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Samira Kariuki, Lena Meinhold, kann man eigene Kinder gegen Rassismus wappnen?

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Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast Bildungszentrum Nürnberg. #00:00:10-9#

Grazyna Wanat: Hallo, mein Name ist Grazyna Wanat und ich feiere heute eine Premiere, weil zum Ersten Mal in der Geschichte des Podcasts sitzen nicht nur zwei, sondern gleich drei Personen vor den Mikrofonen und vor den Bildschirmen. Denn wir sprechen miteinander. Ende Februar 2021 immer noch in dem Corona Lockdown. Meine Gäste heute sind Samira Kabuki und Lena Mariama Meinhold. Herzlich willkommen. Hallo! Danke. Hi. Dieser Einladung liegt eine besondere Geschichte zu Grunde. Ende November vorigen Jahres gab es im Staatstheater Nürnberg eine Lesung mit Alice Masters, Autorin des Buches Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten. Die Lesung, organisiert in Zusammenarbeit mit der Daisy, folgte einem interessanten und tollen Konzept. Zuerst hat die aus Berlin angereiste Autorin aus ihrem Buch vorgelesen, dann aber lud sie zwei Nürnbergerinnen auf die Bühne, die im zweiten Teil der Lesung mit ihr über ihre eigenen Erfahrungen mit Rassismus gesprochen haben. Diese zwei seid ihr gewesen und das Gespräch war so spannend, dass es für uns sofort klar wurde Wir wollen auch mit euch sprechen und danke, dass ihr dieser Einladung gefolgt habt. Jetzt eine kurze Vorstellung. Samira Yuki ist Psychologiestudentin an der Uni Erlangen, Nürnberg und Lena Maria Meinhold steht kurz vor Abi und modelt nebenbei. Beide sind Podcaster innen. auch. Dazu später. Und beide engagieren sich in der WCF. Nürnberg. Lena. Was ist besser? Und seit wann gibt es PC in Nürnberg? #00:02:08-5#

Lena Meinhold: Ja, was ist der WCF, also der WCF? Ausgeschrieben heißt Black Community Foundation Nürnberg. Und seit wann gibt es uns? Ja, alles hat angefangen mit der weltweiten Demo am 6. Juni letzten Jahres 2020, mit der tragischen Geschichte von George Lloyd, der eben ermordet worden ist. Und daraus haben sich eben die Black Communities dieser Welt versammelt. Und hier in Deutschland hat sich dann der BCF Deutschland gegründet. Am Anfang hieß es noch Silent Demo und hier wurde dann in Nürnberg auch eine dieser Silent Demos abgehalten und später dann haben wir uns quasi alle umbenannt in B. F. Und wir sind der Nürnberger Ableger. Ja, und was machen wir? Ich lasse mal Samira auch ein bisschen weitererzählen. #00:03:03-5#

Samira Kariuki: Also wir sind ein junges Kollektiv von Aktivisten und Aktivistinnen, die überwiegend schwarz sind. Und wir setzen uns eben ein auf verschiedenen Ebenen, wie zum Beispiel Schulbildung. Das heißt, wir planen Workshops in Schulen, die antirassistisch sind und ja, schon kleine Kinder und eben auch ältere Kinder. Also es ist wirklich von der ersten Klasse bis in die Oberstufe eben dann aufklären sollen über Rassismus, Rassismuserfahrungen und eben auch antirassistisches Handeln. Wir planen eben auch Straßenumbenennungen und viele weitere Projekte und haben eben nebenbei auch noch einen Podcast laufen. Ja, und das ist so was wir machen so in ein paar Sätzen zusammengefasst. #00:03:48-4#

Grazyna Wanat: Habt ihr euch beide schon vorher gekannt oder erst in dieser Organisationen kennengelernt? #00:03:55-1#

Lena Meinhold: Nein, wir haben uns tatsächlich erst in der Organisation kennengelernt und haben dann auch zusammen angefangen, immer mehr Presseaktionen zu zweit zu machen. Und ich glaube, die erste Sache war dann auch die mit Alisha, dass die wir zusammen gemacht haben, wenn ich mich richtig erinnere und das dann so gut gepasst, dass wir dann danach auch noch weitere Projekte zusammen gemacht haben. Genau. #00:04:23-1#

Grazyna Wanat: Unter anderem den Podcast. #00:04:25-0#

Lena Meinhold: Ja genau. Also die Radiosendung bei Radio Z, die wir eben auch als Podcast dann immer aufnehmen und dann online eben zum Nachhören speichern. Und da haben wir uns quasi in der Radiogruppe eingefunden. Und ja, ich bin da auch sehr stolz drauf, dass wir diese Chance bekommen haben und ich diese Sendung moderieren darf. Genau. #00:04:50-0#

Grazyna Wanat: Cool kann man sich bei Radio Z Anhören. Ich habe es mir angehört. Fühlt sich super. Äh. Äh. Äh. Warum gibt es immer noch Mohrenapotheken in Deutschland? Diese Frage hast du Samira von der Bühne der Demo damals gestellt. Im Juni. Hast du jetzt eine Antwort auf diese Frage? Und wie schaut es überhaupt in Nürnberg mit diesen rassistischen und kolonialen Straßennamen, Symbolen usw. #00:05:18-8#

Samira Kariuki: Ja, also in Nürnberg gibt es da leider immer noch die Mohrenstraße und auch Mohrenapotheken. Auch in der Umgebung, also auch in Erlangen, Mohrenapotheken. Warum gibt es die noch? Ja, es ist sehr traurig, dass gerade die Mohrenapotheken sich da nicht so ganz an der Diskussion beteiligen wollen. In der Umbenennung eben der Namen der Änderung der Apothekennamen. Da stößt man immer wieder auf Unverständnis, ausweichende Erklärungen, dass es eben zurückzuführen ist, zurückzuführen ist auf die Mauren und gar nichts mit dem Mohren zu tun hat oder wenig damit zu tun hat. Was natürlich bei uns auf Unverständnis trifft. Ich denke, wir würden uns da alle wünschen und nicht noch nicht nur wir, sondern auch grundsätzlich so die Black Community, dass man da irgendwie in Diskurs kommen könnte, gerade eben bezüglich dieser Namen, weil es natürlich aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß ist und nicht politisch korrekt ist. Und natürlich auch einfach diskriminierend, Ja, solche Namen heute eben noch zu haben, für Cafes, für Apotheken und genauso eben die Straßennamen. Also da gibt es eben die Mohrengasse, es gibt die nette Bergstraße und die Wissmann Straße, bis man Platz. Ja, und letztere beziehen sich eben auf. Ja, Menschen, die in der Kolonialzeit viel Schreckliches getan haben. Little Big war ein Seefahrer, der Sklaven in die USA gebracht hat. Und Wissmann war selbst ein Feldherr sozusagen, der in Deutsch Ostafrika, wie es damals hieß, eben ja die Einwohner, die afrikanischen Einwohner Aufstände von denen niedergeschlagen hat und die eben auch versklavt hat und zum Sklavenhandel beigetragen hat. Und es ist wirklich erschreckend, dass es in Nürnberg diese Straßennamen noch gibt, dass es da nicht mal eine Infotafel dazu gibt, dass man diese Namen einfach aufrechterhält und so im öffentlichen Raum ja dann diese Menschen für ihre Taten quasi ehrt, was ja heute nicht mehr so sein sollte. #00:07:30-2#

Grazyna Wanat: Ich habe ein bisschen diese Diskussion in Nürnberger Nachrichten verfolgt, die teilweise immer noch online ist. Die hat es schon mal gegeben und der Apotheker von der Apotheke an der Lorenzkirche sagte in einem Artikel Ich glaube, die Menschen, die hier eine Umbenennung Benennung fordern, haben sich nicht wirklich mit dem Thema auseinandergesetzt und die Leserinnen und Leser wissen eigentlich, ob das stimmt, weil die Betroffenen würden nicht gefragt. Zumindest nicht in diesen Artikel, die noch online stehen. Es würde Umfrage gemacht auf der Straße und dann kamen zum Teil ziemlich aufgeregte Äußerungen nach dem Motto Ach, dieses ständiges Drama geht mir auf die Nerven. Unerträglich. Und wenn das für mich als Nichtbetroffene unerträglich ist und wenn ich wirklich einen Kloß im Hals habe, wenn ich das lese, dann Wie geht es euch mit solchen bei solchen verletzenden Situationen im täglichen Leben? Kann man sich dicke Haut anwachsen lassen oder wird man jedes Mal aufs Neue getroffen? #00:08:38-0#

Lena Meinhold: Ja, also gar nicht so leicht zu beantworten, diese Frage. Ich würde schon sagen, dass jetzt seit der Arbeit mit dem BCF ich da irgendwie eine Form von Weg gefunden habe, wie ich damit besser umgehe. Aber nach wie vor macht mich natürlich sowas sehr traurig und auch wütend Und es ist auch sehr verletzend, sowas immer wieder von Menschen zu lesen, die nicht davon betroffen sind. Und ja, man versteht einfach nicht, warum das so ein Unverständnis vorherrscht und warum Menschen nicht bereit sind, da einfach mal einen Schritt zurückzugehen und von ihrer Emotion vielleicht ein bisschen Abstand zu halten und dann ja sich zu überlegen warum stört uns das und warum ist das heute nicht mehr zeitgemäß? Und der Begriff Mohr ist ja im Duden schon seit vielen, vielen Jahren als rassistischer Begriff eingestuft worden. Und trotzdem ist nach wie vor in der breiten Gesellschaft ja dann noch so ein großes Unverständnis. Also es ist auf der einen Seite schafft man sich so ein Stück ein dickes Fell an und versucht es dann möglichst von sich fernzuhalten. Ich muss auch sagen, zum Selbstschutz lese ich extra solche Kommentare nicht mehr. Das habe ich anfangs gemacht und das mache ich inzwischen nicht mehr, weil ich eben weiß, wie. Wie sehr mich das dann wieder aufwühlt und trifft. Und ja, so würde ich das jetzt beantworten. #00:10:10-1#

Samira Kariuki: Ja. Also ich denke, da geht jeder anders mit um. Und es ist für mich auch tatsächlich unbegreiflich, wie sehr bekannte schwarze Persönlichkeiten in Deutschland da tagtäglich mit umgehen können und auch immer wieder angesprochen werden auf solche Themen wie zum Beispiel Alice hasst das, oder? Und ich muss sagen, es trifft mich jedes Mal. Es macht mich jedes Mal wütend. Es würde mich jedes Mal emotional auf, wenn ich solche Kommentare sehe, wenn nicht vielleicht auch Kommentare auf Instagram sehe, wenn ich Beiträge wie zum Beispiel Beiträge im WDR mitbekomme, die anschaue, davon lese und mir dann vielleicht dazu die Kommentare durchlese. Also es bewegt mich jedes Mal, Es nimmt mich jedes Mal mit, weil ich mich jedes Mal frage, wieso die Leute, wenn sie selbst nicht betroffen sind, sich dann in dieses Thema so einmischen und so laut sind und sich so dagegen aussprechen, wenn sie doch gar nicht wissen, wie es uns damit geht oder sich eben vielleicht auch gar nicht mit unseren Perspektiven auseinandersetzen. Und wenn ich mich mit einer Perspektive von einer anderen Person nicht auseinandersetze und dann einfach urteile, ohne Wissen darüber zu haben, dann finde ich das unverschämt. Und deswegen macht es mich dann eben oft wütend, wenn ich solche Kommentare lese und dieses Unverständnis von den Leuten da jedes Mal sehe. #00:11:35-8#

Grazyna Wanat: Aber in diesem Kontext möchte ich über eure Bereitschaft sprechen, sich solchen Fragen zu stellen und wirklich so öffentlich das zu thematisieren. Alice hat zum Beispiel in diesem Buch ihr eigenes Leben beschrieben. Das ist ein autobiografisches Buch, und das hat sie zum Anlass genommen, über größere Sachen zu sprechen, über Systemfehler zu sprechen. Und wie ist es, dass man das man so eine Entscheidung für sich trifft? Okay, ich will jetzt offensichtlich damit umgehen. Ich will darüber sprechen. War das für euch so eine selbstverständliche Entscheidung oder habt ihr mit euch gerungen? Oder ist es einfach so passiert, ohne dass ihr Entscheidungen getroffen habt? #00:12:18-7#

Lena Meinhold: Ja, also ich muss sagen, bei mir ist das quasi einfach so passiert. Ich habe ja letztes Jahr ein Interview gehalten mit der mit der Stadt Nürnberg, mit dem Redakteur Carsten Huber. Da wurde ich gefragt, ob ich eben über. #00:12:36-7#

Grazyna Wanat: Nachrichten mit der Zeitung. #00:12:38-3#

Lena Meinhold: Genau. #00:12:39-0#

Grazyna Wanat: Hm. #00:12:39-4#

Lena Meinhold: Also ich wurde angefragt durch eine Freundin und die ist ja seine Tochter. Und ich wusste aber gar nicht, dass er eben bei den Nürnberger Nachrichten Redakteur ist. Und ich hatte mit ihr eben Weihnachten. Vorher hatten wir so einen langen Abend bei ihr zu Hause und haben uns über alle möglichen Themen ausgetauscht und das hatte sie dann so im Hinterkopf. Und dann gab es wohl ein Essen bei der Familie Kastenhuber, wo das Thema auf den Tisch kam und er eben gesagt hat ja, er sucht jetzt gerade jemanden, weil das Thema wieder so aktuell wird und er da gerne was drüber schreiben würde. Und dann hat sie mich angesprochen und dann war das bei mir irgendwie so eine Impuls Entscheidung nenne ich es immer wieder, dass ich dann einfach gesagt habe okay, ich mache das jetzt einfach mal und dann wurde ich eben zu den Nürnberger Nachrichten eingeladen und habe da ein dreistündiges Interview gegeben über mein Leben, was auch sehr, sehr persönlich war, aber gleichzeitig dann auch irgendwie so eine Form von ja Selbsttherapie war und ich kann da einfach sehr gut einfach so mal meine Gefühle und Gedanken usw ausdrücken konnte und mir eben diese Chance auch nicht nehmen lassen wollte, mal auf politischer Ebene laut zu sein. Und dieser Artikel kam dann eben am Montag nach der Demo raus und damit hat es eigentlich so angefangen. Also ich hatte mich dann am Samstag tatsächlich schon mit den Organisatoren kurzgeschlossen von der Demo und am Montag danach kam der Artikel Und das hat dann auch so in meinem persönlichen Umfeld so viel Wellen geschlagen. Und das haben mir auch so viele Menschen geschrieben, die ich nicht kannte und sich bedankt einfach für meine offene und ehrliche Weise, wie der Artikel geschrieben war. Das ich daran gemerkt habe. Okay, das hat mir so lange gefehlt in Nürnberg, da auch mehr aktiv zu sein und mehr politisch zu sein. Und genauso ging das ganze los bei mir. #00:14:31-8#

Grazyna Wanat: Und jetzt wirst du Aktivistin. #00:14:33-5#

Lena Meinhold: Und dann? Dann ging es weiter und weiter. Und. habe dann auch mehr und mehr Fernsehbeiträge gemacht. Und jetzt bin ich Aktivistin und Samira. #00:14:45-9#

Samira Kariuki: Ja, also bei mir war es so, dass ich mich schon immer sehr für diese Black Lives Matter Bewegung interessiert habe, die ja so 2013 2014 so losgetreten wurde, eben durch viele Vorfälle, die in den USA passiert sind, wie zum Beispiel die Ermordung von Trayvon Martin, einem Jugendlichen in den USA. Und das hat mich immer sehr mitgenommen, weil ich das immer nie verstehen konnte, wie man Menschen auf so einer hasserfüllten Ebene begegnen kann und wie man eben dann rassistisch sein kann. Und zwar nicht nur eben durch Äußerungen, sondern eben auch durch Taten. Und für mich war es irgendwie immer klar man kann nicht wirklich hier in Deutschland leben, Schwarzen und sich nicht dazu äußern zu Alltagsrassismus, zu den eigenen Erfahrungen auf einer politischen Ebene. Wie auch immer. Und nachdem dann eben 2020 im Juni die Demos dann losgegangen sind, wusste ich ja, ich möchte da auf jeden Fall dabei sein. Weil dann eben auf den Demos dabei erst als Partnerin und habe dann eben teilgenommen auch und eine Rede gehalten auf einer der späteren Demos. Und da habe ich dann total viele Rückmeldungen bekommen, dass meine Rede also von vielen Leuten super aufgenommen wurde, dass sie sie toll fanden und ja auch so empowern. Und dann wurde ich eben natürlich auch von den Veranstaltern und Veranstalterinnen der Demo gefragt, ob ich eben mit ihnen im Team quasi weitermachen möchte und da eben aktivistisch sein möchte. Und ich war sofort dabei und dachte mir Ja, ich, ich möchte das nicht nur so für mich zu Hause machen, ich möchte da wirklich aktiv und laut sein. Und so ist es dann eben ins Rollen gekommen, dass ich dann eben zu BTS gekommen bin und ja jetzt hier beim Podcast gelandet bin. #00:16:39-0#

Grazyna Wanat: Aktivistin? Genau. Ja, ja, das eine ist eben das Aktivistinnen leben und das andere ist das normale tägliche Leben. Und auch dort passieren immer wieder so Sachen, Äußerungen, so nebenbei gesagt verletzende Sachen. Und da gibt es mindestens zwei Strategien, wie man sich da verhalten kann. Entweder man verschweigt das, weil man die Stimmung nicht verschlechtern möchte am Tisch oder. Oder man reagiert. Und welche Strategie ist euch? Liegt euch näher und warum? #00:17:13-8#

Samira Kariuki: Also bei mir war es auf jeden Fall früher immer so, dass ich es verschwiegen habe oder dass ich mitgelacht habe. Das heißt, wenn von Freunden Witze kamen, dann habe ich halt mitgelacht, weil ich mir dachte, okay, das kommt jetzt von Freunden, die kenne ich vielleicht schon lange, So? Das war doch vielleicht nicht so gemeint. Und da habe ich sehr viel runtergeschluckt und sehr viel einfach hingenommen und mir gedacht okay, Samira, besser still sein jetzt einmal, anstatt jetzt irgendwas loszutreten und vielleicht einen Streit loszubrechen. Und jetzt weiß ich, dass es die falsche Taktik war oder das falsche Vorgehen, weil man einfach nie still darüber sein sollte, wenn einen was verletzt. Wenn Äußerungen einen Verletzten bitte behandeln. Man sollte da immer was sagen. Egal, ob es jetzt Freunde sind oder vielleicht auch nur bekannte oder fremde Leute. Und ich sehe das jetzt auf jeden Fall anders und würde jetzt auch anders handeln. Ja, aber früher habe ich mich ganz klar so verhalten, dass ich es einfach unter den Tisch fallen lassen und mich nicht weiter drüber gekümmert habe oder es mit mir selbst dann später einfach ausgemacht habe. Für mich in mir drin und dann mit niemandem drüber geredet habe. Und ja, da wurde ich eben aber auch ganz klar bestärkt eben durch diese aktivistische Bewegung, die letztes Jahr losging und auch durch das Buch von Lisa zum Beispiel, das mir einfach klar wurde. Ich darf das äußern, weil es Erfahrungen sind, die so nicht in Ordnung sind, die man eben nicht auf sich sitzen lassen muss und die man aussprechen darf und soll. Und man soll dann eben sagen Hey, das hat mich verletzt, Hey, das war rassistisch und so geht es nicht. Ja. #00:18:53-1#

Grazyna Wanat: Ja. #00:18:55-3#

Lena Meinhold: Also mir ging es da ähnlich wie Samira. Ich muss auch dazu sagen, dass ich früher oftmals gar nicht wusste, dass diese Äußerungen oder die Witze und die Kommentare überhaupt rassistisch sind. Also ich habe immer gemerkt, dass es nicht in Ordnung ist, was da mir gegen also entgegengebracht worden ist. Aber ich wusste damals nicht, dass das Rassismus ist. Und das habe ich dann auch erst so nach und nach erlernt, quasi. Also ich habe so mit 17, 18 habe ich eine damals junge Frau kennengelernt. Die eine, die auch selbst Journalistin ist heutzutage und sich auch sehr einsetzt, auch selbst ein Buch geschrieben hat. Anleitung zum Schwarzsein. Und die andere hat mich eigentlich erst mal so in diese Richtung geschubst von. Ja, wir schwarzen Menschen haben nicht vier, die die gleichen Rechte und das gleiche Leben wie unsere weißen Freunde und das Umfeld. Und ich habe das damals noch gar nicht verstehen können und habe das auch total abgelehnt anfangs, weil ich dachte ja, über was redet sie da eigentlich? Und es klingt irgendwie so, irgendwie so, so radikal. Ich habe das wirklich als radikal empfunden, obwohl das eigentlich genau das Gleiche ist, was ich heute eben auch mache und sage und wir eben aktivistisch jetzt tätig sind und arbeiten. Und genau. Also ich habe die Sachen auch immer eher runtergeschluckt oder eben mitgelacht oder? Ja, man hat irgendwie versucht das irgendwie unter den Tisch zu kehren, unter den Teppich zu kehren. Und dann gibt es heute auch immer wieder Situationen, wo ich merke, wie anstrengend das Ganze ist. Ich habe auch vor ein paar Wochen gemerkt, dass jetzt so dieses 3/4 Jahr extreme Arbeit und immer wieder Diskussionen und Streitereien, gerade auch mit Freunden und dem engeren Familienkreis mich auch sehr müde gemacht haben und ich auch gemerkt habe, dass ich da so ein bisschen auf mich selbst achten muss und mir einfach auch wieder Raum zu geben für glücklich sein und mal aus der Situation rausziehen. Und das ist für mich eben ganz wichtig, das auch immer nach außen zu tragen. Ich muss nicht in jeder Situation immer laut sein. Natürlich wäre es besser oder es wäre auch super, wenn Menschen in meinem Umfeld mich dann quasi schützen würden und sich vor mich stellen und das diese Arbeit für mich übernehmen. Aber es ist genauso okay, wenn man die Kraft gerade mal nicht hat zu schreien und laut zu sein, Das ist eben ja auch wenn es dann in der Situation niemand anspricht, dass es auch in Ordnung ist. Auch das musste ich lernen, weil ich immer ganz oft zwischen diesen zwei Situationen hin und her gesprungen bin von. Wenn ich nicht sage, dann stehe ich quasi nicht für mich ein und stehe nicht für mein Recht ein. Und wenn ich was sage, dann gehe ich aber natürlich direkt in diese Diskussionen, weil ich ja oft die einzige schwarze Person im Raum bin und dann direkt gegen eine ganze Gruppe diskutieren und ankämpfen muss, weil ich ja dann zusätzlich zu den Traumata, Erfahrungen, die ich da erlebe und die ich da ausspreche, muss ich ja dann noch mich rechtfertigen, dass das möglich ist und dass das wirklich passiert und ähm, ja, also das ist so meine Strategie inzwischen, dass ich mich da auch mehr selbst schützen muss und mir auch Raum geben muss. Denn nicht jeden Tag und nicht jede Stunde immer und immer und immer wieder anzugreifen, sage ich mal. Und ja, es ist auf jeden Fall sehr, sehr anstrengend auch. Also ich verstehe eine alles hast es oder auch eine Top Poker Kette, die dann auch irgendwann an diesem Punkt sind, wo sie sagen nee, jetzt brauche ich mal wieder Zeit für mich und ich lebe ja nur für den Aktivismus. Wir haben ja auch unser Privatleben und wollen da ja auch einfach mal freier sein dürfen. Aber da das eben alles so strukturell ist, ist es halt überall präsent. Ja, diese ganzen Erfahrungen. #00:22:52-7#

Grazyna Wanat: Ja, weil sonst kommt man in so eine Rolle, dass man ständig irgendetwas repräsentiert, dass man für eine Gruppe ständig spricht. Und das ist, glaube ich, für einen Menschen zu viel, wenn man immer so auftreten muss oder was du. Naja, aber es gibt auch so Positionen. Auch Alice hast das schreibt darüber, dass es Menschen gibt, die immer wieder spüren, dass sie eine Aufgabe haben und aufklären wollen und aber andere, die radikal sagen Ich bin doch nicht die auf die Aufklärerin. Die Leute sollen endlich selber lernen. #00:23:25-4#

Lena Meinhold: Ja. #00:23:25-9#

Samira Kariuki: Ja, auf jeden Fall. Also da habe ich auch von Aminata Belli viel mitbekommen in letzter Zeit, die selbst eben ja auch aktiv ist als Journalistin, also da unter anderem bei Funk mitarbeitet und sie jetzt eben selbst auch öfter gesagt hat, zum Beispiel als dann die Sendung letzte Instanz vom WDR ausgestrahlt wurde und da ja auch viel Aufschrei durch die Medien ging, dass sie da einfach gesagt hat ich kann da jetzt gerade nicht antworten, ich kann jetzt gerade nicht darauf reagieren. Es machen viele andere Leute, die das sagen, was wichtig ist, was gehört werden muss. Und ich würde nur dasselbe sagen. Und ich muss jetzt nicht in diesem Rahmen noch mal selbst schützen und mich zurücknehmen und jetzt quasi nicht das wiederholen, was auch andere schon sagen. Aber klar, man wird natürlich auch immer so ein bisschen als Repräsentation gesehen. Die Leute kommen dann immer auf einen zu und sagen Hey, so das und das wurde jetzt gesagt, das und das wurde ausgestrahlt oder geschrieben kommentiert. Wie auch immer. So, du musst dich doch jetzt dazu äußern, weil du repräsentierst. Ja, die Gruppe schwarzer Menschen in Deutschland zum Beispiel. Teile davon. Und ich kann schon irgendwo verstehen, dass man dann da angesprochen wird. Aber ja, im selben Zug denke ich mir ja, aber trotzdem muss ich dich jetzt nicht aufklären. Du hast Google, du hast andere Medien, du hast Bücher, du hast Zugriff zu Podcasts, zu Ja, mach was. Ja, genau. Also informiere dich vielleicht auch mal selbst. Es ist super und es ist wichtig. Und es ist toll, dass immer wieder Persönlichkeiten wie Aminata Belli oder alles hast, das dann da sich zu Wort melden, sich äußern, wichtige Dinge sagen. Aber ja, natürlich sollte sich auch jeder selbst mal an die Nase fassen, sozusagen. Und für sich selbst auch mal ja arbeiten, sich aufklären lernen. Und ja, nicht nur da. Sich bequem alles vorsagen lassen, was man wissen muss. Ja. #00:25:24-8#

Lena Meinhold: Ja, ich habe das auch. Ich wollte das auch mit Aminata Belly ansprechen, weil sie sich selbst ja auch darüber aufgeregt hat, dass sie keine Aktivistin ist, sondern dass sie einfach in diese Rolle gedrängt worden ist und sie aber hauptberuflich Journalistin ist und jetzt ständig eben für diese Rassismus Talks irgendwie angefragt wird und eben auch selbst sagt, dass man doch bitte auch ihren Beruf mal respektieren soll. Und nur weil sie selbst schwarz ist, sie nicht einfach jetzt in diese Rolle drängt, ständig sich dazu zu äußern. Und das finde ich auch eben sehr wichtig und auch fand das sehr interessant zu sehen, wie, wie schnell man dann auch in dieser Rolle ist und gar keine andere Rolle mehr einnehmen kann. Also man hat eigentlich einen ganz anderen Beruf und sie macht ja Moderationen für ganz viele Dinge. Also ist ja auch bei Cosmo usw und hat das quasi nur so im Privaten nebenbei gemacht, weil es einfach auch ihr Thema ist. Und ja, dann hat sie das total überrollt quasi. Oder die die Medien und auch ihre ganzen Follower auf Instagram haben da jetzt eine sehr, sehr hohe Erwartungshaltung an sie, die sie gar nicht so erfüllen kann und möchte und sie selbst auch immer sagt Na ja, eine Top Poker ist hier der Profi. Bitte wendet euch an diese Menschen, wenn ihr, wenn ihr da Aufklärung braucht. Aber ich bin Journalistin und das bin ich gerne und gibt mir da auch Raum. Genau. Ja, da ist auch wieder interessant, dass sie das überhaupt ansprechen muss und dass nicht klar ist, dass es auch ja nicht ihr Job ist. #00:27:01-7#

Grazyna Wanat: Eigentlich genau wie du jetzt oder mehrmals ist der Name schon gefallen. Ist tatsächlich super. Interessante Person und Anti Rassismus Expertin. Sie hat unter anderem den Begriff Happyland geprägt. Was ist das? #00:27:19-0#

Lena Meinhold: Ja, Happyland. Der Begriff, Den hat Poker geprägt. Sie hat ja ein Buch geschrieben. Was es auch als Hörbuch zu hören gibt. Eben auf Spotify und Apple Music. Überall, wo man streamen kann. Und ja, was heißt Happyland? Also Happyland bedeutet das eben vor vielen, vielen hunderten von Jahren, also vor 500 Jahren circa, als die Kolonialisierung losging und die Ratifizierung losging. Dass dieses Happyland für weiße Menschen kreiert worden ist, dass sich weiße Menschen eben immer wohlfühlen. Also man kann sich das vorstellen wie eine Blase, in der man dann sich befindet und in der Blase fühlt man sich wohl, da geht es einem gut. Man ist als weißer Mensch eben immer die die gesellschaftliche Norm. Und das beschreibt sie eben in dem Buch, dass man, wenn man sich in diesem Happyland befindet. Eben nicht mehr wirklich wahrnehmen kann, was rechts und links von einem passiert. Und ich finde den Begriff sehr gut gewählt, weil er doch auf ganz andere Situationen auch übertragbar ist. Also eigentlich auf alles, wo sich Menschen auch in Randgruppen befinden. Also auch wir als Frauen zum Beispiel oder Menschen mit Behinderung. Und ja, queere Menschen. Das heißt, es ist immer eine eine unterschiedliche Blase, ein unterschiedliches Happyland. Und sobald man dann sich mehr zu den Thematiken befasst und beschäftigt, tritt man eben immer mehr aus diesem Happyland heraus und nimmt die Welt dann auch ganz anders wahr. Genau so würde ich das jetzt kurz gefasst erklären. #00:28:58-6#

Grazyna Wanat: Ja, sie meint auch, dass wir, wir weiße, privilegierte Menschen überhaupt nicht von diesem Privileg wissen, dass wir es überhaupt nicht wahrnehmen. Das man, wenn wir uns freuen, einen Job bekommen zu haben, dass jemand einen Job nicht bekommen hat, nur wegen der Hautfarbe zum Beispiel. Oder dass es Menschen neben uns gibt, die auf Anblick der Polizisten Angst bekommen, weil sie sie überhaupt nicht als Freunde und Helfer wahrnehmen. Weil sie ständig grundlos von der Polizei kontrolliert, festgehalten oder noch Schlimmeres. #00:29:34-6#

Samira Kariuki: Sie bezieht sich ja dann auch darauf, dass ja also dass es dieser Ort ist, in dem sich Weiße befinden, bevor sie sich mit Rassismus auseinandersetzen. Und wenn eben Weiße noch in diesem Happyland sind, das sie dann eigentlich gar nicht wahrnehmen, dass sie selbst auch vielleicht rassistisch handeln oder rassistische Äußerungen vorbringen, sondern dann denkt man halt immer ja okay, Rassismus geht nur von anderen aus, also von zum Beispiel extremen Gruppen und nur die können rassistisch sein, aber nicht eben einer, also man selbst auch und man wird sich eben durch dieses Happyland auch seiner eigenen Privilegien als weißer Mensch ja auch nicht bewusst, weil man eben noch in diesem Happyland ist und sich noch nicht mit Rassismus aktiv auseinandergesetzt hat und beschäftigt hat. Und ja, da das meint sie ja auch irgendwie damit, dass man sich danach noch nicht beschäftigt hat, was eigentlich um einen herum passiert. #00:30:33-8#

Grazyna Wanat: Ähm, Lena, ich habe dieses Interview mit dir gelesen und auch diese Adventszeit Geschichte. Als der eine Kindergarten erzählte, warst du glaube ich drei gesagt hat, dass du auf keinen Fall in einem Krippenspiel einen Engel spielen kannst, weil Engel so nicht aussehen. Und meint er das sich in Hinblick auf solche Geschichten was geändert hat in Deutschland und in Nürnberg? Wenn Benny und sie zum Beispiel eine Person in Nürnberg zum Christkind wurde. Wie war das für euch? Ist das, Hat das eine Bedeutung? #00:31:15-6#

Lena Meinhold: Also für mich hatte das auf jeden Fall eine sehr große Bedeutung, weil ich schon gemerkt habe Hey, da ist endlich mal ein Umdenken da. Gerade das Christkind hat ja sehr, sehr viel Tradition in Nürnberg und ist sehr tief verwurzelt in die Nürnberger Weihnachtszeit und Geschichte. Und ich fand es super toll und wir also auch so ein Umfeld. Die schwarzen Menschen um mich rum haben sich da alle total gefreut, dass das jetzt endlich mal passiert ist. Und ich habe tatsächlich dann ihre Schwester auch ein Jahr später, also letztes Jahr habe ich die Schwester kennenlernen dürfen und genau, also ich. Ich hatte schon das Gefühl, dass da was vorangeht. So natürlich noch viel zu langsam und es gibt immer noch genug Menschen, die sagen würden ja, Engel sehen nicht so aus Und ja, für mich als Kind war das natürlich eine ganz, ganz schlimme Situation. Ich weiß auch gar nicht mehr, ob das meine Kindergärtnerin war oder die Pfarrerin in der Kirche, aber es war für mich natürlich wahnsinnig schmerzhaft, dass ich jetzt, da als einziges Mädchen kein Engel sein durfte. Und meine beste Freundin und alle anderen waren halt dann Engel und so, Dieses Gefühl und diese Erinnerungen an damals ist natürlich bis heute sehr präsent und ich habe auch total geweint und war total schlecht drauf und musste dann eben einen Hirten spielen und fand das super unfair. Habe das natürlich überhaupt nicht mit Rassismus in Verbindung gebracht, aber ich würde sagen, das war so die erste präsente Erfahrung, die ich damit gemacht habe. Und ich, ich wünsche mir sehr, dass jetzt auch in Deutschland, auch in Nürnberg eben über die nächsten Jahre solche Dinge nicht mehr passieren oder weniger werden. Vielleicht auch durch unsere Arbeit oder hoffentlich durch unsere Arbeit, die wir leisten. Ja, dass Kinder einfach auch mit einer anderen Repräsentation irgendwie aufwachsen und ja, sich da dann auch wiederfinden und sagen Hey, guck mal, da ist jetzt eine eine Pussy als Christkind, also kann ich das auch mal werden. #00:33:21-6#

Grazyna Wanat: Eben. #00:33:21-9#

Lena Meinhold: Genau. #00:33:23-0#

Grazyna Wanat: Ja, das haben wir. Da hast du auch so ein Schlüsselerlebnis, dass du dich erinnerst? Ja. Dass dir bewusst geworden ist, dass du anders behandelt wirst als die anderen, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt. #00:33:36-5#

Samira Kariuki: Also jetzt nicht, dass ich mich jetzt speziell an ein bewusstes Erlebnis erinnern würde, jetzt in der Kindheit oder auf die Kindheit bezogen, ja, aber solche Erfahrungen wie jetzt eben Lena, die machen muss, sind natürlich schon sehr krass und verdeutlichen sehr genau, ja, worum es uns halt auch geht. Also auch hier beim BCF, weil es uns noch wichtig ist, dass wir als schwarze Menschen in Deutschland repräsentiert werden. Das ist eben für jedes Kind normal. Ist, einen schwarzen Menschen zum Beispiel in den Nachrichten zu sehen, einen schwarzen Menschen als Lehrer zu sehen. Es gibt sehr wenige schwarze Lehrer, zumindest in meiner Umgebung, da wo ich herkomme und einfach, dass man so aufwächst und so dieses Bild mitbekommt, dass man in diese Gesellschaft gehört und zu Deutschland gehört und hier in Deutschland auch alles werden kann, was man möchte und dann nicht nur als schwarzer Schauspieler einen Geflüchteten oder eine Geflüchtete spielen muss, sondern eben der Hauptcharakter ist und Kommissar oder Held Heldin, wie auch immer. Und ich denke, das ist ganz wichtig und das wollen wir auch mit unserem Bildungskonzept erreichen, mit dem wir an die Schulen gehen wollen, um über Rassismus aufzuklären. Und ich hoffe sehr, dass ich dieser, ja dieser Weg als nicht zu schwer erweist und dass wir da noch viel bewirken können, das auch viel in Deutschland sich noch verändert und man dann eben nicht mehr solche Erfahrungen machen muss, wie Lena sie eben als Kind machen musste. #00:35:10-7#

Grazyna Wanat: Es gibt ja dieses System Schule ohne Rassismus, wobei alle Schulen ohne Rassismus sein sollten und nicht mit diesem Label, oder? Aber wann eure Schulen auch schulen ohne Rassismus. #00:35:24-6#

Samira Kariuki: Also meine Schule war nicht eine Schule ohne Rassismus Schule mit Courage. Die hatte dieses Label jetzt nicht. Ich habe jetzt meine Schule trotzdem jetzt so erlebt als eine sehr inklusive Schule und auch relativ divers. Meine Schulzeit war an sich auch schön und jetzt nicht geprägt von rassistischen Erlebnissen. Und ja, ich hoffe, dass es so an anderen Schulen auch läuft und laufen wird. Auch wenn man eben nicht dieses Label hat. Ja, weil natürlich sollte jede Schule ohne Rassismus sein, wie du schon selbst gesagt hast. Und ich weiß nicht, ob du Lena bei einer Schule ohne Rassismus Schule mit Courage warst. #00:36:11-4#

Lena Meinhold: Nee, bei uns gab es das damals nicht. Ich bin ja inzwischen schon 31 und damals? Ich glaube, dass Schule mit Courage jetzt 25 Jahre alt sein müsste. Weil ich letztes Jahr auch einen bei diesem Event mit dabei war, als sie eben letztes Jahr, glaube ich. Gegen Ende des Jahres haben wir ein großes Event per. Es war kein Meeting, aber es war dann auch so eine. Eine, ja, eine Zelebrierung für mehr Offenheit und mehr Courage in Schulen. Ich war selbst auf keiner. Bei uns gab es das nicht. Und auch die Schulen, die jetzt natürlich schon diese Plakette haben, sind natürlich nicht frei von Rassismus. Das muss man einfach auch klar sagen. Das ist halt ein Ja, immer noch ein Wunschdenken, sage ich mal, und es muss einfach noch sehr, sehr, sehr viel passieren. Es reicht nicht, einfach so ein Schild an eine Schultür zu hängen und dann zu sagen wir sind frei davon. Weil eben Rassismus sich ja überall im System findet und natürlich auch in jedem Schulbuch präsent ist und ja auch viele, viele Lehrer das einfach in ihrer ja in sich tragen, weil wir alle eben Rassismen in uns tragen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft, also auch selbst wir schwarzen Menschen sind nicht frei davon, diese Rassismen mit zu erlernen und selber dann so zu denken oder zu handeln, was das Ganze auch so viel komplizierter macht in vielen Situationen. Und ja, aber ich hoffe natürlich, dass es auch weitergeht und dass sich da einfach noch einiges positiv verändern wird. Genau. Und das mit unserem Bildungskonzept man da auf jeden Fall dann ein erstes Zeichen setzen kann. Ja. #00:37:56-4#

Grazyna Wanat: Wenn du sagst Lehrer, auch dann ist es besonders erschreckend, weil man wenigstens von Lehrern Schutz erwartet. Und wenn dann auch Lehrer rassistisch sind, dann muss es besonders schlimm sein. Und was ich noch aufgreifen wollte, was Lena gesagt hat vorher, dass sie im Nachhinein manche Ereignisse von früher anders bewertet, dass sie dann später realisiert hat, dass etwas rassistisch war usw. Das finde ich auch besonders spannend. Und ich wollte fragen Hattet ihr dann zu Hause von den Eltern Unterstützung in diesem Thema? Wurde das thematisiert überhaupt? Oder musstet ihr jede für sich alleine mit dem Ganzen fertig werden, dass die Welt so ist und für sich diese Entdeckungen machen, oder? Ich meine, ob euch auch Eltern vorbereitet haben auf Rassismus und auch Strategien geliefert gegeben haben? #00:38:52-2#

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Lena Meinhold: Ja, also bei mir muss man sagen ich bin ja adoptiert. Also meine Eltern sind beide weiß und die haben sich natürlich schon mit der Thematik auseinandersetzen müssen. Bevor ich dann zur Welt kam, hat das Jugendamt eben gesagt, da ist ein schwarzes Kind auf dem Weg. Checken Sie bitte mal sich selbst und auch ihr Umfeld und die Familien, ob das überhaupt möglich und okay ist. Ich bin 90 geboren und da gab es natürlich noch nicht viele schwarze Kinder in Nürnberg oder auch in Deutschland. Und ja, meine Eltern waren da sehr offen für. Also mein Onkel ist auch sehr viel in Äthiopien gewesen, auch in Afrika gewesen, hat für die Welthungerhilfe gearbeitet und da war schon immer eine Offenheit da. Mein Cousin ist auch in Afrika geboren usw aber trotzdem sind, wie ich vorhin eben schon gesagt habe, auch meine Eltern nicht frei von Rassismus und von den Rassismen, die sie einfach durch die Gesellschaft erlernt haben. Und ja, weil es halt nie eine Bildung dazu gab. Also egal ob im Kindergarten oder der Schule oder der Uni, egal welchen Bildungsstand man hat in dieser Gesellschaft, es wurde eben nie erlernt und immer nur aus weißer Sicht behandelt die Geschichte, wie wir ja wissen und deswegen gab es keine keine richtige Vorbereitung. Also meine Mama Mama war das natürlich schon klar, dass ich es schwerer haben werde. Oder sie hat sich zum Beispiel auch immer Sorgen gemacht, wenn dann diese Naziaufmärsche in Nürnberg waren. Da hat sie mir und meinem Bruder gesagt Bitte geht heute nicht raus und passt auf euch auf und solche Sachen. Aber wenn mein Bruder und ich irgendwelche Rassismuserfahrungen gemacht haben, die wir damals ja noch gar nicht so als die verstanden haben, dann haben wir das mit uns selbst ausgemacht. Weil ich glaube, ich glaube auch heute, wenn ich so das noch mal bewerten muss oder wenn ich darüber nachdenke, dass ich wahrscheinlich unterbewusst dachte Was soll jetzt meine weiße Mama? Was soll ich meiner weißen Mama da erzählen? Das kann sie ja gar nicht verstehen, was ich da erlebe. So, und meine Mama hat dann. Wir hatten da vor einem Jahr oder zwei Mal so ein Gespräch mit also mein Bruder, sie und ich. Und da kamen dann auch immer mehr Geschichten noch zu Tage, die sie gar nicht wusste, weil auch ihr Freundeskreis immer wieder gefragt hat, wie es meinem Bruder und mir damit geht. Oder wie es uns generell geht, So in Deutschland. Und dann hat sie immer gesagt Ja, ganz gut. Und dann hatten wir dieses Gespräch und dann war sie total schockiert und hat dann gesagt Warum erzählt sie mir das nicht? Ich werde wie eine Furie in die Schule gekommen, bei ihren Freunden gegangen und hätte da auch also auf den Tisch gehauen. Aber wir haben uns, glaube ich, da einfach selbst nicht verstanden gefühlt, dass wir das dann einfach mit uns selbst ausgemacht haben oder wenn, dann überhaupt untereinander. Noch mal aber. Also mein Bruder ist auch adoptiert und schwarz und ja genau. #00:41:50-5#

Samira Kariuki: Ja, da ging es mir auch ähnlich. Also ich habe da nie irgendwie von meinen Eltern so eine Art Vorbereitung bekommen oder so, dass mir gesagt wurde Hey, es gibt Menschen, die sich dir ganz klar gegenüber rassistisch verhalten werden, äußern werden. Wie auch immer. Also nicht, dass ich mich jetzt aktiv daran erinnern würde. Und Rassismuserfahrungen habe ich auch nie an meine Mama, die auch weiß ist, irgendwie herangetragen. Habe das nie mit ihr geklärt. Ich habe auch einen sehr guten Draht zu meinen Großeltern, aber mit denen habe ich da jetzt auch nie drüber gesprochen, sondern das ja für mich ausgemacht. Und auch jetzt so in der Zeit, in der ich viel aktivistischer geworden bin und mich da jetzt auch dazu äußere. Und so gab es dazu in meiner Familie tatsächlich sehr wenige Gespräche darüber. Also ich denke, das Ja, hängt auch davon ab, wie man natürlich aufwächst. Also Lena mit weißen Eltern, ich mit einer weißen Mama und einem schwarzen Papa und so, da wurde jetzt nie wirklich mit mir darüber geredet. Ich wurde dann nicht darauf vorbereitet und ich habe das auch nie dann an meine Eltern herangetragen, sondern eben ja das für mich behalten. Und vielleicht ist es aber in Familien, in komplett schwarzen Familien anders. Ich weiß es nicht. Kann sein, dass vielleicht schwarze Kinder anders damit umgehen, wenn sie auch schwarze Eltern haben. Dass es in den Familien vielleicht anders thematisiert wird, früher thematisiert wird, offener thematisiert wird. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass ja, wenn man weiß ist und ein schwarzes Kind hat, selbst nicht so ganz weiß, wie man mit der Sache umgehen soll. Also da kann ich aber nur Vermutungen machen, weil ich weiß nicht, was sich meine Mama denkt, gedacht hat und wie sie mit dem Thema selbst umgegangen ist. Ich weiß, dass sie selbst eben auch Erfahrungen gemacht hat. Dadurch, dass ich und meine Geschwister schwarz sind und sie als Weiße eben auch mit uns Kindern natürlich auch unterwegs war. Das hat sie ein paar Mal von auch Erfahrungen erzählt, aber ob sie da jetzt das irgendwie aufgearbeitet hat oder dann irgendwie überlegt hat, wie sie es an mich herantragen möchte oder das mit mir verarbeiten möchte? Also ja, da weiß ich nichts. Da kam zumindest jetzt nichts irgendwie direkt so an, dass ich meine Mama auch nicht vorwerfen möchte. Überhaupt nicht. Ja, aber darüber gab es bei mir in der Jugend Kindheit keine Gespräche drüber. #00:44:33-2#

Grazyna Wanat: Habt ihr darüber nachgedacht? Würdet ihr das anders machen? Mit eigenen Kindern? #00:44:40-0#

Lena Meinhold: Ja, also das ist auch so eine. Das sind natürlich auch so Gedanken, die man da hat. Ich wollte nur ganz kurz noch auf meine Mutter zurückkommen. Also jetzt, wo ich so aktivistisch bin, ist sie natürlich auch total. Also von Anfang an hat sie mich da eh immer unterstützt. Hat auch Jahre vorher schon gesagt Lena, für dich wäre es so gut, da mal politischer zu werden, weil dir da einfach was fehlt. Und das hat sie auch immer gemerkt. Also meine Mutter und ich sind sehr, sehr verbunden auch miteinander. Und ja, ich hatte schon auch einige Streitgespräche mit ihr, seitdem ich jetzt aktivistischer bin und musste da auch richtig auf den Tisch hauen und sie schütteln, quasi im übertragenen Sinne, dass auch sie Rassismen noch in sich trägt, obwohl sie schwarze Kinder adoptiert hat. Und das war für sie am Anfang auch ganz, ganz schwierig, das in einen Kontext zu setzen. Und dann hat sie aber doch verstanden, was ich ihr damit versuche zu sagen, dass sie halt zu dieser Thematik einfach noch zu wenig Wissen hat. Und dann hat sie sich da auch total mit auseinandergesetzt und dann eben auch die die Bücher von Ellis und Booker gelesen und seitdem kann ich auch viel, viel besser mit ihr darüber sprechen, weil wir jetzt auf einem Level uns befinden. Davor war das so ein ungleiches und ja, auch für mich sehr, sehr, sehr anstrengend. Aber ich bin sehr froh, dass ich das gemacht habe, obwohl das auch für mich eine sehr schmerzhafte Erfahrung war, dass so erstmal so eine Ablehnung zu kriegen und so ein Unverständnis. Aber das hat sich jetzt Gott sei Dank verbessert. Und ja, mit eigenen Kindern. Also man hatte irgendwie ganz viele Gedanken, gerade auch, weil man sich jetzt so aktivistisch betätigt und einfach sehr tief in der Materie steckt und merkt, wie wie problematisch das Thema ist und wie strukturell es ist und man sich dann nicht nur wie vorher vielleicht Gedanken macht Oh Gott, jetzt was machen meine Kinder so durch mit meinen eigenen Erfahrungen, sondern jetzt auch systemisch verstehen lernt, was alles abgeht Und? Ja, da. Das ist auch so eine Frage, die ich auch noch gar nicht so richtig beantworten kann, weil ab wann ist das Kind alt genug, um wirklich dann so in die Vollen zu gehen und da alles zu erklären und das ist das auch wirklich aufnehmen kann, weil ich kann ja dann nicht mir meine ganze aktivistische Arbeit auf dem Kind abladen und sagen also pass mal auf. Also ich meine, das ist nicht so hochkomplexes Thema, dass auch ein kleines Kind das noch gar nicht greifen kann. Aber ich denke, bis wir Kinder haben, wird unser Bildungsbaustein fertig sein. Und dann können natürlich auch wir davon profitieren, für unsere eigenen Kinder da vielleicht dann was rauszuziehen. Ja, genau. #00:47:30-1#

Samira Kariuki: Ja, es ist ja auch eine schwierige Frage, sich damit zu befassen, ob man erst über Rassismus spricht, wenn das eigene Kind schon Erfahrungen gemacht hat oder schon davor. Was ich mich halt immer so frage, weil was ist denn, wenn mein eigenes Kind diese Rassismuserfahrungen dann nicht an mich heranträgt, so wie ich die auch nicht an meine Mutter herangetragen habe? #00:47:47-9#

Grazyna Wanat: Stimmt. #00:47:48-4#

Samira Kariuki: Und dann warte ich richtig lange und denk mir irgendwann so okay, mein Kind macht keine Erfahrungen, alles gut. Das wäre dann auch die falsche Herangehensweise. Aber andererseits möchte man dann ja auch nicht irgendwie in einem jungen Alter dann schon kommen und dann irgendwie sagen Ja. Hey, du musst dich gefasst machen auf das und das und das und auf Menschen, die dir mit Hass begegnen. Menschen, die dich blöd anreden, dich vielleicht sogar irgendwie körperlich angehen. Ja, und dann möchte man ja auch nicht die Angst quasi machen oder vor Rassismus. #00:48:20-9#

Grazyna Wanat: Und Verletzungen produzieren. #00:48:23-7#

Samira Kariuki: Ja, genau deswegen. Ich weiß es noch nicht. Mal schauen. Ja. #00:48:29-0#

Lena Meinhold: Ja. Ja. #00:48:30-0#

Grazyna Wanat: Und wie würdet ihr das Klima in Nürnberg, Stadt der Menschenrechte, bewerten? Wie ist das hier? Fühlt ihr euch hier sicher? Gibt es hier auch Clubs und Orte, wo man weiß, dass man unerwünscht ist? Und eben fühlt man sich sicher auf der Straße. #00:48:45-9#

Samira Kariuki: Ja. Also. Ja, das machst du zuerst. #00:48:52-1#

Lena Meinhold: Du kannst ruhig anfangen. Alles gut. #00:48:54-1#

Samira Kariuki: Ja. Also, ich selbst wohne wegen meinem Studium in Erlangen. Und ich habe mich hier in Erlangen immer wohl und immer sicher gefühlt und habe hier auch so ein bisschen so dieses Gefühl, dass Erlangen ja so ein bisschen als Studentenstadt auch sehr aktiv ist in politischen Themen, also gerade so mit Friedfuture. Und auch, dass es dann hier auch Demos gab, eben Silent Proteste im Juni 2020. So, deswegen habe ich mich hier immer wohlgefühlt und sicher und auch nie die Erfahrung gemacht, dass ich irgendwo nicht reingekommen bin aufgrund meines Aussehens, meiner Hautfarbe oder eben anderem. Natürlich hat man trotzdem Alltagsrassismus, Erfahrungen. Die macht jeder Mensch. Die macht man überall in Deutschland, die kann man nicht umgehen. Aber ich für mich kann nur für mich sprechen, dass ich mich hier sicher fühle und wohlfühle. Und auch wenn ich in Nürnberg bin, mich ja da jetzt nicht eingeschränkt fühle im Sinne von, dass ich nirgendwo reingelassen werde, in Clubs zum Beispiel. Aber vielleicht hat Alena andere Erfahrungen gemacht, weil sie ja schon ihr ganzes Leben in Nürnberg gelebt hat. #00:50:08-5#

Lena Meinhold: Genau. Also ich habe so verschiedenste Erfahrungen gemacht, würde ich sagen. Also es gab die Erfahrungen, dass ich von von Menschen im Bus halt rassistisch beleidigt worden bin. Da war ich so 13, 14, da ging das glaube ich los, dass mich Leute grundlos, wie ich das damals empfunden habe, angeschrien haben, ich soll doch zurück in mein Land gehen. Und das ging so weit, dass ich sogar da war, ich glaube so 15, 16. auch Körperverletzung erfahren habe am eigenen Leib und es damals aber auch gar nicht als Körperverletzung wahrgenommen habe, sondern ich mich, wie es ja so oft passiert, wenn Menschen Gewalterfahrungen machen müssen oder Missbrauch oder so, sich dann als Opfer sehen. Also nicht nicht als Opfer sehen, sondern einfach so einfach dieses Schamgefühl da ist. Und das war bei mir eben auch Ich habe mich einfach geschämt dafür oder bzw vor den anderen Menschen, die da anwesend waren, obwohl ich ja eigentlich die war, die gerade verletzt worden ist. Und natürlich habe ich es auch nicht zur Anzeige gebracht und dann nicht irgendwie weiter. Bin dem nicht nachgegangen, sondern es war dann so ja, das ist halt passiert und irgendwie Schwamm drüber. Und was das Nachtleben angeht, also ich war immer groß unterwegs, ich war halt ich hatte sehr viele Freundeskreise hier und war halt in allen möglichen Clubs bzw ich würde auch sagen fast in allen Clubs in Nürnberg feiern. Ich habe sowohl erlebt, dass ich mal nicht reingekommen bin. Da waren wir eine Gruppe von weiß ich nicht zehn Leuten. Ich war die einzige. Nicht reingelassen wurde auch die einzige schwarze und das war auch das erste und letzte Mal, das ich erlebt habe, dass die eine Freundin von mir sich da wirklich lautstark für mich aufgeregt hat und gesagt, es geht gar nicht und den Laden auch richtig beschimpft hat, sich das Geld zurückgeben lassen hat und mit mir heimgefahren ist im Vergleich zu allen anderen. Das war so das erste Mal, da steht gerade jemand für mich auf. Ich habe das aber damals auch nur so als unangenehm wahrgenommen und als peinlich für mich und nicht als Rassismus Erfahrung. Und ansonsten bin ich aber immer überall reingekommen, Was mir natürlich aber in den Clubs dann aufgefallen ist, dass ich natürlich immer mit die einzige schwarze Person war in den in den Clubs und die einzigen Personen, die noch schwarz waren, waren halt dann das Personal. Und das war auch kein schönes Gefühl. Genau. Und ansonsten würde ich schon sagen, dass obwohl ich diese ganzen Erfahrungen gemacht habe, ich trotzdem gerne in Nürnberg wohne und gerne hier auch irgendwie ja einfach zu Hause bin, ich aber schon merke, dass es halt in vielen Punkten einfach nicht so, dass ich nicht so frei sein kann, wie ich gerne hätte. Weil eben ja auch Alltagsrassismus schon bei Blicken anfängt. Und das ist natürlich schon sehr extrem. Also ich habe auch das Gefühl, dass es seit der Geflüchtetenpolitik Sache, die so groß geworden ist, dass ich noch mehr komisch angeschaut wurde in urbanen und sonstwie. Und das belastet einen natürlich auch. Und ich werde auch im Sommer ja nach Berlin umziehen und freue mich sehr darauf, weil einfach Berlin nochmal viel, viel offener ist als Franken. Und ja, ich halte auch die letzten zwölf Jahre immer wenn ich in Berlin war, richtig gemerkt habe, wie frei ich da eigentlich sein kann. Und ja, ich glaube auch das erste Mal, dass ich das im Urlaub gemerkt habe, dass keiner mich anstarrt, weil in Paris, da habe ich eben in einem Viertel gewohnt, wo nur schwarze Menschen waren. Und da war dann meine Mutter, die, die angestarrt wurde. Und das war so die erste Situation, wo ich das mal erleben konnte. Ja, ich würde sagen, es ist sehr durchwachsen. Also leider ist es mit, also mit Rassismus eben so, dass man das ja nicht plant. Man weiß ja nicht, wann kommt der Rassismus einem entgegen. Das heißt, man läuft halt als schwarzer Mensch oder auch Mensch, der Rassismuserfahrungen machen muss, immer quasi mit so einer geduckten Haltung durchs Leben und weil es halt immer und jeden Tag passieren kann. Also ich sage das auch immer so, dass wenn ich mich morgens irgendwie fertig mache und ich habe einen coolen Tag vor mir und gehe dann aus der Haustür raus, ist eben mein Safe Space nicht mehr da. Und ab dem Zeitpunkt ist es mir auch schon öfter aufgefallen, das ich dann total glücklich das Haus verlasse und in einer guten Stimmung bin. Und dann kommen die ersten Menschen vorbei, die mich schon so anstarren. Und dann habe ich direkt so eine Wut in mir und denke mir so, warum guckst du so? Ich sehe super gut aus heute. Ich habe super Laune. Und was soll das jetzt eigentlich? Also ja, so kann man es eigentlich sagen deswegen ich fühle mich schon sicher irgendwo auf der einen Seite, wenn ich nicht drüber nachdenke, auf der anderen Seite weiß ich einfach nicht, was, was oder wer da um die Ecke kommt und irgendwie ja hier sonst was will. Also das ist halt leider so ein stetiger Begleiter, den man halt trotzdem hat. #00:55:12-2#

Grazyna Wanat: Zum Thema Sicherheit und Safe Space gibt es einen bestimmten Zusammenhang mit dem Thema Polizei? Bundesinnenminister Horst Seehofer ist gegen eine Studie, die rassistische Tendenzen in der Polizei untersuchen sollte. Racial Profiling sei schließlich verboten. Und was sagt ihr dazu? Und würdet ihr, Habt ihr Vertrauen zur Polizei? Würdet ihr ohne Bedenken 100 null in einer bedrohlichen Situation anrufen? #00:55:46-2#

Samira Kariuki: Also wenn ich erst mal auf die Situation mit Horst Seehofer eingehen soll und kann und muss, dann genau dann, dann würde ich da wirklich ganz klar auf gut Deutsch sagen, dass das einfach Blödsinn ist. Man muss es einfach so sagen Es ist Blödsinn zu sagen, Profiling passiert in der Polizei so nicht. Wir müssen es nicht untersuchen, weil Racial Profiling verboten ist. Ja, dann würde auch kein Diebstahl von mehr auftauchen. Dann dann würde sonst. Dann würden keine Schlägereien mehr auftreten, keine Vergewaltigung, was auch immer. Schrecklichere Verbrechen, weil es verboten ist. Okay. Also das ist für mich einfach Blödsinn und ich finde, gerade weil man das auch Ende letzten Jahres gesehen hat, dass mehrere, ja rassistische Gruppenchats innerhalb der Polizei aufgetreten sind, dass man da das nicht einfach zu verallgemeinern kann und sollte und dann diese Studie ablehnt. Man sieht es. Es gibt solche Gruppen, solche Gruppen bestehen und selbst wenn da jetzt vielleicht nur zehn Leute drin waren oder 20 von mir aus. Wer sagt, dass es nicht mehr solche Gruppen gibt, mit vielleicht sogar noch mehr Leuten drinnen, die in der Polizei arbeiten? Und man hört immer wieder von Vorfällen die Racial Profiling und ähnlichem. Und für mich ist es einfach unverständlich, wie man das dann einfach so runterspielen kann. Diese Erfahrungen, die schwarze Menschen und People of Colour in Deutschland gemacht haben, mit der Polizei, die man diese Menschen nicht ernst nehmen kann und dann einfach sagt Nein, wir brauchen diese Studie nicht. Und sich damit einfach, ja komplett taub stellt, also wirklich dann nicht darauf eingeht, was Menschen für Erfahrungen berichten, die sie gemacht haben, die eben rassistisch waren und von der Polizei ausgingen. Und das finde ich wirklich, ja bedauerlich, erschreckend und und unverständlich. So das zu der Sache mit Horst Seehofer. Und ich selbst habe zum Glück noch keine schlechten Erfahrungen mit der Polizei gemacht. Also persönlich nicht. Ich habe schon von Freunden gehört, die dann eben zum Beispiel angehalten und kontrolliert wurden als einzige schwarze Person in einer Gruppe von weißen Menschen. Das habe ich schon mitbekommen. Mir persönlich ist es nicht widerfahren und ich persönlich würde in einer bedrohlichen Situation auch auf jeden Fall die 100 null wählen und dann darauf vertrauen und hoffen, dass wir dann in dieser Situation natürlich nichts Schlimmes passiert, nichts Rassistisches passiert. Genau das ist so ein bisschen dieses Vertrauen in die Menschen, das ich noch nicht verloren habe, das ich auch nicht aufgeben möchte. Egal wie viele Rassismuserfahrungen man macht. Und für mich persönlich ist es auch wichtig, dieses Vertrauen nicht aufzugeben, Sonst würde ich auf der Straße rumlaufen und von jedem erwarten, dass er mir gleich blöd daherkommt, rassistisch, rassistisch daherkommt. Also ja, deswegen. Ich würde einfach nur wählen und darauf vertrauen. Aber ich kann auch Leute verstehen, die selbst schlechte Erfahrungen gemacht haben mit der Polizei und die dann sagen nein, ich würde nicht mehr die 100 null rufen, ich würde vielleicht irgendwie enge Familienmitglieder anrufen oder irgendjemand anderen zu Hilfe rufen. Vielleicht Menschen, die in der Situation daneben in der Nähe stehen. Wie auch immer. Also, weil ich das wirklich verstehen kann, wenn man einmal so in dem Vertrauen verletzt wurde von der Polizei, die ja einfach jedem helfen sollte in Deutschland, egal welche Staatszugehörigkeit aussehen, ja Ethnizität, dann kann ich es auf jeden Fall nachvollziehen. Aber da ich noch keine Situation hatte, ja, würde ich trotzdem noch anrufen. Ja, wie sieht es bei dir aus, Lena? Ja. #00:59:54-0#

Lena Meinhold: Also was das Racial Profiling angeht ich erlebe das seit ich überlege jetzt gerade zwölf Jahren auf jeden Fall. Also seit ich meinen Führerschein habe, werde ich jedes Jahr angehalten und rausgezogen. Und das hat bei mir natürlich schon diese Wunden hinterlassen und diese Narben, das. Wenn ein Polizeiauto an mir vorbei wird, bin ich nervös und auch. Also egal ob ich im Auto bin, auf dem Fahrrad oder laufe. Das ist da ist einfach immer so ein unbehagliches Gefühl da, das kann ich nicht abstreiten. Und ja, wenn man dann halt einfach angehalten wird und dann direkt begrüßt wird mit na vom Inhalt, welche Drogen haben Sie heute konsumiert, dann ist natürlich direkt so ein Ja, also man wird halt direkt abgewertet und abgestempelt, in diese Schublade gesteckt und es ist einfach kein schönes Gefühl, weil man sich halt. Also ich habe von Anfang an gelernt, immer ruhig zu bleiben und auch nicht pampig zu werden, weil ich halt immer Angst hatte. Ja, sonst geht das ganze Spielchen noch weiter, aber ich wurde da teilweise wirklich sehr schikaniert auch und. Also deswegen ist die Frage für mich auch geradezu interessant, weil ich mir denke, ich würde trotzdem die 110 wählen. Wahrscheinlich weil es halt einfach die Notrufnummer ist, die man eben wählt, wenn irgendwas passiert. Aber jetzt somit mit dem heutigen Wissen und auch so meiner meiner Funktion, die ich jetzt als Aktivistin habe, weiß ich natürlich auch besser, wie ich in der Situation reagieren kann. Also diesen Schutz hatte ich damals nicht. Dass ich quasi so meine Rechte besser kannte und wusste, wie ich in der Situation dann mit den Beamten umzugehen habe. Sondern man war einfach immer total eingeschüchtert und hat einfach versucht, dass die Situation irgendwie schneller vorbei ist. Und ja, aber. Also ich kann auch jeden verstehen, der da kein gar kein Vertrauen mehr hat in die Polizei und wie gesagt auch ich. Ich habe so also ich. Ich mache jetzt seit drei Jahren, vier Jahren mache ich Promotion und wir waren da eben in der Stadt und haben da eben für so ein Tabakprodukt geworben und wissen eben, dass viele Polizisten und auch bei der Bundeswehr und so wird dieser Tabak eben gerne konsumiert. Und dann meinte meine Freundin eben, die selbst weiß es so Hey, lasst euch die Gruppe anquatschen, da stehen gerade so viele Polizisten, Die können wir doch mal fragen. Und ich dann direkt. Ich habe dann direkt so ein Herzklopfen gekriegt und dachte mir so ja, ähhm und wollte da gar nicht hingehen und bin dann auch immer so ein Stück hinter ihr gelaufen, habe mich immer so ein bisschen unwohl gefühlt und immer irgendwo anders hin geguckt und hatte auch gar keinen Bock mit den mit dem Polizisten da zu sprechen, weil mich das. Also mir verschafft es einfach Unbehagen, obwohl ich jetzt ein Mensch bin, der Angst hat, generell Angst hat oder sich irgendwie ängstlich fühlt. Aber in solchen Situationen ist es für mich immer so eine so eine Sache. Also jetzt zum Beispiel auch mit dem Lockdown. Ich achte halt pingelig darauf, dass ich irgendwie immer vor der Zeit zu Hause bin und wenn es dann irgendwie doch später ist, dann bin ich halt viel nervöser als jetzt. Meine Mama zum Beispiel, die in ihren 69 Jahren, die sie jetzt alt ist, noch nie. Ich glaube, einmal wurde sie angehalten, hat mir erzählt, meine Mama ist halt blond und blauäugig. Ähm, ja, also deswegen. Ich habe diese Erfahrung halt gemacht. Ja. #01:03:18-0#

Grazyna Wanat: Und ich denke in diesem Zusammenhang, ausnahmsweise ist es von Vorteil, dass ihr Frauen seid, Weil ich glaube, jungen schwarzen Männer geht es noch ein Stück schlechter in diesem Zusammenhang. Polizei oder Einlasskontrolle und so Geschichten. #01:03:32-8#

Samira Kariuki: Die werden da mehr stigmatisiert auf jeden Fall und eben viel eher gesehen als dieser, ich nenne es mal in Anführungsstrichen bedrohlicher Typ, also ein schwarzer junger Mann. Das ist doch jetzt vielleicht jemand, der irgendwie was ausgefressen hat, oder? Ja, und da bekommen die noch mehr Stereotype ab und werden mehr stigmatisiert. Und ich denke, dass da die Männer schwarze Männer schon mehr Erfahrungen mit machen und vielleicht auch heftigere Erfahrungen. Ja. #01:04:06-5#

Lena Meinhold: Auch so in Nürnberg, muss man sagen. So, als ich früher weggegangen bin, waren die Türen in Nürnberg in den Nürnberger Clubs einfach sehr rassistisch. Es hat nicht nur schwarze Menschen betroffen, sondern es hat auch meine ganzen anderen Freunde betroffen, die dann wirklich nicht in Clubs reingekommen sind und die Frauen dann halt irgendwie doch noch. Das ist halt so eine Sache. Genau. Aber ja. #01:04:32-2#

Grazyna Wanat: Worüber ich noch sprechen wollte, unbedingt ist sind Role Models, also Empowerment und Vorbilder. Warum sind Vorbilder wichtig? #01:04:46-0#

Samira Kariuki: Also ich denke, jedes Kind hatte in seiner Kindheit ja irgendwie einen Held, eine Heldin aus Büchern, aus Filmen, zu dem man dann aufblicken kann und von dem man dann irgendwie schwärmen kann, weil dann diese Person besondere Attribute hat, besondere Persönlichkeiten, irgendwelche besonderen Merkmale und man sich dann so denken. Ich möchte auch so werden wie der oder die. Und deswegen sind ja einfach Vorbilder. Und ja, so, so rollen Rollenbilder. Ganz wichtig für die Entwicklung finde ich einfach, dass man so weiß okay, diese Werte sind mir wichtig, diese Merkmale sind mir wichtig und ich möchte so und so sein. Oder ich finde das irgendwie besonders toll an der Person, weil sie das und das gemacht hat. Sei es jetzt eine fiktive Person oder auch eine Person in der Öffentlichkeit. Und deswegen ist die Repräsentation von schwarzen Menschen in Deutschland halt auch so super wichtig, weil ich auch als Kind das nicht wirklich hatte. Also wie gesagt, ich hatte nie einen schwarzen Lehrer, eine schwarze Lehrerin, dass ich mir so gedacht hätte. Ich möchte vielleicht Lehrerin werden und ich persönlich zumindest hatte auch keinen schwarzen Kinderarzt, keinen schwarzen, irgendwie im Krankenhaus, keine schwarzen Ärzte wirklich gesehen. Deswegen ist es schon irgendwie schade und wenn man sowas nicht mitbekommt und dann sowas auch nicht mitbekommt in Filmen, weil in Filmen dann immer die weißen Kinder die Helden sind und weiße Figuren hauptsächlich vorkommen, dann ist es halt irgendwie, dann fehlt einem was und man möchte auch jemanden haben, der so aussieht wie man selbst, der vielleicht die gleichen Haare hat, vielleicht die gleichen Probleme hat, aber diese Probleme bewältigen kann. Einfach das man sieht so, ich kann es schaffen was besonderes zu werden Und für mich war dann auch dieser Film Black Panther Total Empowerment, weil ich in diesem Film hauptsächlich schwarze Menschen gesehen habe, die eben aber nicht irgendwie dargestellt wurden als irgendwelche schlechten Charaktere ohne Fähigkeiten, die nichts konnten oder so, sondern als starke Figuren und die eben dann Helden und Heldinnen waren in diesem Film. und ich denke jetzt auch immer als Kind mit so einem Film und mit ähnlichen Filmen aufwächst, dann dann gibt es einem was, dann gibt es eine Stärke und man denkt sich so, das sind irgendwie Helden, zu denen ich aufblicken kann, die sehen genauso aus wie ich. Die haben es dazu gebracht und ich möchte das auch schaffen. Und das ist einfach das, was eine Stärke gibt. Und ich finde das super wichtig, wenn man als Kind mit jemandem aufwächst, sei es in einem Buch oder wie gesagt, schon irgendwie in den Nachrichten, als Lehrer, als Lehrerin, als Arzt. Wenn man einfach aufwächst und sieht, da sind Personen, die sehen so aus wie ich und die sind kompetent oder haben irgendwelche erstrebenswerten Werte oder Merkmale, dass das einfach eine Stärke gibt und so ein bisschen dieses Vertrauen. Ich kann es in Deutschland und in dieser Welt auch schaffen, zum Beispiel Lehrer Lehrerin zu werden oder Nachrichtensprecherin. Ja, deswegen finde ich so Repräsentation total wichtig und solche Vorbilder einfach. #01:08:07-3#

Lena Meinhold: Und ja, also ich sehe das auch so wie Samira, dass ich auch in einer Zeit groß geworden bin, wo eben für keine Repräsentation stattgefunden hat. Ich muss sagen, meine Mama war in dem Punkt auf jeden Fall so, wo sage ich jetzt mal, dass sie uns schwarze Puppen geschenkt hat oder mir schwarze Puppen geschenkt hat. Barbiepuppe gab es natürlich damals noch keine Schwarzen, aber ja, in Kinderbüchern oder auch in der Bravo usw gab es halt einfach keine schwarzen Menschen und man hat quasi sich nie selbst kennenlernen können. Auch und wie Samira schon gesagt hat, hat man dadurch auch nie gelernt, sich irgendwie in Berufsfeldern zu sehen, weil es einfach keine Repräsentation gab. Und ich muss auch sagen, ich habe selbst letztes Jahr, als ich diese Idee dann hatte, mit der Moderation, dass ich gerne in diese Richtung gehen würde, hatte ich gleichzeitig dann wieder mir selbst so einen Dämpfer verpasst und mir gedacht So. Na ja, in der deutschen Medienwelt gibt es aber halt immer noch so wenig schwarze Menschen und PCs, dass ich dann dachte ja, ist das überhaupt eine gute Idee, das zu machen, weil ich gar nicht weiß, ob ich da überhaupt die Chance, da so rein zu kommen, egal wie. Wie gut ich dann quasi bin. Und ja, ich finde das jetzt auch mit meinem Modeln sehr, sehr schön, dass ich da jetzt einfach so einen Weg gefunden habe, wie ich da so ein bisschen besser repräsentieren kann und in so eine Funktion gerade komme, wo ich Menschen irgendwie empowern kann. Auch dadurch, weil ich mir sehr wünsche, dass natürlich auch die die ganze Medienlandschaft oder auch die Fashionwelt sich also endlich so weiterentwickelt, dass eben auf Werbung, Plakaten oder auch in Fernsehwerbungen und auch in Filmen usw mehr schwarze Menschen zu sehen sind. Und ja, hoffe einfach, dass es besser wird und das da einfach. Auch wenn Deutschland da sehr, sehr langsam ist. Was das Thema Diversity angeht, merkt man ja auch im Thema Körper, dass wir da doch auf einem langsam aber auch richtigen Weg sind. Da sind natürlich die USA oder England einfach schon viel weiter. Aber ja, bleibt. Bleibt alles sehr spannend. #01:10:32-5#

Grazyna Wanat: Das stimmt. Wenn wir beim Thema Körper sind, dann will ich noch bitte über Haare als Politikum sprechen. Wie politisch Frisuren sein können, beschreibt die nigerianische Bestsellerautorin Samantha Attica sehr schön in diesem Buch Americana. Für mich war das auch die erste Lektion zu diesem Thema. In einem Interview hat sie gesagt, dass sie sich sicher ist, dass Barack Obama den US Wahlkampf um das Präsidentenamt verloren hätte, wenn seine Frau ihre Haare nicht geglättet hätte. Umwerfend. Unglaublich. Und tatsächlich stimmt das, dass Michelle Obama während der Amtszeit ihres Mannes ausschließlich mit geglätteten Haaren zu sehen war. Und erst danach zeigte sie sich ab und zu mit ihren Naturlocken. Warum ist das so ein Statement? #01:11:33-6#

Lena Meinhold: Ja, warum ist das so ein Statement? Weil eben Afro immer noch nicht als schönes Haar wahrgenommen wird. Schwarze Menschen werden bis heute ja auch noch nicht als Schönheitsideal wahrgenommen, sondern wir sind immer noch weltweit gesehen, also nicht nur in Deutschland. Streben alle Menschen immer noch nach diesem eurozentrischen Bild? Bzw. Die Gesellschaft strebt danach Und Afro gilt einfach als ungepflegt, das Haar nicht zählbar, nicht erkennbar usw. Da gibt es ja ganz ganz viele Vorurteile. Und ja, also ist natürlich auch alles zurückzuführen auf die Kolonialzeit. Das uns auch das oder das schwarzen Menschen eben auch das genommen wurde, ihr Haar so zu tragen, wie sie es gerne tragen wollen würden. Und da eben ganz viele Frauen damals schon damit angefangen haben, dann auch ihre eigene abzulehnen und nicht mehr schön zu finden und ihre Haare zu glätten, damit sie eben mehr europäisch aussehen, um dann eben auch im Job und in der Öffentlichkeit besser dazustehen. Also ich kann das total nachvollziehen. Bei mir war das auch so, ich bin halt aufgewachsen in einem Umfeld, wo es immer nur glattes Haar, das tolle Haar war. Wir kennen ja alle diese Haarwerbungen, wo dann ein weißes Model auf topierte Haare bekommt, die dann so afro ähnlich aussehen. Und dann benutzt sie eben das Shampoo und das Haar wird sein glatt und glänzt nur noch. Genau da wird einfach ein ganz, ganz falsches Bild vermittelt. Aber das ist halt auch schon seit vielen, vielen Jahren so, Also Werbung muss sich da auch grundlegend verändern. Und ja, deswegen ist natürlich das auch, was Michelle Obama erlebt hat. Also ihr war das natürlich bewusst, dass sie mit Locken nicht so ernst genommen wird wie mit glattem Haar. Und auch ich habe meine Haare sehr, sehr lang geglättet, weil ich meine Haare eben so nicht wie es war, nicht annehmen wollte und um mich herum alle glatte, tolle Haare hatten und ich das auch immer als tolles Haar gesehen habe und habe dann erst vor sechs Jahren angefangen, meinen Blog zu tragen. Und das ist jetzt auch für mich natürlich so ein politisches Statement, einfach stolz auf meine Haare zu sein und meine Haare mehr lieben zu lernen und zu sagen das ist okay, wie meine Haare sind. und da nicht. Ja mich selbst quasi runter zu machen und als nicht schön wahrzunehmen. Aber es ist natürlich ein langer, langer Prozess gewesen, das so anzunehmen. Mein Bruder hat mich eigentlich in diese Richtung gekickt, da waren wir in Amsterdam und ich habe meine Haare dann schon nicht mehr geglättet, habe sie aber trotzdem im Dutt getragen, weil ich so hässlich fand, sie offen zu tragen. Und dann hat er gesagt Schau dich doch mal um, hier sind so viele schwarze Menschen mit Afro, mach jetzt deinen Dutt auf. Und dann hat er mich quasi gezwungen dazu. Und das war wirklich das erste Mal, dass ich das so frei offen getragen habe. Und es war so ein schönes Gefühl für mich, auch selber einfach mehr zu mir zu stehen und hab das dann da total genossen in Amsterdam. Aber dann kam ich zurück nach Nürnberg und war dann erst mal so, aber für Nürnberg ist es jetzt schon wieder sehr exotisch. Ist ja auch so ein Wort, ne? Und habe mich dann da anfangs auch erst nicht so getraut, dann mit dem Haar so rumzulaufen. laufen. Also ich kann das total verstehen. Und so geht es ganz, ganz, ganz vielen schwarzen Menschen, vor allem Frauen, die da ja auch einen totalen Knacks haben. Mich haben auch schon ganz viele schwarze Frauen, die ich nicht kannte, im öffentlichen Leben irgendwo angesprochen gesagt Wow, das ist so toll und ich würde das auch so gerne machen, aber ich traue mich einfach nicht. Und ja, das ist natürlich sehr traurig, wenn wenn dann solche Kommentare kommen, dass Menschen sich nicht trauen, ihre eigene, also ihr eigenes Haar so zu tragen, wie es eben eigentlich sein sollte. #01:15:31-2#

Samira Kariuki: Na ja, was halt eben vor allem daran liegt, das ja dieses Bild vermittelt wird. Afro oder eben die Locken offen zu tragen, weil dann irgendwie wild oder ungezielt und eben nicht professionell. Und da kann ich jeder total nachvollziehen, weil ich als kleines Kind auch dann immer mit den Küchentüchern von meiner Oma auf dem Kopf rumgelaufen bin, weil ich dann eben so getan habe, als hätte ich dann lange Haare, so wie meine ganzen Freundinnen im Kindergarten und dann später in der Grundschule, weil ich eben auch langes, glattes, blondes Haar haben wollte und weil es halt überall so präsentiert wird. Ich habe mit Barbies gespielt, ich habe mit Puppen gespielt und die hatten immer blondes, langes Haar. Das war immer glatt und es war nie im Afro. Es hatte vielleicht Wellen, aber keine Locken. Und das ist einfach sehr schade, dass man da dann von Grund auf und von klein auf vermittelt bekommt. Ein Haar offen zu tragen ist nicht schön. Schön ist langes Haar, glattes Haar und am besten noch blond. Und das ist eben dieses eurozentrische Bild. Und es ist wirklich ja so tief verankert, finde ich in einem. Also das zum Beispiel auch mir persönlich es lieber ist, wenn ich jetzt zu einem Vorstellungsgespräch geht für ein Praktikum oder so, dass ich dann merke ich oder dass ich so weiß, okay, ich trage jetzt meine Haare bewusst im Dutt, weil irgendwie in mir drinnen dann doch nicht ganz traue, mit einem Afro zu einem Bewerbungsgespräch zu gehen, weil ich eben seriöser und kompetenter rüberkommen möchte. Und dann mache ich meine Haare zu und frag sie im Dutt und halt eben nicht offen. Das ist wirklich traurig, aber so ist es eben. Und so war es eben bei Michelle Obama auch. Und so ist es bei vielen schwarzen Frauen. #01:17:07-5#

Grazyna Wanat: Aber kann man das so eine Michelle Obama nicht ein bisschen übel nehmen, dass wenn sie schon in solche Positionen war? Ihr Mann wurde schon gewählt. Das sieht dann eben nicht ein bisschen mehr Mut aufgebracht hat und diesen Statement eben nicht gemacht hat. #01:17:23-0#

Lena Meinhold: Ich würde es ihr nicht übel nehmen. Also ich kann es tatsächlich nachvollziehen. Sie hat ja davor schon so viel Kritik einfahren müssen, allein in der in der Wahlkampagnen Zeit, dass sie sich da so in den Vordergrund drängen würde und so die laute schwarze Frau ist. Und auch eine Michelle Obama ist einfach nur ein Mensch, der versucht so gut es geht eben zu repräsentieren, was sie ja auch bis heute, also sehr stark tut. Und sie war einfach, obwohl sie in dieser Position war, nicht so frei, dass sie hätte einfach machen können. Also das ist leider so ein bisschen der Irrglaube, den man da oder der Wunsch, den man da hätte. So, warum macht sie das jetzt nicht einfach so? Aber der Druck ist da in dieser Position glaube ich so unfassbar hoch. Also nicht nur bei ihr, sondern auch bei bei schwarzen Sängern oder Artists. Es ist ja nichts anderes. Eine Beyonce siehst du nie mit Afro. Sie trägt immer Perücken. Und das hat halt Gründe, weil es einfach so, so tief strukturell verankert ist. Dieses Rassismusproblem, dass selbst eine Beyonce, die irgendwie die, die die Queen of ja Black Music ist oder auch HipHop ist, dann trotzdem nicht macht, was sie will, sondern da immer sich noch an bestimmte Dinge hält. Und ja, also genauso wie mit diesen Bleaching Cremes usw dass schwarze Frauen auf Covern heller gemacht werden usw Das sind halt alles so Problematiken, die halt immer noch da sind. Und ja, also ich würde es ihr nicht vorwerfen. #01:19:06-0#

Samira Kariuki: Nicht an den Haaren. Ja, ja, ja. #01:19:10-3#

Lena Meinhold: Ja ja, weil man da einfach so eingeschränkt wird. Und wie Samira schon gesagt hat, auch ich bin bei Vorstellungsgesprächen oder auch bei Interviews oftmals mit einem Dutt aufgetaucht und nicht mit dem mit dem Afro, weil ich irgendwie dachte Ja, das wirkt jetzt nicht, ich wirke da nicht so professionell. Also auch ich habe eben diese Rassismen verinnerlicht und das ist doch immer wieder erstaunlich, wenn man sich da selbst dabei ertappt, wie man da selbst auch noch von eingenommen ist. #01:19:41-7#

Grazyna Wanat: Das ist erschütternd. Also man könnte bestimmt dieses schreckliche Experiment, wo man einem kleinen Kind verschiedene Puppen gezeigt hat, könnt ihr bestimmt auch gute Puppe und böse Puppe zeigen. Das Kind hat das die weiße Puppe als gute Puppe und die schwarze als böse Puppe definiert. Das ein kleines Kind, ein kleines schwarzes Kind. Und das ist ganz ganz schrecklich. Ja, es ist alles so spannend. Also ein Thema eröffnet gleich den nächsten Themen. Aber wir reden schon so lange. Ich glaube, jetzt kommen wir zum Schluss. Ich will nur sagen, dass ich auch für mich eine Lektion, mehrere, aber auch eine Lektion herausnehmen möchte aus diesem Gespräch dass wir weiße, privilegierte Menschen auf jeden Fall unsere Hausaufgaben machen müssen und uns bilden müssen und lesen und zuhören und einfach mehr Empathie entwickeln und unsere Privilegien auch checken. Und es gibt einige tolle Bücher. Einige haben wir schon genannt. Alles werde ich in unseren Shownotes schreiben. die Titel und Links und auch spannende Podcasts und Profile von Menschen in sozialen Medien. Da gibt es einiges, wo man sich wirklich super bilden kann und das werde ich empfehlen. Und zum Abschluss will ich auch noch auf das Buch von Alice Masters zurückkommen, mit dem wir das Gespräch angefangen haben und auf unsere Veranstaltung hinweisen, die am 29. April stattfinden wird. Mit dieser Veranstaltung beginnen wir eine neue Reihe unter dem Titel Sachbuch des Monats. Diese Reihe werden wir alle vier Wochen ein anderes Sachbuch vorstellen und besprechen und diskutieren. Und wir starten die Gespräche mit dem Buch Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten. Von Alice heißt es eben und moderieren das Gespräch. Wird Samira das? Hoffentlich wird die Veranstaltung in Präsenz stattfinden können. Ende April. Und wenn ja, dann sehen wir uns in dem Hof des Herrn Schießhauses. Open Air. Und sonst machen wir das online. Also auf jeden Fall kann die Veranstaltung stattfinden und einen Platz kann man buchen, indem man auf unserer Bildungszentrum Webseite nach Sachbuch des Monats sucht. Und jetzt möchte ich mich nur noch bei euch bedanken, bedanken, bedanken. Und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder bei der einen oder anderen Veranstaltung, vielleicht auch bei der einen oder anderen Solidaritätsdemo oder ganz einfach auf einer Devise statt beim gemütlichen gemeinsamen Chillen. #01:22:29-0#

Lena Meinhold: Genau. Ich wollte mich auch noch mal ganz kurz herzlich bedanken. Vielen Dank, dass wir hier dabei sein durften und würde jetzt auch noch mal ganz kurz Eigenwerbung machen. Wir haben ja auch unsere Instagram Accounts, also dem BCF Nürnberg Account. Da könnt ihr euch gerne immer ja Infos holen, da klären wir auf und zeigen einfach so ein bisschen, was wir so in Nürnberg arbeiten und leisten. Und der andere Account schwarze Podcast, das ist eben unsere Radiosendung, den wir als Podcast online speichern. Und da kann man sich dann auch die Folgen eben online nachhören, wenn man es nicht schafft, an der Radiosendung teilzuhaben. Die findet immer einmal im Monat, also immer zum Ersten Mittwoch des Monats statt. Es ist auch nächste Woche schon wieder soweit. Samira Wir haben noch was zu tun. Genau. Aber das wollte ich eben noch kurz erwähnen und vielen Dank. #01:23:22-6#

Grazyna Wanat: Ich habe dann immer ein Thema. Ja, und was wird jetzt gehen? Weiß man das schon genau? #01:23:27-4#

Lena Meinhold: Also wir besprechen uns da tatsächlich momentan relativ spontan, weil das. Durch Corona müssen wir auch leider das ganze Pensum Meetings machen und können nicht ins Studio gehen und dann ist das verliert sich das leider so ein bisschen, dass man da nicht so voreinander sitzt und eben ein Gespräch führen kann. Aber ja, wir haben immer. Wir haben uns ganz am Anfang mal eine Liste zusammengeschrieben von Themen, die wir gerne behandeln wollen würden und zusätzlich aber auch wenn irgendwas Aktuelles passiert oder jemand sagt Hey, die Thematik sollten wir auf den Tisch bringen, dann gehen wir eben darauf ein. Also da wird noch ganz, ganz viel Spannendes kommen. #01:24:06-8#

Samira Kariuki: Dann danke schön, dass wir hier am Podcast mit dir teilnehmen durften. Das war ein sehr schönes Gespräch mit dir. #01:24:13-7#

Grazyna Wanat: Danke schön. Tschüss. #01:24:16-6#

Samira Kariuki: Tschüss. #01:24:17-7#

Grazyna Wanat: Tschüss. #01:24:19-0#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Zwei Aktivistinnen der Black Community Foundation Nürnberg in einem Gespräch über Rassismus – als Element des Systems und als Teil des eigenen Lebens.

Warum gibt es immer noch Mohren-Apotheken in Deutschland – und in Nürnberg? Wie lebt es sich in Nürnberg als Schwarzer Mensch? Wer sagt, wie Engel aussehen? Welche Strategien gibt es als Reaktion auf verletzende, rassistische Situationen? Welche Bedeutung haben Vorbilder – wenn sie existieren – und wenn sie fehlen? Samira (Studentin der Psychologie) und Lena (Abiturientin 2021) antworten auf viele - zum Teil sehr persönliche - Fragen. Es geht um Strukturen – und um Gefühle, um Macht - und um Machtlosigkeit – und um den Kampf für Sichtbarkeit und Chancengleichheit. Es geht auch darum, was die nicht betroffenen Menschen an Unterstützung leisten können.

Außerdem interessant:

Literaturempfehlungen:

  • Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten
  • Tupoka Ogette: Exit Racism

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Aufgenommen am: Mittwoch, 24.02.2021 
Veröffentlicht am: Donnerstag,  
Moderation: Grazyna Wanat
Im Gespräch: Samira Kariuki und Lena Mariama Meinhold 

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