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Katja Schuberth, wie sieht Lernen aus, das Kinder stark macht?

Ansage: Kontaktaufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#

Hannah Diemer: Hallo und Herzlich Willkommen zu unserer ersten Folge nach der Sommerpause. Mein Name ist Hannah Diemer und nach den Sommerferien haben wir uns gedacht, wir laden einfach mal eine Lehrerin ein. Hallo, Herzlich Willkommen bei uns im Podcast, liebe Katja Schuberth. #00:00:27-0#

Katja Schuberth: Danke schön! Hallo, liebe Hannah. #00:00:28-8#

Hannah Diemer: Wie ist es denn dazu gekommen, dass du Lehrerin geworden bist? #00:00:32-2#

Katja Schuberth: Das war ein großer Zufall. Ich habe erst eine andere Arbeit gemacht, habe noch im Theater als Maskenbildnerin gearbeitet und habe da auf halbtags reduziert. Hatte da noch Zeit übrig und dachte mir, ich könnte ja mal studieren und habe im Hauptfach Kunst studieren wollen und habe das dann auf Lehramt angefangen, aber nie mit der Absicht, wirklich Lehrerin zu werden. Bis ich dann das erste Mal vor einer Klasse stand, in einem Praktikum, so nach einem Jahr ungefähr. Und das war wie so ein Aha-Moment. #00:01:03-1#

Hannah Diemer: Das heißt, es war nicht deine allererste Entscheidung, Lehrerin zu sein? #00:01:06-8#

Katja Schuberth: Überhaupt nicht. Nein. Ich hätte auch nie gedacht, dass ich Lehrerin werde. #00:01:10-4#

Hannah Diemer: Und jetzt bist du an der Grundschule. #00:01:14-0#

Katja Schuberth: Richtig. #00:01:15-0#

Hannah Diemer: Und als Nicht-Lehrerin stelle ich mir vor, dass deine Aufgaben sind, in der Früh in die Klasse gehen, dann vier, fünf Stunden die Klasse zu unterrichten und dann gehst du wieder nach Hause. Korrigierst ab und zu ein bisschen was. Erzähl uns doch mal, was eine Lehrerin eigentlich macht. #00:01:29-9#

Katja Schuberth: Also ich bin ab 7:30 in der Schule. Meine Schule sind Langwasser, die Astrid-Lindgren-Grundschule und ab 7:45 kommen die Kinder. Ab da habe ich Aufsichtspflicht. Wir haben Unterricht bis um 13:00 Uhr oder 13:05 Uhr. Bis dahin bin ich eigentlich permanent am auffangen, reagieren, unterrichten, abfedern, organisieren. Wenn Regenpause ist, auch ohne Pause von 07:45 Uhr bis kurz nach 13:00 Uhr. #00:02:02-7#

Hannah Diemer: Was heißt Regenpause? #00:02:04-0#

Katja Schuberth: Regenpause heißt, es regnet und die Kinder dürfen nicht raus. Und dann müssen wir sie weiter beaufsichtigen. Genau. Dann ist der Unterricht vorbei. Dann gibt es Konferenzen, dann gibt es auch für die Schule intern Dinge zu zu organisieren. Also entweder das Schulprofil, an dem wir zusammen arbeiten oder auch Elterngespräche. Dann auch mit unserer JaS-lerin, also unsere Jugend Sozialarbeiterin, die wir haben, mit der noch Gespräche führen über einzelne Kinder, natürlich Proben korrigieren, Proben konzipieren, Hausaufgaben korrigieren, den nächsten Tag überlegen, Emails beantworten. #00:02:41-9#

Hannah Diemer: Was würdest du denn sagen welche Aufgaben, dir da am meisten Spaß machen? #00:02:47-8#

Katja Schuberth: Auf jeden Fall, an erster Stelle, das Arbeiten mit den Kindern. #00:02:51-9#

Hannah Diemer: Wie unterscheidet sich das Arbeiten mit Kindern, von dem Arbeiten mit Erwachsenen? #00:02:56-3#

Katja Schuberth: Hm. Na ja, also für mich ist es so, dass ich Kindern einfacher verzeihen kann als Erwachsene. Das heißt, die sind ja noch im Lernprozess und das weiß ich. Und demnach kann ich auch viel großzügiger mit ihnen umgehen. Oder es fällt einfacher, großzügig zu sein. Und dann habe ich mal gehört in meinem Studium, dass Kinder bis zu 200 Wiederholungen brauchen, damit sich Dinge automatisieren. Und da lernt man dann auch Geduld. Also ich musste das sehr lernen und die hätte ich jetzt mit Kindern eher als mit Erwachsenen. Ich weiß nicht, ob ich jetzt 200 Wiederholungen bei Erwachsenen hinnehmen könnte. Dann finde ich, dass Kinder sehr viel direkter und ehrlicher reagieren. Also ich habe einen guten Einblick darein, wie es ihnen geht. Dadurch, dass sie noch nicht so viel Bewertungen erfahren haben, ist so ihre Lebenswelt einfach für sie normal und wird so dargelegt und erklärt. Und das mag ich sehr. Da findet noch nicht so viel Schubladendenken statt. Das ist noch viel freier. #00:04:01-4#

Hannah Diemer: Und in der Arbeit mit Kindern ist es bestimmt nicht nur schön, sondern es gibt bestimmt einige Herausforderungen. Auch auf was triffst du denn da? #00:04:10-5#

Katja Schuberth: Ja, also das kommt jetzt natürlich immer ein bisschen darauf an, in welchen Gruppen Konstellationen man sich da gerade bewegt. Aber was auf jeden Fall viel vorkommt, sind einfach soziale Reibereien. Ich meine, klar, Kinder kommen in die Grundschule und das ist eigentlich ihr erstes soziales System, ihre erste kleine Gesellschaft, in der sie irgendwie agieren müssen, wollen, sollen. Und das ist viel Arbeit, das zu strukturieren, zu besprechen, die Bedürfnisse herauszuarbeiten, dass es eben auch Bedürfnisse auf der anderen Seite gibt. Dass nicht jeder Wunsch auch mit einem Ja beantwortet wird usw. Und natürlich bringen manche Kinder auch viel Frust und Unzufriedenheit von zu Hause mit, die sich dann im Unterricht oder im Schulleben einfach zeigt. #00:04:59-4#

Hannah Diemer: Wie machst du denn diese Begleitung von den Kindern? Also ich fande diesen Begriff: "das ist deren erste Gesellschaft" total spannend. Wie würdest du denn das so versuchen anzuleiten? #00:05:10-9#

Katja Schuberth: Also wir haben da tatsächlich bei uns in der Schule ein Konzept, das wir versuchen durchzuführen, von der ersten bis zur vierten Klasse. Was sich als total hilfreich erweist, weil die Kinder das dann schon kennen von Grund auf. Und das ist für Konfliktsituationen die Friedensbrücke. Und die Friedensbrücke ist eben eine gewaltfreie Kommunikationsweise, auf die die Kinder zurückgreifen können, wenn sie Konfliktsituationen miteinander haben. Und das läuft so ab. Das sind vier Schritte. Der erste Schritt heißt: Ich beschreibe, was ich gesehen habe. Also, was passiert ist, so wertungsfrei wie möglich. Der zweite Schritt ist: Wie ich mich dabei gefühlt habe. Der dritte ist: Was der eigentliche Wunsch von mir ist oder mein Bedürfnis dahinter. Und der vierte ist dann: Die Bitte ans Gegenüber. Und das läuft dann konkret so ab, dass die Kinder sich gegenüberstehen mit einem großen Abstand. Das eine Kind darf anfangen, das andere Kind macht weiter und es wird auch nicht darauf eingegangen, was die Kinder sagen. Also es wird natürlich angehört, aber es wird einfach stehen gelassen. Es wird nicht bewertet und auch nicht versucht zu ordnen. Wer hat jetzt Recht oder wird Unrecht, weil ja jeder Mensch auf seine Art und Weise in dem Moment ein Recht hat zu diesen Gefühlen und zu der Situation. Und nach jedem Schritt gehen die Kinder einen Schritt aufeinander zu, sodass sie am Ende quasi voreinander stehen, sich die Hand reichen können und sich eben auch näher gekommen sind in dieser Zusammenarbeit oder in diesem Prozess des sich wieder näher Kommens. Und das funktioniert total gut. #00:06:47-8#

Hannah Diemer: Das ist spannend, denn das sind die klassischen Schritte von der gewaltfreien Kommunikation, die es ja auch in erwachsenen Situationen gibt. Und da scheint es erwachsenen Menschen oft aber total schwer zu fallen. #00:07:00-1#

Katja Schuberth: Ja. #00:07:00-6#

Hannah Diemer: Vor allem diese Trennung von: Was will ich? Was ist das Bedürfnis dahinter? Fällt es den Kindern leichter? #00:07:06-5#

Katja Schuberth: Ja. #00:07:06-9#

Hannah Diemer: Echt? #00:07:07-4#

Katja Schuberth: Ja. Also mir ist das auch aufgefallen. Ich habe da auch damals im Studium meine Zulassungsarbeit darüber geschrieben, und deswegen bin ich da sehr eingetaucht in das Thema und habe an mir immer festgestellt, dass ich diese Bedürfnisse, die dahinter stehen, dass mir das gar nicht so bewusst war für mich und ich glaube, es liegt aber daran, dass wir das nicht gelernt haben. Das kommt jetzt erst so langsam in den neuen Generationen, dass das beigebracht wird. Ich wäre total dankbar gewesen, überhaupt zu wissen, was hinter all diesen Emotionen steckt oder dass man das auch regulieren kann. Oder dass es normal ist. Oder dass das was ganz Menschliches ist, dass man das alles fühlt. Und das, glaube ich, gab es bei uns noch nicht so groß. Also zumindest nicht, als ich in die Schule gegangen bin. Und Kinder, wenn die das von klein auf lernen... Und natürlich ist es jetzt ja nicht einfach ein: So geht die Friedensbrücke und jetzt los. Sondern das ist ja ein Prozess über mehrere Unterrichtsstunden und ein sich annähern und die können das sehr gut kommunizieren. Und ich bin selbst auch oft überrascht, welche Bedürfnisse tatsächlich dahinter stehen. Man weiß es oft gar nicht oder man vermutet etwas aus sich heraus, was aber dann bei dem Menschen gar nicht der Fall ist. #00:08:15-6#

Hannah Diemer: Und in dieser Friedensbrücken Situation: Sind die Kinder dann alleine im Raum oder ist es mit der ganzen Klasse? #00:08:23-5#

Katja Schuberth: Das kommt ein bisschen auf den Konflikt an, das würde ich offen lassen und gar nicht so ein festes Schema nehmen. Also teilweise ist es sogar so, dass die Kinder das komplett ohne meine Hilfe machen können, dass jemand als Friedensbrücken Experte oder Expertin dabei ist und es anleiten kann. Wir haben auch auf dem Pausenhof so ein Friedensbrücken Bild, das die Kinder nutzen können. Aber normalerweise mache ich es gerne vor der Klasse, weil das immer wieder ein Lerneffekt hat für alle. Und weil oft viele Kinder auch schon dabei sind in der Pause oder so einen Konflikt mitkriegen und dann auch schon eine Meinung dazu haben oder eine Position bezogen haben und das denen dann einfach auch hilft, das noch mal zu analysiert zu kriegen oder noch mal genauer drauf zu schauen, was war denn jetzt eigentlich los und warum? #00:09:07-4#

Hannah Diemer: Und jetzt gibt es glücklicherweise nicht nur Konflikte in den Gruppensituationen, sondern auch sehr viele schöne Momente. Ist es als Lehrerin deine Aufgabe, die Beziehungen irgendwie zu begleiten? Also diese freundschaftlichen Verbindungen, die da entstehen oder halt dieses System Klasse? Wie managest du das? #00:09:27-8#

Katja Schuberth: Also ich mische mich jetzt in so persönlichere Dinge von den Kindern untereinander nicht ein, Aber was unsere Klasse betrifft oder das Klassenteam betrifft, ist es mir ein großes Anliegen, eben das als Team und als Zusammenspiel zu verstehen und dass wir da eben zusammen agieren müssen und dass wir da auch Rücksicht nehmen müssen auf die verschiedenen Charaktere und Bedürfnisse und Situationen oder Tagesempfindungen. Das kann ja auch ganz unterschiedlich sein. Und das manage ich zum Beispiel, wenn ich neu in eine Klasse kommen und die neu übernehme, dass wir erstmal gemeinsam Regeln aufstellen. Dass wir gemeinsam überlegen, was ist uns wichtig in der Gruppe? Und was wünschen wir uns, damit es gut funktioniert? Und dann gebe ich den Kindern aber auch den Raum, an mich zu äußern, was sie brauchen, um sich wohlzufühlen. Wie zum Beispiel jederzeit trinken zu dürfen im Unterricht oder einfach auf die Toilette gehen zu dürfen, wenn sie müssen und von mir da, nicht irgendwie kontrolliert werden. Und das finde ich auch unangebracht. Ich finde, das ist so ein bisschen aus dem letzten Jahrhundert und die Kinder sollen sich wohlfühlen und gerne kommen. Und ich denke, sie kommen dann gerne, wenn sie sich ein bisschen autonom fühlen. Und wenn sie auch das Gefühl haben, sie dürfen mitbestimmen, wie wir unseren Alltag gestalten. #00:10:49-2#

Hannah Diemer: Bleibt denn neben dieser ganzen Beziehungs und sozialen Arbeit auch noch Zeit für den Unterricht? #00:10:56-2#

Katja Schuberth: Ja. Also anfangs, wenn man Klassen neu übernimmt, nimmt es schon sehr viel Raum ein. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich immer lohnt und dass es nach hinten raus sich rechnet, weil man einfach ein gutes Team geworden ist und weil es dann eigentlich nur einen gewissen Blick braucht von mir oder eine Erinnerung an etwas, was wir gemeinsam ausgemacht haben. Und dann funktioniert das. Und dann kann ich auch ganz anders Unterricht machen. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, Unterricht zu machen oder den Kindern was beizubringen, wenn sie sich nicht wohlfühlen. Also wenn ich an mich denke, wie es für mich war. Ich glaube ja keinem Menschen, den ich nicht mag und ich kann auch in keinem Raum wirklich neugierig sein oder was entdecken wollen, in dem ich mich nicht gut fühle. fühl. Und so möchte ich eben, dass die Kinder einen Raum vorfinden, in dem sie sich wohlfühlen und auch sich mit mir wohlfühlen. #00:11:51-2#

Hannah Diemer: Das heißt, Vertrauen spielt da für dich eine ganz große Rolle? #00:11:54-6#

Katja Schuberth: Ja. #00:11:55-8#

Hannah Diemer: Wie stellst du das sicher, dass ihr dann gegenseitig vertrauensvolles Verhältnis habt? #00:12:01-3#

Katja Schuberth: Also meine Methode ist, ein bisschen Vertrauen vorzuschießen. Also, ich gehe ins Vertrauen und sage es den Kindern auch. Und ich sage auch einfach: Ich weiß, dass ihr das könnt, und ich weiß, dass ihr das macht für mich oder dass ihr das im Kopf habt und bin da tatsächlich noch nie wirklich enttäuscht worden. Also natürlich gibt es ein paar kleine Ausreißer, die da einfach ihre Grenzen noch ausloten wollen, aber die habe ich ja vorher auch schon im Blick. Die kenne ich ja auch, wenn ich das sage und achte da vielleicht ein bisschen besser drauf. Aber normalerweise wollen das Kinder dann auch beweisen, dass das stimmt und dass sie das können. #00:12:37-9#

Hannah Diemer: Das heißt, jetzt haben wir eine Arbeitsgruppe mal genauer beleuchtet. Jetzt gibt es aber natürlich auch noch die Eltern von den Kindern. Wie gehst du denn mit den Eltern von den Kindern um? Was sind denn da so die Anforderungen an dich? #00:12:51-5#

Katja Schuberth: Ich versuche von Anfang an mit den Eltern viel ins Gespräch zu gehen. Das heißt, ich melde mich sehr schnell, wenn mir irgendwas auffällt mit den Kindern. Und das merken die Eltern dann glaube ich auch. So dass sie wissen, da rutscht mir nicht so leicht was durch. Also das ist mir immer ein Anliegen, dass sie wissen, ich merke das und ich achte darauf und ich bin da auch dran. Ansonsten gebe ich den Eltern immer die Möglichkeit auf mich zukommen und antworte auch sehr schnell auf Anfragen oder Emails. Bin da eigentlich auch immer erreichbar, auch am Wochenende mal. Ja, und ich versuche auch tatsächlich ein positives Verhältnis mit den Eltern zu bauen, weil ich glaube, dass es sehr schwer ist, mit einem Kind ein positives Verhältnis aufzubauen, wenn die Eltern dagegen sind, also gegen mich oder gegen das System Schule agieren, dann spürt man das dem Kind auch an in seinem Verhalten. #00:13:49-7#

Hannah Diemer: Spürst du da manchmal einen Rollenkonflikt mit den Eltern zum Beispiel? Oder irgendeine Art Konkurrenzverhalten, weil es wirkt so, als wärst du jetzt sehr empathisch und vertrauensvoll den Kindern gegenüber. Und dann eine ganz große Vertrauensperson, die da auf einmal neben den Eltern auftritt. Hast du das schon mal erlebt, dass es da irgendwie Misstrauen gab? Oder nehmen das die Eltern eher als Stütze wahr? #00:14:12-3#

Katja Schuberth: Gute Frage. Also so wirkliches Misstrauen habe ich jetzt darüber, dass ich ein gutes Verhältnis zu ihrem Kind aufbaue, noch nicht erlebt. Im Gegenteil. Aberwas ich schon erlebt habe,ist, wenn ich merke, die Eltern sind zu manchen Dingen anderer Meinung als ich oder haben eine andere Haltung zu den Dingen, dass dann das Kind mir gegenüber unsicherer wurde oder nicht mehr so zugänglich war. Das habe ich schon erlebt. #00:14:41-1#

Hannah Diemer: Und wenn man sich jetzt dein Kollegium anschaut und deine Schulleitung, wem musst du denn da gerecht werden? Was sind denn da so die Anforderungen, die an dich gestellt werden? #00:14:52-3#

Katja Schuberth: Das Tolle ist, dass wir ein sehr gutes Team sind, bei mir in der Schule. Also so "gerecht werden", das fühle ich jetzt nicht. Aber natürlich arbeiten wir gemeinsam an unserer Schule oder an unserem Schulleben und denken da gemeinsam uns rein. Was brauchen wir und was ist wichtig? Und jede übernimmt auch eigene Aufgaben, die sie dann ins Kollegium trägt. Meine Schulleitung lässt uns dafür viel Raum und ist da sehr, sehr offen und schießt auch uns dieses Vertrauen entgegen. So wie ich das jetzt zum Beispiel mit meiner Klasse auch mache. Und ich fühle mich da sehr frei und sehr gesehen und habe dadurch auch wirklich gerne Lust, da was zu investieren. #00:15:34-3#

Hannah Diemer: Und an was arbeitet da gerade als Kolleginnen? Was braucht ihr gerade? #00:15:38-7#

Katja Schuberth: Also gerade überlegen wir uns, welche Methoden uns wirklich wichtig sind, sodass von der ersten bis zur vierten Klasse die Kinder einige Methoden lernen, so dass, wenn ich jetzt zum Beispiel als Lehrerin für die 3. Klasse, 4. Klasse eine 3. Klasse übernehme und sie kennt gewisse Arbeitsweisen schon, weil sie das in der 2. Klasse oder in der 1. Klasse schon gemacht haben, dann ist das super hilfreich, weil es ganz viel Zeit spart bei Stationenlernen oder Gruppenarbeiten. Das sind ja alles Dinge, die man jetzt nicht einfach macht mit Kindern, sondern das muss ja alles gelernt sein. Wer spricht? Wie arbeite ich in der Gruppe? Wer übernimmt welche Aufgaben? usw. Und das dauert. Kann dauern, wenn das Kinder noch nie vorher gemacht haben, sondern immer nur frontal unterrichtet worden sind. Fällt es ihnen wahnsinnig schwer, gemeinsam zu arbeiten. Und wenn das aber schon ab der 1. Klasse losgeht, dann ist es ein Kinderspiel in der 3. Klasse. Genau. #00:16:35-1#

Hannah Diemer: Und du hast dich dazu entschieden, eine Ausbildung zur Beratungslehrerin zu machen? Ja, was bedeutet es denn? Was macht man als Beratungslehrerin? #00:16:46-7#

Katja Schuberth: Also das ist eine zusätzliche Qualifikation im pädagogischen und auch psychologischen Bereich. Man berät vor allem Eltern und Kinder über die Schullaufbahn und die Möglichkeiten. Das ist ja bei uns in Deutschland ganz schön komplex, wie viele Schulen es gibt und ab welchem Jahr man wohin noch wechseln kann. Mit welchem Schnitt und was es für Möglichkeiten gibt. Zum Glück ist es ja offener geworden und nicht mehr ganz so selektiv. Also das ist ein Teil der Ausbildung und der andere Teil ist auch Beratung, was Lernen betrifft oder Verhaltensauffälligkeiten oder Diagnostiken, die ich jetzt nicht auswerte. Also ich mache die Tests dazu oder die Beratungsgespräche dazu und die Psycholog|innen Schulpsycholog|innen, werten das aus. Es ist auch eine enge Zusammenarbeit mit anderen Kooperationspartnern wie eben Schulpsycholog|innen oder berufsvorbereitende Dinge zum Beispiel oder auch mit der Schulleitung zusammen. #00:17:44-9#

Hannah Diemer: Und wie kann man sich diese Ausbildung vorstellen? Ist es was, was du on-top neben deiner Zeit machen musst? In den Ferien, an den Wochenenden? Wie schaut das aus? #00:17:53-9#

Katja Schuberth: Also es ist so, dass ich einzelne Präsenztage in Nürnberg habe während der Schulzeit und auch so ganze Wochenblöcke in Dillingen. Und das ist auch während der Schulzeit. Also die ersten Tage waren in den Ferien, aber jetzt ist es dann schulbegleitend. Ich habe natürlich einiges zu lernen und vorzubereiten. Das ist natürlich dann noch nebenher. Das kann ich nicht während der Schulzeit machen. #00:18:18-3#

Hannah Diemer: Wie fühlt sich das für dich an, mal wieder in diese lernende Rolle zu tauchen? #00:18:22-4#

Katja Schuberth: Sehr schön. Ich mache das sehr gerne und es gibt mir auch immer mehr Einblick in dieses ganze System Schule. Ich frage mich manchmal, wie ich das alles machen konnte, ohne dieses ganze Wissen. Also es gibt ja noch so viel, was man darüber wissen kann und auch wissen sollte, finde ich. Und das ist aber so komplex, dass man das gar nicht alles auf einmal in dem Studium begreifen kann oder greifen kann. #00:18:46-5#

Hannah Diemer: Habt ihr das im Studium schon angeschnitten? Diese Themen, die du jetzt noch mal lernst oder es sind da teilweise wirklich neue Sachen dabei. #00:18:52-2#

Katja Schuberth: Da sind neue Sachen dabei. Vor allem schulrechtliche Sachen. So tief war ich da auf jeden Fall noch nicht drin. Was mir das Pädagogische betrifft, das kenne ich schon, aber vor allem auch Gesprächsführungen zum Beispiel. Das habe ich jetzt in meinem Studium nicht gelernt und das lerne ich jetzt und das finde ich super hilfreich. #00:19:12-2#

Hannah Diemer: Es ist ja oft die Rede davon, dass Lehrer|innen sich durch so ein Lehramtsstudium, nicht gut vorbereitet fühlen auf das Lehrer|innen sein, weil man wenig mit den Kindern zusammenarbeitet bis aufs Referendariat. Und Viele sagen dann, man wird ins kalte Wasser geschmissen. Was könnte man denn daran verändern? #00:19:36-0#

Katja Schuberth: Ja, da fallen mir jetzt zwei Sachen ein. Zum einen natürlich das Studium, das sehr theoretisch ist und das dann mit der Praxis im Referendariat relativ wenig zu tun hat. Das ist schon sehr komplex, dieses theoretische Wissen dann in die Handlung umzusetzen. Das ist das eine und das andere was mich persönlich sehr stört, ist, wie man im Referendariat vorbereitet wird. Also diese Lehrproben, die man da zeigen muss, sind ja so perfekt geplante Stunden, die dem Alltag, einer Lehrerin nichts mehr zu tun haben. Und ich habe wirklich einige Zeit gebraucht. Ich dachte zu Beginn als neue Junglehrerin, dass ich meinen Job nicht gut mache, weil ich nicht permanent solche Stunden mache und vorbereite. Aber es geht gar nicht. Es geht zeitlich gar nicht und es ist auch nicht umsetzbar. Und ich finde, man wird da in so eine künstliche Perfektion getrimmt, die aber mit mit jedem Tag als Lehrerin nichts zu tun hat. Das hat mich sehr beschäftigt. Ich dachte am Anfang immer, ich mache das nicht gut genug und da kann man sich, glaube ich, sehr wund arbeiten. Das finde ich eigentlich das Schwierigste. Also das finde ich fast noch schwieriger, als dann vom Studium in den Lehrerberuf zu gehen, da ich eh der Meinung bin, dass man das gar nicht alles lernen kann, weil jede Klasse und jedes Kind andere Bedürfnisse hat und ich gar nicht auf alles vorbereitet sein kann. #00:20:58-9#

Hannah Diemer: Das heißt, da wäre eine bessere,schnellere Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis notwendig? #00:21:05-5#

Katja Schuberth: Ja, auf jeden Fall. Und auch eine alltagstaugliche Prüfungsanforderung. Also es ist ja schön und auch toll, dass man mal so richtig ins Detail geht. Aber dass das verlangt wird, in so einer Lehrproben Situation...Das ist ein sehr künstliches Theaterstück. #00:21:23-8#

Hannah Diemer: Was sind denn da die Anforderungen an eine perfekte Stunde? #00:21:27-0#

Katja Schuberth: Na ja, ich hatte Hauptfach Kunst und so eine Vorführstunde sind dann 45-50 Minuten. Man darf auch mal zehn Minuten länger. Wenn du dir vorstellst, du hast eine Klasse mit 25 Kindern. Die sind acht Jahre alt. Du sollst in dieser Kunst Stunde natürlich ein gutes Stück praktische Arbeit zeigen, weil das ist ja Kunstunterricht. Am Anfang die Einleitung dann am besten noch Stoff wiederholen. Das soll klar werden. Die Kinder wissen schon, um was es geht. Sie haben schon mal über diese Thematik was gehört, können Vorwissen wiedergeben. Dann musst du in die Handlung gehen. Dann musst du den Kindern Raum geben, das praktisch umzusetzen, was du jetzt mit ihnen vorgearbeitet hast. Und dann musst du es am Ende noch reflektieren. Und dann müssen sie es ja auch noch aufräumen und es muss alles in 50 Minuten passen und das ist unrealistisch. Und da ist auch so wenig Raum für das, was eben zufällig entsteht in so einer Stunde. Oder Fragen, die entstehen, oder neue Gedanken die entstehen oder wachsen können. Das hat in so einer Lehrvorführung keinen Platz, sondern das ist eigentlich ein total klarer Rahmen und es ist alles klar gesteckt und man wird unglaublich nervös, wenn dann die normale alltägliche Situation reinfährt, was natürlich passiert. Und dann ist plötzlich die Stunde nicht mehr gut, weil es nicht darauf vorbereitet ist oder weil man so nervös ist und so angespannt ist das, dass man dann Angst hat, dass es nicht mehr aufgeht zum Beispiel. Oder ich weiß noch, ich hatte in meiner Lehrvorführung die Situation, dass ein Kind künstlerisch nicht das umgesetzt hat, was vorher angegeben wurde oder zusammen festgelegt wurde. Und das hat mich dann eine Note gekostet, weil das Kind quasi das Lernziel nicht erreicht hat. Aber was will man machen, wenn die Kinder sagen: Ich finde es aber so schöner. Und man sagt es ihnen: Denkt nochmal an unsere Anforderungen und an unsere Kriterien, die du einhalten sollst. Und das Kind sagt: Aber, das ist mir doch egal, ich mache das jetzt so, weil ich finde es so viel toller! Also, ich finde es ein bisschen weird und fraglich, was da wirklich abgefragt wird und gesehen werden will. #00:23:33-9#

Hannah Diemer: Und ja, auch so extrem strikt und nach sehr vorgegebenen Fahrplan, ohne darauf einzugehen, wie unterschiedlich und was vielleicht die Bedürfnisse der Kinder auch sind. Und jetzt frage ich mich, ob das damit zusammenhängt, dass unser Schulsystem genau so ist. Also es ist ja sehr linear im ersten Moment und man hat einen sehr deutlich vorgegebenen Weg, wie es gemacht werden soll. Und zwar soll das Kind zuerst auf die Grundschule gehen und dann soll es perfekte Noten haben und dann soll es im besten Fall aufs Gymnasium gehen, auch da perfekte Noten haben und dann direkt in so ein Studium gehen. Das, finde ich, ist so gesellschaftlich der Weg, den wir als den idealen Weg vorgesehen haben und alles andere hat irgendwie einen Geschmack mit dabei. Und das finde ich, ist aber ein Problem, weil das nicht berücksichtigt, wie viele Kinder da, durch dieses perfekte Raster durchfallen. #00:24:28-0#

Katja Schuberth: Richtig. #00:24:28-9#

Hannah Diemer: Und jetzt frage ich mich, wie das denn in deiner praktischen Beobachtung so ist. Kommen die Kinder denn mit diesen ganz strikten Systemen so klar? #00:24:37-1#

Katja Schuberth: Nein. Also es gibt Kinder, die kommen damit gut klar und das auch wirklich gerne. Die gibt es natürlich auch und deswegen denke ich auch, dass es so ganz schwierig ist, ein System für alle Kinder zu fahren. Und deswegen finde ich es auch schwierig zu sagen, dass zum Beispiel die Montessori Schule eine bessere Schule ist oder das und das ist besser als jenes. Jedes Kind braucht da seine eigenen Muster, seinen eigenen Weg finden und auch finden dürfen, finde ich. Ich finde, das Problem ist vor allem diese Bewertung, die da von Seiten der Gesellschaft kommt. Dass man ja, wenn man aufs Gymnasium geht, eben zu den Besseren gehört. Und wenn man das nicht tut, dann zu den Schlechteren, Dümmeren oder am Ende zu den Versagern. Und das ist das, was den Kindern so früh schon eingebläut wird. Und das finde ich unglaublich schade, weil die haben Qualitäten und Potenzial und das ist vollkommen unabhängig davon, welche Noten Sie schreiben. Und Sie schreiben ja auch Noten in diesem Alter. Ich hatte auch eine Zeit, wo ich keine besonders guten Noten geschrieben habe. Ich war auch keine besonders gute Schülerin. Und jetzt bin ich Lehrerin. Das sagt ja nicht wirklich viel über das, was man kann oder wo es einen hintreibt. Es macht aber ganz viel mit den Kindern in dem Alter, weil das auch so ein Entwicklungsprozess ist, dass auch der Altersrahmen, in dem Kinder ihr Selbstkonzept bauen, mit: Kann ich was oder bin ich dumm? Und das ist so wichtig Ihnen da eine Kraft und ein Selbstwert und eine Stärke mitzugeben und zu sagen: Alles was du machst, ist gut und du machst das auf deine Art und Weise. Und natürlich ist es schön, wenn Sie Lust haben, Ihr Bestes zu geben oder sich wirklich mal reinzuhängen oder reinzuknien und nicht immer gleich aufzugeben. Das ja, aber das funktioniert natürlich auch nur, wenn sie wissen, hinten raus kommt was raus, was gesehen wird. Wenn aber nur das eine gesehen wird und das andere nicht, dann verlieren die natürlichen Motivation. Und ich glaube, das sehen wir bei uns in der Gesellschaft auch. #00:26:31-9#

Hannah Diemer: Hättest du Ideen, wie man das anders machen kann? #00:26:34-6#

Katja Schuberth: Ja, also keine Selektion nach der vierten Klasse. Ich finde eine Schule für alle Kinder. Vom Anfang bis zum Ende am besten. Es kann ja dann in verschiedene AGs oder in verschiedene Gruppen gehen. Kann von mir aus auch Mathe 1, 2, 3 geben und 3 ist dann für die super Überflieger. Die Grundsachen muss natürlich jeder wissen, aber jetzt irgendwelche hochkomplexen mathematischen Lösungen, muss auch nicht jeder lösen können. Je nachdem was man halt später mal machen möchte. Und das weiß man ja vielleicht auch noch gar nicht. Und auch je nachdem, wo die eigenen Fähigkeiten liegen. Das weiß man ja auch vielleicht noch gar nicht. Und ich kriege es halt auch nicht raus, wenn ich ständig Dämpfer kriege, weil ich in den drei Hauptfächern, die ja die sind, die relevant sind, auch für den Übertritt. Alles andere ist ja irrelevant für den Übertritt. Wenn ich nur darin versage, habe ich ja das Gefühl, ich bin eine Versagerin. Und das bin ich wahrscheinlich gar nicht. Aber dem System nach daneben schon. #00:27:33-0#

Hannah Diemer: Glaubst du denn? Oder was würde denn dann eine Lehrkraft in dem Fall unterstützen? Weil ich stelle mir das recht komplex vor, wenn ich alle in einem Level in einer Klasse habe. Ja, wie kann man denn dann diese Kinder unterschiedlich fördern? Ist es eine realistische Aufgabe für Lehrkräfte? #00:27:49-7#

Katja Schuberth: Ja, also eigentlich ist es sehr schwer umsetzbar, vor allem alleine mit einer Gruppe von mindestens 20 Kindern. Dann seit der Inklusion oder seit der inklusiven Schule, die es seit ein paar Jahren gibt, hat man dann auch noch Kinder in der Klasse sitzen, die eigentlich eine Sonderbetreuung bräuchten oder wirklich jemanden, der sich mit deren Bedürfnissen richtig gut auskennt. Ich fühle mich dann nicht dafür ausgebildet und möchte ja auch den Kindern gerecht werden. Also eigentlich ist man unterbesetzt. Sind die Gruppen zu groß, um dem Ganzen gerecht zu werden. Und deswegen denke ich eben, das geht nur über ein gutes Verhältnis zueinander, dass sie sich wohlfühlen, dass sie sich äußern, dass ich weiß, was sie brauchen und sie bestärke in dem, wer sie sind. #00:28:35-0#

Hannah Diemer: Bei deinem Beratungslehrer sein wird es ja dann auch darum gehen, die Eltern zu beraten, welcher Weg für die Kinder denn da am besten ist. Was glaubst du denn, könnten da für Herausforderungen auf dich zukommen? #00:28:48-7#

Katja Schuberth: Ja, das Gute ist...Also ich bin noch nicht sehr weit in der Ausbildung. Ich habe erst angefangen, aber was mir gleich von Anfang an gesagt wurde, ist, ich werde nur Möglichkeiten anbieten und auflegen. Und entscheiden werden es natürlich die anderen und nicht ich. Das heißt, ich bin nicht für eine Lösung da. Das heißt, ich muss natürlich auch aushalten, wenn die Eltern sich für einen Weg für ihr Kind entscheiden, den ich jetzt nicht für die beste Lösung halte. Aber das erlebe ich ja jetzt auch schon, dass Eltern ihre Kinder auf Schulen schicken und ich mich frage, ob das wirklich was mit ihrem Kind zu tun hat oder ob das das Bedürfnis des Kindes ist oder das Bedürfnis der Eltern und ob das so einen guten Weg nehmen wird. Aber ja, ich glaube, das ist eine Herausforderung. So ein bisschen diese beratungsresistenten Eltern. Die, die eben eher an sich und ihre eigenen Bedürfnisse denken, anstatt ihr Kind im Auge zu haben. Dann auch das ist das, was ich sehr schwierig finde ist, wenn Eltern dann unterschiedlicher Meinung sind und ein Elternteil will unbedingt dieses und das andere aber unbedingt das und die einigen sich nicht. Ja, ich glaube, das werden Grenzen sein. #00:29:59-5#

Hannah Diemer: Aber bedeutet es, dass du nur beratend bist für die Kinder, die du in deiner Klasse hast und schon kennst? Oder musst du das auch für andere Kinder machen? #00:30:08-1#

Katja Schuberth: Auch für andere Kinder. Beim Grundschullehramt ist es so, dass man sogar für mehrere Schulen zuständig ist. Man kriegt mehrere Schulen zugeschrieben und wenn eine Lehrerin Beratungsbedarf hat, meldet die sich dann eben bei mir, wenn ich für ihre Schule zuständig bin. Und dann biete ich einen Termin an, wann ich komme. Und dann geht es so weiter, dann läuft es weiter. Es gibt aber auch noch die Schulberatungsstelle in Nürnberg, wo sich Eltern jederzeit hinwenden können und natürlich auch Lehrkräfte. Aber ich werde dann für mehrere Schulen zuständig sein. #00:30:39-9#

Hannah Diemer: Und was ist genau der Unterschied zwischen der Schulberatung und dir als Beratungslehrerin? #00:30:45-3#

Katja Schuberth: Also zum einen, dass ich eben eine stärkere Qualifikation habe, was die Schullaufbahn betrifft, um wirklich zu wissen, welche Schulmöglichkeiten gibt es. Was sind da rechtliche Grundlagen? Unser Schulsystem ist ziemlich komplex. Also das weiß ich so noch nicht. Und eben, ich werde einen anderen Hut aufhaben. Also ich werde eben nicht die Klassenlehrerin sein, die den Eltern sagt: Mensch, schauen Sie mal, Ihr Sohn zeigt sich gerade so und so und ich finde das und das wäre eine gute Idee. Schauen Sie sich das mal an. Das ist dann nicht meine Aufgabe als Beratung. Als Beratung sage ich nur: Okay, Warum kommen Sie zu mir? Was kann ich tun? Dann biete ich Möglichkeiten an, oder zeig die Möglichkeiten auf, die es bei uns gibt. Und dann schicke ich eigentlich die Frage zurück: Was brauchen Sie? Was wünschen Sie sich und was können Sie tun, um da hin zu kommen? #00:31:36-3#

Hannah Diemer: Und was würde so eine Schulberatungsstelle machen? Was kann ich da erwarten, wenn ich da hingehe? #00:31:40-6#

Katja Schuberth: Ja, zum Beispiel, wenn du als Mutter anrufst und du hast ein Kind, das so eine Schulangst entwickelt hat, dass es sich zum Beispiel nicht mehr traut in die Schule gehen. Und du kannst jetzt ja dein Kind nicht an den Füßen in die Schule ziehen. Das gibt es tatsächlich gar nicht so selten. Das heißt, was kannst du machen? Dein Kind ist ja schulpflichtig. Oder es ist vielleicht auch schon 17 Jahre. Gar nicht mehr schulpflichtig, steht aber kurz vorm Schulabschluss. Was gibt es da für Möglichkeiten? Dann rufe ich da an und frage: Was kann ich tun? Oder ich wünsche mir für mein Kind einen mittleren Schulabschluss und jetzt wiederholt es aber oder müsste es fast zum zweiten Mal auf der Realschule wiederholen, das geht nicht usw.. Was gibt es für Möglichkeiten, das trotzdem zu erreichen? #00:32:23-6#

Hannah Diemer: Hattest du schon mal den Fall, dass ein Kind so eine Schulangst entwickelt hat? #00:32:27-7#

Katja Schuberth: Nee, bei mir in der Klasse noch nicht. Im Bekanntenkreis kenne ich das. #00:32:33-2#

Hannah Diemer: Was kann man dagegen machen? #00:32:34-8#

Katja Schuberth: Oh, das kommt so auf die Hintergründe an. Es kommt ein bisschen darauf an, wie es gerade aus in dem Leben von dem Kind oder in der Familie aussieht. Gibt es da vielleicht sonst irgendwelche Auffälligkeiten, die man sich mal anschauen müsste? Welche Persönlichkeitsebenen in denen das begründet liegt. Natürlich auch die Schulsituation. Wie ist die Klasse? Wie ist das mit der Lehrkraft? Was ist vielleicht schon passiert? Woher kommt diese Angst? Das müsste man alles mal auseinander dröseln. #00:33:04-8#

Hannah Diemer: Wenn jetzt die Schule wieder losgeht, was würdest du den Eltern und Kindern mitgeben für einen guten Start ins neue Schuljahr? #00:33:13-2#

Katja Schuberth: Das ist eigentlich das Allerwichtigste ist, dass man Freude am Lernen ha. Denn das ist ja wirklich was Tolles. Und lernen tun wir alle gern. Und dass das weiter unterstützt wird. Dass das nicht aus den Augen verloren wird, dass es darum geht. Dass Kinder wahnsinnig neugierig mit großen Augen vor Neuentdeckungen sitzen. Wie schön das ist, dass wir uns als Erwachsene daran erinnern, was es heißt zu lernen und auch, was es heißt, noch nicht alles zu wissen. Und dass die Verknüpfungen halt noch stattfinden müssen. Und dass wir ja auch als große Menschen einfach Vorbilder sind. Und wenn wir uns von den Kindern immer Respekt wünschen, sollten wir ihnen vor allem auch Respekt entgegenbringen. Das vermisse ich manchmal. #00:33:59-7#

Hannah Diemer: Und was würdest du dir für euch Lehrerinnen wünschen? Für das neue Schuljahr? #00:34:05-0#

Katja Schuberth: Tolle Schülerinnen. Die sind sowieso toll. Nein. Ja. Dass man mehr Unterstützung erhält von Seiten des Staates. Das nicht irgendwelche neuen Ideen umgesetzt werden, weil man sie sich dann auf die Fahne schreiben kann, wie inklusive Schule zum Beispiel, ohne zu überlegen: Was heißt das denn am Ende für die Schule, für die Klasse, für die Lehrkräfte selbst, wenn wir das jetzt umsetzen? Und bringt es denn irgendwas? Hilft es denn irgendwas? Und was können wir tun, damit es wirklich was Gutes ist und nicht nur gut aussieht? Das wäre schön. Und dass man uns auch mal fragt. Also es werden oft Dinge entschieden, ohne dass man als Lehrkraft wirklich gefragt wird, wie man das gut umsetzen kann. Und wir sind ja diejenigen, die es dann am Ende tun und wir wissen da schon auch ein bisschen was. Es wäre schön, da besser mit im Boot zu sitzen. #00:35:08-0#

Hannah Diemer: Was hättest du für das Konzept Integrative Schule gemacht? #00:35:11-4#

Katja Schuberth: Na ja, auf jeden Fall noch eine weitere Person in der Klasse und dann am besten eben Förderschullehrerinnen. Einen in jeder Klasse noch mit drin. Oder Jugend, Sozialarbeiterinnen oder Sozialpädagoginnen oder vom MSD Mobile soziale Dienste. Es gibt so viele Stationen, die da mehr wissen als ich als ausgebildete Lehrkraft. Da fehlt es einfach an Personal und an Geld und es wäre schön, wenn das mehr Unterstützung finden könnte. #00:35:42-8#

Hannah Diemer: Das ganz am Anfang vom Gespräch gesagt, dass du, bevor du Lehrerin geworden bist, was du Maskenbildnerin. Hast du das Gefühl, du hast was von dem Theater am Theater mitnehmen können in deine Arbeit als Lehrerin? #00:36:00-2#

Katja Schuberth: Ja, Geduld. Es war nicht immer einfach mit den Schauspielerinnen. Auf jeden Fall. Verschiedene Persönlichkeiten habe ich da schon kennengelernt. gelernt. Das hat mir geholfen. Einfach auch viel zu arbeiten. Das hatte ich schon. Ich glaube einfach an sich ein bisschen Erfahrungen im Leben, die man gesammelt hat. Ich bin ganz froh, dass ich nicht direkt nach der Schule Lehrerin wurde. Ich glaube nicht, dass ich so klar und ruhig mit Mitte 20 vor einer Klasse gestanden wäre wie heute. #00:36:34-0#

Hannah Diemer: Vielen Dank, liebe Katja, für den Einblick in deinen Kosmos als Grundschullehrerin. Ich wünsche Dir auch einen wunderbaren Schulstart. Ganz tolle Kinder und liebe Kolleginnen, eine fantastische neue Klasse! #00:36:49-0#

Katja Schuberth: Vielen Dank Dir, liebe Hannah, dass ich da sein durfte. #00:36:52-3#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Ein Gespräch über Methoden, die die Grundschullehrerin selbst gern als Schulkind gelernt hätte und wie sie heute als Beratungslehrerin Eltern durch das Schulsystem hilft. 

Die Grundschullehrerin Katja Schuberth spricht über ihren ungewöhnlichen Weg ins Lehrerinnenleben, die Freuden und Herausforderungen des Berufs sowie innovative Konzepte wie die "Friedensbrücke". 

Im Podcast erfahren Sie, wie Katja Vertrauen und Autonomie als zentrales Unterrichtselement einsetzt und warum eine positive Klassenatmosphäre für sie so wichtig ist. 

Weitere Links: 

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Aufgenommen am: Montag, 28. Juli 2025
Veröffentlicht am: Donnerstag, 18 September 2025
Moderation: Hannah Diemer
Im Gespräch: Katja Schuberth

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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede zweite Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch. 

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