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Lisa Palmes, Julia Schoch, was passiert mit Texten, wenn sie übersetzt werden? Und wer darf was (nicht) übersetzen?

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Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#

Grazyna Wanat: Guten Tag, herzlich willkommen in der neuen Folge unseres Podcasts. Wie bereits angekündigt, veröffentlichen wir heute den zweiten Teil des Podiums Gespräche, die wir im Rahmen der Texte in Nürnberg aufgezeichnet haben. Heute hören Sie einen Mitschnitt des Gesprächs mit Julia Schoch und Lisa Palmes, moderiert am 26. Juni 2021 von Tobias Wildner. In dem Gespräch geht es darum, was passiert mit Texten, wenn sie übersetzt werden, aber auch darum, wer welche Texte übersetzen darf oder vielleicht nicht darf und welche Gemeinsamkeiten das übersetzen. Und das Schneiden der Haare haben könnten. Viel Spaß. #00:01:04-1#

Tobias Wildner: Einen wunderschönen guten Abend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer zu Hause in ihren Wohnzimmern, auf der Terrasse, im Park, wo auch immer sie sich gerade befinden. Das ist ja das Schöne am Streaming, dass man da sich das bequem machen kann, wo man gerade möchte. Sie sind uns heute alle ganz herzlich willkommen zu unserem Gespräch über Texte und Sprachen und der Frage Was passiert mit Texten, wenn sie übersetzt werden? Wir streamen heute aus dem Herzen Nürnbergs vom Gewerbemuseum, Schauplatz aus dem Fahrwasser von den zweiten Texttagen Nürnberg und haben heute ein ganz spannendes Thema im Gepäck, das gleichzeitig auch ein Thema ist, das nicht allzu oft in Literatur Festivals auch so stark präsent ist, nämlich das Literatur übersetzen. Und ganz besonders freue ich mich auf meine beiden Gesprächspartnerinnen heute Julia Schoch zu meiner Linken und zugeschaltet aus Westfalen Lisa Palmes ist herzlich willkommen hier in Nürnberg und einen schönen Abend. #00:02:05-2#

Lisa Palmes: Hallo! Hallo! #00:02:07-1#

Tobias Wildner: Ja, wir möchten das Thema des Literatur übersetzens heute von ganz unterschiedlichen Seiten begreifen und beleuchten. Zunächst aber jetzt mal zu euch beiden. Lisa und Julia. Ich würde mal mit dir beginnen. Julia, Du hast zunächst an der Uni Potsdam französische Literatur unterrichtet. Lang war es dann erst Autorin, bevor du Übersetzerin, auch geworden bist, hast 2001 den ersten Erzählband veröffentlicht, dann folgten weitere Romane. Momentan ist der nächste schon in Vorbereitung. Der letzte erschien, glaube ich, 2019 Fontanes Kinder und du hast auch zahlreiche Preise gewonnen für diese Romane. Da muss man jetzt schon mal erwähnen den Preis der Jury beim Ingeborg Bachmann Wettbewerb 2005 natürlich ein großes Ding. Zeitgleich, fast 2005, erschien deine erste Literaturübersetzung und es folgten dann einige bis zum heutigen Tag am Anfang mit dir. Die erste Autorin war Fred Vargas und mit der hast du erst mal angefangen. Dann kamen verschiedene andere dazu. Wie kam es dazu, diese beiden Stränge so parallel verfolgt hast? Wie bist du da dazu gekommen? Fühlst du dich eher als Literaturübersetzerin, als Autorin? Steht das gleichberechtigt nebeneinander? Wie ist da deine Sicht auf dich selbst? #00:03:25-3#

Lisa Palmes: Also eigentlich war es umgedreht. Ich glaube, ich habe erst übersetzt und dann geschrieben. Das weiß aber keiner, weil das für mich praktisch wie eine Probezeit war. Als ich in Rumänien studiert habe, hatte ich große Lust, auch zu schreiben. Ich hatte aber keinen Stoff oder wusste nicht worüber und saß aber ganz gerne am Schreibtisch und hab dann meine Abschlussarbeit in der Romanistik über Übersetzungstheorien geschrieben. aber auch eine Übersetzung dafür angefertigt, um das sozusagen in der Praxis zu beweisen und habe dann da in Rumänien lange gesessen und habe da vor mich hin übersetzt. Und das dieses Buch ist nie erschienen in dieser Übersetzung, aber ich glaube, das war für mich eine gute. Ja, wie so eine, wie so eine Prüfungszeit, eine Probezeit, wo ich selber mich erst mal durchschlagen musste. Es waren waren ein schöner Roman, einer einer guten französischen Autorin, die ich damals sehr mochte. Marie hieß sie oder heißt sie immer noch. Und ja, dadurch hatte ich erst mal so was wie einen theoretischen Hintergrund. Auch weil ich mich eben mit diesen Theorien auch auseinandersetzen musste. Diese Theorien haben mir dann später beim praktischen Übersetzen eigentlich gar nicht so viel genutzt. #00:04:38-6#

Tobias Wildner: Wie das oft so ist. #00:04:39-4#

Lisa Palmes: Ja, wie das oft so ist. Aber trotzdem will ich das gar nicht missen. Ich will auch nicht sagen, dass man darauf verzichten sollte. In jedem Fall. Es war trotzdem gut, dass ich mich auch mit diesen Dingen irgendwie auseinandergesetzt Gesetzt habe. Und irgendwas bleibt ja immer hängen davon. Und ich weiß, dass ich am Anfang sehr darauf bedacht war, das Fremde auch im Text zu belassen und auch zu betonen. Das war so mein Ansatz. Und was aber später, wenn dann die Verlage wirklich da sind und das auch gelesen werden muss von deutschen Lesern dann gar nicht mehr so im Mittelpunkt stand. Aber das war so auch so ein Wegbewegen davon. Ich habe auch heute, das ist mir allerdings geblieben, ich habe sehr große Skrupel, wenn ich, wenn ich in die Stimme eines eine Autorin oder eines Autors so eingreife, also das ist mir geblieben, also dass ich auch versuche, das zu wahren und dann nicht jetzt meinen Stempel aufzudrücken und zu viel von mir hinein zu geben. Mir hat mal eine Lektorin gesagt Das war eigentlich das schönste Kompliment. Meine Übersetzungen werden so uneitel, und das finde ich schon irgendwie, also ganz gut. Wenn man also das strebe ich auch an, also auch wenn meine Mutter sagt, in den Fred Vargas Übersetzung, würde sie mich wieder erkennen mit meinem Schreiben. Aber das ist ja vielleicht etwas Privates. #00:05:59-0#

Tobias Wildner: Das ist ja auch so der Übersetzerin eine Eigenschaft, die Uneitelkeit, die man irgendwo haben muss. Sonst geht es, glaube ich, gar nicht. #00:06:05-7#

Lisa Palmes: Ja, genau. Man darf nicht mit dem eigenen, mit der eigenen Stimme zu sehr drin rumfuhrwerken. Das ist ja auch was Entspannendes. Also für mich hat diese Abwechslung zwischen schreiben, selber schreiben und Übersetzen hat. Das ist meine Entspannung, wenn ich übersetzen darf. So eine Entspannung weg von mir. Auch dann bin ich, wenn ich mal ein paar Monate irgendwie nicht von mir werde, ich nicht von mir behelligt. Und das ist ganz angenehm. Ja und? Und los ging es dann eigentlich mit dem Übersetzen, als ich nach dem Studium beim Aufbau Verlag gearbeitet habe und habe gemerkt, dass es die ganze Verlagsarbeit wäre. Nichts für mich. Und das hat auch die Lektorin dort gemerkt und hat mir ein Probekapitel mal gegeben von Fred Vargas damals. Und das habe ich übersetzt und das hat sie in der Schublade behalten. Ziemlich genau dreieinhalb Jahre, glaube ich. Und dann hat sie angerufen, plötzlich, und hat gesagt Ja, wir suchen eine neue Übersetzerin für die Autorin. Ich habe ja da noch ihr Manuskript damals, die Probeübersetzung wollen sie das nicht machen? Und so fing das eigentlich an, und da habe ich mich natürlich auch. Also das ist ja wie so ein stetiger Lernprozess. Also beim Übersetzen merke ich beim Schreiben eigentlich auch, also man ist ja nie angekommen oder fertig, so dass man denkt so, jetzt kann ich es, aber jetzt. Jetzt ist aber ganz leicht, sondern es kommen immer wieder neue Herausforderungen oder Hürden. Und es gibt auch nicht das einfache Buch. Oft denkt man das so beim ersten Durchblättern Okay, das schaffe ich, das geht schnell, Das ist. Das ist nicht schwer, das stimmt nicht. Und jedes, jedes Buch hat seinen Teufel. Irgendwie. #00:07:42-6#

Tobias Wildner: Also oft sind ja die vermeintlich leichten Bücher gerade vom Stil her, die die schwer dann in der Übersetzung auch wiederzugeben sind. #00:07:49-9#

Lisa Palmes: Ja, ja. Also das, was im Französischen beispielsweise leicht klingt, so parataxe, das hört sich leicht und elegant, hört sich im Deutschen dann oft plump, plump und einfach an. Das ist ja ein Unterschied. #00:08:04-9#

Tobias Wildner: Stimmt. #00:08:05-5#

Lisa Palmes: Und ja, das sind dann eben auch die, die Sachen, die aber dann Freude machen, dafür Lösungen zu finden. #00:08:12-5#

Tobias Wildner: Es gibt ja jetzt Personen, die sagen, dass die Literaturübersetzer und Übersetzerinnen eher verhinderte Schriftsteller sind. Übersetzer und Übersetzerinnen widersprechen da natürlich vehement. Ich nehme an, du auch. Kennst du diese diese These, die dir schon entgegengeschlagen, oder. #00:08:32-3#

Lisa Palmes: Ich glaube, es gibt nur gute und schlechte Übersetzungen. Was jetzt dahinter jeweils steckt, weiß man nicht. Auch nicht jede Übersetzung glückt einem oder so. Das weiß ich nicht. ob das. Ich kenne sehr viele gute Übersetzer und Übersetzerinnen und bin immer froh, wenn auch Klassiker was ja in Deutschland eine große Mode jetzt in den letzten Jahrzehnten muss man schon fast sagen. Geworden ist also, dass man Klassiker noch mal neu übersetzt, so was wie Dostojewski und so und dann auch das ganze Werk oder Flaubert oder so. Das finde ich absolut bereichernd. Also da lege ich dann tatsächlich auch, wie in so einem Selbststudium noch mal die Übersetzungen, die jeweiligen nebeneinander und dann gucke ich mir das an und oft ist da ja noch ein Nachwort dran und das finde ich so was finde ich schön auch abzutauchen in diese unterschiedlichen Jahrzehnte noch mal, wo unterschiedlich übersetzt worden ist das da also kann man viel draus draus lernen. Also in den 50er Jahren hat man für Croissant noch Hörnchen gesagt oder geschrieben. Das muss man heute nicht mehr. Da sagt man eben Croissant und so, also das sind so kleine Bewegungen, wo man ja auch Kultur erkennt und und den Stand einer Gesellschaft erkennt man ganz gut an Übersetzungen. Eigentlich auch. #00:09:43-7#

Tobias Wildner: Wieso Schichten heben? Ja, ja, ja. Schön. Ja. Lisa, du übersetzt seit 2009. Wenn ich richtig informiert bin aus dem Polnischen und bist auch was auf Preise dafür bekommen. Karl den Karl Decius Preis zum Beispiel für literarische Übersetzungen. Und außerdem unterrichtest du an den Universitäten in Tübingen in Berlin literarisches Übersetzen organisierst Veranstaltungen. Einige deiner Autoren und Autorinnen sind Joanna Bator, Philippe Springer und natürlich Olga Tuktschuk. Die müssen wir hier besonders erwähnen, weil diese Dame natürlich eine ganz besondere Verbindung zu den Text wagen hat. Die Literatur. Literaturnobelpreisträgerin Olga Tuktuk hat nämlich die ersten Texttage hier eröffnet mit ihrer Lesung vor zwei Jahren. Und zu diesem Zeitpunkt wusste sie das noch noch gar nicht. Sie hat ja rückwirkend den Preis bekommen. Und das ist praktisch jetzt auch so, das Versprechen, das hier immer mitschwingt. Wenn man hier eingeladen ist, dann kann man am Ende vielleicht rückwirkend auch noch einen ziemlich großen Preis abstauben. Nein, Spaß beiseite. Im Oktober 2019 gab die Schwedische Akademie ihre Nobelpreisentscheidung bekannt und fast zeitgleich erschien da eine Übersetzung ihres Romans Die Jakobsbücher. Das Buch hast du zusammen mit Lothar Einstein mit deinem Kollegen übersetzt. Jetzt wollen wir natürlich schon wissen Was war das für ein Moment, als du erfahren hast, dass du eine Literaturnobelpreisträgerin gerade die letzten Monate übersetzt hast? #00:11:13-3#

Lisa Palmes: Ja, das war ziemlich interessant, weil ich tatsächlich an dem Vorabend der Entscheidung eine Lesung in Potsdam mit Olga Tokarczuk hatte. Und da wurde dann schon spekuliert, ob sie Chancen auf den Nobelpreis hätte. Und ein Journalist, der dabei war, meinte, die Chancen wären sicherlich ziemlich gut, aber ich habe das so unter. Fiktion abgespeichert. Dass ich das eigentlich gleich wieder vergessen habe. Und. Und am nächsten Tag, 13:00, fiel die Entscheidung oder wurde bekannt gegeben. Und dann rief 20 Minuten später der Verlag an und ich war gerade mit ganz anderen Dingen beschäftigt und war völlig verwirrt über diese jubelnde Stimme am Telefon. Und dann fiel mir das ein, dass ja die Entscheidung gefallen war. Und dann dämmerte es dann. Also das war natürlich schon überwältigend, vor allem, weil das so ein glückliches über ein Treffen für uns Übersetzer auch war, dass dieses Buch, die Übersetzung gerade erschienen war. Und dann eben diese tolle Nachricht mit dem Nobelpreis. Ähm, ja, das konnte besser ja gar nicht passen. Und mein Kollege Lothar hatte am selben Abend mit Olga Tokarczuk in Bielefeld eine Lesung. Und dann war natürlich dieser Saal, der zuerst für. Ich weiß nicht, vielleicht 150 Leute geplant war oder so, der war's dann platzt aus allen Nähten. Das reicht überhaupt nicht und sie selber hat es auf irgendeinem Parkplatz dann. Ich glaube, sie hat kaum empfangen. Mit ihrem Handy hat sie diese Nachricht dann bekommen und alle waren natürlich ganz aus dem Häuschen. Also es war war schon sehr. Ja, also sowas passiert einem ja wahrscheinlich auch, wenn überhaupt nur einmal im Leben. Das man eben ja das man feststellt, dass man die Nobelpreisträgerin übersetzt hat. Und ja, das war schon schon ein tolles Erlebnis. #00:13:06-0#

Tobias Wildner: Und ich vermute, das wird dich jetzt auch noch eine Weile begleiten. Bist du jetzt ihre Übersetzerin oder wie? Wie ist das? Oder seid ihr beide jetzt das Übersetzer Gespann für Olga Tokarczuk? #00:13:17-7#

Lisa Palmes: Genau, wir beiden. Das heißt, Lothar hat sogar jetzt mehr gemacht, weil ich dazwischen noch einen anderen. Ich habe noch an etwas anderem gearbeitet, in einem ziemlich dicken Kriminalroman. Und tatsächlich hat der Kampa Verlag, der damals sich ja dann für diese Jakobsbücher, dieses dicke Buch, was. Was gerade erschien oder erschienen war, als der Nobelpreis kam. Hatte sich dieser Verlag entschieden, was ein ziemliches Risiko war, weil es ein sehr dickes Buch ist. Es hat an die 1200 Seiten und der Kampf Verlag hatte sich gerade neu gegründet und die haben wir dann tatsächlich beschlossen, auch alle bereits vergriffene Übersetzungen noch mal neu aufzulegen bzw teilweise auch was Neues, also was neu übersetzen zu lassen, was schon da war und vergriffen ist. Und das bedeutet, dass wir jetzt sehr viel gemacht haben. Also wir haben dann erst ein kleines Bändchen mit der Nobelpreisrede und einem anderen Essay, den habe ich dann übersetzt vor Weihnachten noch, dann hatte Lothar zwei neuere Bücher übersetzt, ich dann auch so ein kleines Bändchen noch mal neu übersetzt. Und jetzt gerade sitzen wir an einem Essayband, der auch wirklich vor kurzem erst in Polen erschienen ist. Und der wird jetzt tatsächlich so im Laufe der Tage fertig. Und das soll dann alles spätestens September auch erscheinen, weil da wohl auch eine Lesereise geplant ist mit Olga Ducato. Dann möchte man diese ganzen Sachen dann vorrätig haben. Das ist natürlich wirklich so ein Glücksfall, weil wir es auch gerade bei diesen etwas kleineren, also ich meine kleineren, im Sinne von übersetzungstechnisch gesehenen Sprachen es ja sonst oft auch sehr schwer haben, überhaupt die Bücher den Verlagen anzubieten und dass sich das dann verkauft. Und das ist immer die große Frage, Ja, liest das jemand? Also dass das meiste, was übersetzt wird, ist nach wie vor aus dem englischsprachigen Raum. Und ja, das ist so, sowas habe ich natürlich noch nie erlebt, dass dann ein Auftrag auf den anderen folgt und man dann alle Hände voll zu tun hat. Das ist schon toll, muss ich sagen. #00:15:29-3#

Tobias Wildner: Da klingt ja gleich so ein etwas düsteres Kapitel der der Übersetzerzunft an, nämlich das Finanzielle. Das Literatur übersetzen ist ja nicht nur einer der faszinierendsten Berufe, sondern auch einer der finanziell undankbarsten, würde ich mal sagen. Und also ich kenne das Beispiel von dem bekannten Literaturkritiker Denis Scheck. Der hat ja auch mal als Literaturübersetzer angefangen aus dem Englischen und dann irgendwann aus finanziellen Gründen das Handtuch geworfen, sich dann auf die andere Seite geschlagen, Ist da jetzt sehr erfolgreich. Wie Wie sieht das aus, wenn man. Wenn man wie du eine Literaturnobelpreisträgerin jetzt übersetzt und auch weiter übersetzen kann, hilft einem das dann auch in diesem Bereich einfach, dass man sagt, da hat man auch dauerhaft eine Möglichkeit, Honorare zu erzielen. Wie sehr hilft das und wie schwierig ist es sonst gerade mit so einer kleinen Sprache? Also auch vor dem Hintergrund, dass wir bei den Texten ja auch immer mit jetzt hier das Thema adressieren, dass wir Personen hier haben, die daran denken. Vielleicht selber mal Literatur Übersetzerinnen zu werden oder Autor selber zu schreiben. Dass es vielleicht auch für unser Publikum eine ganz spannende Frage. #00:16:35-9#

Lisa Palmes: Ja, also ich weiß jetzt nicht, ob tatsächlich der Nobelpreis sich stark auf meine Honorare und darauf, dass ich jetzt mehr Bücher, die ich machen möchte, dann auch bekäme, ausgewirkt hat. Das glaube ich fast nicht. Ich denke eher. Es ist natürlich ein Glücksfall, dass das vieles von Olga selbst auch aktuell geschrieben wird oder kürzlich geschrieben worden ist, so dass momentan dieser Strom nicht abreißt. Sie soll auch eigentlich noch einen Roman schreiben, der noch nicht recht erschienen ist, aber das wäre dann das Nächste, was wartet. Und ich glaube das so auf meine Honorarsituation sich eher dann der Preis oder auch, dass ich jetzt einfach seit zwölf 13 Jahren in dem Bereich arbeite und mir natürlich dann auch einen Namen erarbeitet habe, so dass die Honorare jetzt ein bisschen besser geworden sind. Generell kann man sagen, dass ja diese Übersetzungshonorare seit Jahrzehnten kaum steigen. Aber ich finde immer, man hat sich auch für diesen Beruf entschieden und er ist eben tatsächlich einer der interessantesten Berufe überhaupt, weil man ja immer diese neuen Themen hat. Und da finde ich dann immer, es gibt dann auch wenig zu jammern. Also ich bin generell eher bescheiden und. Habe immer eigentlich kein richtiges Problem mit dem finanziellen gesehen. Jetzt muss ich allerdings dazu sagen, dass ich jetzt seit ungefähr zwei Jahren noch als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeite und dann jetzt eben seit einem Jahr auch tatsächlich mit einem Teilzeitvertrag. Und da jetzt dann schon die Vorteile auch sehe, wie das ist, wenn wenn regelmäßig dann dieses dieser dieses Gehalt dann einfach reinkommt. Aber tatsächlich habe ich das jetzt den ganzen zehn Jahren vorher? Hat mich das wenig gestört und nach einer Weile ist es dann so, dass man irgendwie auch. Es tut sich dann doch immer wieder was Neues auf und ich finde also ich persönlich finde, dieses Spannende und die immer neuen Themen und Herausforderungen wiegen das schon auf, das es finanziell so ein bisschen unsicherer ist. Für mich jedenfalls. #00:18:47-3#

Tobias Wildner: Eine echte Entscheidung für den für den Beruf des Literatur Übersetzens, aber auch gleichzeitig dann, wie du beschreibst, sehr hilfreich, wenn man da verschiedene Dinge auch kombinieren kann miteinander. Es klang ein bisschen an gerade, dass du aus dem Polnischen einfach auch eine. Wenn man, wie du sagst, die die Übersetzer Perspektive betrachtet, kleine Sprache übersetzt, ist dein Zweitjob oder dein Job dann in dem Fall, dass du auch noch Literaturagentin sein musst, um die Bücher, die Neuentdeckungen an die Verlage zu kriegen. Oder geht das schon auch von der anderen Seite, dass das Dass du Anfragen bekommst von Verlagen. #00:19:24-7#

Lisa Palmes: Also es ist jetzt tatsächlich zunehmend auch, dass es von der anderen Seite kommt oder dass Verlage dann sagen Ja, ich habe jetzt gehört, dies und jenes Buch soll ganz interessant sein. Möchtest du vielleicht ein Gutachten schreiben oder hast du es schon gelesen? Am Anfang war es so, dass ich mir die Bücher ausgesucht habe und tatsächlich dann bei Verlagen angeklopft habe, angerufen habe, versucht, das an den Mann oder an die Frau zu bringen. Auch am Anfang natürlich mit sehr wenig Erfolg. In Polen, muss man dazu sagen, gibt es noch kaum diese Sache mit den Literaturagenten. Es gibt schon einige Agenturen, die auch das vermitteln. Aber meistens ist es so, dass die Übersetzer selbst mit den Verlagen im Kontakt sind und dann auch da was zugeschickt bekommen. Dieses Buch ist es erschienen. Möchtest du nicht das mal lesen und da vielleicht anbieten? Und dann ist man natürlich, je nachdem, ob es einem dann gefällt. Zwangsläufig auch die die Agentin und und reißt das dann an? Ähm, ja, es lässt sich da auch. Es ist schon interessant, Ich finde es fast. Ich finde diesen direkten Kontakt auch fast einfacher, oder? Ich bin jetzt auch nicht anders gewöhnt vom Polnischen her, denn in den Fällen, wo Agenturen dann tätig sind. Also ich hatte auch schon mal den Fall, dass ich mich für ein Buch interessiert habe und dann die Autorin da oder den Verlag angeschrieben habe und dieses. Nein, nein, also da ist jetzt die und die, die diese und jene Agentin tätig, da bitte sich nicht einmischen, das machen wir dann schon. Und das fand ich eigentlich ein bisschen schade, weil ich es ganz gut finde, selber Sachen auszusuchen und und dann vorzustellen. Und auch wenn es in den meisten Fällen doch nichts wird. Aber immerhin hat man dann den Kontakt und so entwickeln sich die Sachen dann weiter. #00:21:10-9#

Tobias Wildner: Also bleibt man auch in so einer ganz aktiven Rolle dann in dem Fall. #00:21:14-8#

Lisa Palmes: Ja. #00:21:15-4#

Tobias Wildner: In der richtigen Kulturvermittlung auch. Julia, ist das bei dir wahrscheinlich ein bisschen anders, vermutlich aus dem Französischen. Oder deckt sich das mit deinen Erfahrungen, was Lisa jetzt beschreibt? #00:21:25-4#

Lisa Palmes: Na, ich habe das immer als Luxus empfunden, dass ich jetzt nicht Übersetzung ausschließlich mache und deshalb mich auch nicht beeilen muss. Ich muss nicht übersetzen schrubben. Das ist. #00:21:38-8#

Tobias Wildner: Zur Erholung, sagtest. #00:21:41-1#

Lisa Palmes: Du Ja, das ist ja, das ist ja eigentlich eine luxuriöse Situation. Dadurch kann ich mir immer viel Zeit lassen und da darf ich natürlich auch nicht die Stunden jetzt aufrechnen gegen so ein Honorar. Also da wird es mir schwarz vor Augen, das darf man nicht tun. Und ich schreibe ja fast. Also zu sehr vielen der Bücher, die ich übersetzt habe, habe ich auch ein Nachwort geschrieben. Das heißt, ich recherchiere da auch noch mal ziemlich gründlich. Also solche Bücher wie Hotel du noch von von Baby beim Schöffling Verlag, da habe ich ja, da bin ich dann noch mal nach Paris gefahren und tauchte auch noch mal in die Literaturgeschichte ein, um den Leser von heute der Leserin von heute noch mal zu zeigen. Warum muss dieses Buch 100 Jahre später noch mal eigentlich erscheinen in einer neuen Übersetzung? Was ist interessant daran? Und. Das ist auch ein Luxus, in dem in den Romanen Adieu Paris oder Paris auf Deutsch von von Daniel Anselm für den Archeverlag. Da habe ich zum Beispiel, da ging es um den Algerienkrieg, der ja kaum in der Literatur vorkommt, auch ein schönes, interessantes Phänomen. Und da bin ich auch noch mal, also in dieses ganze Thema Algerienkrieg. Und wie ist es auch von deutscher Seite aus damals gesehen worden und so eingetaucht, wirklich auch mit Akten und so, weil es mich dann selber auch packt und mich interessiert, obwohl das jetzt so, so tiefgründig gar nicht besprochen wurde im Roman. Aber ich muss immer sehr viel mehr drumherum wissen, als ich dann hineingeben muss bei der Übersetzung. Und da habe ich auch ein langes Nachwort zum Beispiel geschrieben, also das. Das ist schon ein Luxus, wenn man diese Zeit hat, sich damit dann so intensiv zu beschäftigen. Meistens sind es die tatsächlich, jetzt die Verlage auch, die mich dann fragen, also so wie der Schöffling Verlag mir das vorgeschlagen hat, eben. Und dann hängen da meistens noch andere Bücher derselben Autoren dann dran, dass man sagt, okay, wenn es eine gut funktioniert hat oder interessant war, was ist denn dann noch? Und dann sehe ich praktisch das. Den Rest, wenn man so sagen kann, das Werk ist Dadurch, dass ich oft auch bereits tote Autoren übersetze, ist das ja dann ein abgeschlossenes Werk. Also da kann man, dann ist das ein bisschen überschaubarer. Es gab aber einen Autor, George Arnold, den habe ich tatsächlich ja für den deutschen Markt so entdeckt. Das war damals, als ich im Archiv Goldschmidt Programm Stipendiatin war. Das ist ein Programm für für französische Übersetzer. Also beides CSA, also, die die Franzosen die deutsche Literatur übersetzen wollen und umgedreht. Und dann hatte man Zeit, in Paris in die Verlage zu gehen. Auch das ein tolles Programm. Wir sind dann so klein in kleiner Gruppe zu fünft durch die Verlage gegangen. Die haben da ihre Bücher auf den Tischen ausgebreitet und haben gesagt So, hier, das wäre doch mal gut. Und das. Und dann habe ich dieses Buch tatsächlich von einem Stapel. Man ist ja noch ziemlich müde am Ende eines solchen Tages und hat da 20, 30 Bücher und denkt um Gottes willen, ja, jetzt erst mal sichten. Und das ist ja eigentlich die beste Voraussetzung, wenn man müde ist und ein Buch spricht einen trotzdem an, also, und dann muss es was sein. Und ich habe es tatsächlich aufgeschlagen und dachte Wieso ist denn das noch nicht übersetzt? Und der war damals schon, ist ja auch schon tot, damals schon ein Autor, der in Frankreich so gerade wiederentdeckt wurde. Es gab auch eine Gesellschaft, schon Georges, der ging so langsam an die Unis rein und so und ja, das hat sofort funktioniert. Ich habe dann eine Probeübersetzung gemacht und bei Suhrkamp auch gleich. Das ist natürlich auch so eine Sache. Man muss den richtigen Verlag auch gleich ansprechen. Also vielleicht muss man da einen Riecher haben. Was für welchen Verlag könnte das geeignet sein? Für mich war das so was wie ein Nachkriegsklassiker. Das Buch, was ich übersetzt habe damals als erstes kam 47 raus, 1947 dort und ist dann so ein bisschen in Vergessenheit geraten und eben auch in Frankreich erst wiederentdeckt worden. Und der Suhrkamp Verlag war genau die richtige. War der richtige Verlag in dem Moment für diesen Autor und auch in der Bibliothek Suhrkamp. #00:25:47-4#

Tobias Wildner: Und die sind ja drangeblieben. #00:25:49-8#

Lisa Palmes: Und die sind drangeblieben, das ist auch toll. Also das sind natürlich nicht Bücher, die sich jetzt Millionenfach verkaufen, aber das ist trotzdem. Müssen wir, wenn es überhaupt noch so was wie ein Kanon gibt, was ja auch schon irgendwie ein lächerlicher Begriff geworden ist. Aber. Für solche altertümlichen Begriffe stehen ja auch solche Reihen wie die Bibliothek Suhrkamp zum Beispiel, und die haben das dann weitergeführt, obwohl das natürlich nur ein paar 1000 sich vielleicht verkaufen oder so, aber das finde ich dann auch nobel, wenn Verlage so handeln und das auch vor allen Dingen lieferbar halten. Also wir sind ja umgeben von saisonalen Phänomenen auf und ab und dann verschwindet es wieder. Und wenn man aber so was hat, wie der da bleibt, dann bleibt so ein Buch auch nach fünf Jahren noch, nach zehn Jahren noch und ich kann es immer noch haben und bestellen, das ist schon eher die Seltenheit. #00:26:45-1#

Tobias Wildner: Da ist natürlich Suhrkamp auch die richtige Adresse dafür. In dem Fall ein Glücksfall. #00:26:49-1#

Lisa Palmes: So viele Verlage gibt es dann nicht mehr. #00:26:50-9#

Tobias Wildner: Ja, ja. Wenn man sich jetzt so mit dem Gedanken trägt, vielleicht selber mal in Richtung Literatur Übersetzung zu gehen und sich von dieser Honorarfrage schon mal nicht abschrecken lässt. Was würdest du sagen? Was muss eine gute Übersetzerin gute Übersetzer mitbringen? Ist das Talent? Vor allem ist es viel Handwerk, auch im Vergleich zum Schreiben. Dem anderen Schreiben ist es die Fähigkeit, ganz viel allein am Schreibtisch zu sitzen. #00:27:17-5#

Lisa Palmes: Ja, also letzteres sowieso. #00:27:20-3#

Tobias Wildner: Auf jeden Fall. #00:27:21-1#

Lisa Palmes: Aber Sie oder er muss vor allen Dingen gut Deutsch können. Ja, ja. Was sich jetzt so normal anhört, was aber gar nicht so normal ist. Man muss die eigene Sprache wirklich in und auswendig kennen. Die Fremdsprache, aus der man übersetzt. Im besten Falle natürlich auch. Aber vor allen Dingen die Zielsprache. Was jetzt hier das Deutsche wäre, also das ist das das A und O und ja, das muss man. Das kann man so pauschal nicht sagen. Natürlich ein Gefühl für Sprache, das man überhaupt gerne in Sprache auch lebt. Also dass man in Sprachspielen auch lebt und dass man alles über Sprache begreift, also dass. #00:28:04-2#

Tobias Wildner: Ohne diese Leidenschaft. #00:28:06-2#

Lisa Palmes: Und auch ein Sound Gehör. Also wenn ich einen Text lese, bekomme ich ja ein Gespür für den Sound einer Autorin, eines Autors. Und das ist ja das, was wir versuchen auch zu übersetzen. Wir übersetzen ja nicht Inhalte. Sondern wir übersetzen auch Atmosphäre und Stimmung und alles noch, was drumherum ist, um den bloßen Inhalt und. Da dafür, das ist fast, das ist ja keine literaturwissenschaftliche Kategorie, kann man schwer. Es ist keine analytische Kategorie Sound. #00:28:37-0#

Tobias Wildner: Aber kein Hauptseminar dazu. #00:28:39-6#

Lisa Palmes: Aber das kann man, das kann man durch vieles lesen und vielleicht tatsächlich auch durch dieses Vergleichende, also indem man alte und neue Übersetzungen von bestimmten Romanen oder was auch immer oder Lyrik gegeneinander legt und mal guckt warum funktioniert das eine besser? Gefällt uns das eine besser, obwohl man ja sagen muss, Übersetzungen werden ja auch immer unmodern. Das ist ja immer so ein Phänomen. Das Original altert nie, aber die Übersetzung altert. Warum ist das. #00:29:08-9#

Tobias Wildner: So? #00:29:10-6#

Lisa Palmes: Tja, weil eine Übersetzung immer. Naja, da verstehe ich mich jetzt. #00:29:17-1#

Tobias Wildner: Der Trautmann nicht so sehr. #00:29:18-8#

Lisa Palmes: Ja, genau. Weil es ja weil es weil es weil es natürlich nur übersetzt ist in die jeweilige Zeit also sie trägt. Sie trägt offenbar mehr die Färbung der Zeit, aus der sie stammt, als das Werk. Was? Was ein bisschen ulkig klingt. #00:29:38-7#

Tobias Wildner: Wir bleiben noch ein bisschen beim Berufspraktischen. Ich schwenke mal wieder zu dir, Lisa. Ich habe vor kurzem etwas gesehen, gelesen von Narwa Raimi, die den Bachmannpreis gewonnen hat. Und diese Preisverleihung, die war natürlich virtuell, wie alles momentan. Man sah dann so eine gerührte Autorin hinter weißer Wand in ihrer Zoomkachel Und soweit erstmal alles normal. Kurz darauf ist dann auf Twitter allerdings ein Bild gepostet worden von einer Literaturkritikerin, die diese Szene aus welchem Grund auch immer von weiter weg als Foto aufgenommen hat. Man sah dann Nara Ibrahimi an einem Tisch, den sie in das Legozimmer ihres Sohnes gestellt hat. Da waren also irgendwie Burgen drumherum und es war völliges Chaos. Und sie hat eben da dieser Preisverleihung beigewohnt, sozusagen. Und jetzt interessiert uns natürlich erst mal brennend Was sehen wir denn von deinem Arbeitszimmer gerade nicht, weil wir sehen ja nur so eine schöne Bücherwand hinter dir. #00:30:39-5#

Lisa Palmes: Äh, von meinem Arbeitszimmer ist gerade überhaupt gar nichts zu sehen, weil das ja, ich bin jetzt da, gerade in Greven in Westfalen, im ehemaligen Atelier meines Großvaters. Ähm, normalerweise lebe ich in Berlin und da wäre jetzt hinter mir ja Schrecklicher Weise gar nicht so viele Bücher, weil die Wohnung sehr klein ist und die sich in vielen Kartons und oben auf Brettern stapeln. Und ansonsten wäre da einfach das Fenster, mein Schrank, meine beiden Kater und dann hoffentlich nicht allzu sehr der Blick auf das Bettsofa. Es ist wirklich sehr ein sehr kleines Homeoffice, was zugleich auch Wohn und Schlafzimmer ist. Aber ja, ich. Also ich habe irgendwie so ich glaube, das ist eine ganz wichtige Fähigkeit, die man auch so beim Übersetzen braucht. Vor allem, wenn man, weil man ja wirklich eigentlich immer im Homeoffice ist, dass man tatsächlich das ausblenden kann. Also ich kann sogar, wenn ich mich wirklich auf etwas konzentriere, dann kann auch der Fernseher laufen. Das höre ich dann gar nicht und das ist so eine Sache. Also da kann wirklich sonst was drumherum sein. Wenn ich da an diesem Text, in diesem Text bin, dann, dann höre ich auch tatsächlich gar nicht, wenn mich jemand anspricht oder so und ich glaube, das ist so diese eiserne Konzentration, egal was drumherum passiert. Das ist wahrscheinlich auch noch einer von denen. Eine von den Fähigkeiten, die man beim Literaturübersetzen mitbringen sollte. #00:32:12-8#

Tobias Wildner: Das heißt, Homeoffice ist praktisch für Literaturübersetzerin ein richtig alter Hut. #00:32:16-7#

Lisa Palmes: Das ist richtig. Das war jetzt gar nichts Neues. Wobei ich sagen muss als ich jetzt diese Stelle bekommen habe, habe ich dann erst gedacht Wie schön, jetzt kann ich in ein Büro fahren. Kurz darauf war es schon wieder vorbei mit dem Büro. Aber du bist. #00:32:29-8#

Tobias Wildner: Ja nicht eine Person, die jetzt schon ganz geübt darin ist, wirklich alles auszublenden, was ja vielen momentan auch wirklich sehr schwer fällt. #00:32:35-3#

Lisa Palmes: Ja, das kann ich auch verstehen. Aber das kann ich, das ist irgendwie bei mir. Also man wird auch. Ich glaube, man kriegt auch so ein bisschen Nerven aus Stahl, wenn dann die Kinder auch noch Homeschooling haben und auch noch da sind. Also irgendwie habe ich das ganz gut schaffen können, muss ich sagen. Ohne diese Fähigkeit hätte ich da jetzt nichts Gescheites mehr zu zu Papier oder zu Bildschirm gebracht. #00:32:57-1#

Tobias Wildner: Also Stichwort Homeschooling. Also diese Twittergeschichte hat natürlich noch einen anderen Aspekt, eine andere Komponente dabei. Ibrahimi hat deswegen auch eingewilligt, dieses Foto zu posten oder posten zu lassen, weil sie auch so ein bisschen darauf hinweisen wollte, wie die Situation von ich sage es mal schreibenden Frauen überhaupt ist. Zumal natürlich in solchen Bedingungen, wie wir sie momentan haben. Und sie wollte damit auch ganz bewusst natürlich so ein bisschen den Geniekult auch stören und konterkarieren, der ja immer so ums Schreiben schwebt. Also schon auch ein politisches Statement, das sie da ausgepackt hat. Kannst du das aus deiner Warte jetzt so sagst? Ihr habt auch Homeschooling und Kinder zu Hause nachvollziehen, dass man es sind? Ist es zu wenig bewusst, die Situation von von übersetzenden schreibenden Frauen, auch Männern zu Hause, die die einfach auch eine oft schwierige Homeoffice Situation sozusagen haben, wenn man sie an die heutige Situation rückbinden möchte. #00:33:56-6#

Lisa Palmes: Ja, ich denke schon, dass das natürlich gar nicht so der erste Gedanke ist. Denn wenn jemand Übersetzungen liest oder sich überhaupt vorzustellen, wie jemand zu Hause arbeiten könnte, also. Manchmal denke ich mir auch jetzt würde ich gerne so vielleicht wie Thomas Mann jetzt einfach die Tür zumachen. Alle müssen auf Zehenspitzen schleichen und ich sitze da einfach und arbeite. Aber das funktioniert einfach nicht. Und ich kann schon verstehen, dass man dann so ein. Oder dass Frau dann vor allem so ein Statement setzen möchte. So, und das. Das schaffe ich hier alles, obwohl ich diese ja diese Bedingung eben nicht habe, Dass ich jetzt völlig ungestört hier sitzen kann und alles andere tatsächlich ausgeblendet ist. Ja, also es gefällt mir das Statement ja. #00:34:40-9#

Tobias Wildner: Ja, kommen wir so ein bisschen auch von dem Thema zur Sichtbarkeit des Übersetzens. In der Ankündigung zu diesem Gespräch ist ja der International Booker Prize erwähnt, wo Ihr schöner Weise Autorinnen Übersetzer gleichberechtigt nebeneinander stehen, auch vom Preisgeld. Es ist ja beileibe nicht immer so, es ist wirklich eher die Seltenheit. Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass man sogar Schwierigkeiten hatte, als Übersetzerin auf dem Titelblatt überhaupt zu erscheinen. Wie? Julia, wie siehst du die Situation? Momentan ist man da auf einem guten Weg. Ist das? Geht es in die Richtung oder gibt es da auch noch viele Hürden, die man zu nehmen hat? Als Übersetzer Zunft sage ich jetzt mal. #00:35:19-8#

Lisa Palmes: Na ja, also besser geht ja immer. Also Luft nach oben ist immer in vielen Bereichen. Aber das muss man schon sagen, dass ich, sagen wir mal so grob in den letzten 20, 30 Jahren die, die der Auftritt des Übersetzers der Übersetzerin ja doch irgendwie es ist deutlich sichtbarer geworden. Also ich glaube, wenn früher, also in den 60er Jahren, Bücher rezensiert wurden, da sind nie die Übersetzer genannt worden. Also das ist heute anders Zu jeder, zu jedem, zu jeder Rezension oder das Feuilleton. Wenn da was besprochen wird, gehört auch die Übersetzung der Übersetzer. Das ist ganz klar. Das ist natürlich in bestimmten Sprachen, also den sogenannten großen Sprachen, vielleicht auch für für Kritiker leichter, auch mal selber abzuwägen. Ist es denn eine gute oder eine schlechte Übersetzung? Für die Mehrzahl der Sprachen ist es aber gar nicht möglich. Also für die Kritiker. Also wer will sich da zum Meister aufschwingen und dann noch mal kontrollieren, ob das auch ordentlich gemacht worden ist? Aber ich glaube, das hat sich extrem professionalisiert. Also dieser ganze, dieser ganze Bereich, was ja auch mit dem mit dem Übersetzer in Deutschland zu tun hat, der nicht wenig Geld hat. Natürlich, wie gesagt, kann es immer noch mehr sein, aber es gibt viele Programme, viele Unterstützungen, viele Stipendien. Auch so große Dinge wie wenn man jetzt noch mal das Werk eines Autors noch mal ganz neu, also ganze Werkausgaben noch mal neu übersetzt werden müssen oder so, Also auch für so was gibt es ja immer Zuwendung. Es gibt Poetikdozent, Touren für Übersetzerinnen, also da gibt es doch eine Menge. Wenn man möchte, kann man da sehr sichtbar sein. #00:37:10-1#

Tobias Wildner: Also schon auch einiges, was da im Hintergrund auch läuft, was, was das einfach auch befördert, dass zunehmend die Übersetzung auch sichtbarer wird. Du hast die Rezensionen angesprochen. Ich glaube, wenn, auch wenn sie zu Hause die Probe machen, morgen meine Zeitung aufschlagen, eine Literaturrezension sich anschauen von einem fremdsprachigen Werk, dann habe ich immer das Gefühl, bei der Hälfte dieser Rezensionen wird die Übersetzung gar nicht erwähnt. Dann gibt es noch einen Großteil, da steht dann irgendwo der Satz hinten kongenial übersetzt von Und dann gibt es immer noch so einen kleinen Teil. Die, die versuchen dann irgendwie, sich damit auseinanderzusetzen. Aber es sind die wenigsten, die da wirklich aus meiner Wahrnehmung wirklich sich mit der Übersetzung auseinandersetzen. Warst du auch schon mal die kongeniale Übersetzerin in den Rezensionen deiner Bücher? #00:37:55-6#

Lisa Palmes: Ja, also neulich, das fand ich, fand ich beim letzten Buch das war Die Tanzenden bei Piper erschienen von Victoria Mas und ich glaube, da hatte stand in einer Rezension und ich glaube, es ist ganz gut übersetzt. Also die Kritikerin wusste es auch selbst nicht, aber sie hat es vielleicht gehört. Das ist ja ganz gut übersetzt worden. Also das. #00:38:20-5#

Tobias Wildner: Ja. #00:38:20-8#

Lisa Palmes: Ich verfolge allerdings jetzt auch nicht jedes nicht, nicht jede Rezension oder nicht jedes Gespräch im Feuilleton. Ja. #00:38:28-3#

Tobias Wildner: Da fällt mir Lisa, du hast. Du hast gerade. Entschuldigung, du hast gerade gelacht, habe ich gehört. Bei dem kongenialen hattest du diese Erfahrung auch schon bei dir. #00:38:36-2#

Lisa Palmes: Die hatte ich nicht. Aber das ist so ein ganz beliebtes Adjektiv. #00:38:39-8#

Tobias Wildner: Das kommt sicher noch. #00:38:40-8#

Lisa Palmes: Nicht so richtig, was einfällt, dann ist es kongenial. Ja, ich lese auch. Mir kriegt das von den Verlagen ja oder eigentlich regelmäßig geschickt die Rezensionen, aber ich lese sie auch gar nicht alle durch. Das ist ja wirklich dann der letzte Satz, wo dann noch steht aus dem Polnischen übersetzt von oder so. Ja. #00:39:01-4#

Tobias Wildner: So war es. Irgendeine Vorgabe gibt, das noch dazu zu schreiben? Genau. Aber kommen wir noch ein bisschen zum Übersetzen selbst. Und zwar hast du ja mal wohl gesagt, übersetzen sei wie Haare schneiden. Und dazu muss man jetzt allerdings wissen, dass du eine ausgebildete Friseurin auch bist. Diesen Hintergrund brauchen wir natürlich. Zu diesem Statement könntest du uns das mal ein bisschen erläutern. Wie kann man das verstehen? #00:39:26-4#

Lisa Palmes: Ja, das kann ich ganz gut erläutern, denn man arbeitet ja beide Male. Also Autor oder Kunde ist irgendwie auch so ein bisschen dasselbe. Und die Haare sind die der Text. Und man kann sich natürlich jetzt für, sagen wir, jemand kommt und man kann sich eine wunderbare Frisur auf dem Kopf vorstellen, aber die Haare lassen das einfach nicht mit sich machen. Das heißt, man muss dieses Material so nehmen, wie es ist. Und dann? Natürlich sagt derjenige oder diejenige, was er oder sie möchte, aber was man daraus macht, ist ja dann eine Mischung aus Erfüllung dieses Wunsches, den Möglichkeiten, die das Haar so bietet. Und natürlich dem eigenen Stil, wie man auch irgendwie diese Haare schneidet. Und ich denke, gut ist diese Frisur dann, wenn sie unterstreicht, was, äh, was der oder diejenige für ein Typ ist und damit sozusagen sagen will. Und ich habe ganz oft gemerkt, dass man zuerst dann denkt Oh je, was ist das für ein seltsamer Wunsch! Und wenn man dann anfängt, das Haar zu bearbeiten, man plötzlich genau versteht ach, das möchte diese Person haben Und am Ende ist es dann ja im Rahmen des Möglichen das geworden. Und dann muss man sagen okay, Sie oder er hatte recht, es ist tatsächlich genau diese Frisur und ich finde, das ist so dieses. Das hatte ich auch vorher schon dazu sagen wollen, was man als Übersetzerin auch braucht, dieses so eine ganz bestimmte Art von Empathie, dass man verstehen und spüren kann, was jemand möchte. Also was möchte dieser Autor dieser Autorin sagen oder was? Was möchte dieser Text einem sagen? Was ist das für ein Material, was ich jetzt hier vor mir habe? Und was kann ich damit machen, um das so zu sagen wie diese Person, also sei es jetzt Autor, Autorin oder eben dieser Text oder eben dieses Haar und diese Kundin damit sagen möchte. Und auf diese Weise, finde ich, ist das eigentlich ähnlich, denn man kann weder übersetzen noch Haare schneiden, wenn man selber so denkt. Okay, ich finde, das muss jetzt so sein und das, das mache ich jetzt so und hoffe das da so drauf. Und deswegen glaube ich, dass das dieselbe Art von Fähigkeit ist. #00:41:35-3#

Tobias Wildner: Das heißt, du würdest. #00:41:37-4#

Lisa Palmes: Nehmen, was man kriegt, sozusagen. #00:41:39-1#

Julia Schoch: Aber das, was man kriegt, ist gut. Ja, und was will man dann? Was macht dann? Also wenn man daraus was Gutes machen kann, dann kommt was sehr Gutes raus. Auch wenn man vielleicht vorher gar nicht verstanden hat, was das für eine was ist jetzt für ein Wunsch da war. Oder wenn man damit arbeitet, versteht man Und dann? Ja. Am Ende ist das Ergebnis. Wenn man das verstanden hat und dieses Gefühl dafür hat, dann ist das Ergebnis gut. #00:42:03-2#

Tobias Wildner: Das heißt, du fährst jetzt nicht gegen den Willen der Kundin, die Haare blau oder schneidest den Zopf ab oder sowas. Das kommt da nicht in die Tüte. #00:42:11-4#

Julia Schoch: In ganz seltenen Fällen? Ja. Ich rede auch jetzt eher über den Schnitt, über dieses. #00:42:18-7#

Tobias Wildner: Okay. #00:42:19-1#

Julia Schoch: Über diese Form. Also Farbe habe ich damit jetzt gar nicht so gemeint, aber da kann man ja tatsächlich also das kann man ja tatsächlich irgendwie, Wenn jemand sagt, ich möchte das und das, dann ist es meistens möglich, das zu machen. Aber der Schnitt hat wirklich sehr viel damit zu tun, wie die Haare sind und die Übersetzung und die Form nachher hat sehr viel damit zu tun, wie dieser Text beschaffen ist. Und wenn man nicht versteht, was das für ein Text oder was das für ein Material ist, dann sollte man die Finger davon lassen. Also das finde ich auch. Es gibt ja manche Texte, die sich einem nicht nicht erschließen einfach und wo man auch denkt, gut, das ist ein interessantes Thema, aber ich glaube nicht, dass ich dieses Buch übersetzen sollte. Denn ich ich verstehe, Ich gleite da so dran ab. Das sagt mir gar nichts. Wie soll ich das? Ich wüsste nicht, wie soll es auf Deutsch klingen? #00:43:01-3#

Tobias Wildner: Also dann haben wir jetzt noch mal eine ganz interessante Herangehensweise Qualifikation, wie man zum Literatur übersetzen kommen kann durch so was wie eine Ausbildung zur Friseurin. Also die Metaphern sind ja irgendwie so eine Sache, die die werden von dem Thema Literaturübersetzung angezogen. Es gibt ja dann die diese Metapher des über den Fluss Setzens für, für das Mitteln. Es gibt also die das Bild für die Unmöglichkeit des Übersetzens in Fesseln tanzen, in Ketten tanzen. Hast du auch eine Lieblingsmetapher für das Übersetzen. #00:43:35-8#

Julia Schoch: Julia Oder eine Metapher nicht. Aber mein Lieblingssatz ist Übersetzen ist unmöglich, aber nötig. #00:43:41-8#

Tobias Wildner: Okay, das ist auch schön. #00:43:42-8#

Julia Schoch: Damit ist dann alles. Der Wind aus den Segeln genommen und man muss es eben am Ende doch machen. #00:43:49-8#

Tobias Wildner: Der Satz könnte auch von einer Kundin Friseursalon stammen. #00:43:52-8#

Julia Schoch: Ich glaube aber. Ich glaube aber, Umberto Eco hat es gesagt. #00:43:58-4#

Tobias Wildner: Okay. #00:43:58-8#

Julia Schoch: Ohne Haar dazwischen. #00:44:00-3#

Tobias Wildner: Genau das ist es auf jeden Fall. Wie geht man nun ran an so eine Übersetzung, wenn man sich vorstellt, dass Du kriegst den Auftrag und das Original liegt vor dir, in welcher Form auch immer. Das Wort Dokument ist leer. Das ist ein schöner Moment. Was macht man dann? Wie? Wie läuft das bei dir ab? Was ist der Anfang Der. Der Beginn von so einer Übersetzung? #00:44:21-8#

Julia Schoch: Ja, also das muss man gar nicht jetzt so wahnsinnig aufbauschen. Man beginnt also so, also man hat ja das Buch dann meistens schon gelesen. Wäre wäre irgendwie hilfreich, ne? Und dann, ja dann legt man los. Beim Schreiben würde ich jetzt nie, oder? Ich fange selten beim Schreiben meiner eigenen Bücher bei Seite eins an, also da, das ist eine viel größere. So wie das Forum Romanum, so mit Säulen und Ruinen und also das ist sowieso eine große Baustelle irgendwie. Das ist beim Übersetzen anders. Da gehe ich stringenter natürlich vor. Ja, tatsächlich. Von Anfang bis Ende. Und na ja, klar, dann gibt es verschiedene Fassungen. Liegen lassen ist auch immer gut, aber man hat manchmal ja keine Zeit. Deswegen habe ich gesagt, es ist ein Luxus, wenn ich, wenn ich keinen Termindruck habe, das ist immer das Beste. Also ich mag es ungern, wenn es so heißt, Ja, jetzt aber bis Ende des Jahres oder des Monats muss es fertig sein, Dann sind die Fehler irgendwie schon vorprogrammiert. Und Zeit ist für das eigene Schreiben wie fürs Übersetzen immer hilfreich, wenn man in den Text dann noch mal reinguckt nach einem, nach einem Monat, nach zwei Monaten dann Urteil, fällt einem schon selber alles auf. #00:45:38-8#

Tobias Wildner: Und diese Zeit hat man ja als Übersetzerin oft nicht. #00:45:42-7#

Julia Schoch: Gerade in den meisten Fällen nicht. #00:45:44-7#

Tobias Wildner: An die Englisch Übersetzungen. Die sind ja am härtesten getaktet mittlerweile. Da hört man ja auch immer wieder, dass während das Buch entsteht, schon die ersten Teile von der Übersetzerin, dem Übersetzer dann schon mal in Europa in die Rohfassung gebracht werden. Dann ist das so stückweises Weiterarbeiten. Das klingt jetzt eher nach zu wenig Zeit. #00:46:03-6#

Julia Schoch: Ja, ja, halte ich für schwierig. Also natürlich muss es so sein. Nein, es muss nicht so sein, aber es ist so, aber ich arbeite lieber mit sehr viel Zeit. Natürlich. Aber wer nicht so und dann sind ja meistens noch kommen ja zwischendurch auch oft größere Recherchen. Also man liest vielleicht erst mal so einen ersten Schwung durch, also das Buch so durch und denkt ja, okay, so, da komme ich zurecht. Und dann plötzlich entpuppt sich das eben auf irgendeiner Seite. Also bei dem Roman von Frederic Beigbeder zum Beispiel. Bei dem letzten habe ich. Da ging so viel um neue Gentechniken, Genschere und so, und ich habe dann immer, wenn ich auf Reisen war, immer in den Bahnhofsbuchhandlungen immer so die neueste Geo Spezial gekauft, also wo dieses Thema irgendwie behandelt wurde, um einfach dieses Vokabular mir drauf zu helfen. Also da habe ich wahnsinnig viel recherchiert, bis ich dann gemerkt habe, ich habe oft die gleichen Artikel gelesen, die der Autor auch gelesen hatte und in sein Buch verbastelt hat. Aber da war ich dann froh, dass ich dann ja das ich, dass ich die Wörter einfach zur Verfügung hatte. Gerade bei so einem Spezialwissen ist das ja. Also das war schon ein ziemlicher ziemlicher Aufwand, aber da freue ich mich dann auch, weil das war ein Thema, mit dem hatte ich mich vorher noch gar nicht beschäftigt und das ist super. Da weiß ich jetzt ganz viel drüber und es war mal was anderes. #00:47:25-3#

Tobias Wildner: Da wird es nicht langweilig. #00:47:26-3#

Julia Schoch: Nein, nein, überhaupt nicht. Das ist wirklich was. Wenn man, wenn man einen Beruf sucht, weil wir vorhin darüber gesprochen hatten, was einen auch locken könnte, der, wo man wirklich seine Neugier so behalten kann, der immer wieder auch Abwechslung verheißt, Das ist wirklich was beim Übersetzen, das ist der Beruf eigentlich dafür. Also der, der allerletzte Romane, ich übersetze, war der vorletzte, da ging es um Hysterikerin am Ende des 19. Jahrhunderts. Also auch wieder eine ganz. Eine ganz eigene sozialgeschichtliche Sache, die ich auch extrem interessant fand. Und ja, da tauche ich dann auch ein. Dann suche ich mir andere Romane, die das behandelt haben. Und natürlich noch mal in die Alltagsgeschichte Frankreich, 19. Jahrhundert und so, das ist wo hat man das schon? Also in welchem Beruf? #00:48:13-3#

Tobias Wildner: Große Zufriedenheit. Ja, das ist ein Wort. Sehr schön. Ja, also im Laufe so eines Übersetzungsprozesses werden ja auch immer viele Entscheidungen getroffen. Wenn man am Anfang etwas so und so übersetzt, muss man es auch durchziehen. Lisa. Gibt es Entscheidungen, die dir da besonders schwer fallen? Ist es was, das einfach so mitläuft, was man irgendwann auch drauf hat, dass man sich da nicht verzettelt? Oder wie gehst du an so was ran? #00:48:38-3#

Julia Schoch: Ich kann mir meistens ziemlich gut merken, an welcher Stelle ich was verwendet habe. Manchmal kommt es natürlich dann vor, dass man im Laufe des Buches dann merkt ich möchte es doch lieber anders nennen und dann muss man wieder zurückgehen und und da noch was umändern. Deswegen ist es eigentlich auch also Dinge, die die dann schon so in Teilen übersetzt und abgegeben werden und dann überhaupt nicht mehr am Ende ganz. Also ich finde, man sollte nicht mit zu heißer Nadel stricken. Das kann immer noch sein, dass einem auch immer die ganze Zeit dachte ich, ich nenne es so und ich mache das so, dass einem am Ende einfällt Nein, eigentlich muss es doch anders sein. Ich muss da noch mal zurückgehen. Aber ich, ähm. Ich. Ich finde, das ist auch so eine. Übersetzung ist auch eine sehr intuitive Sache. Das hat jetzt wenig so mit ja so fachlichem so, ich weiß jetzt genau jetzt mache ich die und die Handgriffe oder so zu tun, sondern einfach ist auch eine sehr hat sehr viel mit einem Text auch fühlen zu tun. Und ich muss sagen, was ich immer gut fand jetzt, dass Sie gerade diese Tandemübersetzung mit Lothar Stein das kann und möchte ja wirklich nicht jeder und jede Übersetzerin so machen. Aber ich finde das sehr, sehr hilfreich, wenn man zu zweit an Texten arbeitet. Weil wir haben bei der Olga Ducato, bei diesem den Jakobsbüchern, die ja so sehr umfänglich waren und deswegen dafür entschieden, eben erstens wegen dieses Umfangs, zweitens, weil wir beide dann versucht haben, mit vereinten Kräften einen Verlag zu finden und dann dachten na gut, wenn, dann ist es auch gerecht, wenn wir es zusammen machen. Und tatsächlich war da so viel Zusätzliches zu lesen über diesen Jakob Frank, über die Geschichte des Judentums in Polen, über diesen Franquismus. Lauter Dinge, die sich auch aus einander ergaben. Dass man jetzt im Nachhinein sagen kann, wir haben da so eine Art Ministudium quasi nebenbei noch absolviert. Und niemand außer uns hätte jetzt mal eben sagen können okay, in dem und dem Kapitel würde ich das und das jetzt so machen, also auch kein. Also es steckte niemand so drin und ich denke nicht, dass ich das alleine so geschafft hätte. Wir haben wahrscheinlich auch zu zweit noch Hinweise übersehen oder vielleicht auch immer noch Fehler gemacht oder oder vielleicht Quellen nicht gefunden, aus denen noch irgendwas stammte. Aber das war. Das war sehr, sehr gut das, dass man über diese diese Spiegelung hatte und tatsächlich. Also wir haben die Kapitel, das kapitelweise abwechselnd gemacht und uns die Kapitel immer dann abwechselnd zugeschickt. Die gingen oft fünf, sechs Mal hin und her und da ist es oft dann so gewesen, dass das man dann so ein, dass wir in so einen Prozess reingekommen sind, wo wir dann dieselben Ideen entwickelt haben. Und da waren öfters Dinge, die noch nicht ganz klar waren Wie nennt man das jetzt hier? Wie gehen wir damit um? Und dann ist so im. Während dieses Hin und her schicken ist plötzlich so eine neue Idee geboren worden und das war's dann. Und das fand ich einen sehr interessanten Prozess, der eigentlich wünschenswert ist für jede Art von. Ja, vielschichtigen Text. Der, der einfach dadurch noch gewinnen kann, dass man ihm dann noch mehr Tiefe gibt. Und das ist, glaube ich, was man auch dann zu zweit sehr gut machen kann. Also ich habe manchmal auch, dass ich dann selber, wenn ich alleine an einer Übersetzung sitze, dann einfach nicht so richtig weiter weiß und dann stehe ich auf, mache erstmal was anderes und dann arbeitet das so vor sich hin und plötzlich ist die Idee dann da. Das funktioniert auch so, aber dieser, dieser Austausch zu zweit, dass man eben dann auch so noch mal mit etwas fremdem Auge dann drauf guckt und dann dann arbeitet das so also in zwei Gehirnen vor sich hin. Das fand ich jetzt für alle komplexeren, also thematisch komplexeren Dinge wirklich sehr hilfreich, muss ich sagen, weil das im eigenen Saft köchelt, denn man kann ja doch aus seinem eigenen Radius, irgendwie aus seiner eigenen Sphäre nicht so richtig raus. Und das ist schon immer gut, zu zweit so drauf zu gucken. #00:52:33-0#

Tobias Wildner: Das ist ja doch ganz spannender Aspekt. Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass das jetzt auch zunimmt, dass man auch mal als Tandem an so eine Übersetzung herangeht. Mehr als früher vielleicht noch. Gleichzeitig stelle ich mir das bei so einem 900 Seiten Roman wie die Jakobsbücher unglaublich schwierig vor, am Ende dann auch wirklich glatt einen einheitlichen Stil zu haben. Wie war das ein Problem für euch? Oder ergibt sich das durch das, was du beschrieben hast, dass man am Ende sich im Gedanklichen so annähert, dass dann auch wirklich durch diesen intensiven Austausch dann auch der Stil sich ergibt. #00:53:06-1#

Julia Schoch: Also das hat sich tatsächlich dann da ergeben. Aber ich glaube, dass es auch wahrscheinlich nicht mit jedem funktioniert. Man muss schon irgendwie so die beiden Menschen, die daran arbeiten müssen, irgendwie ineinander greifen. Das muss ich verknüpfen können. Und tatsächlich haben wir es einfach so oft hin und her geschickt und dann einmal im Monat uns getroffen und noch mal die letzten Kapitel durchgegangen. Dass am Ende ich fast manchmal gar nicht mehr wusste, welche hatte ich denn jetzt gemacht und welche hatte Lothar gemacht? Also wir haben sehr zweit zwei Jahre dran gearbeitet. Das war wirklich sehr, sehr viel Arbeit und sehr intensiv. Und diese Zeit und die Möglichkeit hat man eben auch nicht immer. #00:53:42-8#

Tobias Wildner: Da ist man nach zwei Jahren auch froh, dass der vorbei ist. Oder ist das dann eher so ein Entzug, den man dazu. #00:53:49-8#

Julia Schoch: Hat? Nee, nee. Genau deswegen war ich auch, als die Nobelpreis Nachricht kam, auch noch so einigermaßen betäubt und in ganz anderen Dingen dann, weil man einfach auch nicht mehr kann. Dann. Das ist so also diese diese Geschichte von Jakob Frank, überhaupt das Ganze so mitzuerleben. Und Olga muss man ja sagen, hat ja selber insgesamt zehn Jahre für dieses Buch gebraucht, also sechs Jahre geschrieben, und das ist, dass man das dann innerhalb von zwei Jahren zu zweit dann nachempfindet. Ist ja trotzdem ein ziemlich schnelles Tempo. Das war so eine Reizüberflutung, dass ich dann danach dachte So, jetzt. Jetzt will ich eigentlich erstmal gar nichts mehr übersetzen. Also habe ich auch zum Ersten Mal gedacht, muss ich sagen. #00:54:28-8#

Tobias Wildner: Wie lange hat es gedauert, bis dann doch wieder es in den Fingern gekitzelt hat? Wahrscheinlich gar nicht so lange am Ende. #00:54:34-1#

Julia Schoch: Na ja, es kam dann ja diese Nobelpreisrede und natürlich war die interessant. Ich konnte gar nicht sagen, jetzt will ich erstmal nicht mehr Und man möchte also wenn es dann das war ja auch dann so, so eine beglückende Erfahrung, dass diese Dinge dann so irgendwie, so schicksalshaft fast einander greifen, dass man diese Riesen, diesen riesen Band fertig bekommen hat, der ja auch so schwer. Also wir haben insgesamt glaube ich fast drei Jahre nach einem Verlag gesucht und ich dachte schon, das wird überhaupt nichts mehr. Und dann plötzlich überschlägt sich das alles so und dann lässt man sich halt nur noch mitziehen. #00:55:04-4#

Tobias Wildner: Eine große Feier. #00:55:06-4#

Julia Schoch: Ja, genau. #00:55:08-6#

Tobias Wildner: Ja, schön. Ja. Stichwort Stil. Julia, du hast ja auch einfach diese Autorinnenerfahrung, wo ihr Stil schon sehr maßgeblich ist. Ist das beim Übersetzen vermutlich ein bisschen anders, dass man da eher versucht, keinen eigenen Stil reinzubringen? Oder würdest du sagen. Anders gefragt Wenn du Übersetzungen liest von Kolleginnen und Kollegen, Du erkennst da jemand Rauhes an der Übersetzung? #00:55:34-1#

Julia Schoch: Hm. #00:55:36-1#

Tobias Wildner: Ja, bei bestimmten Autoren. #00:55:38-8#

Lisa Palmes: Schon. #00:55:39-8#

Julia Schoch: Aber nur zum Besten. #00:55:41-6#

Tobias Wildner: Also darf auch mal so sein. #00:55:45-0#

Julia Schoch: Ja, was heißt Stil? Also Stil hat ja jeder irgendwie. Das ist ja gar nichts mehr, was irgendwie gilt. Also dieses, dieses Zurücknehmen über das haben wir ja vorhin schon gesprochen, so ein bisschen, also dieses, dass man, dass man eigentlich uneitel ist und die eigenen jetzt das eigene Feuer da irgendwie mal beiseite lässt und wirklich dem, dem dem Text nur folgt. Das ist eigentlich so mein Main, mein Credo, was eigentlich gar kein Credo ist, weil ich mir das jetzt nicht jeden Tag irgendwie so vor sage. Und ich muss mich auch nicht zurückhalten, sondern das ist, wie gesagt, eine entspannende Arbeit, weil das andere findet an anderer Stelle statt. Also ich habe das ja wirklich so irgendwie auseinander dividiert und es gibt aber trotzdem natürlich immer Momente, wo das, wo das auch gefordert wird, dass man jetzt so ein bisschen auch mal über die Stränge schlägt oder Originalität beweist oder so In dem einen Fred Vargas Roman zum Beispiel, das fällt mir dabei ein. Da ging es um ein französisches Polizeiteam, was nach Quebec, also nach Kanada, gereist ist, und die sprechen ja dort. Quebec war also ein spezielles Französisch, und die Franzosen haben das in dem Buch in dem Original nicht verstanden. Das ist so ein bisschen, als ob wir. Na ja, man kann es eben nicht vergleichen, als ob wir nach Bayern kommen und niemand Jemand aus Brandenburg versteht die Bayern oder so was, was nicht ganz auf der Ebene liegt, aber so ungefähr. Und ich musste mir also für diese Quebec Leute einen Kunstdialekt ausdenken, weil ich das ja nicht übersetzen konnte in einen europäischen Dialekt. Wäre ja unlogisch gewesen, hätte man zum Beispiel vor 60 70 Jahren auch anders gemacht. Also da hätte man vielleicht die, hätte man schweizerisch sprechen lassen oder oder österreichisch oder so was ganz unlogisch wäre. Und dann habe ich mir die haben das Markenzeichen von diesen Quebec Leuten war immer, dass die so in Bildern reden. Also sie haben besonders viele so bildhafte, eine bildhafte Sprache, Metaphern usw und die Autorin hat das natürlich auch reichlich ausgeschöpft und ausgenutzt, weil das auch ein Witz hatte. Und ich habe mir dann halt diesen Kunst, diese Kunstsprache da einfallen lassen müssen, was, was auch schön war. Aber da hab ich auch viel Zeit mit verbracht. Aber es war auch was beglückend. Es also. etwas, was sie, was es gar nicht gibt, also was auch noch nie da war, sozusagen zu ins Deutsche reinzubringen. Also das. Das sind eher diese Stellen, an denen man sich beweisen kann. Also jetzt nicht sozusagen der der Stil, also elegant. Das ist sowieso immer mein Bestreben, also. Aber danach wählt man ja vielleicht auch ein bisschen die Bücher schon aus, also entspricht mir das überhaupt? Ich kann ja auch jetzt nicht alles übersetzen, aber man sieht ja, ist das ein Buch, was Irgendwie. Ja, dass ich fühlen kann, dass ich empfinden kann, wo ich die Sprache empfinden kann. Und dann? Dann geht es auch schon seinen Gang. Da muss gar nicht so viel von mir rein. Das sind eher eben diese anderen Momente, wo man sich tatsächlich mal überlegen irgendwie so Droligkeiten überlegen muss oder was, was? Oder wenn da Lyrik noch drin vorkommt oder wenn gereimt wird, Es gab einen anderen Roman, da waren dann immer Alexandriner auf Französisch. Das ist eine Form, die bei uns jetzt gar nicht so oft vorkommt. Was macht man dann? Wie überträgt man das ist ja dann gar keine Übersetzung, sondern man muss sich ein Äquivalent dafür übersetzen für die Wirkung, die es im Ausgangstext hat. Also ich kann nicht starr die Bedeutung oder das Versmaß übersetzen, sondern ich muss gucken, welche Wirkung soll das denn haben? Für den französischen Leser also muss ich das gleiche Äquivalent finden, mit der gleichen Wirkung im Deutschen und solche Sachen. Und ja. #00:59:29-3#

Tobias Wildner: Diese Leserwirkung für dich dann auch das maßgebliche Kriterium für Texttreue. Da gibt es ja auch im Laufe der Zeit ganz unterschiedliche Definitionen von am Anfang sehr wörtlich. Dann ging es um die Bedeutung mir, dann um die Wirkung auf den Leser, die Leserin. #00:59:42-8#

Julia Schoch: Na ja. Ja, man muss gucken, was der Ausgangstext will. Also wie ist der gebaut? Verschließt er sich? Ist der schon hermetisch oder ist der auf auf? Welche Wirkung will er haben? Und jeder Text will, ja will ja doch irgendwie eine Wirkung entfalten. Und wenn man die muss man fühlen oder begreifen, oder? Erahnen, erahnen nicht. Es steht ja da. Also man muss sie übertragen. Einfach. Im besten Falle. Ja, genau. #01:00:10-7#

Tobias Wildner: Ich würde noch mal zu dem Aspekt Kontakt mit Autor Autorin kommen Und schwenk noch mal zu Lisa, weil einfach mir gerade das Bild von euch beiden, die ihr da zwei Jahre lang euch an den Jakobsbüchern abgemüht habt, gerade im Sinn ist. Wie viel Kontakt hattet ihr zu Olga Tokarczuk in dieser Zeit Und ist so ein Kontakt hilfreich? Ist der gewünscht auch von der Autorin, vom Autor oder auch von der Übersetzerseite her? Wie verhält sich das bei dir jetzt ganz persönlich? #01:00:39-4#

Julia Schoch: Es war. Wir hatten natürlich Kontakt zu Olga Tokarczuk, weil wir vorher schon während dieser Verlagssuche dann auch immer in Kontakt waren und sie dann fragte Wer kommt jetzt da in Frage? Wer interessiert sich und so? Aber sie wollte gar nicht gerne. Das ist tatsächlich was, was viele Autorinnen und Autoren nicht so gern wollen, dass man jetzt fragt Wie, was ist denn da jetzt so genau gemeint? Wie bist du darauf gekommen? Also mich interessiert es dann schon manchmal, wie jemand auf einen Gedanken gekommen ist. Aber dadurch, dass es auch schon, dass sie so lange an dem Buch gearbeitet hat, wussten sie manchmal schon selbst nicht mehr. Was war jetzt in welcher Reihenfolge gewesen und war wahrscheinlich auch ganz froh, dass sie dieses riesige Werk einfach abgeschlossen hatte und sagte dann Nein, es ist ja auch es ist Fiktion. Sie will ja nicht jetzt eins zu eins die Lebensgeschichte des Jakob Frank an Fakten nacherzählen, sondern viele Dinge sind eben auch fiktiv. Auch wir hatten auch den Fall von einem Zeitungsartikel, der aus der Preußischen Zeitung sein sollte und wir haben ewig gesucht und waren auch im Archiv in Offenbach usw und da stellte sich heraus nein, sie hat sich den ausgedacht und das hat dann gar keinen Zweck, da was zu fragen. Es interessieren dann immer so viele Fakten und so viele Dinge. Was war da jetzt dahinter? Aber tatsächlich sagen viele Autorinnen und Autoren von fiktiven Büchern nein, also das, Das macht ihr so, wie ihr es versteht. Und tatsächlich ist es ja, das ist ja auch die Übersetzung. Ich meine, wenn ich jemand anderer wäre, wäre die Übersetzung anders, weil ich sie anders verstanden hätte. Und tatsächlich, das ist eben das, was man, was einem bewusst sein muss bei einer Übersetzung. Auch wenn ich es in zwei Jahren oder zehn Jahren noch mal machen würde, wäre die Übersetzung anders geworden. Und genau das ist dann eben die die Aufgabe des Übersetzers der Übersetzerin Wie verstehe ich das? Was mache ich jetzt daraus und so? Ja, Dinge, die man nachfragt, können hilfreich sein. Aber tatsächlich kann ja die Autorin in den seltensten Fällen oder eigentlich nie einem sagen So, und das müsste jetzt auf Deutsch so heißen. Also das, das hilft ja auch gar nichts. Von daher ist man dann schon in Kontakt. Aber das wäre hinderlich, wenn jemand glaubt Genau nein, ich bin mir ganz sicher, das muss jetzt das Wort im Deutschen sein. Das ist ja, ähm, ich würde ja auch wenn ich jetzt was schriebe, würde ich ja auch nicht jemandem sagen, der, der oder die ist, ins Polnische übersetzt. Das muss jetzt da so heißen. Also das. Das ist das das. Das ginge ja gar nicht. Das Gefühl habe ich für das Polnische tatsächlich auch nicht. Wenn jetzt jemand. Also ich stecke ja auch nicht in dieser übersetzenden Person drin. Das heißt, das kann im Grunde kann einem niemand sagen, wie das jetzt da heißen muss. Und ja, so kann man eben Dinge nachfragen, die vielleicht, wo jemand was gelesen hat, wie dieser Gedanke entstanden ist. Aber tatsächliche Fragen, so zu dem wie soll das jetzt da sein? Ergeben sich dann eigentlich auch gar nicht daraus. Ja. #01:03:26-4#

Tobias Wildner: Ja, spannend. Ich würde an der Stelle vielleicht mal gerade etwas vorbeischauen hier an euch beiden zu unserem Chat. Da ist momentan aber nichts drin. Da können wir einfach noch mal weitermachen mit einer Frage, die jetzt so langsam auf den Schluss zusteuert und die ich jetzt hier natürlich stellen muss. Und zwar war das Übersetzen ja vor kurzem wirklich groß in der Presse und in der Diskussion, also größer als als lange Zeit. Mit dem Fall von The Hill Claim, also diesem Gedicht von Amanda Gorman bei der Inauguration von. Von Joe Biden. Dieses Gesicht. Gesicht, sage ich. Dieses Gedicht wurde natürlich in kürzester Zeit in die verschiedensten Sprachen übersetzt oder sollte übersetzt werden. Und wir haben alle noch den Fall so ein bisschen im Kopf, das dann als erstes in den Niederlanden die Übersetzerin zurückzog Marieke Lukas Reinfeldt. Nachdem eine Aktivistin meinte, das wäre es, sei eine vergebene Chance. Sie hat es relativ vorsichtig formuliert. Das wurde dann von der Presse noch aufgebauscht. Eine verlorene Chance, dass es nicht eine Person war, die einen ähnlichen Hintergrund hat wie Amanda Gorman, die das das Gedicht übersetzt. Wie habt ihr diesen Fall selber erlebt? Die Debatte darum, aus eurer Sicht der professioneller Literatur Übersetzerinnen hat, hat es auch in der Übersetzerszene große Wogen geschlagen. Habt ihr da eher den Kopf geschüttelt? Habt ihr gesagt Ja, wie? Wie war da eure eure Empfindungen dazu? Ich weiß nicht, wer von euch beiden anfangen möchte. #01:04:58-2#

Julia Schoch: Ich kann gern anfangen. Ja, ich denke mir, dass es einfach. Tja, ähm. Es ist einfach eine schwierige Frage, weil. Wie weit will man da gehen, wenn man so weit geht, dass jemand tatsächlich nur in der Lage sein soll, Texte zu übersetzen, die im Grunde eine fast identische Person geschrieben hat, dann. Dann müsste ich vom Deutschen ins Deutsche übersetzen, also das. Das ist dann. Dann könnte man ja auch sagen, jetzt kann kein Mann mehr etwas von der Frau übersetzen. Und ich denke, dass einfach der Punkt diese diese Sache ist die, die ich vorher schon gesagt habe, mit dieser Empathie und der Fähigkeit zu fühlen, was jemand sagen möchte mit diesem Text und gar nicht so sich selbst. Ich meine, ich bin ja auch. Ich bin ja nicht einmal in der ehemaligen DDR geboren. Also man könnte mir auch sagen na ja, was hast du denn mit polnischen Autorinnen oder gar Autoren gemeinsam, obwohl das ja noch ein Nachbarland ist Und trotzdem denke ich, die Fähigkeit, die Übersetzerinnen auszeichnet, ist doch, dass man eben in der Lage ist, sich so in diesen Text hineinzuversetzen, dass man diese Nuancen auch auch wahrnimmt und nicht einfach so darüber hinweg trampelt. Sagen wir so Wenn da Dinge sind, die einem auffallen, die vielleicht derjenige, der den Text geschrieben hat, anders sieht als man selbst oder ein anderes Empfinden hat. Und natürlich muss man sich bewusst sein, dass ja, wenn man jetzt einen Text einer schwarzen Lyrikerin übersetzt, dass, wenn ich das täte, dass ich natürlich nicht schwarz bin und diesen Hintergrund nicht habe und dann vielleicht nicht diese Erfahrungen gemacht habe, aber dass ich doch vielleicht an bestimmten Stellen stutzig werden könnte, wo diese Erfahrung eine Rolle spielen und und dann ein zweiter Punkt, der mir dann auch noch wichtig schien, ist doch auch die Übersetzung ist doch auch für die Menschen gedacht, die, die eben diese Zielsprache sprechen in den allermeisten. Also ich meine in den allermeisten Fällen wahrscheinlich diese Erfahrungen auch selber nicht gemacht haben. Und vielleicht ist es dann ja auch ein wichtiger Punkt beim Übersetzen eben, dass man diese Erfahrung in so etwas übersetzt, dass es auch für jemanden verständlich ist, der sie nicht gemacht hat. Also ähm, ja, ich. Ich finde es eine schwierige Frage und denke mir, man muss. Es ist übrigens ein ganz interessanter Text von Tanja Handels auf der Toledo Webseite. Da habe ich gerade heute Morgen gelesen, weil sie hatte auch das Buch von Eva Risto übersetzt. Da geht es um nicht binäre Personen verschiedener Religion und Hautfarbe usw, da ist sie auch in die Diskussion geraten und sie meinte, man muss einfach den Mut auch haben, den Mut sich zu sagen So, mit diesem Text kann ich jetzt umgehen, aber natürlich auch jedem Übersetzer. Jeder Übersetzer ist bewusst im Rahmen des eigenen Bewusstseins. Ich. Ich habe nicht das Bewusstsein der ganzen Welt, und ich werde nicht einen Text übersetzen, als ob ich eine Maschine wäre, die jede Erfahrung gespeichert hat. Aber das ist tatsächlich, selbst wenn ich einen Text einer Person übersetze, die genauso alt ist wie ich und. Ähnliche Lebenserfahrungen hat, so ist diese, so ist meine Übersetzung trotzdem anders, als wenn eine andere Person mit genau der gleichen Lebenserfahrung diesen Text übersetzen würde. Es ist. Es ist einfach. Man muss sich bewusst sein. Das sind eben. Das ist der Filter unseres Bewusstseins, der darüber liegt. Und ja, ich denke, dass man sich trotzdem jetzt nicht den Mut nehmen lassen sollte, Texte von Menschen zu übersetzen, die ganz andere Erfahrungen gemacht haben, weil doch gerade das auch auch spannend sein kann. Und wenn man einem Text anmerkt, da hat jemand sich Gedanken gemacht und ist jetzt nicht rasenmäherartig darüber hinweg getrampelt und hat irgendwelche Erfahrungen in den Staub gestampft. Also einfach ein behutsamer Umgang mit Texten sollte ja eigentlich für uns Übersetzerinnen selbstverständlich sein. #01:08:49-3#

Tobias Wildner: Ja, dann geht einfach sehr stark. Du argumentierst auch sehr stark am Text selber sozusagen. Das war ja auch die. Ich glaube, Teile der Debatte zielt darauf ab, darauf zu sagen, es gibt mangelnde Diversität in bestimmten Berufsgruppen. Das ist dann noch mal eine völlig andere Warte, von der man da kommt. Aber ich höre jetzt auch raus, dass die das Maßgebliche auch wirklich die Arbeit am Text ist und die Wirkung auf die Leserin, auf den Leser. Der Prozess auch des Mittels, den du da beschreibst. Und das ist ein ganz, ganz spannender Einblick, denke ich. Den, den du da beschrieben hast. #01:09:25-8#

Julia Schoch: Und das ist das einzige, was wir als Übersetzerin oder Übersetzer dazu sagen kann. Denn an der Situation, dass dass es weniger Menschen gibt, die jetzt bei Übersetzung ins Deutsche, die jetzt so gut das Deutsche beherrschen, als Muttersprache und trotzdem aber aus afrikanischen Ländern kommen oder so, Ich meine, dass das an solchen Personen wahrscheinlich einen Mangel herrscht. Daran ändern wir ja nichts. Wir können nur die Texte, die da sind und die Erfahrungen, die jemand hat, so behutsam übersetzen, dass dem Leser, der Leserin klar wird okay, hier ist so ein Thema, da muss man das kann man so oder so sehen, dass man Dinge betrachten, die man vielleicht im eigenen Leben nicht betrachten muss. Und ich denke, darin besteht auch das Übersetzen, dass man zumindest die Augen öffnet für Themen, die man selber nicht jeden Tag auf dem Teller hat. #01:10:08-1#

Tobias Wildner: Das liegt in der Natur des Übersetzens. Im Prinzip genau diese Thematik. Julia, magst du noch was hinzufügen? Das war schon eine sehr umfassende Antwort von Lisa. #01:10:17-2#

Julia Schoch: Ja, natürlich. Ich habe das Wort an mich gerissen, aber. #01:10:19-2#

Tobias Wildner: Nein. Man könnte sagen, umgekehrt ist es natürlich auch ein großes Missverständnis, wenn nicht sogar eine Dummheit zu behaupten, nur weil jemand den gleichen Erfahrungshorizont hat, hätte er die gleiche Sprache. Also das. #01:10:35-9#

Lisa Palmes: Ist. #01:10:36-1#

Julia Schoch: Genauso unsinnig zu zu behaupten also, wir könnten keinen anderen Autor. Wir könnten. Warum sollte man dann Shakespeare übersetzen? Ich habe nicht wie Shakespeare gelebt. Und trotzdem geht es. #01:10:49-7#

Tobias Wildner: Ja. Vielen Dank euch beiden für diese auch jetzt gerade zuletzt sehr persönlichen Eindrücke. Eine letzte Frage, die mich zu den Text Tagen noch mal zurückbringt. Was würdest du Julia, einer angehenden Literaturübersetzerin, mit auf den Weg geben wollen, wenn wir jetzt noch mal an unser Publikum denken? Also als erfahrene Übersetzerin sage ich jetzt mal. #01:11:16-0#

Julia Schoch: Lesen, viel lesen, viel lesen, vergleichen, Übersetzungen vergleichen und auch die Angebote nutzen, die da sind, die zum Beispiel vom Übersetzer Verband ja doch in einiger Menge angeboten werden. Also Seminare, Werkstätten, Tandems usw da gibt es eine ganze Menge. #01:11:37-5#

Tobias Wildner: Lisa wie schaut es bei dir aus? Hast du noch einen Top Tipp für unser Publikum? #01:11:42-1#

Julia Schoch: Zum Schluss der absolute Top Tipp ist Nicht aufgeben. Wenn man dann daran sieht man dann ja auch. Daran merkt man auch, ob man das wirklich machen will. Man muss schon sehr, sehr viel Geduld haben und eine gewisse Zähigkeit mitbringen, um das. Zumindest habe ich die Erfahrung von den polnischen Büchern, weil das einfach wirklich oft so ist. Dann kennt niemand den Namen des Autors. Man muss wirklich dann hartnäckig bleiben und sich irgendwie irgendwie schaffen, das ja dann einen Fuß in die Tür zu kriegen und ich gleich sagen okay, dann, dann eben nicht oder so, also es wird sich schon ein Weg finden, wenn man es wirklich gerne machen möchte. #01:12:19-0#

Tobias Wildner: Wunderbares Schlusswort Julia Schoch. Lisa Palmes Ich danke euch sehr für dieses Gespräch, für dieses interessante Gespräch in der letzten guten Stunde und wünsche euch jetzt erst mal alles Gute für die nächste Zeit, dass wir bald auch wieder unbeschwert Lesungen, Workshops und dergleichen machen können. Das Homeoffice beherrschen wir alle aus dem Effeff, wie wir jetzt wissen. Ansonsten wünsche ich allen noch einen schönen Abend und wir freuen uns darauf, uns wiederzusehen. #01:12:44-0#

Julia Schoch: Das war die Aufnahme von den zweiten Texttagen Nürnberg, die im Juni 2021 stattgefunden haben. Und wir dürfen schon jetzt das Datum der dritten Ausgabe bekanntgeben. Freuen Sie sich mit uns auf das Wochenende ab den 8. Juni 2022, wenn es heißt, Die Texttage in Nürnberg gehen in die dritte Runde und bis dahin bleiben sie uns treu. Schon in zwei Wochen gibt es die neue Folge von unserem Podcast. Bis dann. Tschüss! #01:13:15-8#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Mitschnitt des Podiumsgesprächs während der texttage.nuernberg am 26. Juni 2021.

Beeinflusst ein Nobelpreis für die Autorin die Gage der Übersetzenden? Wie kommt ein Text zu einem Übersetzer? Was muss eine gute Übersetzerin mitbringen – Talent oder Fleiß? Was ist ein „Sound des Textes“? Altern Originaltexte anders als die Übersetzungen? Wie meint es Lisa Palmes, wenn sie sagt, Übersetzen ist wie Haare schneiden? Muss man für eine Übersetzung recherchieren? Und, die Frage der Stunde: wer darf was übersetzen?

Es sprechen über diese und viele andere Themen – und erzählen Geschichten hinter Übersetzungen: Julia Schoch [Übersetzerin aus dem Französischem] und Lisa Palmes [Polonistin, Germanistin und Übersetzerin polnischer Literatur. Palmes übersetzte u. a. Bücher der Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk].

Weitere Informationen:

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Aufgenommen am: Samstag, 26.6.2021 
Veröffentlicht am: Donnerstag, 23.9.2021
Moderation: Tobias Wildner
Im Gespräch: Lisa Palmes, Julia Schoch

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