Judit Nothdurft, ist die Maske für höreingeschränkte Menschen eine Katastrophe?

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Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#
Vera Deising: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des BZ Podcast. Mein Name ist wäre Daisy und ich nehme heute Kontakt auf mit Judith Nothdurft. Herzlich willkommen! #00:00:32-6#
Judith Nothdurft: Danke für. Die Einladung. #00:00:34-3#
Vera Deising: Ja, schön, dass Sie heute hier sind. Frau Nothdurft, Sie sind ja Dozentin für Inklusion, Barrierefreiheit und Kommunikation. Sie unterrichten unter anderem beim ASB, bei der LMU und der TU in München und haben mir aufgeschrieben Sie sprechen Ungarisch, weil Sie aus Ungarn kommen. #00:00:52-6#
Judith Nothdurft: Die Sprache? Ja. #00:00:53-9#
Vera Deising: Genau. Sie sprechen wunderbar Deutsch und Gebärdensprache. Wie kam es dazu? #00:00:59-4#
Judith Nothdurft: Ja, zu Gebärdensprache kam es durch meinen eigenen Sohn. Also ich habe zwei erwachsene Söhne. Meine Älteste 86, geboren und er ist gehörlos auf die Welt gekommen. Und wir haben anfangs ganz lange getestet, ob es wirklich sicher war, dass er nichts hören kann. Und dann ging es los. Ja, Wie kommunizieren wir also bis dahin? Habe ich ihm auf Ungarisch erzählt, Märchen erzählt, gesungen, wie man das halt macht. Und es war mir klar, er kann das gar nicht verstehen, auch nicht wahrnehmen. Leider. Auch die Pädagogen, die wir damals kontaktiert haben, haben gesagt Nur reden, reden, reden. Das Kind notfalls auch im Gesicht festhalten, dass er Blickkontakt hat. Aber bloß nicht gebärden. Und irgendwann mal habe ich gemerkt wir kommen da nicht weiter, also komm, geh, nimm das. Gegenstände zeigen, Das war unser Niveau. Und er war damals schon drei Jahre alt. Ich habe dann auf einem Treffen mit gehörlosen Eltern und Kinder teilgenommen, habe ich gesehen. Die kommunizieren mit der Kinder, die sitzen im Buggy und das geht und wir können gar nichts miteinander reden. Also ich habe gesagt, ich lerne, es gibt eine Sprache auf meine Kappe und wir probieren es mal, es kann nicht schaden. So kam es dazu. #00:02:20-2#
Vera Deising: Wir hatten festgestellt, dass Ihr Sohn gehörlos ist. Wann haben Sie es gemerkt? Oder waren es. #00:02:24-6#
Judith Nothdurft: Tests? Mein Verdacht gehabt. Schon mit zwei, drei Monaten, dass er auf Geräusche nicht reagiert. Dann geht man natürlich zum Arzt. Man macht diese Vorsorgeuntersuchungen. Der Arzt sagt Ach, schmeißen Sie mal die Türen zu, die Schublade. Und dazu muss man wissen, dass Gehörlose, ich sage mal, die haben eine Wahrnehmung in 360 Grad. Also wenn hinter dem Kopf was passiert, gucken automatisch Schiene oder im Blickwinkel, was ich als Hörende gar nicht wahrnehmen könnte, kann er wahrnehmen. Und dann denkt man ach ja, er hat reagiert und Da war so acht Monate alt und ich habe gedacht, also das müssen wir jetzt schon mal doch auf Grund gehen. Und wir sind dann in die höhere Schule gegangen, in Nürnberg, in der Frühförderung, und da kann sie mit Kindern wunderbar feststellen, dass er nicht hört. Und später gehen wir nach Erlangen in die HNO Klinik. Da gibt es eine Beratung, wo verschiedene Dinge auf dem Kopf passiert werden. Und da war leider die Diagnose glasklar. Ist auf beiden Ohren hochgradig. Hörgeschädigte sind an der Taubheit okay. #00:03:25-9#
Vera Deising: Und hatten sie vorher mit dem Thema schon zu tun? War das irgendwie familiär bedingt, oder? #00:03:29-7#
Judith Nothdurft: Also ich hätte gar nicht gedacht, dass Hörende Gehörlose Kinder kriegen können. Es war für mich neu. #00:03:33-9#
Vera Deising: Und es gab auch keinen Grund oder keine Infektion in der Schwangerschaft oder wo sie sagen. #00:03:38-3#
Judith Nothdurft: Normale Schwangerschaft, normale Geburt. Mein Mann ist für den ich bin. Unsere ganze Familie ist hörend und also das war, das war damals wirklich ein Schock, diese Diagnose. Und ja, wir müssen gucken, wie wir damit umgehen. Am besten also nach der Trauer und nach dem Schock. Es war klar, irgendwie müssen wir die Kommunikation schaffen, dass er auch als ein selbstständiges Wesen im Leben durchkommen kann. #00:04:03-7#
Vera Deising: Das war dann Mitte Ende der 80er. #00:04:05-7#
Judith Nothdurft: Er ist 86 geworden, also. #00:04:08-6#
Vera Deising: Also Gebärdensprache war da noch nicht, muss man sagen. Anerkannt? #00:04:12-2#
Judith Nothdurft: Ja. Also es war auch verpönt und ich habe immer gehört also wir sind dann regelmäßig in die Förderung gegangen, bevor er in den Kindergarten kam und er wurde nicht reden, nicht konnte nicht kommen und also nur reden, nicht gebärden, wenn sie mit dem Kind gebärden, der wird nie sprechen lernen, der wird nie in der Gesellschaft irgendwie ein Arbeit kriegen können. Er wird immer abseits sein, er muss sprechen können. Das war das A und O, Es ist natürlich völliger Schwachsinn. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, weil es ist, wenn ich jetzt chinesische Wörter lerne. Wenn ich das super aussprechen kann, heißt noch lange nicht, dass ich weiß, was es bedeutet, wie ich das einsetzen kann, mit welcher Wirkung ich damit erzielen kann und dieses Einhalt zu vermitteln. Das geht nur mit der Gebärdensprache. Also es war. Wir waren auch schief angesehen, wenn wir auf der Straße gebärdet haben oder wenn ich am Spielplatz war mit dem Getuschel Die Mütter, die Kinder, guck mal, der ist blöd, der kann nicht sprechen. Also es war nicht so wie heute. #00:05:13-3#
Vera Deising: Und wie haben Sie dann die Gebärdensprache gelernt? #00:05:16-8#
Judith Nothdurft: Gerne lernen. #00:05:18-3#
Vera Deising: Ich habe dann an der Volkshochschule die Gebärdensprache gelernt. Da war eine gehörlose Lehrer. Der hat auch damals war wirklich ganz in den Anfängen selber gezeichnet, die, die die ganze Gebärden mit feilen, damit wir die richtige Richtung wissen, wie, in welche Hand, welche Richtung wie bewegt. Also es war wirklich in den Kinderschuhen und dort habe ich gelernt zwei Jahre lang und ich habe wirklich was ich gelernt haben. Nächsten Tag habe ich meinem Sohn gezeigt, der hat es in sich aufgesaugt wie ein Schwamm. Und mein Mann hat so noch nebenbei mitgekriegt und als unser Jüngster kam, fünf Jahre später, er ist schon da hineingeboren, das bei uns hauptsächlich gebärdet wird. Er ist mit beiden Sprachen aufgewachsen. #00:06:07-7#
Judith Nothdurft: Bilingual, wie man so schön sagt. #00:06:09-3#
Vera Deising: Also die ungarische Sprache muss ich natürlich weglassen. Okay, konnte ich nur nehmen, wenn meine Eltern da waren, aber ich glaube, das wäre zu viel gewesen für die Kinder. #00:06:18-8#
Judith Nothdurft: Ja, genau. Also heute wachsen ja auch viele Kinder bilingual auf, sprich Englisch, Deutsch oder noch eine andere Sprache. Wie kann man auf die Idee, dass es nicht gut ist, wenn die Kinder in Lautsprache und Gebärdensprache aufwachsen oder mit beiden Sprachen Woher kommt das? #00:06:34-5#
Vera Deising: Na ja, das ist. Ich denke, diese Pädagogen sind schon geimpft gewesen das. Es gab mal ein Mailänder Kongress 1880, wo gehörlose Pädagogen für gehörlose Schulen Beschlossen haben, dass Gehörlose unterrichtet werden müssen. Sie müssen lernen, sprechen, von den Lippen ablesen und das war's. Fertig. Ob sie damit glücklich werden? Ob wir damit klarkommen, dass er niemanden interessiert? Und das hat sich wirklich jahrelang durchgesetzt. Es war auch in der Schule keine Pflicht, dass die Lehrer gebärden können. Oder in der. Im Gehörlosenkindergarten, wo jeder denkt, da wird bestimmt gebärdet. Es ist weit gefehlt. Einige haben die Gebärdensprache auf irgendeinem Niveau gekonnt, aber andere gar nicht. Also die Kinder untereinander. Derjenige, der in einer Gruppe war, wo Kinder kamen aus gehörlosen Haushalt, waren glücklich, weil die haben natürlich von diesen gehörlosen Kindern die Gebärden gelernt. Die haben untereinander dann auch wilde Gebärden ausgedacht. Also sie versuchen irgendwie mit Hand und Fuß und wie auch immer versucht haben kommunizieren. #00:07:40-9#
Judith Nothdurft: Und mit der Gebärdensprache ist es ja auch so ist es gibt eine deutsche Gebärdensprache und es gibt ausländische Gebärdensprache. #00:07:50-7#
Vera Deising: Ja, also die Gebärdensprache ist nicht international in Deutschland. Die Deutsche Gebärdensprache, das ist die Muttersprache von Gehörlosen. Es gibt aber die auch die Lautsprache begleitende Gebärdensprache. Das ist ein ganz anderer Form. Das wurde künstlich also ausgedacht für Menschen, die später taub sind, weil die sind daran gewöhnt, dass wirklich jedes Wort, jede Buchstaben Konjunktion, also die komplette Grammatik aus der Lautsprache benutzen möchten. Und das macht diese Lautsprache begleitende Gebärdensprache. Aber die Deutsche Gebärdensprache, die Muttersprache der Gehörlosen, die hat eine ganz andere Grammatik. Also hat mit Lautsprache und mit unserer Schriftsprache nichts zu tun. Und jedes Land hat natürlich seine eigene Gebärdensprache, also österreichische österreichische Gebärdensprache. Die Amerikaner American sein Language. Also jeder hat seine Gebärdensprache. #00:08:44-4#
Judith Nothdurft: Und man versteht sich dann auch nicht, oder? #00:08:46-2#
Vera Deising: Also ich sag mal, wenn jetzt ein gehörlose Deutsche nach Amerika fliegt und kann kein Englisch und wird sich wahrscheinlich besser verständigen können durch Gebärden mit einem dortigen Gehörlosen, als wenn ich Hörende hinkomme und gar kein Englisch. Also manche, manche Gesten, manche Gebärden sind sehr ähnlich und daher kann man sich schon verständigen. #00:09:10-5#
Judith Nothdurft: Schön, eigentlich gut. #00:09:12-1#
Vera Deising: Ja, es gibt eine einzige Gebärde, die international ist, dieses Love you Gebärde. #00:09:17-6#
Judith Nothdurft: Genau. #00:09:18-1#
Vera Deising: Genau das sieht man manchmal in einem Fernseh oder als Grafik abgebildet. Das ist das Einzige, was was international ist. Und es ist ein Ein Sympathiebekundungen Zeichen. Also ich mag dich. Ich weiß, was das Problem ist und ich kann mit einer Behinderung was anfangen. Heißt es quasi, wenn ich es Gehörlosen zeigen würde. #00:09:37-9#
Judith Nothdurft: So ein bisschen. Ein Zeichen der Solidarisierung auch. #00:09:41-4#
Vera Deising: Ja, ja, genau. Die Zeichen. Ja. #00:09:43-6#
Judith Nothdurft: Wie lange braucht man, bis man Gebärdensprache richtig gut sprechen kann? #00:09:49-1#
Vera Deising: Das fragen meine Studenten auch. Das ist wie eine Fremdsprache. Also das ist für uns vor allen Dingen Hörende, Das ist wirklich wie eine Fremdsprache. Also ich brauche auf Englisch auch drei, vier Jahre, bis ich gut spreche. Aber wichtig ist, dass ich in diesen Kreisen mich aufhalte, weil zu Hause alleine lernen. Das ist ganz schwierig. Mache ich vielleicht was falsch und es gibt keinen Austausch, kein Feedback. Also wenn ich oft in Gehörlosenkreisen gehe, zu Veranstaltungen teilnehme, ich komme automatisch ins Gespräch, wenn die merken, du kannst was gebärden. Du wirst sofort mitgenommen und unterstützt und und das sind wirklich sehr dankbare Menschen. #00:10:30-3#
Judith Nothdurft: Aber die eine Seite ist ja diese Volkshochschulkurse, aber die wichtiger ist die Praxis wahrscheinlich. #00:10:36-7#
Vera Deising: Ich muss dann irgendwann mal rausgehen. Ich muss gucken, da gibt es einen Gehörlosenverein, ich muss dazu Kontakt aufnehmen. Wann habt ihr eine Veranstaltung? Da gehe ich da hin. Von mir aus. Bloß ein Flohmarkt sein. Aber ich komme sofort da automatisch ins Gespräch mit den Leuten. #00:10:51-4#
Judith Nothdurft: Die Routine und die Praxis. Ist das wichtig? #00:10:53-5#
Vera Deising: Ich sage, das ist wahrscheinlich noch wichtiger als als wenn man jetzt Lautsprache erlernt. Weil das kann ich noch immer im Fernsehen schauen. Ich höre dann die Aussprache. Komme ich irgendwie mit? Vielleicht habe ich eine Untertitelung dazu und das in der Gebärdensprache so ist wirklich schwierig. Also in der Gesellschaft, in der Community kann man es am besten lernen. #00:11:14-2#
Judith Nothdurft: Aber Sie haben vorhin gesagt, Sie haben dann keine Kommunikation mit Ihrem Sohn gehabt, und das war eigentlich klar, dass Sie Gebärdensprache lernen, also dass Sie eine gemeinsame Kommunikation finden. Wie ist das heutzutage? Viele Kinder kriegen ja schon ein Kind implantiert und die Eltern setzen ausschließlich auf Lautsprache. Das ist so eine schwierige Entscheidung. Meinen Sie, das hat auch damit zu tun, was man selber für ein Background hat. Ist man laut sprachlich aufgewachsen. Ist man mit Gebärdensprache aufgewachsen, wünscht man sich, das Kind mehr in Sprache zu bringen oder mehr in Gebärden zu unterrichten. #00:11:51-1#
Vera Deising: Also sagen wir so natürlich Hörende wünschen sich, dass das Kind ein Teil meiner Welt wird. Aber ich muss vorausschauen, wenn dieses Kind sein erstes raus und weil er eben schwimmen geht zum Beispiel, oder weil er krank ist, weil er das nicht tragen darf, ab dem. Momentan kann dieses Kind mit mir oder mit niemandem sich kommunizieren. Also das ist einfach Der Weg ist abgeschlossen, das ist eine Sackgasse und seriöse Ärzte und und Betreuer empfehlen den Eltern auch, dass sie nebenbei auch die Gebärdensprache lernen, weil dieses Kind ist, auch wenn er ein Ziel hat, ist ein gehörlose Kind. Sobald das Gerät kaputt ist oder das Kind das Gerät nicht tragen kann oder will. Er muss also noch eine Ebene haben, wo er sich verständigen kann. Also das ist, ich sage mal dazu, das ist ein Geschenk, eine Fremdsprache. Er lernt jetzt nicht Spanisch, sondern er lernt jetzt Gebärdensprache und hat sein. Und dann hat er vielleicht auch Kontakt zu gehörlosen Welt. Er erfährt auch von dort. Andere sagen, wie Gehörlose leben und wie meistern ihre Behinderung. Genau. #00:13:01-4#
Judith Nothdurft: Ich weiß gar nicht, ob unseren Zuhörern allen bewusst ist, was ein KI ist. Wir sagen das so selbstverständlich. Also, wir reden über ein Cochlea Implantat. Ja, es ist ein Implantat, was gehörlose oder stark schwerhörige Menschen sich implantieren können. Ins Ohr. In die Hörschnecke wird eine Elektrode eingeführt und dadurch können Höreindrücke wahrgenommen werden. Was es nicht ist, ist das gleiche Hören wie bei uns normal Hörende, also Hörende. #00:13:31-6#
Vera Deising: Wenn jetzt ein hörende Person durch einen Unfall oder durch ein Ereignis Sein Gehör verliert komplett, aber der Hören im Takt ist. Also um ein Zeh zu implantieren, muss der Hörner intakt sein. Wenn er so ein Ziel bekommt, dann hören wir öfter, dass er sagt Ich würde aber die Sprache nicht so, wie ich das früher gehört habe. Das ist für mich irgendwas Mechanisches. Also das ist ein andere Wahrnehmung. Und diese Menschen müssen nach der Operation auch lernen, wieder zu hören. Also wie hört sich das an? Als wenn ich jetzt die Tür zu mache oder wenn ich jetzt das Messer fallen lasse oder wenn ich einen Stift auf den Tisch fallen. Also was sind das für Geräusche? Oder wenn jemand klingelt oder Vögel zwitschern draußen. Wie hört sich das an? Also die müssen es wirklich neu lernen und und das ist eigentlich ein Nachsorge nach dem Krieg. Und diese Kooperation gibt es in Deutschland etwa seit 30 Jahren. Es wurde nur bei Erwachsenen implantiert, um zu sehen, wie sie damit klarkommen. Einmal nur auf einmal, nur auf einem Ohr. Und wenn der Patient damit klar kommt, macht auch ganz diese ganze Therapie und Nachsorge. Das sind fast zwei Jahre. Dann kann man überlegen, ob der Patient auch auf der anderen Seite auch ein Ziel haben möchte. Es gibt sehr viele, die sagen ich möchte nur auf ein Ohr haben und sind damit auch glücklich. Aber das wird wirklich. Das ist eigentlich die letzte Stufe, wenn man mit Hörgeräten nicht mehr klarkommt, hat kein Hörerlebnis mehr. Habe ich nur eine Möglichkeit zu hören Ich nehme ein Sie Und bei Kinder ist es jetzt so Es gibt eine Neugeborenenscreening seit einigen Jahren, da kann man feststellen, ob da jetzt ein massiver Hörverlust ist. Und dann müssen die Eltern überlegen, ob dieser Verlust ausgleichen können. Mit einem Kind ist natürlich ein Eingriff Operation mit, ja, mit mit allen seinen Risiken. #00:15:27-7#
Judith Nothdurft: Die jede Operation hat. #00:15:29-3#
Vera Deising: Genau. #00:15:30-0#
Judith Nothdurft: Man hat natürlich die Hoffnung, dass das Kind so auch Lautsprache lernen kann. Und die Hoffnung ist ja nicht unbegründet. Ja, es gibt Beispiele. #00:15:38-7#
Vera Deising: Natürlich auch im Fernseher. Kann man öfter sehen. Ich habe auch in meinem Bekanntenkreis, die damit sehr gut klarkommen. Aber ich habe auch die Negativbeispiele gesehen, wo Kinder bekommen haben, natürlich viel, viel später nicht das Neugeborene und haben nachher kein Erfolgserlebnis gehabt. Also es gibt auch das. #00:15:55-7#
Judith Nothdurft: Genau, da muss man sich gut informieren und gut beraten lassen. #00:15:59-4#
Vera Deising: Also auf jeden Fall zu einem seriösen Arzt gehen, der keinen Druck macht. Haben wir auch schon erlebt, sondern wirklich die Eltern richtig berät, ob die jetzt dort gut aufgehoben sind. Und die Eltern müssen auch dazu stehen, weil wir nicht dazu stehen. Dann bringt es dem Kind auch nicht. Ich muss ständig üben mit dem Kind. #00:16:16-6#
Judith Nothdurft: Ja, genau. Es ist nicht so wie implantiert oder auch wie viele Menschen vielleicht annehmen beim Hörgerät Hörgerät angeschaltet, alles wieder gut. Ich sage immer, es ist nicht wie Brille aufsetzen. #00:16:28-3#
Vera Deising: Beim Hörgerät. #00:16:29-3#
Judith Nothdurft: Alles. #00:16:30-1#
Vera Deising: Wieder gut. Ist auch nicht ganz einfach. Ich habe mein Hörgerät seit fast zehn Jahren und das ist nicht so das Hören. Ich höre natürlich genauso wie vorher, aber dadurch, dass ich mit beiden Ohren nicht hören kann, kann ich jetzt keine Richtung mehr wahrnehmen. Ich weiß jetzt nicht mehr, wenn mich jemand ruft und nicht sehen kann, wo ist er jetzt? Im ersten Stock, rechts, links oder im Keller? Also Richtungshören dazu bei zwei intakte Ohren. Das kann ich nicht wahrnehmen. Und ich habe natürlich auch Probleme bei Nebengeräuschen. Also wenn jetzt jemand jetzt bei dem zweiten Fenster sind überall offen. Die Geräusche kommen natürlich rein und das Hörgerät unterdrückt es quasi zu einem bestimmten Level. Aber ich muss trotzdem mehr aufpassen, dass sie die Sprache rausfiltern. Kein Fernseher, genau das gleiche. Wenn Musik und gespielt wird, ist sehr schwer Dialoge zu verstehen. Also es ist nicht mehr so das Hörgerät rein und das ist wirklich top. #00:17:30-9#
Judith Nothdurft: Ich meine nur, die Wahrnehmung der Menschen ist oft so Ah, der trägt ein Hörgerät, damit ist alles wieder gut. Aber so ist es eben nicht. Ich sage immer, ein Rollstuhlfahrer kommt mit seinem Rollstuhl von A nach B, aber er kann immer noch nicht laufen. #00:17:43-8#
Vera Deising: Ja. #00:17:44-2#
Judith Nothdurft: So ähnlich ist es mit dem Hörgerät. Man hat. #00:17:46-8#
Vera Deising: Früher gehört habe So. #00:17:48-9#
Judith Nothdurft: Ist. #00:17:49-0#
Vera Deising: Es nicht, ist es nicht mehr. Es ist aber eine unsichtbare Behinderung. Und weil es nicht sichtbar ist, interessieren sich, interessiert sich die Gesellschaft dafür nicht so sehr und sind die auch nicht so aufgeklärt? #00:18:01-9#
Judith Nothdurft: Wie war das denn mit ihren Söhnen? Waren die in der Regelschule oder in der Gehörlosenschule? #00:18:07-1#
Vera Deising: Also mein gehörloser Sohn, der hat den Weg in die Gehörlosenschule geführt. Natürlich, Er hat die Schule in Nürnberg besucht und nachher ging er in die Realschule nach München. Es gibt eine Realschule in Bayern, das ist in München. Das ist natürlich mit Internat verbunden und also ein ganz klaren Schnitt von der Familie ist wirklich schmerzhaft für beide Seiten. #00:18:32-7#
Judith Nothdurft: Mein Sohn ist. #00:18:33-2#
Vera Deising: Da und das haben wir. Keine Gefühle. Schwierig. #00:18:36-3#
Judith Nothdurft: Ja. #00:18:36-9#
Vera Deising: Okay. Sehr gute Schule. In der Kirche ist es. #00:18:40-0#
Judith Nothdurft: Genau in München. Genau. Mitten in Moskau. Ja. #00:18:43-4#
Vera Deising: Okay. Also, die Schule ist. Ich muss sagen, die Schule in München war klasse. Da hat er endlich mal wieder Schulbücher gehabt. Lehrer, die gebärden konnten. Und nachher ging er nach Essen aufs Gymnasium. Und da hat er sein Fach abgemacht. So war der Weg, und damals gab es keine andere Alternative. Also entweder bleibt hier in der Grundschule und diese ganze Bildungsweg wird erspart, quasi nach der Schule direkt in die Arbeit. Da er zwei linke Hände hat, da waren wir ganz froh darüber, dass er geistig gefördert wurde und es fiel ihm auch wirklich gut. Also. #00:19:21-9#
Judith Nothdurft: Und der andere Sohn. #00:19:23-0#
Vera Deising: Mein jüngerer Sohn, der ist einseitig gehörlos. Links ist gehörlos und einseitig, Rechts ist schwerhörig und er kam mit seinem Hörgerät gut klar. Er spricht ganz normal. Wenn man ihn sieht, sieht man ihm diese Behinderung nicht anmerken, ihm das auch nicht an. Er war in der Normalschule, aber auch das war ein Akt, weil jedes Mal muss der Mann, der Klassenlehrer oder die Klassenlehrerin erklären, dass der Stefan ein Hörgerät trägt und der Lehrer bitte vorne das Mikrofon tragen müsste. Umhängen, am Hals oder in die Tasche tragen, damit er direkt im Hörgerät hören kann, was der Lehrer erzählt. Und es gab wirklich Pädagogen, die gesagt haben Also, das brauchen wir gar nicht. Ich weiß gar nicht, wo ich das tue, ob im Hals oder in der Hose, das stört mich. Und wissen Sie, ich glaube, er hört, er hört richtig gut. Nur er will nicht immer hören. Und ich denke, dass da braucht man sich die haben natürlich schon Gehörlose. Sohn hat der hatte, war ich schon wirklich vieles gewohnt und ging also in normale Schule. Und als er ins Gymnasium kam, war es ein Problem, dass nicht jedes Gymnasium ihn nehmen wollte. Also wir haben einige besucht und bei einigen haben die Direktoren gesagt, also auf ihn Rücksicht zu nehmen, haben wir keine Zeit. Und dann waren wir wirklich dankbar an die Wilhelmschule, dass sie den genommen haben. Und er hat die Schule dann besucht bis zum Schloss er dann sein. Er ist vom Gymnasium runter auf die Realschule, weil mit den Sprachen hat ein Problem gehabt durch das hören. Also das war wirklich schwierig und er hat Realschule abgeschlossen. Dann hat er seine Ausbildung gemacht, dann hat er sein Fach wieder gemacht und jetzt macht er seinen Master neben der Arbeit. Also es ist alles möglich. #00:21:13-4#
Judith Nothdurft: Sie gehen ihren Weg. #00:21:14-4#
Vera Deising: Er geht ihren Weg. Ja, und ich sage mal, je höher kam in der Schule oder in Ausbildung, desto weniger wurde es. Ein Problem an der Uni geht jetzt an die Form. Natürlich sitzt er in der ersten Reihe, ganz klar. Und die Leute sagen Er ist der Hör nix. Es ist ein Lied, gedacht für ihn. Und die nehmen alle Rücksicht darauf. Also je höher er kam, desto weniger wurde das ein Problem. Aber in der Schule musste man wirklich jeden Lehrer erklären. Bitte erhört nicht. Und das war immer so! Ach ja, auch wieder. Oder man hat als Eltern immer so das Gefühl gehabt, denn die spielen doch die nur wichtig machen das Kind. #00:21:51-0#
Judith Nothdurft: Leider kenne ich das auch. #00:21:53-4#
Vera Deising: Es ist wirklich eine unsichtbare Behinderung. Und da kommt dazu er trägt ein Hörgerät. Wieso hört er nicht? Das heißt noch gar nichts. Also, Und dann? Wenn man verschnupft ist, zum Beispiel. Und in der Schule sind sie Alle drei Wochen, haben Sie Schnupfen. Jeder schleppt was mit. Die Gänge sind verstopft, also hört man mit dem Geld auch schlecht. Ja. #00:22:12-8#
Judith Nothdurft: Und wenn alles gut ist, dann ist die Batterie leer. #00:22:15-6#
Vera Deising: Dann ist die Batterie leer oder die Klasse zu laut oder, oder, oder. #00:22:19-4#
Judith Nothdurft: Es ist eine Baustelle vor der Tür oder Irgendwas ist immer Ja. #00:22:22-5#
Vera Deising: Aber auch da war das Hauptproblem, dass die Lehrer nicht gebärden konnten. Also es gibt keine Vorschrift, dass gehörlose Lehrer Lehrkräfte, die in einer Gehörlosenschule unterrichten, gebärden können. Und ich sage mal, das ist ein NoGo. #00:22:39-3#
Judith Nothdurft: Das ist die. #00:22:40-2#
Vera Deising: Sprache der Kinder. 45 Minuten an den Lippen hängen und alles ablesen, das geht nicht. #00:22:47-2#
Judith Nothdurft: Aber sie sagen das. #00:22:48-8#
Vera Deising: Erwachsene nicht, das Kind erst recht nicht, wo ich mehr Bewegungsdrang habe. #00:22:52-7#
Judith Nothdurft: Aber das war ja jetzt schon vor langer Zeit. Es ist. Heute hat sich auch noch nicht alles zum Besten gewendet. #00:22:58-9#
Vera Deising: Also ich glaube, das ist nach wie vor keine Vorschrift. Was, was, was jetzt besser geworden ist in den Schulen, in einigen Schulen, in Deutschland, in einigen Gehörlosenschule in Deutschland wird die Deutsche Gebärdensprache von Gehörlosen Unterricht, so dass die Kinder wenigstens in der Gebärdensprache fit sind. Nicht, dass sie irgendwas ausdenken und dann Das ist die Gebärde und das kennt keiner, Keine, weil später, wenn im Berufsleben kommen und die haben Dolmetscher. Das sagt die Gebärdensprache Dolmetscher Dolmetscherin. Das kenne ich gar nicht. Was ist denn das? #00:23:28-6#
Judith Nothdurft: Ja, das ist wichtig. #00:23:30-1#
Vera Deising: Es ist wirklich. Man muss wirklich lernen, vernünftig gebärden zu können. Und dazu gibt es ein Fach, und das kann man in der Schule also. Aber hier in Nürnberg ist es noch nicht so, dass das Fach unterrichtet wird. Und das Problem ist ich habe ihn an der LMU unterrichtet, in München Pädagogen, die für die Hör und Hörbehinderung ausgebildet werden. Die kriegen auch nur ein paar Stunden Gebärdensprache. Und das war es also nicht, dass sie während des Studiums damit zu tun haben. Also ich sage mal, ich glaube, ich habe 24 Unterrichtsstunden gehabt, Damit werden sie entlassen. Das ist noch nicht genug dazu, dass Sie auch unterrichten können, also irgendein Fach und dann mit den Eltern sich austauschen können und sprechen können und einen Elternabend halten können in Gebärdensprache ist noch zu wenig. #00:24:24-5#
Judith Nothdurft: Mein Sohn hat jetzt das große Glück, dass er tatsächlich in der Klasse ist, die bilingual unterrichtet wird, weil der Anteil an reinen gehörlosen Kindern relativ hoch ist. Und die werden wirklich komplett den ganzen Tag laut, sprachlich und gebärdensprachlich. #00:24:39-4#
Vera Deising: Das bewegt. #00:24:40-5#
Judith Nothdurft: Super. Also besser geht's nicht und für ihn ist es total toll, weil er hat bis jetzt keinen Zugang zur Gebärdensprache gehabt. Aber er lernt das jetzt so nebenher und es ist viel besser wie Englisch, sagt er. Immer noch viel einfacher natürlich, aber das ist toll. Also so müsste es eigentlich STANDARD sein. #00:24:59-2#
Vera Deising: Kann man nur beten, dass er so weit kommt, dass es überall so ist? #00:25:03-1#
Judith Nothdurft: Ja. Woran scheitert es? Gibt es zu wenig Gebärdendolmetscher? #00:25:06-2#
Vera Deising: Das Scheitern an den Gebärdendolmetscher? Ich glaube, das schreit einfach an, denn an den Fortschritten, wenn es vorgeschrieben wäre, dass Lehrkräfte das machen müssen. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass ich als Ungarin herkomme, spreche kein Deutsch und Unterricht. Deutsche Kinder, das wäre genau das Gleiche. Das wäre no go. Also es scheitert an den Bildungsvorgaben, die zurzeit herrschen. Das müsste man ändern, glaube ich. Müssen wir reformieren. Aber vielleicht. Die Leute, die das machen können, sind auch nicht genau aufgeklärt oder genau sensibilisiert für dieses Thema. Also es gibt jetzt auch die neue Welle, dass viele gehörlose Eltern ihre gehörlose Kinder in die Regelschule geben, weil die sagen dann ist er bei mir um die Ecke, Hat er seinen sozialen Umfeld, kann er sich treffen mit denen? Warum soll ich den irgendwohin schicken, wo der Lehrer sowieso nicht gebärden kann? Und wenn ich hier jetzt durch die Inklusion erreichen kann, dass ich einen Gebärdensprachdolmetscher bekomme, der oder natürlich mehrere, der während des ganzen Unterrichts da ist und für ihn übersetzt in Gebärdensprache, was gesprochen wird, dann ist es ein Win Win Situation, Meistens für beide Seiten, weil die hörende Kinder in der Klasse. Die sind natürlich begeistert davon, was der Mann da vorne gebärdet. Ich will es auch lernen. Wollen Sie also Gebärdensprache lernen? Also irgendwie jeder hat was davon. Der gehörlose, das gehörlose Kind, das zu Hause bleiben kann, um die Ecke lernen kann, die hörenden Kinder, dass sie erstmal lernen, was ist überhaupt Gebärden genau. #00:26:36-5#
Judith Nothdurft: Also ja, und dass sie das auch als ganz normal empfinden, als normal, weil es jeden Tag anders ist. Okay, genau. #00:26:43-2#
Vera Deising: Er ist halt so fertig. #00:26:44-3#
Judith Nothdurft: Genau. Also das müsste irgendwie noch mehr in die Köpfe kommen. #00:26:48-2#
Vera Deising: Also ich glaube bei den an den Kindern scheitert es nicht, weil die sind total offen für so was. Für die ist Normalität. #00:26:54-1#
Judith Nothdurft: 2007 haben sie dann sogar eine eigene Firma noch gegründet. War das auch so ein Grund dafür, dass Sie gesagt haben, Da muss noch mehr passieren? In die Richtung. Da muss ich mich noch mehr einsetzen. Was war der Antrieb? #00:27:06-9#
Vera Deising: Ja, also ich wurde immer wieder gefragt zum Thema Gehörlosigkeit Wie kann ich damit umgehen wie sie Gebärdensprache. Und ich habe mir überlegt, man könnte es vielleicht kanalisieren, gerade für Mediziner. Da war die Anfrage fast immer, wenn wir beim Arzt waren Wie soll ich mit dem reden? Was kann ich ihm erklären? Woher kommt das? Wie leben Gehörlose? Und ich habe die Firma gegründet. Ich habe aber anfangs nur halbtags diese Tätigkeit ausgeübt. Also ich hatte noch einen normalen Job gehabt bei der GFK und ich habe da einen gehörlosen Lifestyle Magazin begleitet bei der Platzierung, dass sie überhaupt reinkommen, marketingtechnisch. Und dann zwei Jahre später. 2009 habe ich mich dann voll selbstständig gemacht. Ich habe mit meinem Mann besprochen, Was sagt er dazu, wenn ich jetzt selbstständig werde und sagte okay, probier mal, du bist jetzt 50, dann also entweder jetzt oder nie. Ja, und so habe ich dann das überlegt Welche Bereiche sind das, wo es Sinn macht Einzusteigen und wo ich Kunden gewinnen kann, wo überhaupt das Ganze einen Sinn macht. #00:28:17-5#
Judith Nothdurft: Und was war so Ihr Hauptanliegen? Was wollten Sie voranbringen? #00:28:22-0#
Vera Deising: Ich wollte die Gesellschaft. Es hört sich groß an, die Gesellschaft sensibilisiert für die Veränderung. Man kann es natürlich nicht einfach so machen. Also ich habe mir Bereiche ausgeguckt. Ich habe gesagt, Okay, also wo ist es, wo wirklich notwendig wäre, dass sie davon was wissen? Das ist auf jeden Fall die medizinische Abteilung, also Notfallmedizin, Notfallkräfte, Ärzteschaft und überhaupt Krankenhäuser. Medizinische Bereich. Gut, das zweite Bereich war Arbeitsbereich. Mein Sohn war damals schon in der Ausbildung und habe ich gesehen. Da wurde immer auch wieder gerne gefragt wie Wie klappt die Kommunikation? Wie können die Kollegen mit einem Gehörlosen kommunizieren, wenn kein Dolmetscher dasteht? Also der Alltag, Wie läuft das? Das war das andere Anliegen. Ein dritter Bereich war von mir. Hotels und Tourismus. Mein erste Ausbildung war in dem Bereich Was machen? Ich muss sagen, das ist sehr schwierig und da ist sehr, sehr, sehr wenig passiert in den zehn Jahren. Also da schoss ich auf viele wieder. Ich weiß, ich habe gerade in die anderen zwei Bereiche laufen gut und nebenbei kamen dann noch andere Aufgaben dazu das Geld. Sie haben mich gefragt, ob ich für die Pressearbeit machen kann, ob ich sie unterrichten kann, wie Presse Öffentlichkeitsarbeit geht. Also das ist dann auch so parallel mitgegangen und es ist jetzt auch noch eine Schiene von mir. #00:29:47-1#
Judith Nothdurft: Lassen Sie uns doch gleich noch mal über das Projekt sprechen. Sie haben es schon angesprochen, dass Sie Rettungskräfte schulen. Was passiert da genau? #00:29:56-5#
Vera Deising: Ich schule Rettungskräfte. Das sind entweder Notfall Sanitäter. Das ist jetzt ein ein neue Beruf. Früher war es Sanitäter und jetzt ist Notfallsanitäter. Das sind 3-jährige Ausbildung, wo die auch mehr machen dürfen. Die haben dadurch auch mehr Verantwortung. Also müssen auf auch auf diesen Bereich, also Kommunikation mit hörbehinderten Notfallpatienten auch geschult werden. Ich unterrichte dieses Thema seit 2011 in ganz unterschiedlichen Umfang. Also manche Schulen sagen, ich habe vier Stunden, manche sagen ich habe acht. Bei manchen sind es hier in der ASB Schule in Lauf zwölf Stunden und am Ende gibt es auch keine Prüfung. Die Teilnehmer, die erhalten von mir einmal eine Basisinformation. Überhaupt was ist Hörbehinderung? Woher kommt das? Wie können Sie es merken, dass jemand Hörbehinderte ist? Wie sollen sie mit dem dann kommunizieren? Welche Hörhilfsmittel gibt es? Wie gehe ich damit um, wenn Ich transportiere ein Hörbehinderten, dass sie natürlich nicht auf so ein Hörgerät lege? Wenn ich jetzt in der Seitenlage transportieren muss, wie gehe ich um mit SE? Ich habe auch diese Hörgeräte und die Hör Hilfsmittel dabei, die können es in die Hand nehmen. Kann man damit Röntgenaufnahmen machen? MRT zum Beispiel. Das ist meistens die Frage wie bei den Notärzten. Weil die dürfen natürlich schon den Patient weiter begleiten. Und dann erkläre ich ihnen, wie sie in der Lautsprache kommunizieren können. Also wenn sie jetzt alle Gebärden vergessen, was ich Ihnen jetzt unterrichte, sprechen können Sie noch immer. Also ganz klar, wie Sie mit einem schwerhörigen Patienten kommunizieren sollen, wie Sie mit dem Gehörlosen kommunizieren sollen, weil das ist eine ganz andere Abteilung. Und wie läuft überhaupt die Abfrage? Also die haben ja eine Schema im medizinischen Bereich, nach dem sie die Patienten abfragen müssen. Wie können Sie diese Abfrage einfach formulieren und sie lernen dann auch ein paar Gebärden? Also Kreislauf, Blut, Stuhlgang, Essen, Erbrechen, Herzschmerz. Wo sind die Schmerzen? Groß, Klein? Steigen die Schmerzen stechend. Also was man in Notfallmedizin im ersten Moment braucht und wie, wie gehe ich um? Überhaupt ne. Wenn ich dann untersuchen muss, was sage ich ihm, wie handele ich? Ähm. Also das ist erstmal für Notfallmediziner und Notärzte. #00:32:19-9#
Judith Nothdurft: Und ist das jetzt Pflicht, dass sie das in ihrer Ausbildung lernen? Oder machen die das freiwillig, weil sie sich einfach dafür sensibilisieren? #00:32:27-6#
Vera Deising: Das ist in diesen Schulen, im Lehrplan, in der HSB schon ein Lauf. Es ist im Lehrplan. Und in Mainz, beim Deutschen Roten Kreuz, im Bildungszentrum ist es ebenfalls im Lehrplan drin. Also da unterrichte ich alle Klassen, die diese Notfallsanitäter Kurs machen, kriegen von mir zweimal vier Stunden Unterricht in Mainz. #00:32:49-4#
Judith Nothdurft: Super. Ich habe schon gehört von Hebammen in München, die auch so geschult werden in dem Bereich. #00:32:55-9#
Vera Deising: Hebammen habe ich noch nicht geschult. Leider bin ich aber gern mal, ich habe hier schon mal im Südklinikum angeboten, Weil Südklinikum ist natürlich Geburtsstationen, da gehen auch viele Gehörlose hin. Das Angebot ist da. Wenn es nicht angenommen wird, kann ich leider nichts machen. Das ist. #00:33:13-8#
Judith Nothdurft: So die Frauen gehen die dann mit Dolmetscher oder. #00:33:16-2#
Vera Deising: Mit Dolmetscher? Ja, wenn. Aber es ist halt so der Geburtstermin ist angegeben. Wenn jetzt der Geburtstermin fünf Tage vorher ist und der Dolmetscher die Dolmetscherin zufälligerweise eben an dem Tag zu diesem Zeitpunkt nicht Zeit hat, dann haben sie ein Pech gehabt. Es ist gerade beim Geburt. Also ich kann jetzt nicht auf die uhrzeit genau. Ich kann ungefähr einkreisen an dem und dem Tag und dann muss ich auch noch in der Lage sein, die zu alarmieren, die, die muss noch frei haben. Es ist schon schon kompliziert. Also das wäre genau so ein Bereich in den Krankenhäusern, wo Entbindungsstation ist, dass wenigstens das Minimum die Leute wissen. Also ich sage jetzt noch nicht mal, dass sie gebären können, sondern dass das wenigstens wie sprechen mit gehörlosen Frauen? Wie gebe ich Ihnen Befehle? Wie? Beruhige dich Diese Situation. Das wäre super. Das ist genau wie Notfallambulanz in den Krankenhäusern. Wäre genauso wichtig. #00:34:12-8#
Judith Nothdurft: Ja, dann werden so ganz einfache Sachen vergessen, wie Kopf wegdrehen beim Sprechen oder sowas. Und schon ist die Kommunikation wieder abgerissen. #00:34:22-9#
Vera Deising: Wieso? Er kann doch ablesen, Es geht schon mal los. Nein, die können nicht alles ablesen. Die können nur 30 % ablesen. Wir müssen aber dazu wissen, was das Thema ist. #00:34:31-4#
Judith Nothdurft: Und wenn die Person dann noch einen Bart hat, geht sowieso nicht. #00:34:34-4#
Vera Deising: Ja, wenn so Oberlippenbart wachsen, geht gar nichts. Oder wenn die Bonbon im Mund haben Der jetzt nach links wann kann ich nicht ablesen. Es gibt so viele Sachen, aber man kann es vorher alles erklären. Das wäre eigentlich mein Traum, dass im Notfallmedizin und nicht nur im Notfallmedizin im Medizinstudium wenigstens vier Stunden die Studenten einen Einblick bekommen Wie kommuniziere ich mit solchen Patienten? Wir haben in Deutschland 16 Millionen behinderte Menschen. Sie haben also gute Chancen, dass Sie irgendwann mal mit einem schwerhörigen, mit einem gehörlosen Patienten zu tun haben werden. Also vier Stunden. Dafür müsste reinpassen. #00:35:11-5#
Judith Nothdurft: Eigentlich sollte man. Die Zeit sollte man eigentlich haben. Ja. Wir haben in der Vorbereitung schon über ein anderes Projekt von Ihnen gesprochen. Das ist der Selbstverteidigungskurs für gehörlose Frauen. Liegt gerade ein bisschen brach. Corinna Geschuldet. Aber wollen Sie über das Projekt auch noch was erzählen? #00:35:26-9#
Vera Deising: Also ich habe. Ich habe ein Konzept geschrieben 2014 und habe dazu einen Trainer gesucht. Wie komme ich überhaupt zu diesem Thema? Ich habe ein Portal für Gehörlose, das heißt devservice.de. Das habe ich seit zehn Jahren. Also eigene Tasche finanziere ich das? Es ist kostenlos, die Nutzung und hier finden die Ansprechpartner, die Gebärden können, deutschlandweit ganz unterschiedliche Branchen. Und einmal im Monat gibt es ein Interview von einem Experten und ich hatte ein Interview gemacht mit einer Dame, die das Thema hat. Sexueller Missbrauch bei gehörlosen Menschen. Das war eine Psychologin, die sich darauf spezialisiert hat und auch Kurse angeboten hat. Und im Rahmen dieses Interviews habe ich es mal wahrgenommen, dass 75 % gehörlose Frauen schon im Alter bis 16 Jahren mit sexuellen oder sonstigen Gewalt zu tun hatten, also mit körperlichen Gewalt. Okay, das kam aus einer Studie heraus. Das wurde 2012 in Bielefeld an der Bielefelder Uni durchgeführt und ich fand es schockierend. #00:36:31-4#
Judith Nothdurft: So viel. #00:36:32-4#
Vera Deising: Und ich habe geguckt, was geht es, was kann man machen? Also ich habe auch gehörlose Damen in meinem Freundeskreis und wir haben noch nie was gehabt. Also es gibt zwar so Kurse wo ich sage wie weit bisher nicht, aber was passiert dann, wenn du wirklich angegriffen wirst? Wie kommst du aus der Situation raus? Und dazu habe ich ein Konzept geschrieben und habe ich den Peter Althof dazu getroffen und gefragt, ob er das machen könnte. Er hat schon mal solche Kurse gemacht. Er hat auch ein Studio, was wirklich entsprechend ausgestattet ist mit dicken Matratzen. Wenn ich falle. Tut es nicht weh? Er hat auch Trainer, noch dazu also er selbst und noch zusätzliche Trainer, die das Thema beherrschen. Und dann haben wir erst mal gesucht. Wer finanziert das? Dann haben wir einmal Glücksspiele gefunden, der das finanziert hat. Und die nächsten drei Kurse oder nächsten vier Kurse habe ich dann mit der evangelischen Seelsorge gemacht, weil wir können keinen Antrag stellen für Förderung. Das muss immer ein Verein machen. Und über diesen Verein haben wir die Förderung für den Antrag gestellt und Aktion Mensch hat uns unterstützen. Das hat die Frau super gefallen. Es kommt ständig die Frage Warum machen wir das wieder? Es ist wirklich schön zu sehen, Die kommen erstmal da rein und so viele Männer und und die alle hören. Und was machen wir? Und schon nach der ersten Stunde, am Abend, wenn die. #00:37:55-7#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Gehörlose und hörende Menschen zusammenbringen – das ist das Ziel von Judit Nothdurft und dafür kämpft sie seit vielen Jahren sehr erfolgreich.
Im Gespräch erzählt uns Judit Nothdurft vom Diagnose-Schock Gehörlosigkeit und ihren Umgang damit. Für die Mutter war es ein Geschenk, die Gebärdensprache zu lernen und so einen gemeinsamen Kommunikationsweg mit den Kindern und in der Familie zu entwickeln.
Welche Fortschritte hat Inklusion und Barrierefreiheit in den vergangenen Jahren gemacht und wo gibt es noch viel tun? Ein ernüchterndes Resümee, denn gerade in der Corona-Krise haben sich Missstände deutlich gezeigt, als hörbehinderte Menschen von jeglicher barrierefreien Kommunikation ausgeschlossen waren.
Die Dozentin für Inklusion und Kommunikation erklärt, welche tollen Masken-Alternativen es für höreingeschränkte Menschen gibt, die für ein gutes Verstehen auf das Ablesen des Mundbildes angewiesen sind.
Mit den Selbstverteidigungskursen in Gebärdensprache, die sie zusammen mit dem Nürnberger Bodyguard Peter Althof ins Leben gerufen hat, gibt sie gehörlosen Frauen ganz viel Selbstvertrauen und übt mit ihnen zu schreien – eine große Herausforderung!
Am Internationalen Tag der Gebärdensprache, dem 23.September 2020, ist ihre neueste Herzensangelegenheit gestartet: Fortbildungen für medizinische Rettungskräfte. Sie sollen wertvolle Hilfen erhalten, wie sie mit hörgeschädigten Menschen umgehen und kommunizieren können, um in Notfallsituationen nicht sprachlos zu sein.
Auch ihren Traum von Notfall-Ambulanzen für gehörlose Menschen treibt sie stetig voran. Bei unseren Nachbarn in Österreich gibt es bereits vier Stück, in Deutschland keine.
Weitere Informationen:
- Judit Nothdurft Consulting
- 800 Kontaktadressen in mehr als 200 Branchen zum Thema Gebärdensprache
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Aufgenommen am: Dienstag, 06.Oktober 2020
Veröffentlicht am: Donnerstag, 05. November 2020
Moderation: Vera Deising
Im Gespräch: Judit Nothdurft
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.
Wen sollen wir noch befragen - haben Sie Ideen und Anregungen? Oder möchten Sie Ihre eigenen „Glücksmomente“ (manchmal am Ende des Interviews zu hören) an uns schicken? Schreiben Sie uns an!
Foto: Heike Beyerlein