ganz mein Geschmack ist. Ich möchte nicht die, ich sag jetzt mal übertrieben, nullachtfünfzehn Rock/Pop Lieder mit euch, den "Desirenen" singen. Ich sage " mit euch" weil du bist ja auch in meinem Chor! #00:12:56-5#
Hannah Diemer: Was mich noch interessiert hätte, wäre, wenn das so eine Schwierigkeit ist, diese ganze Spannweite von den Songs zu entwickeln. Hast du dir schon mal überlegt, männliche Stimmen mit in Chor mit aufzunehmen, oder war das ganz klar immer ein Frauenchor? #00:13:16-5#
Aga Labus: Also rein musikalisch, inhaltlich habe ich total Lust. Es würde mir streng genommen die Arbeit wahnsinnig vereinfachen, weil, sobald du mal auf Literatursuche gehst, also Arrangements suchst für Rock/Pop Chöre, sind 95 Prozent für gemischte Chöre, und die restlichen 5 Prozent sind 4 Prozent für Männer Chöre oder. Also, es gibt wirklich sehr wenig coole Frauenchor Literatur, cool ist subjektiv, sag ich mal gleich, die ich eben cool finde, das heißt, ich hätte da echt total Lust. Ich mag auch den Klang von gemischten Chören sehr gerne, aber das hat sich im "Desirenen" Kontext einfach nicht ergeben, weil klar war, das ist ein safe space für Frauen und da ist einfach kein Platz für Männer. #00:14:08-4#
Hannah Diemer: Was ist denn so das wichtigste, was du so gelernt hast bei deiner Arbeit mit den Chören, auf was kommt es am meisten an? #00:14:15-3#
Aga Labus: Klare Kommunikation in jeglicher Hinsicht. Also ich muss vorher genau Wissen, was ich inhaltlich machen möchte, wie ich das kommuniziere. Das kann ganz konkret so aussehen, dass ich schon die Übungen beim Einsingen schon so darauf ausrichte, dass sie quasi darauf hinführen, was der dann später machen muss. Ganz klare Arbeitsanweisungen, sag ich jetzt mal, aber auch oft, ja, was dann eben drumherum auch entsteht, wenn es zum Beispiel eine Anfrage für einen Auftritt reinkommt und so, also einfach viel Kommunizieren, klar kommunizieren. Da habe ich irgendwann mal festgestellt, spätestens ab ner gewissen Größe des Kurses. Wir sind ja alle, ich auch, ja so Harmoniestrebende Wesen, und man möchte ja immer, dass alle sich wohlfühlen. Und da habe ich einfach irgendwann mal gemerkt, dass erreicht aber einfach eine natürliche Grenze, weil, wenn man mit sehr vielen Menschen zusammenarbeitet, die auch noch sehr starke, intelligente, bewusste Persönlichkeiten sind, die sich viele Gedanken machen, mich immer wieder zurückzubesinnen, okay, was ist jetzt wichtig, was will ich, wohin soll es jetzt hingehen? Irgendwie, was ist sinnvoll umzusetzen, und weil von der Tendenz, würde ich sagen, habe ich am Anfang eigentlich die ganze Zeit den Chor gefragt, was sie wollen, und mir vorher gar keine Gedanken gemacht, was ich eigentlich will, und da hat sich die Kommunikation so ein bisschen gedreht. Aber es muss natürlich total viel und trotzdem sehr transparent kommuniziert werden. #00:15:54-8#
Hannah Diemer: Ja, was wären denn so deine nächsten Ziele für den Chor? Dieses Jahr ist Zehnjähriges "Desirenen" Jubiläum. #00:15:59-8#
Aga Labus: Ja, also da haben wir ein ganz großes Ziel, wir spielen natürlich, wir veranstalten unser eigenes Jubiläumskonzert in der "Desi" das, und das hatten wir so auch noch nie. Also wir haben natürlich schon einige Auftritte gespielt, aber das waren eher so Sachen wie, wie man es halt kennt. Man wird angefragt für einen Weihnachtsmarkt, für ein Sommerfest und so weiter, für irgendwelche Feste, sage ich jetzt mal, wo man ein musikalischer Punkt von vielen ist und wo die Leute auch eher seltener kommen, konkret um den Chor zu sehen, und dass es jetzt wirklich so eine "Solo-Show", die wir so noch nicht hatten, und da stecken jetzt ganz andere Überlegungen drin. Ein Ziel wäre, da wir hauptsächlich A capella auftreten. Ziel wäre auch, eine kleine Begleitband zu haben. Dementsprechend muss ich die Arrangements jetzt auch ein bisschen ändern. Also da steckt schon sehr viel Arbeit dahinter und einfach auch die ganze Organisation dieses Konzerts, das nimmt jetzt irgendwie ganz viel Raum ein, damit das am 22. Oktober dann gut über die Bühne geht. Ja! #00:17:17-5#
Hannah Diemer: Der größte Erfolg der "Desirenen" war ja bisher der Auftritt zusammen mit "Danger Dan" in der Meistersingerhalle. Wie ist es denn dazu gekommen und erzählt doch mal die ganze Geschichte! #00:17:27-2#
Aga Labus: Die ganze Okay, gut, okay, wir wurden als Chor angefragt für die Manifesto Veranstaltung, das war, glaube ich, in mehreren Städten Deutschlands eine Reihe. Die hieß glaub ich "Kein Schlussstrich, Manifesto im Gedenken an die NSU Morde", die passiert sind. Und da gab es verschiedene kulturelle Veranstaltungen in Deutschland, weit und natürlich logischerweise traurigerweise natürlich sehr viel in Nürnberg. Und da wurden wir eigentlich erst mal angefragt, um Teil eines ganz großen Manifesto Chores zu werden, und eigens dafür sollte ein Stück uraufgeführt werden. Und weil aber ja der Aufwand so groß ist, so viele Menschen, vor allem zu der Zeit, das war ja auch noch mitten in der Pandemiezeit, das war Ende 2021, die Veranstaltung. Der Aufwand war so groß, dass man gleich gesehen hat, das wäre irgendwie schade, 150 Menschen, oder wie viele wir in den Chören insgesamt waren, alle nur für dieses eine Stück aufführen zu lassen, und eine künstlerische Leitung, die hatte dann die Idee, dass jeder noch mal zusätzlich eigenes Repertoire aufführen kann. Genau, das ist so der Beginn des ganzen, und dann wiederum kam die Idee aus dem Chor heraus, von einer Sängerin, weil das damals einfach der Hit war. Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt. Die hatte mich gefragt, ob ich das nicht arrangieren möchte, und sie hatte das vorgeschlagen, als schon klar war, dieser ganze Rahmen für die Manifesto Veranstaltung, und ich kannte auch den Songtext damals, und es passte einfach vor allem die letzte Strophe von dem Lied von "Danger Dan". Der passte einfach perfekt inhaltlich zu dieser Veranstaltung, und somit habe ich es mir einfach zum Ziel gemacht, bis zu dieser Veranstaltung dieses Lied für die "Desirenen" zu arrangieren, weil ich es einfach super fand, und das habe ich dann einfach auch gemacht. Wir haben das dann gelernt, einstudiert, viel geübt, um das dann eben im November zu präsentieren, und auch damals hatte schon einer aus dem Chor gesagt: Mensch, das wäre doch total witzig, wenn wir das filmen und dem "Danger Dan" schicken. Ich hab das immer so wahrgenommen und echt so als Scherz ein bisschen abgetan. Aber genau die Person hat tatsächlich da an ihre Schwester im Publikum instruiert und hat ihrer Schwester gesagt, sie soll das ganze filmen. Mir war das in dem Moment überhaupt nicht bewusst, und dann hatte sie mir gesagt, dass wäre doch super, das dem "Danger Dan" zu schicken das Video, und ich dachte mir, ja, ich habe so eine E-Mail Adresse nicht. Wie soll ich ihm das Video schicken? Per Dropbox schicken, geht ja wohl schlecht, und dann hat sie mir aber noch mal gesagt, ja, komm, probier es doch. Ich dachte mir dann ok und ich lade es auf meinen YouTube Kanal hoch und schicke ihm irgendwie den Link über Instagram, und nichts passiert. Und ein paar Wochen später sehe ich, dass er einfach nochmal explizit auf seinem Instagram Kanal aufgerufen hat, dass man ihm doch Cover Versionen seiner Songs einfach schicken sollte. Ich hab es einfach nochmal probiert, und er hat dann dieses Handyvideo von meinem YouTube Kanal, hat er dann repostet in seinen Storys, und ab da ging dieses Video einfach viral, und er meinte, er hat noch nie so viele Reaktionen auf eine Story bekommen. Dieses Video von uns ist Geschichte und hat eigentlich schon damals gemeint. Also, wir haben dann an dem Tag, wo er das Repostet hat, an dem Abend haben "Danger Dan" und ich viel hin und her geschrieben über Instagram, und da ist es schon gefallen. Da hatte eigentlich gesagt, nächstes Jahr spiele ich ja in Nürnberg. Mensch, hättet ihr nicht Bock mit mir auf die Bühne zu kommen, und es klang schon sehr, sehr danach, dass das stattfinden wird. Aber es war auch immer klar, es ist Corona, wir wissen nicht, was bis dahin passieren wird. Er meinte auch, ihr seid über 40 Frauen. Ich weiß gar nicht, ob ich das organisatorisch hinbekommen kann, ob die Leitung das hinbekommen kann. Also, es klang sehr in der Schwebe und gleichzeitig schon sehr, dass er das will und möchte, und wir wollten es natürlich auch, keine Frage, und somit war das irgendwie dann so ein Prozess, und es wurde tatsächlich erst relativ kurz vorher. Also ich glaube wirklich erst fünf Wochen vorher, habe ich dann mit dem Management von "Danger Dan" wirklich fest gemacht, und ja. Bis fünf Wochen vor seinem Auftritt war das einfach die ganze Zeit so, passiert was oder es nicht. Ich kann mich auch an die Stimmung damals im Chor erinnern. Das war sehr. Also, Zähne klappern wird es stattfinden, und teilweise ist die Stimmung auch so ein bisschen gekippt bei einigen, also einige haben es ja schon wirklich abgeschrieben und haben gesagt, also, wenn es jetzt, also wenn wir jetzt fünf Wochen vorher immer noch nicht wissen, dann wird es nicht passieren, und dann zack kam der Anruf vom Management sozusagen, und. #00:22:48-2#
Hannah Diemer: Das hat doch geklappt, und es gibt auch von dem Auftritt in der Meistersingerhalle in YouTube Video. Ich würde das einfach mal verlinken, dann können sich die Zuhörer*innen das anhören. Jetzt machst du ja nicht nur den Kurs, sondern du bist ja auch Solo-Künstlerin und eigentlich wollte ich von dir wissen, wie du zur Musik gekommen bist. Hat Musik schon immer so eine große Rolle in deinem Leben gespielt? #00:23:11-5#
Aga Labus: Ja, absolut, also eigentlich hab ich nie was anderes gemacht als Musik. Um ehrlich zu sein, natürlich, ja. Also natürlich muss man ganz klar sagen, bis man den ersten Auftritt hatte oder bis sich abgezeichnet hat, dass das eine Profession wird. Das hat natürlich gedauert, dass es eigentlich erst mit 2021, wo ich mich dann tatsächlich entschlossen habe. Ich möchte mich an der Berufsfachschule für Musik bewerben, und ich hatte tatsächlich auch erst kurz vor meiner Ausbildung zur Musikerin, erst kurz vorher meinen ersten Auftritt. Aber all die Jahre davor, also sprich meine komplette Jugend und Kindheit, hat das so einen großen Platz bei mir eingenommen, emotional, dass ich mir irgendwie gar nichts anderes vorstellen konnte. Ja. #00:24:00-2#
Hannah Diemer: Wer waren denn da so die größten emotionalen Einflüsse? #00:24:03-1#
Aga Labus: Also, es waren eigentlich immer so zwei Gleise, würde ich sagen. Es war immer irgendwie, ich sag jetzt einfach mal afroamerikanische Musik, also immer was, was sehr lastig ist. "Grunge" hat bei mir total eingeschlagen, und alles, was so irgendwie unter diese Musikrichtung fällt oder in der Nähe war, das hat mich dann sehr, sehr eingenommen. Auf der anderen Seite, ich hab dann auch durchaus angefangen Metal zu hören, und, ähm, ja, eigentlich so diese beiden Richtungen, interessanterweise jetzt eher weniger klassische Musik, eher weniger Popmusik. Das hat mich jetzt oder was in den Charts war, das war eigentlich eher irrelevant für mich. #00:24:52-0#
Hannah Diemer: Auf deiner Webseite hast du sogar noch ein bisschen früher angefangen und hast gesagt, dass du über die Musik die ersten Kontakte zu nicht migrantischen Kindern geschlossen hast. #00:25:06-1#
Aga Labus: Ja, also ich habe tatsächlich, in dem Moment nimmt man das nicht so wahr. Also wir haben da, also ich mit paar Freundinnen. Wer da jetzt die Initiatorin war, weiß ich nicht. Also da haben wir, wir haben eine Tanzgruppe gegründet im Hort, im Kinderhort und haben das richtig auf die Beine gestellt, tatsächlich mit unseren Erzieher*innen geredet, ob wir da nicht einen Gruppenraum zur Verfügung bekommen könnten, dass irgendwie, wie alt waren wir da? Keine Ahnung, Grundschülerinnen, auf jeden Fall 9/10. In der Gegend, in der ich aufgewachsen bin, war einfach sehr viele migrantische Kinder, haben einfach in diesem Stadtviertel gewohnt, und so haben wir uns da einfach irgendwie zusammengeschlossen. Das ging es immer hauptsächlich über Musik. #00:25:52-8#
Hannah Diemer: Und würdest du sagen, dass Musik heute noch diese Brücken für dich schlägt? #00:25:56-9#
Aga Labus: Absolut! Also Musik ist ja, es klingt so klischeehaft, jeder weiß es. Aber ich meine, Musik verbindet einfach jenseits von Sprache, Ethnie, Herkunft, und das klingt sehr abgedroschen, sehr klischeehaft, aber es ist ja in Wahrheit so. #00:26:13-5#
Hannah Diemer: Du hast deine eigenen Projekte ja auch immer stark mit verfolgt und hast, glaube ich, dein erstes Album hast du letztes Jahr veröffentlicht, und davor hattest du ja auch schon viele Singles. Wie waren so diese Prozesse? Also, du hast vor der Berufsschule dein erstes Konzert gegeben, dann quasi die Berufsfachschule abgeschlossen als Chorleiterin, und dann war das alles so nebenher, deine eigenen Projekte? #00:26:38-1#
Aga Labus: Ich überlege. Man muss dazu sagen, ich habe kurz vor der Berufsschule eigentlich immer Projekte gehabt, aber immer mit anderen zusammen. Das kommt, denke ich, ganz alleine, also vor allem aus dem Kontext, dass ich Sängerin bin und ich Instrumente zwar spielen und bedienen kann, auch auf Klavier, Gitarre komponiere, aber mich eigentlich erst bis vor zwei Jahren nicht getraut habe, mich Solo mit einem Instrument auf die Bühne zu stellen, und ich hatte eigentlich immer eigene Bands, und die liefen ja nebenher. Tatsächlich aber hatten die für mich eine extrem hohe Gewichtung, also teilweise die größte Gewichtung von allen Dingen, die ich so gemacht habe, neben Lohnarbeit und Studium und wie auch immer. Das Problem ist aber dann immer, dass man wirklich sehr abhängig ist, natürlich von anderen Leuten und Bands, und Projekte einfach aus unterschiedlichsten Gründen auseinandergehen können, und das empfand ich dann, obwohl ich es nicht anders kannte. Aber es empfand ich irgendwann mal als so frustrierend, dass ich tatsächlich erst 2019 beschlossen habe. Ich mag das nicht mehr, ich mag mich nicht mehr abhängig machen, und da habe ich tatsächlich dann erst den Beschluss gefasst, Solo Künstlerin zu werden, und mir gedacht, okay, ist mir jetzt total egal, dass ich "eigentlich" nicht alleine auf eine Bühne gehen kann, weil ich kann ja in "nur singen". Ich hab eine Lube Station geschenkt bekommen und dachte mir, ich arbeite mich da jetzt einfach ein, ich check das jetzt aus, und ich nehme jetzt alle Songs, die ich geschrieben habe und mit Band vorher gemacht habe, mit meinen eigenen Bands. Ich arrangiere die jetzt für die Lube Station, und ich stelle mich jetzt einfach damit auf die Bühne. Ich hab jetzt keinen Bock mehr, und so kam das irgendwie so ist irgendwie das der Prozess gewesen, und deswegen kamen so die eigenen Singles und das mein Album unter meinem eigenen Namen jetzt tatsächlich erst dann ja eigentlich so in der Pandemie, dann eigentlich die ersten Singles, 2020 eben raus, Ende 2020 und, ähm ja, deswegen ist da vorher eigentlich nicht so wirklich was passiert, weil das einfach immer so abhängig war von anderen Leuten und Geld auch immer abhängig von Geld, muss man sagen, denn es ist so, eigene Musik zu machen, kostet Geld. Man ist es nicht so, dass man mit eigener Musik Geld verdient, sondern man steckt Geld rein. #00:29:19-2#
Hannah Diemer: Du hattest nämlich auch eine Crowd von den Kampagnen mal gemacht und die dann vorzeitig abgebrochen. Wie tief steckt denn quasi das "Scheitern" im Musikmachen mit drinnen? #00:29:31-6#
Aga Labus: Sehr tief! Also, es ist quasi systemimmanent, würde ich sagen, und deswegen muss man vielleicht mit dem Wording auch sich überlegen, ob man das Scheitern nennen möchte, weil der Begriff einfach negativ behaftet ist, und ich würde es halt mittlerweile irgendwie vielleicht eher nennen, ja mutig, Fehler machen, so irgendwie Richtung Angst gehen und Fehler zu machen. Und dann geht es natürlich darum, einfach aus den Fehlern zu lernen. Also, wenn dem Vergleich zu Kleinkindern oder Babys, wie auch immer, eigentlich perfekt, weil, wenn man sich kleine Babys, kleine Kinder anschaut, dann müsste man jetzt analytisch von der Warte aus sagen, die sind ja nur am Scheitern. Also das ist ja ein eigentlich ein Dauerscheitern, und also ich kenne es ja auch selber von meiner eigenen Tochter, als sie noch sehr klein war. Man kriegt auch so diesen Frust mit, man merkt auch, wie sie wirklich neue Dinge tun möchten, aber auch gerade spüren, sie haben eigentlich noch nicht die zum Beispiel körperlichen Fähigkeiten, und dann sind sie sehr frustriert, auch oft, und lassen diesen Frust dann auch wirklich. Diese Emotion kommt natürlich aus Kindern total raus, und das finde ich aber einen wunderschönen Vergleich, weil man an denen ja total gut sehen kann, Mensch, wenn die aber nicht frustriert werden, und wenn die nicht dauernd scheitern würden, würden sie ja nichts lernen. Es geht eigentlich darum, immer wieder aufzustehen, auch wieder so ein plakatives Bild, aber das Scheitern ist so was von normal, passiert dauernd. Es geht eigentlich um dieses wieder Aufstehen und aus dem sogenannten Scheitern zu lernen, aber es ist eigentlich ein Dauerscheitern in der eigenen Musik. #00:31:13-9#
Hannah Diemer: Deine eigene Musik ist auch stark feministisch geprägt. Deine ganzen Texte sind wahnsinnig feministisch. Wie kommt es dazu? #00:31:23-6#
Aga Labus: Also, das Allereinfachste ist, ich mochte in meiner Jugend und frühen in meinen Zwanzigern, ich mochte noch nie wieder, ist einfach so, die sich sehr über, ich nenne es jetzt mal, Gefühle, die sich rein zwischenmenschliche Beziehungen, romantische Beziehungen auch noch beschäftigen, die mochte ich irgendwie noch nie. Ich muss aber sagen, das hat sich in den letzten Jahren gewandelt. Also anscheinend ist das älter werden, macht anscheinen doch was mit einem, aber speziell als jugendliche und in meinen Anfang 20. Ich mochte solche Musik nie. Das hat mich noch nie angesprochen, und vielleicht ist das auch der Grund, warum ich Popmusik auch noch nie ansprechen fand, weil es sich meistens inhaltlich da irgendwie um diese Themen dreht, und ich mochte halt deswegen Hiphop und Rock einfach immer mehr, weil ich die Texte, ich da sehr stark drauf reagiert habe, wenn ich einfach gemerkt habe, man kann da so viel transportieren und so viele Ebenen bewegen, auch auf der rein textlichen Ebene. Und ja also da haben mich einfach wirklich gewisse Texte oder gewisse Autorinnen und Autoren sehr beeindruckt, und deswegen war es für mich klar, dass ich auch in diese Richtung gehen möchte. Es hat einfach eine größere Dimension und deswegen habe ich mich, glaube ich, automatisch in meinen Texten auch immer mehr in diese Richtungen bewegt. #00:33:13-1#
Hannah Diemer: Das heißt, es geht für dich auch darum, selbst empowern zu sein? #00:33:27-4#
Aga Labus: Ja, ganz klar, genau! #00:33:29-3#
Hannah Diemer: Du hast kurz angesprochen, dass du eine Tochter hast. Wie ist es für dich als Musikerin und Mutter? Weil ich kann mir vorstellen, dass viele Konzerte Abends stattfinden, am Wochenende stattfinden. Wie kriegst du das unter einen Hut? #00:33:42-4#
Aga Labus: Ja, also ich kriege vor allem dadurch untern Hut, dass ihr Vater und ich schon sehr lange getrennt leben und sie aber in beiden Haushalten aufwächst. Also, wir haben das "Wechselmodell", und ich versuche ganz, ganz, ganz stark, irgendwelche Abendtermine in die Zeiträume zu legen, wenn sie sowieso bei ihrem Vater ist. Es ist aber nicht immer möglich. Manchmal kann ich dann noch einfach mit ihm verhandeln. Aber auch das geht nicht immer, und da waren vor allem als sie kleiner war, ganz stark, einfach Großeltern, die Adresse Nummer eins, wo man dann einfach, wo sie einfach bei den Großeltern war und dort übernachtet hat, und es ging tatsächlich, als sie klein war, auch sehr gut. Ich muss sagen, jetzt ist die zwölf, jetzt finde ich es eigentlich auf eine gewisse Art und Weise fast schwieriger, weil sie natürlich ihren eigenen Kopf hat, und da kann man nicht mehr einfach so sagen, ich habe da jetzt einen Auftritt, und dafür löst sich es teilweise anders, weil sie natürlich jetzt auch in dem Alter ist, wo sie problemlos und sehr gerne bei Freundinnen dann übernachtet. Aber auch da muss man sagen, da muss man sich im Vorfeld ja eigentlich noch viel genauer absprechen als mit eigenen Großeltern, muss das alles mit den Eltern der Freundinnen klären und dass das auch für die alle passt. Also, es ist in Wahrheit sehr viel Kommunikation, sehr viel Organisationsaufwand nötig. Es ist nicht unmöglich, also es ist deswegen durch das "Wechselmodell" gut machbar. Aber man muss viel organisieren, und gerade diese Organisation kostet viel Zeit, und manchmal hat man auch Pech, und man prägt einen "Babysitter" nach dem anderen, eine Freundin nach der anderen, einen Großelternteil nach dem anderen und kassiert manchmal auch nur Absagen. Dann ist mir schon auch passiert, dass ich dann den tatsächlich kurz vor knapp absagen musste. Oder auch klar, wenn das Kind krank wird, und dann musst du echt am Vormittag anrufen und sagen, ich kann heute Abend nicht spielen, das ist ein bisschen auch erschwert sind, finde ich schon die Strukturen in der Musikbranche. Also es ist alles auch sehr, weil ich jetzt gerade bei dem Punkt Organisation bin. Die Strukturen in der Musikbranche sind sehr kurzfristig ausgelegt, also die, du kriegst konkrete Informationen zu Rahmenbedingungen wirklich relativ kurzfristig. Gerade war es natürlich für Eltern generell, aber ich denke, für Mütter trifft das nochmal krass dazu. Die Musikerinnen sind, das ist die Vollkatastrophe. Natürlich kann die Babysitterin nicht erst drei Tage vorher anfragen und sagen, ah, das Festival, wo ich spiele. Jetzt habe ich erfahren, dass ich um 16 dort spiele. Ich dachte, ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen meine Stage time ist 20:30, und jetzt haben sie mich irgendwie doch an den Anfang des Festes gepackt. Plötzlich kracht der ganze Plan zusammen, weil um 16 Uhr kommt meine Tochter vielleicht gerade nach Hause und möchte nicht irgendwie weg, und der Babysitter ist aber noch auf Arbeit, also furchtbar. Und genau diese Strukturen machen jetzt, um bei dem Punkt Organisation zu bleiben, erschweren einem total, und da habe ich aber auch schon die Erfahrung gemacht, dass das besser funktioniert, wenn man mit Veranstaltern zu tun hat, die nicht nur selber Eltern sind, weil dazu muss man sagen, viele Veranstalter sind einfach auch noch Männlich, und wenn das sehr traditionell ist, dann bringt das auch nicht so viel. Dass sie Vater sind, muss man leider so sagen, weil die halt ihre, weil deren Partnerin dann meistens das alles übernimmt. Aber ich habe es auch schon erlebt, dass Veranstalter, auch wenn sie Männlich sind, die aber sehr, sehr feministisch sind und sich die sich das gleichberechtigt aufteilen in ihrer Partnerschaft. Die Kindererziehung, da habe ich erlebt, das läuft top. Also, da läuft dann so eine Organisation super vorausschauend und umsichtig, und am liebsten würde ich nur noch mit Leuten der Musikbranche zusammenarbeiten, die selber irgendwie auch Kindererziehung übernehmen, weil es ist möglich, aber dazu müssen die Bedürfnisse gekannt und auch berücksichtigt und ernst genommen werden, und dann ist nichts unmöglich. Aber dieses Bewusstsein ist leider nicht da oder zu wenig da. #00:38:10-0#
Hannah Diemer: Das heißt, es verändert sich jetzt, so in den nächsten Jahren hoffentlich immer mehr dahin. #00:38:14-7#
Aga Labus: Ja und vor allem, weil man auch früher, hatte ich auch immer die Angst, sowas zu thematisieren, weil man Angst hat, stigmatisiert zu werden. Also, man hat einfach konkret Angst. Ich habe auch früher meine Tochter mitgenommen als Baby, als Kleinkind, weil man einfach Angst hat, wenn ich nicht mehr spiele, werde ich nicht mehr angefragt, und wenn ich aber zu sehr meine Bedürfnisse äußere, werde ich als die "Zicke" abgestempelt, und diese Angst war, glaube ich, nicht unberechtigt. Also man hat so ein Sticker mal einfach weg, nur mal gleich für die Zuhörer*innen. Ich habe meine Tochter natürlich geschützt während den Auftritt, nicht, dass die jetzt denkt, die hat als Kleinkind hier die volle Rock and Roll Dröhnung abbekommen. Die war dann natürlich im Backstage mit meistens einen Kumpel der Band, der unser Roadie war. Tatsächlich wurde die so ein bisschen von unserem Roadie damals mit erzogen. #00:39:08-7#
Hannah Diemer: Ja, das heißt, sie hatte von Anfang an so ein kleines Rockstar Life. #00:39:11-6#
Aga Labus: Ja, die war auch schon im Tonstudio für Album Recordings mit der Band. Da war sie fünf Monate alt und hat mit übernachtet, und da habe ich sie quasi gestillt und und dann übergeben, und dann quasi direkt ans Gesangsmikrofon bin ich dann übergegangen. Ja, das war schon spannend! #00:39:32-0#
Hannah Diemer: Was wären für dich persönlich die nächsten Ziele als Sängerin? #00:39:36-9#
Aga Labus: Meine nächsten Ziele sind tatsächlich, neues Soloprogramm zu entwickeln, weil mein Album viele elektronische Einflüsse hat, möchte ich das jetzt auch so umsetzen, also mit all diesen auf die Bühne bringen, dass sie wirklich mehr so klingen wie auf dem Album momentan, wenn ich sie als Solo Künstlerin präsentiere, haben die eher intimeren Charakter, was auch sehr schön ist. Aber ja, ich möchte einen anderen Sound haben, und ich würde wahnsinnig gerne einfach jetzt auch mit Musiker*innen fest zusammenarbeiten, mit einer Schlagzeugerin am liebsten oder auch natürlich auch im Schlagzeuger, ist auch in Ordnung. Genau, das sind so die nächsten Ziele. Sei es jetzt Solo mit Elektronik oder der Bandbesetzung, sich dann eben gucken zu können. #00:40:34-9#
Hannah Diemer: Viel Erfolg! #00:40:36-3#
Aga Labus: Danke! #00:40:36-9#
Hannah Diemer: Ich würde gerne abschließen mit einem Zitat von dir, was du auch oft an der Webseite hast. Ich finde es einfach so schön, weil du hast geschrieben, dass du zutiefst glaubst an die Schönheit in aller tragen und in allem vollkommenen von diesen Tagen, und dass du findest, es gibt ne unbändige Kraft in unseren Herzen, denen es ermöglicht, dass wir eine freundlichere Welt erschaffen und dass es eine ganz unendliche transformative Kraft im Kreativen gibt. Woher ziehst du das? Wie macht sich das für dich fest? #00:41:10-0#
Aga Labus: Ich finde einfach, Kreativität ist so ein starker Motor für emotionale Verarbeitung. Also ich finde das in meinem konkreten Fall, Songs zu schreiben, einfach wirklich psychotherapeutisch. Da geht es mir oft, wenn ich einen Song schreibe oder für mich übe. Das ist auch immer ein bisschen wie sich selbst heilen. Das ist es vor allem. Und wenn man dann mit so was auf der Bühne steht und merkt, das löst in anderen Menschen auch etwas aus, dann hat das was ganz Verbindendes, und man merkt einfach auch, dann ist da gar keine Kraft für Negativität oder für irgendwelche Ego Spielchen oder Ego Bedürfnisse, weil, weil es wirklich um diese Transformative irgendwie geht, was jeder unmittelbar erfährt, wenn er einfach berührt ist von Musik, und das hat man, wenn man gemeinsam kreativ ist, auch nochmal sehr, sehr stark, ja, und wie ich gerade beschrieben habe, wenn man auf der Bühne steht und ein Publikum hat, dann hat man das idealerweise auch, und das habe ich einfach so oft erfahren dürfen, dass dieses Zitat einfach total meiner Erfahrung entspricht und dass einem so viel Lebenskraft gibt und man irgendwie so ein bisschen dadurch das Gefühl hat, wie durch so einen hinter den Vorhang zu gucken oder oder so eine Ahnung bekommt davon, worauf es ankommt im Leben, dass dieses verbindende Element Gemeinschaft und was Schönes zu erschaffen, dass das einfach wahnsinnig tragend ist und das Leben irgendwie ausmacht und man plötzlich merkt, ja, alles Negative ist dann einfach irgendwie so so surreal, auch ein Stück weit. #00:42:52-9#
Hannah Diemer: Danke für diesen wunderschönen Ausblick. Das ist ja total bekräftigend. Ich habe mir gerade gedacht an alle die, die zuhören und die das auch mal erleben wollen. Es gibt ganz viele Kurse, wo man auch Musik lernen kann. Man kann sich auch, wenn man die Instrumente nicht zu Hause hat, die bei uns in der Stadtbibliothek ausleihen und da mal die Instrumente austesten. Es gibt auch Coaches bei uns, und natürlich kann man auch zu dir gehen. #00:43:18-0#
Aga Labus: Klar, okay. #00:43:19-6#
Hannah Diemer: Sag noch mal, wie man dich erreichen kann. #00:43:21-2#
Aga Labus: Eigentlich kann man alles auf meiner Homepage finden, also www.aga-labus.com, da steht auch meine Handynummer. Es steht meine E-Mail Adresse drin. Man kann sich übers Kontaktformular Kontakt mit mir aufnehmen und seine Anliegen schildern. Man kann sich dort auf eine Warteliste für die Chöre eintragen. Ja, so kann man gut Kontakt aufnehmen, und gut, dass du das sagst mit dem, weil, das möchte ich auch nochmal gerne weitergeben. Also, Leute, werdet kreativ, egal in welcher Form, und das kann auch für sich selber sein. Aber das ist was sehr Empowerndes, und das wünsche ich einfach jedem Menschen, und das darf man echt gerne verfolgen und sich den Raum und die Zeit da für sich selber und die eigene Kreativität nehmen, in welcher Form auch immer das dann stattfindet. #00:44:10-7#
Hannah Diemer: Vielen Dank für das bereichernde Gespräch! #00:44:13-7#
Aga Labus: Danke dir für die Einladung. Es war sehr schön! #00:44:16-0#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.
Ganz privat plaudert Musikerin und Chorleiterin Aga Labus über das Leben und Arbeiten mit Musik und warum Kreativität unsere Rettung ist.
Für Aga Labus stand schon früh fest: Musik ist der perfekte Weg, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Deshalb dirigiert sie nicht nur den feministischen Nürnberger Frauenchor, die “Desirenen”, sondern benennt in ihren eigenen Songs und Texten die Fehler in unserer Gesellschaft. Im Podcast lässt sie tief blicken und erzählt von den Herausforderungen, einen reinen Frauenchor zu leiten, als Mutter Musikerin zu sein, und warum sich das Künstlerinnen-Dasein trotz allem Scheiterns so wunderbar lohnt.
Schauen Sie auch hier vorbei:
- YouTube Kanal von Aga Labus: https://www.youtube.com/@agalabus
- Webseite von Aga Labus: https://www.aga-labus.com/
- Der Desirenen Chor mit Danger Dan in der Meistersingerhalle: https://www.youtube.com/watch?v=fuzlM79l4oo
- Musikkurse am BZ: https://bz.nuernberg.de/programm/gesellschaft-und-kultur/singen-und-musizieren#!filters=%7B%7D
- Instrumente ausleihen in der Stadtbibliothek: https://www.nuernberg.de/internet/stadtbibliothek/musikbibliothek.html
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Aufgenommen am: Freitag, 21. April 2023
Veröffentlicht am: Donnerstag, 4. Mai 2023
Moderation: Hannah Diemer
Im Gespräch: Aga Labus
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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