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Der gläserne Klang der Celesta sorgt für Gänsehaut
In der Musikbibliothek lassen sich ungewöhnliche Instrumente probieren

Inzwischen ist daraus die „Klingende Etage“ geworden. Denn die Instrumente sind keine reinen Ausstellungsstücke, sondern laden zum Anfassen ein. Insbesondere die E-Pianos seien immer belegt, erzählt Musikpädagogin Claudia Pollety. „Wir haben hier viel Geräusch“, sagt Wünsch. Doch die Geräusche samt Klangkörper dürfen auch auf Wanderschaft gehen: Erwachsene dürfen Instrumente ausleihen.
Zurück zum Anfang vor 100 Jahren: Am 22. Januar 1925 öffnete die Öffentliche Musik- Volksbücherei am Hauptmarkt 12 offiziell ihre Pforten. Zuvor hatte ihr Paul Marsop mit auf den Weg gegeben: „So möge denn auch dieses Werk wachsen, blühen, gedeihen, der Gesamtbürgerschaft Nürnbergs zu Nutz und Frommen!“
Was meinte der Privatgelehrte und Musikdirektor Marsop damit, Gründervater von etwa zwei Dutzend Musikbibliotheken in Deutschland? Er meinte wohl, dass aus guter Kunst und guter Musik gute Menschen erwachsen. Umgekehrt verachtete die damalige Bildungselite „musikalische Schundliteratur“, wie sie Unterhaltungsmusik als niedere Art der Zerstreuung abwertete. „Volksbildung“ war das Ziel.
Gemäß dem Grundsatz „Nichts ist beständiger als der Wandel“ beschloss die Stadt Nürnberg 1924 die Gründung einer öffentlichen Musikbücherei in städtischer Hand. Sie übernahm die Bestände und zog in das zweite Obergeschoss des Telegraphenamtes am Hauptmarkt 12, direkt neben der Frauenkirche – doch nicht für lange. Die nächste Station war der Egidienplatz, weitere Umzüge folgten. „Im Grunde einmal um die ganze Innenstadt“, sagt Florian Wünsch.

Am längsten, nämlich für mehr als 30 Jahre, fand die Musikbibliothek ein Zuhause im Versicherungsgebäude am Königstorgraben 3, um 2012 endlich in die generalsanierte Zentralbibliothek einzuziehen. Räumlich teilt man sich seitdem die zweite Etage des Luitpoldhauses mit den Ausstellungsflächen und einem Magazin der Historisch-Wissenschaftlichen
Stadtbibliothek. In den dritten Stock lockt ein Musikraum die Liebhaber. Solche wie die Schülerin, die schnurstracks auf ein
Klavier zusteuert. Oder die Gruppe Jugendlicher, die erkundet, wie eine Orgel funktioniert. „Sie machen die besondere Hörerfahrung und bringen sich gegenseitig etwas bei. So entwickelt sich Faszination für Instrumente“, schwärmt Musikpädagogin Pollety.
Und wenn man schon mal da ist: Warum nicht E-Piano, E-Drum, akustische und E-Gitarren, Ukulelen, Veeh-Harfen, E-Violinen, E-Cellos, E-Kontrabässe und das Akkordeon ausprobieren?
Text: Angela Giese
Da steht sie in voller Pracht und Herrlichkeit, die Celesta. Das Instrument der Superlative ist eine Mischung aus Klavier und Glockenspiel. Wann immer im Harry-Potter-Film Hedwig auftritt, erklingt der gläserne Sound der Celesta. Doch weltberühmt wurde die Celesta schon viel früher, nämlich durch den märchenhaften Part im „Tanz der Zuckerfee“ aus der Nussknacker-Suite von Tschaikowski, der im Jahr 1891 in Paris das Instrument kennenlernte.
Nach Nürnberg ist der Neuzugang Celesta (aus dem Französischen „céleste“ für „himmlisch“) als eine Dauerleihgabe für die Städtische Musikbibliothek gekommen. Sie stammt aus dem Hause Schiedmayer, einer Herstellerfamilie, die einst in Erlangen saß und heute in Baden-Württemberg residiert. Es war eine Begegnung auf der Nürnberger Musikmesse Akustika mit der Chefin Elianne Schiedmayer, die den Weg des Instruments in die Stadtbibliothek ebnete.
Dieses „himmlische“ Instrument ist ein Symbol für die Wandlung von einer klassischen Musikbibliothek zu einem „Lern- und Erfahrungsraum der Musik“ heute, wie es Leiter Florian Wünsch ausdrückt. „Wir haben die zweite und dritte Etage der Stadtbibliothek umgestaltet zu einem dritten Ort neben dem Zuhause und der Arbeit.“ Das finanzielle Fundament für das neue Gesicht gab die Zukunftsstiftung Sparkasse mit einer großzügigen Geldspritze.
