Jonas Miller, wie fühlt es sich an, als Journalist von Rechtsextremen bedroht zu werden?
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Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#
Tobias Wildner: Herzlich willkommen zu einer neuen KontaktAufnahme. Mein Name ist Tobias Lindner und heute spreche ich mit dem Journalisten Jonas Miller. Jonas Miller ist unter anderem für den Bayerischen Rundfunk tätig, arbeitet für die ARD und schreibt für Zeit online. Ja, Herr Miller, sehr schön, dass Sie die Zeit gefunden haben für dieses Gespräch und dass wir jetzt hier sind. #00:00:41-9#
Jonas Miller: Vielen Dank für die Einladung erstmal. #00:00:44-3#
Tobias Wildner: Wir wollen uns heute so ein bisschen über Ihre Arbeit unterhalten. Als Journalist aktuell auch gerade in der Zeit, in den letzten Monaten. Den ersten Gesprächstermin mussten wir gleich verschieben, weil sich Korona bedingt ein Dreh bei Ihnen verschoben hat. Deshalb so zum Einstieg die Frage Hat den Corona ihren Arbeitsalltag verändert? Ich vermute jetzt mal, Sie gehören jetzt nicht unbedingt zu denjenigen, die jetzt Zeit für Meditation und Achtsamkeitsübungen haben. #00:01:10-7#
Jonas Miller: Ja, das ist richtig. Corona hat auch meinen Arbeitsalltag ziemlich verändert. Ich arbeite ja auch im Schichtdienst und es hat schon damit angefangen, als diese erste Corona Welle kam und wir dann in der Redaktion auch immer wieder die ganzen neuesten Meldungen reinbekommen haben, die dann natürlich auch bearbeitet haben. Und man hat schon gemerkt, dass da jetzt was kommt, wovon niemand richtig einschätzen konnte, was das jetzt ist und wir uns dann auch ganz viele Sachen überlegt haben, wie wir jetzt mit dieser Corona Pandemie umgehen können. Journalistisch. Also da hat sich schon dann auch einiges geändert, sage ich mal auch, als es dann zum Beispiel auch so um das Thema ging mit irgendwelchen Passierscheinen, die ausgestellt werden sollten, da haben wir dann doch schon gemerkt. Also man hat auch in der Redaktion gemerkt, okay, da kommt jetzt was auf uns zu, wir sind da jetzt alle irgendwo gefordert und müssen jetzt alle irgendwie schauen, dass wir damit umgehen können. Und ja, es gibt auch Begleitumstände, wo ich sage, das ist gar nicht so negativ wie zum Beispiel Homeoffice. Finde ich ganz nett teilweise, weil wenn ich zum Beispiel Frühdienst habe, dann muss ich nicht ganz so früh aufstehen. Und der Dienst bei uns, der beginnt quasi mitten in der Nacht. Also von dem her, es gibt schon auch so positive Begleitumstände jetzt in der Arbeit, aber letztendlich hat diese Pandemie uns alle ja irgendwie vor Herausforderungen gebracht und hier vor allem auch in Bezug auf die Arbeit, das ja. #00:02:40-7#
Tobias Wildner: Auch ziemlich durcheinander geschüttelt sind wir ja alle geworden. Wir kennen uns ja. Im Prinzip ist sie und das Bildungszentrum, sage ich jetzt mal von der Veranstaltungsreihe der NSU in Franken viele offene Fragen. Das war eine Reihe, die vom BZ von November 2018 bis März 2019 lief, und Sie haben teilgenommen an der Reihe. Als Mitglied eines investigativen Rechercheteams und gleichzeitig auch als Experte für das Thema Rechtsextremismus NSU. Speziell auch im bayerischen Kontext. Bevor ich ganz kurz noch mal konkreter zu diesem Thema kommen wird, würde mich interessieren Wie kamen Sie denn so als Journalist überhaupt zu diesem Thema Rechtsextremismus, auch Rechtsextremismus in Bayern? Hat Sie das schon immer interessiert? Gab es da konkreten Anlass vor längerer Zeit? Sie sind ja lange an dem Thema schon dran. #00:03:30-7#
Jonas Miller: Genau. Ich recherchiere bzw beschäftige mich schon seit jetzt mehr als 15 Jahren mit dem Thema und das hat schon angefangen, bevor ich auch Journalist oder als Journalist gearbeitet habe. Und zwar habe ich an meiner Schule am Helene Lange Gymnasium in Fürth damals die AG Schule ohne Rassismus Schule mit Courage mitgegründet, die sich ganz explizit auch gegen Rassismen jeglicher Art im Schulkontext ausspricht und da Veranstaltungen organisiert, organisiert, sich einfach engagiert, auch mit den Schülerinnen und Schülern. Und das Thema Rechtsextremismus, das hat mich schon damals sehr beschäftigt, also nicht nur im Geschichtsunterricht, sondern auch ganz allgemein. Die Neue Rechte bzw Neonazis. Und das war auch zu einer Zeit, als sie in Nordbayern bzw im ganzen süddeutschen Raum Neonazis ganz verstärkt versucht haben, an Schulen heranzugehen, an Schülerinnen und Schüler heranzutreten, zum Beispiel durch diese Schulhofidee der NPD. Das ist jetzt schon eine Zeit lang her, aber die standen dann auch bei uns vor der Schule und da hat man natürlich dann auch Berührungspunkte mit diesen Neonazis, mit diesen Rechtsextremen und da hat sich ein Interesse daraus entwickelt, sage ich mal, zu diesem Themenkomplex zu arbeiten. Das habe ich. Da habe ich angefangen, als ich, wie gesagt, Schüler war. Und das hat sich jetzt auch im Journalismus dann irgendwie. Auch habe ich das beibehalten. Und es ist ja so, dass man im Journalismus, es gibt ganz viele Allrounder, sage ich mal, also jeder muss irgendwie zu allem so ein gewisses Wissen haben. Man muss sich in dieses Thema einarbeiten können. Das ist auch bei uns in der Redaktion so, aber es gibt eben ganz viele Leute, die auch so ein Spezialthema haben, zu dem sie dann eben recherchieren, wo sie sich dann gut auskennen. Und bei mir ist es eben das Thema Rechtsextremismus, innere Sicherheit und sowas. Und genau deswegen Ich arbeite nicht nur zum Thema Rechtsextremismus, aber ich würde schon sagen, es ist ein eins der Spezialfelder ist, zu denen ich dann auch arbeite. #00:05:36-6#
Tobias Wildner: In diesem Verlauf kam es ja dann auch dazu, dass Sie da wirklich mittlerweile ausgewiesener Experte auch sind und an verschiedensten Stellen auftreten. Dazu bis hin zu diesem gerade erwähnten Rechercheteam, das sich dann so in der Folge des NSU Komplexes gebildet hat. Wie wie kam das, das man da gesagt hat von zwischen Nürnberger Nachrichten und BR. Wir brauchen da jetzt noch mal ein extra Team, das sich wirklich darum noch mal kümmert. #00:06:00-7#
Jonas Miller: Also letztendlich hat es angefangen damit, dass der Bayerische Rundfunk und auch die Nürnberger Nachrichten sich zusammengesetzt haben und der Meinung waren, man kann auch die lokalen, quasi die Stärken der verschiedenen Teams, die kann man durchaus auch mal zusammensetzen und im Zuge von so einem Rechercheverbund einfach zusammenarbeiten. Da hat sich das Thema NSU Komplex natürlich angeboten. Ich meine, in Nürnberg wurden drei Menschen ermordet, so viel wie in keiner anderen Stadt von den Rechtsterroristen. Und letztendlich war diese diese Zusammenarbeit auf auf lokaler Ebene. Das war so das Ausschlaggebende, dass einfach so viele Fragen da waren und die Nürnberger Nachrichten, die Kolleginnen und auch wir im BR Studio. Wir haben jeder vor sich hin recherchiert und haben dann auch jeder eigene Artikel, Beiträge oder Manuskripte veröffentlicht. Und irgendwann ist dann eben kann man eben auf die Idee, dass man einfach die Kompetenzen einfach zusammenführt und so dann auch die Recherche gemeinsam beginnen kann bzw weiter recherchieren kann. Und wenn man so will, kann man sagen, das gibt es bundesweit in größeren Rechercheverbünden wie zum Beispiel WDR, NDR, SZ, Süddeutsche Zeitung und wir machen das eben so im Lokalen explizit zu dem Thema NSU. So haben wir begonnen, aber mittlerweile geht es auch um viele andere Dinge. Also es gibt einen kollegialen Austausch zwischen den Kolleginnen der Nürnberger Nachrichten und auch bei uns. Und ich finde das auch extrem wichtig, dass man da auch über solche verschiedenen Konkurrenzdenken hinweg auch agiert und da dann auch zusammenarbeitet. Und genau seit 2017 gibt es diesen Rechercheverbund und wir versuchen da immer wieder neben unserer ursprünglichen oder eigentlichen Arbeit auch immer wieder Recherchen zu dem Thema Rechtsterrorismus oder Rechtsextremismus voranzutreiben. #00:07:53-8#
Tobias Wildner: Ich denke also, gerade auch in dem Dranbleiben dann gemeinsam. An diesem Thema hat man ja doch dann auch irgendwann eine Expertise, die auch einiges Neues zutage fördern kann. Also wirklich, wenn ich das richtig sehe, hat sich dieses Modell ja doch bewährt, auch für Sie. #00:08:06-4#
Jonas Miller: Das ist auf jeden Fall. Man kann ja auch sagen, dass jeder Journalist, jede Journalistin hat natürlich auch seine eigenen Quellen, hat seine seine eigenen Informanten, seine eigenen Kontakte. Und da ergibt sich einfach auch relativ viel einfach in dem Austausch. Und es ist natürlich auch so, dass dieses ganze Thema NSU bzw die Recherche zu diesem Themenkomplex dies oftmals sehr zeitaufwändig, man recherchiert teilweise monatelang an bestimmten Dingen, kommt dann teilweise einfach auch nicht weiter. Und da ist es dann auch wichtig, dass man einfach in einer größeren Gruppe zusammenarbeitet, weil manchmal muss man schon auch ganz ehrlich sagen, da kämpft man dann auch gegen Windräder und man hat so ein bisschen das Gefühl okay, ich muss da jetzt. Man muss da jetzt weitermachen. Und wenn man nicht weiterkommt, dann ist es ganz gut, wenn man in einem Team arbeitet. Und natürlich kann man auch Aufgaben dann dementsprechend auch delegieren. Und daraus ergibt sich dann eben auch eine gute Zusammenarbeit in einem etwas größeren Team, wo auch ganz verschiedene Blickwinkel zum Beispiel auch mal angesprochen werden oder beleuchtet werden. #00:09:10-0#
Tobias Wildner: Ja. Sie waren ja in dem Kontext auch Sachverständiger für den NSU Untersuchungsausschuss im thüringischen Landtag, haben natürlich den NSU Prozess auch beobachtet. Aktuell läuft ja eine Petition mit einer relativ breiten Beteiligung zur Einsetzung eines zweiten Ausschusses im bayerischen Landtag angestrengt von. Angefangen von den Angehörigen der Opfer über die Nebenklage, Anwältinnen, Aktivistinnen bis hin sogar zu Matthias Egersdörfer als Kabarettist, als Bekannter. Das legt ja jetzt schon auch nahe Die Sache ist noch nicht vorbei und in den Medien ist das Thema ja auch immer wieder in der Hinsicht gespielt worden. Jetzt, aus Ihrer ganz persönlichen Sicht und aus den Recherchen, die Sie gemacht haben Ist der NSU Komplex ausreichend aufgearbeitet oder braucht es da wirklich noch mal richtig Schub, um doch noch mal Dinge zutage zu fördern, die momentan noch im Verborgenen sind? #00:10:01-4#
Jonas Miller: Also das kann ich ganz klar damit beantworten, dass der NSU in Gänze natürlich nicht aufgearbeitet wurde, da einfach noch so viele Fragezeichen offen sind, wie zum Beispiel die drängendste Frage für die Angehörigen Wer hat ausgesucht, wer hat bestimmt, dass mein Angehöriger letztendlich dann ermordet wird? Also diese Frage konnte nicht geklärt werden und es konnte auch nach wie vor nicht geklärt werden, wer denn eigentlich auch die Leute waren, die die Menschen umgebracht, getötet haben. Man geht davon aus, dass es Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt immer gewesen sind, aber letztendlich in Gänze bewiesen wurde das nicht, auch im NSU Prozess nicht. Das ist natürlich eine wichtige oder wichtige Frage, die da im Raum steht. Aber wenn man jetzt auch weiter guckt, dann sehen wir allein schon in Nürnberg, dass es eine Person gegeben hat, die im Besitz dieser NSU Bekenner DVD gewesen ist. Wir erinnern uns, dass es diese DVD mit dem Paulchen Panther Video, wo sich die Rechtsterroristen zu den Morden bekennen. Und diese DVD wurde hier in Nürnberg bei den Nürnberger Nachrichten händisch eingeworfen. Beate Zschäpe kann es nicht gewesen sein. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren zu dem Zeitpunkt schon tot. Also wir sehen, es gibt mindestens eine Person, die ein Teil des NSU gewesen ist oder zumindest Mitwisser und Mitwisser war dieser Terrorgruppe, weil sonst hätte sie oder er diese diese DVD nicht gehabt und auch das ist bis heute nicht bekannt. Also da läuft jemand auf freiem Fuß herum, wahrscheinlich der, die da einfach ein Teil dieses Netzwerks gewesen ist. Aber es geht auch noch weiter. Ich meine, wir müssen uns auch die Frage stellen welche Verbindungen hatten denn die Sicherheitsbehörden in diese rechtsextreme Szene hinein? Und ich meine, wir kriegen das auch immer wieder mit durch sämtliche Schlagzeilen, zum Beispiel, dass irgendwelche Geheimdienste oder Sicherheitsbehörden irgendwelche Akten vernichten. Die muss dann im Nachhinein heißt es war ein Versehen, dass die vernichtet wurden. Oder wir sehen in einem anderen Fall, dass ein Verfassungsschützer an einem Tatort da war, als jemand umgebracht wurde, wo es auch ganz viele widersprüchliche Aussagen gibt, wo es viele Leute gibt, die sagen, sie glauben dem Verfassungsschützer nicht, dass er davon nichts wusste, dass er davon nichts mitbekommen hat. Und auch hier im fränkischen Raum hatten wir einen Mann, der auf dieser sogenannten Garagenliste des NSU steht. Das heißt, der NSU hat knapp 40 Personen auf einer Liste zusammengefasst und man kann sagen, das ist der NSU, ist der deutschen Neonaziszene. Das waren quasi ihre wichtigsten Leute, ihre Vertrauensleute. Und da stand eine Person aus Nordbayern drauf, wo dann herausgekommen ist, dass diese für den Verfassungsschutz gearbeitet hat und gleichzeitig einer der führenden Neonazis in Bayern war. In den 1990 er Jahren. Wir haben mit dieser Person dann mal gesprochen und er hat dann geleugnet, dass er das NSU Kerntrio, also Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt kennt. Ob man das jetzt glauben will oder nicht, das sei jedem selbst überlassen. Aber das sind einfach noch so viele Fragen offen. Allein zu dieser Netzwerkgeschichte, wo wir sagen, da ist so viel noch im Argen und deswegen ist dieser NSU Komplex in Gänze auf keinen Fall aufgelöst. #00:13:15-9#
Tobias Wildner: Also wenn es, wenn es da jetzt so ein breites Unterstützungsnetzwerk gab und ja, immer noch gibt es ja wieder ordentlich aufgearbeitet, wie Sie sagen, noch wirklich zerschlagen oder dergleichen, ist dann vermutlich auch denkbar, dass sowas hier gerade in dem bayerischen Kontext auch wieder passieren könnte. #00:13:33-6#
Jonas Miller: Das ist das große Problem. Und wir sehen ja seit dem NSU, seit der Selbst enttarnung dieser rechtsterroristischen Gruppe haben wir ganz viele rechtsextreme rechtsterroristische Gruppen, die ja aufgedeckt wurden. Also wir haben auch Anschläge gehabt, wie in Halle in Hanau zum Beispiel und nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit, also zum Beispiel auch in Christchurch. In Neuseeland gab es einen rechtsextrem motivierten Anschlag, Also die In der rechten Szene ist wahnsinnig viel Bewegung, sage ich jetzt mal, und wir sehen auch, dass sich immer mehr Leute auch radikalisieren und auch davor nicht zurückschrecken, einfach Leute zu töten bzw Terroranschläge durchführen zu wollen bzw zu begehen. Und jetzt gerade aktuell wird ja in Nürnberg auch verhandelt. Da gibt es einen Terrorprozess. Da ist ein 23-jähriger aus dem Landkreis kam steht der vor Gericht, der eine rechtsextremen Gruppe angehört hat, die sich im Internet quasi vernetzt hat weltweit und der dort angekündigt hat, einen Anschlag begehen zu wollen. Und auch hier sehen wir. Da konnten die Sicherheitsbehörden zum Glück rechtzeitig eingreifen und womöglich einen rechtsterroristischen Anschlag verhindern. Aber letztendlich diese Gefahr, die ist natürlich. Die ist natürlich omnipräsent, die von Rechtsextremen ausgeht. #00:14:56-8#
Tobias Wildner: Ja, das, was ich mich immer frage, ist, wenn gerade auch jetzt, wenn man an den NSU denkt und an die vielen offenen Fragen und die Fragezeichen, die es noch gibt. Lässt sich da überhaupt jetzt in so einem lokalen Kontext eine Erinnerungskultur dazu entwickeln? Oder braucht man da wirklich erst mal noch mal viel mehr Abschluss von der ganzen Sache, dass man sagen kann man. Man bekommt ein Gefühl dafür, wie man angemessen der Opfer auch erinnern kann? Oder würden Sie sagen, das ist auch jetzt gut möglich? Das passiert auch. Zum Teil gibt es ja auch Kritik von vonseiten einzelner Aktivistinnen, die sagen, dass auch zum Beispiel die Stadt Nürnberg da ein bisschen zu wenig tut. Es kommt dann die Gegenrede, Doch das ist angemessen. Auch da gibt es ein gewisses Spannungsfeld. #00:15:40-6#
Jonas Miller: Also das Thema Erinnerungskultur, das ist natürlich sehr breit gefächert. Es gibt da ganz viele Sichtweisen darauf. Was man aber schon sagen kann In Nürnberg wird der Opfer des NSU zum Beispiel, der wird von Anfang an gedacht. Das ging aber aus einer zivilgesellschaftlichen Initiative heraus, die das jetzt über die Jahre hinweg immer ganz öffentlich gemacht haben. Es hat aber auch die Stadt Nürnberg hat eine Gedenkstätte zum Beispiel aufgebaut, hat das Ganze auch anhand von Veranstaltungen an die Opfer erinnert, dass jetzt aus zivilgesellschaftlicher Sicht da zu wenig gemacht wird von der Stadt Nürnberg, das ist vielleicht ja auch so eine erinnerungspolitischen Sicht ist das nachvollziehbar, sage ich jetzt mal, und da haben sich ja, wie Sie es jetzt auch gerade schon erwähnt haben, gab es ja in der Vergangenheit Kritik und da hat man doch auch gemerkt, dass die Stadt Nürnberg da ja auch durchaus bereit ist, dem entgegenzukommen. Also dass sich der Oberbürgermeister Marcus König zum Beispiel auch bei der Gedenkveranstaltung erst vor wenigen Wochen auch hingestellt hat und gesagt hat, er möchte sich entschuldigen für das, was auch die Sicherheitsbehörden gemacht haben, die ja rassistisch konnotierte Ermittlungsarbeit quasi die Hinterbliebenen und auch die Opfer verdächtigt haben. Also ich glaube, da ist einiges an Bewegung drinnen. Und ich denke, dass die erinnerungspolitische Arbeit zum NSU auch in Nürnberg weitergetragen wird, unabhängig davon, ob jetzt der NSU Komplex in Gänze irgendwann mal aufgelöst werden sollte oder nicht. Daran glaube ich eh nicht. Aber diese Erinnerungsarbeit, die die passiert, die findet jährlich statt. Und das ist auch extrem wichtig, um einfach auch der erstens der Opfer zu gedenken und zweitens natürlich auch immer wieder daran zu denken, wie wie gefährlich rechtsextreme Täter sein können, so was Rechtsextremismus führen kann und das wir als demokratische Zivilgesellschaft natürlich aufpassen müssen, dass solche Taten am besten sofort im Keim erstickt werden und jegliche Tendenz von Rechtsextremen, dass die Zivilgesellschaft natürlich vorgehen muss. #00:17:47-9#
Tobias Wildner: Ja und Erinnerungskultur ist ja auch nichts Statisches. Das wird sich ja auch immer wieder anhand der Zeit neu verhandeln und im entsprechenden Kontext dann sich weiterentwickeln. Ja, mal sehen, wie. Wie sich das in den nächsten Jahren dann auch entwickelt. Sie haben gerade schon schon angesprochen, dass das struktureller Extremismus Rassismus auch ein Problem bei Behörden ist. Wir kennen alle so die prominenten Fälle im KSK, bei dem Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr Daten Abrufe von Polizeicomputern in Zusammenhang mit den Drohmas des NSU 2:00 null, die sich ja auch explizit darauf berufen. Jetzt der jüngste Fall von von Mecklenburg Vorpommern Innenminister Caffier, der bei einer wirklich bekannt rechtsextremen Gruppe der Gruppe Nordkreuz jetzt auf einmal Waffen einkauft oder eine Waffe eingekauft hat. Man hat das Gefühl, diese Fälle häufen sich. Liegt es daran, dass man eine größere Sensibilität mittlerweile hat für das Thema? Oder ist es wirklich auch so, dass die Aktivitäten im rechten Spektrum vielleicht zunehmend massiver werden, sichtbarer werden? Wie ist da Ihre Einschätzung? #00:18:57-7#
Jonas Miller: Das kann ich so pauschal jetzt nicht mit der einen Antwort beantworten. Denn auf der einen Seite denke ich natürlich, wenn man dieses Thema mehr beleuchtet, dann findet man da wahrscheinlich auch mehr. Was vor ein paar Jahren vielleicht gar nicht so in der Öffentlichkeit gestanden hätte, sage ich jetzt mal. Letztendlich ist es aber natürlich absolut beunruhigend, wenn man von den Dingen erfährt, die sie jetzt ja auch gerade eben erwähnt haben. Und das erschüttert natürlich auch ein Vertrauen, so ein Stück weit in den Rechtsstaat. Wenn man zum Beispiel weiß, dass von Polizeicomputern in der hochsensible Daten abgerufen wurden, die dann später in Droh, Faxen oder Drohmails auftauchen, der rechtsextremen Szene, die auch aus einem Polizei, aus einer Polizeidienststelle verschickt wird. Das ist natürlich absolut inakzeptabel, sowas. Und da muss die demokratische Gesellschaft auf jeden Fall dagegen vorgehen und auch höchst alarmiert sein und das auch nicht irgendwie verharmlosen. Und ja, da war sie auch, die die Innenminister zum Beispiel auch immer wieder konfrontieren damit mit so einer Geschichte. Aber letztendlich hoffe ich auch, dass es eine Sensibilität gibt in der Bevölkerung, dass man das Thema Rechtsextremismus nicht weiter verharmlost, dass man rassistische Sprüche nicht verharmlost, sondern dass man da immer wieder ein Augenmerk drauflegt und sich das auch anschaut und da auch dann dementsprechend dagegen vorgeht. Und wie gesagt, höchst alarmierend ist, dass wenn Rechtsextremismus oder Antisemitismus auch bei den Sicherheitsbehörden eine Rolle spielen, da es irgendwelche Gruppen gibt, muss man natürlich ganz, ganz große Obacht haben. Da muss man ganz groß darauf aufpassen, dass das nicht irgendwie noch größer wird. Und dann, wie gesagt, sehe ich auch die Politik in der Verantwortung, da auch dagegen vorzugehen. Ob das jetzt in der letzten Zeit mehr geworden ist oder nicht, das ist schwierig zu sagen, denn es gibt ja auch keine Studien dazu. Also es gibt keine vergleichbaren Werte, sage ich mal und wie wir alle wissen, gibt es ja auch Minister bzw Politiker, die sich da absolut dagegen sträuben gegen so eine Rassismus Studie zum Beispiel bei den Sicherheitsbehörden. Es gibt aber auch aus der Polizei ja Leute, die das durchaus fordern und durchaus für wichtig erachten. #00:21:09-6#
Tobias Wildner: Im bayerischen Kontext ist Ihnen da ähnliches bekannt wie das, was ich jetzt vorhin genannt habe. Gibt es da ähnliche Fälle? #00:21:17-4#
Jonas Miller: Es ist ja so, Sie haben es ja auch schon angesprochen. Der Innenminister in Mecklenburg Vorpommern hat ja eine Waffe bei einem Neonazi gekauft, der in diesem ganzen Nordkreuz in dieser rechtsextremen Gruppe eine Rolle gespielt hat. Und es gibt auch und das ist sehr interessant und bis heute auch nicht aufgeklärt. Es ist ja auch Munition verschwunden von bayerischen Spezialeinheiten, die dann bei Nordkreuz wieder aufgetaucht ist. Also auch hier sehen wir, da gibt es irgendeine Verbindung, die auch wie auch immer geartet ist. Das kann man ja zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht so Details sagen, aber auch da sind anscheinend irgendwelche Verbindungen da, oder wir kennen auch Chatgruppen von bayerischen Polizeibeamten, in denen rechtsextreme Inhalte rassistische Inhalte weiter verbreitet werden. Oder wir müssen auch nur in die jüngere Vergangenheit schauen. Ich meine diese ganzen Reichsbürger, die dann plötzlich bei der bayerischen Polizei herausfiltriert wurden und dann auch letztendlich suspendiert wurden. Die waren ja auch nicht. Sie sind ja auch nicht von heute auf morgen Reichsbürger gewesen nach diesem Tod von dem SEK Beamten, sondern die Behörden wussten ja schon länger offenbar, dass das, was sie da mit Reichsbürgern in der Polizei zu tun haben und ein relativ lokales Beispiel. Es gab einen Reservisten aus dem Landkreis Fürth, der jetzt im Zuge dieser ganzen Corona Demonstrationen auch aufgetreten ist in Bundeswehruniform und sich den eingesetzten Polizeikräften gegenüber auch immer als Soldat ausgegeben hat und versucht hat, militärische Befehle den Einsatzkräften gegenüber zu erteilen. Und auch hier sehen wir bzw haben wir dann recherchiert, dass diese Person rechtsextreme Inhalte in sozialen Gruppen geteilt hat, aufgerufen hat, die Regierung zu stürzen, gegen Sicherheitskräfte vorzugehen, gegen Politiker vorzugehen. Einen Systemsturz wollte mit mit diesem ehemaligen veganen Koch und mittlerweile kann man natürlich auch den Rechtsextremen Attila Hillmann zu tun hatte. Und da sehen wir natürlich ein großes Problem, sage ich mal, da muss man natürlich genau hinschauen, wenn solche Leute aus dem Sicherheitsapparat und Waffen ausgebildet wurden, da plötzlich jetzt mit solchen Thematiken unterwegs sind. Von wegen sie wollen jetzt hier zwangs oder militant gewaltbereit, die die Regierung stürzen oder die demokratischen die demokratische Gesellschaft überwinden bzw stürzen. Das ist natürlich höchst bedenklich. #00:23:46-0#
Tobias Wildner: Ja, wenn man so im bayerischen Kontext mal bleibt. Sie haben ja vor kurzem einen Artikel veröffentlicht zu einem AfD Kreisvorstand in Bayreuth, der zurücktreten musste. Tatsächlich, weil sie ihn damit konfrontiert hatten, dass er in eben auch solchen Chatgruppen antisemitische Verschwörungstheorien verbreite. Wie kam es zu dieser Recherche oder was ist da passiert? #00:24:10-7#
Jonas Miller: Also seit es die Corona Pandemie gibt, beobachten wir das am rechtsextremen oder im rechtsextremen Milieu. Ganz viele Akteure jetzt auf Chatgruppen ausweichen, einfach auch aus dem Hintergrund, dass bei anderen sozialen Netzwerken wie zum Beispiel Facebook, YouTube oder Instagram. Menschenverachtende, rechtsextreme, rassistische Inhalte, teilweise auch gelöscht werden, die Leute gesperrt werden. Deswegen sind sie zu Telegram gegangen. Ein Messengerdienst, ähnlich wie WhatsApp aufgebaut, wo man dann auch so Gruppen erstellen kann, weil dort wird quasi gegen nichts vorgegangen. Das ist keine Spezifikation der rechtsextremen Szene, sondern auch die Islamisten des selbsternannten Islamischen Staats zum Beispiel. Die nutzen auch ganz massiv Telegram. Also da gibt es wirklich. Man findet dort alles von Terrorpropaganda, rechtsextreme Terrorpropaganda bis zu islamistischen Gewaltvideos ist da alles irgendwie relativ leicht, auch auffindbar. Und wir beobachten diese Gruppen eben seit der Pandemie ganz besonders, weil sich da auch ganz viele dieser sogenannten Rebellen eben auch organisieren. Und bei diesem AfD Beisitzer des Kreisverbandes oder Kreisvorstand in Bayreuth. Da sind wir letztendlich auch darauf gestoßen, einfach durch so ein Monitoring dieser ganzen Gruppen und die Person hat da agiert, hat er geschrieben, hat sich auch ganz klar dazu geäußert, dass er bei der AfD ist. Er hat dann auch Bilder von sich hochgeladen, wie zum Beispiel AfD, Infostand steht usw. Und letztendlich haben mein Kollege und ich nichts anderes gemacht, als diese Person dann mal damit zu konfrontieren mit den Dingen, die er da eben äußert, weil es dann eben auch in die Richtung geht, wir müssen den Staat abschaffen bzw die demokratische Gesellschaft abschaffen. Was auch dazu ging um so eine und so einen Bezug zu schaffen. Und wir haben ihn einfach angefragt und haben natürlich aber auch bei der Landesvorsitzenden angefragt, beim Kreisvorstand in Bayreuth angefragt und bevor wir irgendwas veröffentlichen konnten, hat er dann erklärt, dass er sein Amt letztendlich aufgibt. #00:26:12-0#
Tobias Wildner: Also da ging es dann schnell. #00:26:13-6#
Jonas Miller: Ging relativ schnell, sage ich mal ja. Also ich habe aber auch schon erlebt, dass zum Beispiel wenn man so eine AfD Funktionärin aus Nürnberg recherchiert, die so Hitler Bilder in einer WhatsApp Gruppe weitergeleitet hat, die auch sich extrem rassistisch geäußert hat. In so internen Chatgruppen. Wir haben die AfD damit auch konfrontiert und dann hieß es als Antwort bzw. Ein eigenes eigener Prüfungsfall hat oder Prüfungskommission hat dann herausgefunden oder will herausgefunden haben Bleiben wir so, dass die Person einfach der deutschen Sprache nicht so mächtig sei und deswegen das Ganze nicht so ganz richtig einschätzen konnte, was sie da eben weiterverbreitet hat. Also in dem Fall in der AfD Bayreuth, da ging es relativ schnell, aber bei anderen Sachen, da wird einfach auch geleugnet, drum rum geredet und. #00:27:03-6#
Tobias Wildner: Gemauert dann ja. #00:27:05-2#
Jonas Miller: Genau. #00:27:05-7#
Tobias Wildner: Wie kann man sich das jetzt so vorstellen? Sie haben sagen die WhatsApp Gruppen Telegram Gruppen kommen sie da problemlos dran. Also ich frage mich immer, wie recherchiert man in so einer Szene? Ist das relativ offen? Offenbaren sich diese Gruppen selber oder muss man da wirklich viel Aufwand betreiben das man da da reinkommt? #00:27:24-4#
Jonas Miller: Also ich sage mal so, es geht von ganz einfach mit mit mit dem Handy, dass man da auch mit Klarnamen reingeht und dann einfach mitliest und es interessiert da niemanden. Wie auch in dieser AfD. Die AfD Geschichte dieser Bayreuther Korona Gruppe war ich auch ganz normal mit meinem Handy unter Klarnamen. Und irgendwann bin ich dann blockiert worden. Als die Geschichte dann auch draußen war, als wir berichtet haben, im Hörfunk und auch online bei uns, dann war das Ganze, dann wurde ich halt gelöscht bzw blockiert. Also wie gesagt, es ist relativ einfach diese Gruppen zum Beispiel anzuschauen. Aber es gibt natürlich auch Chatgruppen, die findet man nicht so einfach, die sind geheim, da wird man eingeladen dazu. Da gibt es dann nur Leute, die sich kennen und so und da ist es natürlich dann schon schwieriger hereinzukommen. Nichtsdestotrotz gelingt uns das in vielen Fällen ab und zu aber auch einfach nicht. Da gibt es verschiedene Methoden, Wie wir das anstellen. Da will ich natürlich jetzt nicht näher darauf eingehen. #00:28:22-3#
Tobias Wildner: Das ist Berufsgeheimnis. #00:28:23-5#
Jonas Miller: Das ist quasi Berufsgeheimnis. Es ist auch wie im echten Leben. Ich meine, wir haben auch in dieser ganzen Recherche zum NSU Komplex einfach mit sehr vielen Leuten zu tun gehabt, sind durch ganz Deutschland gefahren, waren unangekündigt bei Leuten vor der Haustür gesprochen, haben Leute bei der Arbeit besucht, um einfach mit ihnen zu sprechen und wie wir da immer vorgegangen sind und wie wir auch an diese Informationen herangekommen sind, das darf man natürlich oder wollen wir einfach auch nicht in der Öffentlichkeit breittreten, weil wir natürlich auch noch nicht am Ende sind und letztendlich wir dadurch auch uns vielleicht auch die eigene Recherche irgendwann mal kaputt machen würden. #00:29:03-5#
Tobias Wildner: Aber das hört sich ja schon auch nach einer sehr mühsamen und kleinteiligen Puzzleteil Suche auch an. #00:29:09-5#
Jonas Miller: Das hat man letztendlich immer. Also auch bei diesem Verfassungsschützer oder Baumann, der in diesem ganzen NSU Komplex sehr nah dran war an dem NSU Kern Trio offenbar. Sagen wir mal so, auch da war es sehr schwierig ihn ausfindig zu machen. Der hat zum Beispiel unterliegt unter einem falschen Namen jetzt gerade seine Adresse, ist gesperrt, versucht alles ganz geheim zu machen, dass man ihn nicht findet. Und ich sage mal so Wir waren da wirklich monatelang dran, um ihn aufzuspüren und irgendwann ist es uns auch gelungen. Also das ist einfach eine sehr schöne Puzzlearbeit, wie Sie auch schon gesagt haben. Also man muss auch ganz viele Informationen immer wieder zusammen stecken, auch Informationen, die man vielleicht schon längst zur Seite gelegt hat. Die, die schon monatelang her sind, können irgendwann mal wieder wichtig werden. Und in dem Fall war es dann auch zum Beispiel so, dass wir mit Informationen gearbeitet haben, die wir vor Monaten irgendwann mal beiläufig aus einem Gespräch zum Beispiel mitbekommen haben, wo uns was gesagt wurde. Das war beiläufig. Und dann irgendwann haben wir diese Information aber einfach auch wieder Benutzt und das hat uns dann auch einen großen Schritt weitergebracht. Es ist eine wahnsinnige Puzzlearbeit. Stapeln sich extrem viele Dokumente und Akten und was auch immer an und genau. Es ist manchmal auch schwierig, den Überblick zu behalten. Also uns geht es da oft so, dass wir das für uns selbst immer wieder auch mal spiegeln müssen. Ob das alles noch so, ob wir das alles noch richtig im Kopf haben, sage ich mal, weil es einfach extrem viele Details sind, mit denen man sich da auch beschäftigt. #00:30:44-9#
Tobias Wildner: Und da helfen natürlich dann auch diese Verbünde, dass man sagt, man hat. Man arbeitet im Team und eben nicht allein. #00:30:49-6#
Jonas Miller: Genau das ist ganz wichtig, weil es gibt ja viele Leute, die oder viele Journalistinnen und Journalisten, die sich im Bereich Investigatives in ein Thema vertieft haben und dort dann auch verloren haben. Also was ist so was geht natürlich auch die überhaupt nichts mehr anderes gehabt haben, nichts mehr anderes gesehen haben, sondern nur noch diese eine Geschichte, diese eine Recherche. Und da muss man natürlich auch so ein stückweit aufpassen, dass man sich da nicht verliert in sowas und komplett abtaucht und gar nicht mehr zugänglich ist für andere Dinge. #00:31:17-8#
Tobias Wildner: Neben diesen Recherchen, die Sie jetzt angesprochen haben, haben Sie auch ein Gutachten zur nordbayerischen Neonaziszene verfasst für den Bundestag. Wenn man solche Sachen macht, macht man sich ja eben gerade in diesem Milieu, um das es da geht, ja sicherlich keine Freunde. Ist es da schon vorgekommen, dass Sie auch bedroht worden sind von Personen aus diesen Milieus? #00:31:40-7#
Jonas Miller: Ich sage mal so bedroht ja auch schon relativ früh mit dem Beginn dieser dieser journalistischen Arbeit. Das ging von einfach, zum Beispiel bei Demonstrationen, dass man einfach beleidigt wird, geht aber auch über so Morddrohungen zum Beispiel, die per Email kommen, dass man dann zum Beispiel seine eigene fingierte Todesanzeige liest am Computerbildschirm, die per Email gekommen ist. Es geht aber auch darüber, dass man das zum Beispiel in meinem ehemaligen Wohnumfeld ganz viele Plakate aufgehängt waren, mit meinem Gesicht drauf. Und von wegen Jonas Müller, wir kriegen dich bald. Also auch einfach diese Einschüchterungsversuche, um zu zeigen, wir wissen, wo du wohnst, quasi. Und hat aber auch nicht davor Halt gemacht, dass sie auch Sachbeschädigung begangen haben. Zum Beispiel einen Brandanschlag auf mein Auto, das vor der Haustür gestanden war. Im Hotel wurde durchgeführt. Dann gab es, sind sie mal das Wohnhaus eingedrungen und haben an die Haustüre dann rechtsextreme Parolen geschrieben geschmiert. Also da sieht man schon, sie versuchen auf ganz vielen Ebenen Leute einzuschüchtern. Und das machen sie bei etlichen Leuten, die sich gegen Rechtsextremismus entweder engagieren oder auch journalistisch zu dem Thema arbeiten. Aber das ist jetzt kein Phänomen, was es nur in Bayern gibt, sage ich mal, sondern es ist auch bundesweit so, dass gegen Journalistinnen und Journalisten vorgegangen wird. Ganz gezielt, immer wieder und jetzt auch in letzter Zeit, glaube ich relativ häufig auch mit diesen Drohungen per Email. Also auch ich habe so eine Email bekommen von 2:00 null oder so haben sie sich genannt wo es dann oder? NSU drei Ich bin mir nicht sicher wo es darum ging einfach zu zeigen wir wir kennen dich, wir wollen dich einschüchtern, wo uns gesagt wurde ihr werdet irgendwann nicht mehr auf der Bildfläche sein. Wir werden euch mit Genickschüssen umbringen, wir werden eure Kinder töten usw. Also auf ganz vielen verschiedenen Ebenen läuft das so Eine Einschüchterungsmathematik. Da ist es ganz wichtig, dass man sich eben nicht einschüchtern lässt, dass man auch da ganz klare Kante zeigt und was aber auch natürlich, was man nicht unterschätzen darf. Man muss natürlich auch selbst gucken, dass man ja nicht quasi sich weiter in die Öffentlichkeit begibt, als es zwingend notwendig ist. Also in meinem Fall ist es auch so Ich habe eine gesperrte Adresse, Mein Name steht nicht am Klingelschild, steht nicht am Briefkasten, steht quasi nirgends ersichtlich. Ich fahre unterschiedliche Wege zur Arbeit. Unterschiedliche Wege. Wieder nach Hause. Und pass auf, was ich in der Öffentlichkeit von mir preisgebe. Das ist letztendlich ganz wichtig. Und so haben wir das auch mal besprochen, als ich mal bei so einem bei so einer Beratung beim LKA war, wo es einfach darum geht, wie kann man sich schützen, wie kann man sich in der Öffentlichkeit schützen? Und ich will ja trotzdem meinen Job weitermachen. Ich finde diese Recherchen sehr wichtig und mir macht es ja ein Stück weit auch Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Aber mein eigenes Bedürfnis nach Sicherheit und in Sicherheit zu leben, ist sehr groß. Und ich habe auch keinerlei Interesse daran, dass sich das irgendwann mal ändert. #00:34:46-2#
Tobias Wildner: Ja, das sind jetzt schon sehr massive Schilderungen. Wie geht man da persönlich damit um? Das kann wahrscheinlich auch nicht jeder. Also braucht man schon ein ziemlich dickes Fell, um diese Sachen einfach so, ich sage es mal dem Beruf dann sein zu lassen und nicht ins Private zu stark mitzunehmen. #00:35:03-7#

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Jonas Miller: Das ist ganz wichtig, eben diese Trennung zu haben zwischen beruflicher Arbeit und dem Privatleben. Das ist mir auch ganz wichtig. Und ab und an will ich auch einfach mal abschalten und will damit auch überhaupt nichts zu tun haben, was mir mehr oder weniger gut gelingt. Aber ich sage mal so Man jede, jede, jede Einschüchterungsversuche, die nehme ich natürlich wahr. Und ich habe das auch immer vor Augen. Und ich bin mir dieser Situation auch durchaus bewusst, aber ich versuche mich nicht da auch einschüchtern zu lassen. Und natürlich ist man irgendwann auch so ein Stück weit abgehärtet, also wenn man beleidigt wird bei Demonstrationen zum Beispiel oder wenn man halt mit diesem Milieu zu tun hat, dann nimmt man das einfach hin. Wenn dann aber wieder so Morddrohungen per Email kommen oder so, dann ist das erschreckend. Und das führt einen auch wieder vor Augen, dass sie einen natürlich irgendwo im Blick haben bzw einschüchtern wollen oder tatsächlich vielleicht sogar töten wollen. Ich weiß es ja nicht. Also Sie sagen oder schreiben es ja zumindest. Aber wie gesagt, das Wichtigste ist, dass man sich da nicht nicht einschüchtern lässt. Und vor allem ist es bei mir auch so Ich habe einen sehr guten Kolleginnen und Kollegen. Sie sprechen auch da ganz offen drüber. Ich bringe alles zur Anzeige, letztendlich. Ich bin deswegen auch im stetigen Kontakt mit den Sicherheitsbehörden, alleine schon wegen dieser ganzen Drohungen, Beleidigungen, Anzeigen usw Und so versucht man natürlich, dass ich irgendwie auch mit diesem Thema zu arrangieren und sich da eben nicht von von den Rechtsextremen dazu so einschüchtern zu lassen. Aber es ist auch übrigens ein Thema, was auch ganz breit gefächert ist, zum Beispiel Ich habe mal zu türkischen Extremisten recherchiert und habe da auch relativ schnell gemerkt, dass es da auch von dieser rechtsextremen Seite oder von türkischen Nationalisten, dass sie da auch relativ schnell Interesse daran hatten. Wer berichtet jetzt da über sie, wer recherchiert in diesem Milieu? Ging dann auch so weit, dass ich zum Beispiel in einem Nürnberger Cafe dann auch gefilmt wurde von Leuten, die mich da gesehen haben mit dem Smartphone und so, Ich habe das natürlich gemerkt und das ist natürlich wahnsinnig unangenehm. Also da gibt es schon von verschiedenen Seiten von Leuten, die mit kritischer Berichterstattung ein großes Problem haben. Die versuchen dann natürlich von verschiedenen Seiten auch dagegen vorzugehen. #00:37:19-8#
Tobias Wildner: Ja, das ist wirklich bewundernswert, dass man sich davon nicht abschrecken lässt. Wenn man sich diese Schilderungen so anhört, das ist immer ein sehr düsterer Dinge da reingekommen. Da erscheint eine Rubrik, die wir im Podcast haben, direkt harmlos, nämlich die Mekka Ecke. Sie dürfen praktisch jetzt loslegen mit einer Sache, die Sie so in letzter Zeit mal so richtig geärgert hat Meckerecke. #00:37:38-2#
Jonas Miller: Also ich kann es. Was mich wirklich tatsächlich einfach ärgert, ist diese Pandemie an sich und die ganzen Maßnahmen, die damit zusammenhängen. Denn jetzt ist langsam der Winter, da ist es jetzt schon dunkel, es ist kalt. Draußen ist es irgendwie ja einfach relativ grau und ich habe mich sehr auf den Winter eigentlich gefreut, weil ich wahnsinnig gerne auf Weihnachtsmärkte gehe und Glühwein trinke und mir langsam immer mehr bewusst wird, dass es das dieses Jahr nicht geben wird. Es gibt natürlich verschiedene Konzepte und da berichten wir ja auch als BR immer viel darüber, wie einzelne Kommunen und Städte versuchen, jetzt zum Beispiel einen virtuellen Weihnachtsmarkt zu machen oder weihnachtliches Nürnberg zum Beispiel. Thema jetzt ja gerade das umzusetzen. Aber aus meiner persönlichen Sicht ist das alles schön und gut und ich finde das auch gut, dass da so was passiert. Aber dieses, dieses Zusammensein, diese Geselligkeit in dieser dunklen, kalten, grauen Jahreszeit am Glühweinstand, ich glaube, die, die kann man durch nichts ersetzen und deswegen, das ärgert mich einfach gerade sehr, obwohl ich das absolut vernünftig finde, dass solche Events natürlich jetzt auch nicht stattfinden. Aber ärgern tut es mich natürlich trotzdem. #00:38:50-8#
Tobias Wildner: Aber da kann man schon mal in den Orbit rein meckern, einfach so ins Allgemeine. #00:38:54-1#
Jonas Miller: Es hilft ja nicht viel, ganz klar und aber ja, es ist das nervt mich tatsächlich. #00:39:02-6#
Tobias Wildner: Thema Corona Wir hatten ganz am Anfang in unserer Podcastreihe die Sozialwissenschaftlerin Birgit Meyer zu Gast. Die kennen Sie wahrscheinlich auch, vermute ich mal, die ja auch sehr stark zu Extremismus recherchiert arbeitet Und die hat damals bemerkt, das war so die Anfangszeit der Corona Demos, damals noch Hygienedemos genannt, dass die rechte Szene in Nordbayern sehr stark auch bei diesen Corona Demos schon von Anfang an mitgemischt hat. Vielleicht erinnern Sie sich noch an Ihre erste Demo, wo Sie dabei waren als Beobachter? Waren Sie da überrascht, was Sie da vorgefunden haben für eine Mischung? #00:39:38-7#
Jonas Miller: Nein, überhaupt nicht. Weil die ersten Demonstrationen bzw das waren keine Demonstration, das waren unangemeldete Kundgebungen, Zusammenkünfte zu der Hochzeit des ersten Corona Welle. Da hat mich das nicht gewundert, denn diese Leute, die sich da getroffen haben, die kenne ich auch aus Rechtsextremen, aus der rechtsextremen Szene, aus der rechtspopulistischen Szene wie zum Beispiel bei Pegida oder auch aus dieser Holocaustleugner Szene, von diesen Leuten. Die haben das quasi initiiert, die haben damit die ersten Kundgebungen gemacht in Verbindung mit aber auch so Verschwörungstheoretikern. Ich habe das beobachtet und habe das dann auch so geschrieben bzw habe da auch dann Beiträge dazu gemacht. Und was mir aber aufgefallen ist und wir hatten einen riesen Shitstorm. Ich habe berichtet was das für Leute sind, aus welcher Ecke die kommen. Und das war einfach eine Tatsachenbeschreibung quasi und wir haben einen riesen Shitstorm danach gehabt, weil es dann hieß von wegen wir als öffentlich rechtliche Medien müssen natürlich auch diese Maßnahmen hinterfragen müssen Grundgesetzeingriffe müssen die hinterfragen, müssen immer kritisch bleiben und dürfen nicht zu einem verlängerten Arm der Staatsregierung werden. Ich war relativ geschockt von dieser von diesem Shitstorm. Auch mit diesen Vorwürfen, mit dem Mann, mit denen man sich da konfrontiert sah. Ich wurde dann als Soldat der Merkelregierung oder des Merkelregimes bezeichnet oder als als Söder Jünger usw und habe da schon irgendwie dann auch mir die Leute angeschaut, die uns da geschrieben haben und habe da versucht auch in den Dialog zu treten. Und dann kam aber relativ schnell auch klar, wenn man einfach mit den Leuten so ein bisschen zu tun hatte, dass da einfach ganz andere Sorgen und Ängste, sag ich jetzt mal im Hintergrund stehen, aber auch einfach Leute dabei sind, die dieses Virus an sich leugnen bzw eine ganz andere Sicht auf eine demokratische Gesellschaft haben, als sie jetzt zum Beispiel ich habe. Oder ein Großteil der Gesellschaft, würde ich jetzt mal behaupten. Das war schon sehr, sehr schwer. Und dann war es so, dass man bei diesen ersten oder mit den ersten Kundgebungen hat man auch gesehen, dass teilweise die Leute das Grundgesetz verteilen und wir wurden dann auch von Leuten aus dem eigenen Umfeld angesprochen. Na ja, aber schaut euch die doch mal an, die verteilen doch Grundgesetze, Da kann doch nichts Schlimmes daran sein, das ist doch eher was Gutes und so und dann habe ich auch gesagt ja, ich finde das auch vollkommen legitim und ich habe da um Gottes Willen überhaupt nichts dagegen. Aber wenn man sich dann anschaut, wer diese Grundgesetze verteilt und dann haben wir zum Beispiel einen ehemaligen NPD Funktionär dabei gehabt, der bei diesem Fackelmarsch, bei diesem unsäglichen Neonazi am Reichsparteitagsgelände am ehemaligen beteiligt war, der sich dann in die Nürnberger Innenstadt stellt und das Grundgesetz verteilt und sich als Superdemokrat aufspielt, dann sage ich Da muss man das schon sehr kritisch beäugen. Und letztendlich im Jetzt. In der Rückschau war der BR mit unserer Berichterstattung wir waren das erste größere Medium, das diese Proteste so eingeordnet hat, von Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen initiiert, mit beeinflusst. Wir haben einen großen Shitstorm dafür erhalten, aber jetzt in der Rückschau muss ich sagen naja gut, das war halt einfach genau so und es war absolut richtig, dass wir das auch so berichtet haben. Trotz auch viele Kritik aus den aus den eigenen Reihen. Und ich glaube, da ist es einfach auch extrem wichtig, dass wir von vornherein gesagt haben, das beobachten wir, das sind die Tatsachen, wir können das ja auch alles belegen. Und von dem her haben wir, da haben wir dann nichts falsch gemacht. Aber wie gesagt, mich hat das jetzt, was mich tatsächlich so ein bisschen schockiert hat jetzt ist, wie groß diese Demonstrationen geworden sind und wie breit auch dieses Spektrum geworden ist, das sich da jetzt auch sammelt bei solchen Demonstrationen. #00:43:22-2#
Tobias Wildner: Ja, das Grundgesetz, was Sie gerade erwähnt haben, das ist ja auch direkt auf der Startseite von der Initiative Querdenken sieben elf, der dem Stuttgarter Ableger oder auch der Kern von Von der Querdenken Bewegung im Prinzip mit dem Kopf Michael Ball weg und die haben dann unter dem Grundgesetz auf ihrer Webseite direkt auch eine ganz explizite Distanzierung von rechtsextremistischem Gedankengut. Gleichzeitig werden aber ja Mitglieder dieses Kernteams von Querdenken sieben elf, also zum Beispiel der Sprecher Stefan Bergmann, auch immer wieder völlig klar in Verbindung gesehen mit zum Beispiel der Reichsbürgerszene oder mit rechtsextremen Szenen. Das heißt, einerseits distanziert man sich davon, auf der anderen Seite toleriert man mindestens oder unterstützt sogar zum Teil, diese sehr kritisch zu betrachten. In Szenen ist das ein wiederkehrendes Muster, das Sie auch entdecken bei den Querdenken Bewegungen. Oder ist es jetzt eher ein Spezifikum jetzt für Querdenken? Sieben elf? #00:44:17-4#
Jonas Miller: Ich würde nicht sagen, dass es da ein Einzelfall ist in Baden Württemberg bzw in Stuttgart, sondern das kann man schon auch bundesweit beobachten. Und vor wenigen Tagen ist ja eine Aktivistin, Jana aus Kassel relativ viral gegangen mit einem Video, wo sie sich als oder mit Sophie Scholl gleichgesetzt hat. Und das war aber von Anfang an so, dass diese Gruppierung, die ja auch in Bayern immer anders hieß und jetzt alle, aber unter dem großen Label Querdenken firmieren, dass die von Anfang an rechts offen waren, also keinerlei Abgrenzung hatten zu zu Neonazis, zu Rechtsextremen, zu Rassisten, Antisemiten Und dass ich da von vornherein auch ganz viele Verschwörungsideologen getummelt haben. Und schon relativ früh ist das auffällig gewesen, dass sich auch Leute aus der organisierten Neonaziszene diesen Demonstrationen angeschlossen haben und dort auch irgendwie freudig aufgenommen wurden. Also einer der führenden Köpfe dieser Gruppierung hier in Nürnberg hat dann zum Beispiel bei einer Rede gesagt Ja und schaut mich her, die Nazis sind auch da. Also es ist doch wunderbar, wir sind alle, die ganze Gesellschaft ist da. Selbst die Nazis sind jetzt auf unserer Seite. Wo? Wo ich mir auch dachte, das ist ein ganz verschrobenes, ganz verschrobene Herangehensweise an die Thematik. Aber das Unterjubeln und unter Applaus usw. Und wir haben ja auch mit vielen von diesen Leuten gesprochen, die sich auf diesen Demonstrationen versammeln. Und ich sage mal so, da ist von NS Relativierung bis zur Holocaustleugnung, bis zum völlig Wirren und Verschwörungsmythen ist ja alles dabei. Also die Leute haben auch kein Problem damit, mit Gesicht in die Kamera zu sagen, dass Angela Merkel mit Adolf Hitler verwandt wäre oder ähnlichem Unsinn. Und das ist schon sehr beängstigend. Auf der einen Seite tut man sich immer relativ einfach, wenn man diese ganzen Leute als Verrückte abtut und die haben sie nicht mehr alle. Auf der anderen Seite sehe ich aber sehr große Gefahr in dieser Gruppierung bzw auch in dieser Szene, weil sich da ja auch ein Radikalisierungsprozess entwickelt hat. Und wir sehen das. Es gibt schon Brandanschläge auf das Robert Koch Institut. Es werden schon Politiker auch in Nürnberg körperlich angegangen von Leuten aus dieser Szene, weil sie als Impfbefürworter irgendwie gelten oder als Kindermörder betitelt werden oder ähnliches. Also da muss man extrem aufpassen. Und ich finde es auch wahnsinnig gefährlich für eine demokratische Gesellschaft, wenn jetzt diese Fake News, diese Falschwahrheiten oder Verschwörungsmythen immer weiter um sich greifen und immer mehr grassieren. Da muss man von vornherein dagegen Stellung beziehen. Und man muss da wirklich aufpassen, dass ich aus dieser Szene da keine Radikalisierungstendenzen noch weiter entwickeln, dass wir dann irgendwelche Leute haben, die dann tatsächlich irgendwann auf die Idee kommen, sie gehen jetzt in den Bundestag und töten Politiker. Also ich meine, das wird, muss man ganz ehrlich sagen, das wird offen besprochen in diesen Chatgruppen und das sind nicht nur wenige Leute, sondern das sind teilweise mehrere 1000 Leute drinnen. Und wenn man sich anschaut, wie zum Beispiel so Verschwörungsideologen wie Attila, hielt man, welche Reichweite der mittlerweile hat, wie viele Leute und sich um Attila hielt man auch scharen. Das ist eine extrem gefährliche Gruppierung, die wir da gerade haben. Jetzt nicht nur quer, denken die ja. Sie haben es ja erwähnt mit dem Sprecher davon reden, dass man jetzt eine neue Verfassung in Anführungszeichen mal umsetzen möchte, sondern das geht über diese ganze heterogen gefächerte Szene hinaus. Und wie gesagt, die große Problematik und die Gefahr sehe ich darin, dass ich da der einzelne Leute durchaus auch radikalisieren könnten und dann irgendwie meinen, sie können jetzt hier die demokratische oder die die Regierung stürzen, wie auch immer geartet. #00:47:58-8#
Tobias Wildner: Ja, es gibt ja nicht nur da in letzter Zeit eine sehr schrille Kritik, auch von unterschiedlichen Gruppen an, wie es dann oft heißt, an Systemmedien, an den großen Medienhäusern. Das kennt man schon länger von der AfD, das kennt man von Pegida, wo immer Lügenpresse skandiert wurde und jetzt eben aber auch von den Anti Coruna Demos, wo es ja wirklich eine totale Ablehnung von von großen Medien oft gibt. Wie fühlt sich das jetzt momentan an, wenn man für die ARD oder Zeit Beiträge macht in dieser Atmosphäre? #00:48:29-2#
Jonas Miller: Also ich sage mal so Ich bin es auch oft gewohnt, Beiträge zu machen über Personen, die sich nicht freuen, dass wir da sind und dass wir da jetzt berichten. Von dem her ist es jetzt kein neues Gefühl, auch auf Demonstrationen zu gehen und irgendwie als Lügenpresse, Volksverräter, Merkel, Soldat oder was auch immer bezeichnet zu werden. Auf der anderen Seite, glaube ich, sind jetzt auch viele Kolleginnen und Kollegen, die normalerweise andere Sachen machen oder über andere Sachen berichten, welche Gefahr auch von solchen Demonstrationen ausgeht. Und wir haben es ja auch bei verschiedenen Medienhäusern, nicht nur der einzelnen Art Anstalten, die ja auch einfach nur noch mit Bodyguards auf Demonstrationen gehen. Und natürlich, wenn ich jetzt von der Zeitung bin zum Beispiel, und ich schreibe einfach nur mit oder so, dann glaube ich, kann man auch relativ unerkannt auf solchen Demonstrationen auch sein. Wenn man jetzt aber fürs Fernsehen oder für den Hörfunk arbeitet, dann ist es schwieriger, mit einem Mikrofon oder mit einer Kamera da zu sein. Was wir auch von Anfang an schon gemacht haben, ist, dass sämtliche Labels quasi ARD oder BR Logos einfach nicht mehr auf den Kameras drauf sind, auf den auf die Mikrofone drauf sind, einfach um diese, diese, diese Gewalttätigkeit schon von vornherein zu riskieren Oder um sich selber zu schützen vor gewalttätigen Übergriffen. Und das ist aber eine Entwicklung, die wir nicht nur in Deutschland haben, sondern auch in anderen Ländern. Es gibt auch Kolleginnen und Kollegen beim öffentlich rechtlichen Rundfunk in anderen Ländern, die jetzt ja zum Beispiel auch ihre ihre Wagen abgeklebt haben bzw da keine Senderlogos mehr drauf haben. Also da muss man schon extrem drauf aufpassen, dass man da nicht in irgendeine Situation reinkommt, wo die Leute einen angreifen. Also ich habe da schon auch immer so einen gewissen Sicherheitsabstand und versucht da jetzt jeglicher Konfrontation aus dem Weg zu gehen, weil ich da einfach auch persönlich überhaupt kein Interesse daran habe. Aber wie gesagt, diese diese aufgeheizte Stimmung, die ist durchaus erlebbar. Also ich meine, das hat man von vornherein gehabt, ob das jetzt Pegida war oder in der AfD Demonstration oder jetzt diese diese Korona Rebellen. Und ich wurde schon vor fünf Jahren bei einer AfD Demonstration kam auch so ein Anhänger aus München auf mich zu und hat mir einfach so einen Kopfstoß verpasst, so aus dem Nichts heraus auf mich zugegangen. Hat mich da angegriffen. Körperlich. Also ja, da muss man einfach echt schauen, dass man da irgendwie einen kritischen Abstand dazu hat, dass man sich selbst schützt. Aber es ist halt auch schwierig da immer, denn man kann nicht irgendwie ganz viel Abstand haben, aber dann von dieser Demonstration berichten wollen. Das ist halt auch schwierig. Man muss immer irgendwie einen Weg finden, sage ich da. #00:51:11-6#
Tobias Wildner: Keine ganz einfache Gratwanderung. #00:51:13-3#
Jonas Miller: Genau. #00:51:13-9#
Tobias Wildner: Ja, das ist ja jetzt, was wir gerade, was Sie gerade beschrieben haben, wirklich so eine Totalablehnung oft. Es gibt aber ja zu dem zu dem Thema Medienkritik auch durchaus differenziertere Beiträge. Ich erinnere mich zum Beispiel an eine Studie von den beiden Medienwissenschaftlern Dennis Grewe und Martin Hennig. Die haben anhand der öffentlich rechtlichen Sondersendungen von ARD und ZDF, also dem ARD Extra und dem ZDF Spezial, analysiert, welches Weltbild diese Sendungen so transportieren. Und da gab es dann doch auch so einen recht kritischen Befund, dass in diesen Sendungen die Krise, die wir momentan haben, als sehr konstantes und auch sehr ausweglos ausweglose Bedrohungsszenario gezeigt wird. Also schon allein aufgrund der schieren Anzahl der Sendungen, die ja eigentlich dafür da sind, wirklich besondere Ereignisse zu zu berichten und in der Hochzeit des Lockdowns wir das fast täglich hatten. Zum anderen aber auch gab es so einzelne recht eindrückliche Kritikpunkte an der journalistischen Machart tatsächlich, dass hin und wieder auch fiktionalisierende Ästhetiken verwendet wurden, zum Beispiel Sirenengeheul, das man aus Katastrophenfilmen kennt, das dann unabhängig vom gezeigten Bild zum Beispiel eingespielt wurde, können Sie diese doch sehr, sehr kritische Analyse auch nachvollziehen. #00:52:26-0#
Jonas Miller: Auf jeden Fall. Ich meine, Medienkritik ist ja ganz wichtig und gehört ja auch zu einer demokratischen und aufgeklärten Gesellschaft, dass man nicht alles, was im Fernsehen läuft, im Hörfunk gesendet wird oder in der Zeitung steht, auch unkritisch so aufnimmt und nicht hinterfragt. Das ist ja vollkommen legitim und das mache ich ja auch selber. Also das auch, wenn ich Beiträge von Kolleginnen und Kollegen sehe, die natürlich auch trotzdem kritisch hinterfrage. Und natürlich ist Medienkritik ganz exorbitant wichtig, das ist vollkommen klar. Man muss halt aufpassen, wo diese Medienkritik anfängt und wo sie aufhört. Und wenn man jetzt an die pauschale Ablehnung zum Beispiel des öffentlich rechtlichen Rundfunks durchführt bzw auch die Abschaffung des öffentlich rechtlichen Rundfunks fordert, dann muss man sich halt auch dieser Tragweite, dieser Forderung auch irgendwie klar sein. #00:53:13-8#
Tobias Wildner: Eine andere Dimension. #00:53:15-0#
Jonas Miller: Das ist eine ganz andere Dimension. Und von dem her, wie gesagt, es gibt durchaus Kritik, die ich auch in vielen Teilen und in vielen Punkten teile. Es ist halt immer die Frage, was und wie kritisiert wird. Also wie gesagt, und die Medienlandschaft hat sich ja auch einfach verändert. Ich meine, früher hatten wir ein lineares Programm und die Leute konnten keinen, konnten keinen Widerspruch weitergeben. Bzw das ist in den Sendern nicht angekommen oder relativ selten. Mittlerweile haben kann jeder seinen eigenen Blog machen, jeder kann seinen eigenen was weiß ich. Facebook Kanal aufmachen. Telegram Chat Gruppe ist ja ganz okay in der Zeit. Also da merkt man auch, dass sich da auch die Medienlandschaft einfach viel, viel größer geworden ist, verbreitert hat. Und das kann man. Auf der einen Seite ist es natürlich kritisch, wenn man sieht, wie viel auch menschenverachtende Beiträge oder Fake News jetzt vor allem auch weitergetragen werden. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch wahnsinnig gut, um zu sehen, wie plural unsere Gesellschaft auch einfach ist. Aber wie gesagt, eine grundsätzliche Medienkritik ist erstmal ja nichts Falsches. #00:54:24-1#
Tobias Wildner: Sie haben ja jetzt angedeutet, es gibt mittlerweile eine unglaubliche Vielzahl an Plattformen, Blogs, die alle in irgendeiner Form mehr oder weniger journalistisch vorgeben zu arbeiten. Und es gibt dabei natürlich auch einige, also gerade auch im Umfeld der Corona Kritik, die vorgeben, unabhängig und investigativ journalistisch zu arbeiten, immer in Abgrenzung auch der der großen Medien. Jetzt nicht nur an die gedacht, sondern generell an diese Vielfalt, die da jetzt entstanden ist. Wie schätzen Sie jetzt das ein, was da entsteht in der Medienlandschaft? Wo ist es noch eine gute Ergänzung, dass man einfach eine Pluralität auch von Berichterstattung herstellt? Und wo beginnt dann auch wirklich der Pseudojournalismus, wo man sagt, das hat wirklich nichts mehr auch mit seriösem Journalismus zu tun? #00:55:10-2#
Jonas Miller: Na ja, der beginnt ja schon da, Wenn sich Leute hinstellen und ich meine, ein Journalist ist kein geschützter Beruf in Deutschland zum Glück nicht. Also das wäre ja auch absolut fatal, wenn es so wäre. Die Es gibt Leute, die betreiben einen Blog, die betreiben einen YouTube Channel oder eine Telegram Chat Gruppe, erreichen darüber wahnsinnig viele Menschen und füttern diese diese Inhalte, diesen Content aber letztendlich nur mit Fake News, mit Falschpropaganda oder mit Aufstachelung Gegen unsere Demokratie. Das ist natürlich wahnsinnig gefährlich. Da ist es natürlich. Muss man natürlich abwägen. Also ich meine auch, selbst wenn man jetzt zum Beispiel schaut, wo auch die jugendliche Zielgruppe sich zum Beispiel bewegt, dann muss man ja auch ganz ehrlich sein, dass die mit linearen Programmen eher wenig irgendwie zu tun haben bzw darüber überhaupt nicht mehr erreicht werden. Oder nur zu einem gewissen Anteil, sag ich jetzt mal und viel eher über YouTube zum Beispiel oder andere F oder so was da jetzt eine Heimat gefunden haben, eine digitale. Und da ist es natürlich wichtig, dass auch die seriösen Medien quasi auch versuchen, auf diesen Plattformen auch da zu sein und auch dadurch zu punkten, dass sie eben journalistisch arbeiten, damit sie, dass sie einordnen können, dass sie das ein fact checking, ein ein Faktencheck stattfindet, um auch journalistische Grundsätze weiter zu vermitteln. Und hier finde ich es extrem sinnvoll, wenn Medien auch einfach damit hausieren gehen, warum es wichtig ist, dass es Qualitätsmedien gibt, nämlich wo die Fakten gecheckt werden, weil Expertinnen und Experten zu Wort kommen. Weil es auch eine kritische Stellung zum Beispiel zu den Regierenden gibt oder ähnliches. Also das ist ja jetzt gerade eine Herausforderung, vor der alle Medienhäuser letztendlich stehen. Und die Gefahr, die ich jetzt gerade aber einfach sehe, ich habe es ja schon erwähnt, ist, dass es einfach einzelne Leute gibt, die keine Journalisten sind oder Journalistinnen, die aber es schaffen, durch bestimmte, durch bestimmten Content auf einzelnen Medien einfach eine relativ große Zielgruppe zu erreichen und dort auch einfach mit Fake News füttern können. Mit Falschnachrichten. Und das ist ja eine Herausforderung, vor der wir, mit der wir gerade konfrontiert sind, quasi. #00:57:22-7#
Tobias Wildner: Das ist ja auch eine Herausforderung für für den Einzelnen, für die Einzelne, dass man eben beschossen wird mit Informationen aus unterschiedlichsten Seiten und da dann auch rausfiltern muss, wo kriege ich jetzt gerade Fake News serviert. Wo habe ich jetzt einen schlechten Journalismus, sage ich jetzt mal vor mir und wo eine seriöse Quelle? Das ist, wenn man so rein hört, in dem in die Bekanntschaften, die man hat, in die Gruppen, an die man irgendwie rankommt, der auch für viele, gerade gerade momentan in Zeiten der Pandemie auch eine große, ja fast schon Überforderung, würde ich sagen. #00:57:54-5#
Jonas Miller: Das ist letztendlich. Ich meine, wie kann man auf Falschnachrichten oder Verschwörungsmythen entzaubern? Ich meine, es geht letztendlich ja auch schon. Das fängt ja mit ganz simplen Fragen an, wenn man zum Beispiel nachfragt Woher hast du denn diese Information, Wer ist dann die Quelle? Und wenn, dann? Keine Ahnung. Attila Feldmann oder KenFM oder was auch immer kommt, dann kann man schon mal das auch kritisch hinterfragen. Und ich sage immer ich meine, es gibt viel Kritik an den an den klassischen Medien, sage ich jetzt mal an den an den öffentlich rechtlichen Medien oder auch an den Printmedien. Die mag in Teilen auch zutreffend sein und ich zum Beispiel auch in der Krise. Ich habe auch einiges, Fand ich auch selber als Rezipient wahnsinnig schwierig, wie manche Medien damit umgegangen sind, also nicht als Bildzeitung oder solche Boulevardzeitungen jetzt sowieso, aber auch Qualitätszeitungen wie die Süddeutsche Zeitung. Auch da habe ich große Kritik auch öffentlich daran geübt, zum Beispiel. Aber das Wichtige ist, glaube ich, dass man trotzdem im Journalismus immer vor Augen haben muss Alles, was man schreibt, muss richtig sein, muss nachprüfbar sein und muss auch mit Fakten unterliegt sein. #00:59:02-1#
Tobias Wildner: Also zum Abschluss würde ich mal noch ein bisschen den Themen das Thema schwenken. Sie sind ja auch als Bildungsreferent tätig und halten Fachvorträge bei Parteien, Organisationen, Bildungseinrichtungen zu den Themen, über die wir jetzt auch schon gesprochen haben, im Laufe des Gesprächs. Was reizt Sie jetzt im Vergleich zum Journalismus an dieser Arbeit als Vortragsredner zu sein oder als Bildungsreferent? #00:59:24-6#
Jonas Miller: Sagen wir mal so Ich trenne das jetzt gar nicht so arg, denn die Themen, über die ich spreche, die sind ja relativ ähnlich. Also Es geht immer wieder um das Thema Rechtsextremismus, Rassismus, aber auch um dem Thema. Das Thema Nationalsozialistischer Untergrund zum Beispiel. Was ich einfach wahnsinnig spannend finde, ist, in verschiedene Schulen zum Beispiel zu gehen, dort auch mit Schülerinnen und Schülern über dieses Thema zu sprechen, um einfach auch mal irgendwie ein Spiegelbild zu haben oder gespiegelt zu bekommen, wie denn eigentlich jetzt gerade Schülerinnen und Schüler über dieses Thema denken. Ist das überhaupt ein Thema? Wie wird damit umgegangen? Oder. Ich bin ja auch bei Behörden und rede dort zum Thema institutioneller Rassismus, zum Beispiel wie passiert. Wie wird denn dort über das Thema NSU Ermittlungen zum Beispiel gesprochen? Hat sich da was bewegt seit der Enttarnung des NSU? Gibt es da eine Aufarbeitung? Das sind einfach so ganz spannende Dinge, die ich da immer mitnehmen. Und was mir auch immer wieder sehr viel Spaß bereitet und Freude bereitet, ist, dass ich einfach auch ganz viele Menschen dadurch kennenlerne und einfach auch ganz viele verschiedene Blickpunkte auf verschiedene Themen bekommen und auch immer wieder die Rückmeldung, wie zum Beispiel auch meine eigene Arbeit dann irgendwie wertgeschätzt oder kritisiert wird. Und das finde ich wie gesagt wahnsinnig spannend und das gehört auch zu einem so einem ganz normalen Austausch. Ich meine, wenn man sich nur in dieser Journalismus Bubble bewegt quasi und nur guckt, was zum Beispiel auf meinem Lieblingsmedium Twitter passiert und wie da über irgendwelche Dinge diskutiert wird oder was da gerade in den in den Trends ist. Dann ist es auch mal ganz gut, wenn man auch außerhalb von so einer Medien bubble auch eine Rückmeldung bekommt, ob das tatsächlich auch eine Relevanz hat oder wie das ist. Und das kann man natürlich dann auch wieder mit in die eigene Arbeit nehmen. Wenn man zum Beispiel dann überlegt, welche, welche Beiträge wir jetzt in der kommenden Zeit machen wollen, wie wir das gewichten. Das ist, glaube ich, ganz gut, wenn man auch so eine Rückmeldung hat aus verschiedenen Teilen der Gesellschaft. #01:01:25-3#
Tobias Wildner: Ganz klar auch so ein Korrektiv für sich selber. Praktisch noch mal. Also ja, immer spannend bei Bildungsveranstaltungen in Wien erreicht man damit oft. Gerade bei Vorträgen kommen dann die, die sich ohnehin mit dem Thema beschäftigen Wie erreicht man in Anführungszeichen die richtigen? Können Sie sich da an so ein Bildungsformat erinnern, wo Sie gesagt haben oder das Gefühl hatten, Ja, da war jetzt wirkliche Diskussion da, da gab es eine echte Auseinandersetzung, da lassen sich Leute aufeinander ein mit ihren unterschiedlichen Positionen. #01:01:52-9#
Jonas Miller: Also ich meine, das hat man immer, wenn es. Es wird ja immer spannend, wenn kontroverse Meinungen diskutiert werden. Ich meine ein Podium, wo fünf Leute sitzen, die alle dieselbe Meinung und dieselbe Auffassung ist. #01:02:03-6#
Tobias Wildner: Langweilig. #01:02:04-0#
Jonas Miller: Spektakulär, sage ich mal, Von dem her fand ich das mal ganz spannend. Ich habe mal eine Podiumsdiskussion moderiert, also kein Diskutant, sondern habe moderiert. Da war dann der ehemalige Innenminister Günther Beckstein da, da war jemand von der Kriminalpolizei da, der die Bosporus zum Thema NSU auch ermittelt haben, war anwesend und dann war ein Rechtsanwalt da, der Nebenkläger war im NSU Prozess und da die verschiedenen Sichtweisen aufeinander prallen zu sehen. Bzw das auch in meiner Funktion als Moderator natürlich herauszukitzeln aus den Leuten. Das fand ich schon sehr spannend. Und da hat man auch gemerkt, das war im Dokuzentrum die Veranstaltung, die war sehr gut besucht, dass da auch einfach viel Diskurs, Wille da ist, dass da viel Diskussionen entstanden sind, auch aus dieser ganzen Geschichte heraus, und dass man vielleicht auch versucht da oder das ist da ja quasi auch ein Herangehen war, andere Positionen mal nachvollziehen zu können. Das fand ich ganz spannend und das freut mich natürlich immer, wenn es solche Veranstaltungen sind, wo man nicht ganz oder wo nicht alle Leute im Publikum und auf dem Podium dieselbe Meinung haben. Also kritische Veranstaltungen finde ich immer, finde ich immer spannend und scheue die überhaupt nicht, weil das, wie gesagt, macht ja auch irgendwie so ein bisschen was was aus. Und vor allem, wenn es dann darum geht, dass da Leute aus der Politik dabei sind, die wir als Journalisten und Journalisten natürlich auch immer wieder kritisieren bzw kritisch beäugen, dann ist das, glaube ich, mal ganz, ganz interessant. #01:03:36-3#
Tobias Wildner: Wir sind ja am Bildungszentrum und da darf natürlich am Ende die Frage nicht fehlen Was würden Sie denn selber gerne lernen? #01:03:43-6#
Jonas Miller: Gerne lernen? #01:03:45-1#
Tobias Wildner: Ja, letztendlich, wenn ich es mir so überlege, Ich glaube, ich bin tatsächlich vielseitig interessiert und merke aber immer, ich stoße an meine eigenen Grenzen, zum Beispiel im Zeitmanagement. Aber was ich wirklich gern mal machen würde, ist so Segeln lernen oder fliegen lernen. Das sind jetzt so Träume, die ich habe, irgendwie in eine ganz, ganz weiter Ferne, sage ich mal, weil das, weil ich auch die Zeit dafür einfach gar nicht aufbringen kann und Aber das würde ich auf jeden Fall auch sehr gerne mal machen, irgendwann vielleicht mal mich da Ja weiterzubilden, da zu lernen, wie das funktioniert, weil mir das glaube ich schon auch Spaß machen würde und ansonsten, was ich auch gerne machen würde. Ich würde gerne sehr viele Sprachen sprechen und lernen, aber ich glaube, das wollen sehr viele Leute. Und ja, da fehlt mir, fehlt mir die Zeit aber dann auch oftmals, zum Beispiel nach einem sehr langen und stressigen Tag fehlt mir dann auch die Muße und dann schalte ich dann doch irgendwie eher ab, anstatt mich da weiterzubilden in dieser Richtung. #01:04:57-2#
Jonas Miller: Mit dem Segel Kurs kann man natürlich nicht dienen, aber mit den Sprachen, das könnte eventuell was werden. Da können wir uns dann wann anders noch mal drüber unterhalten. Also ganz herzlichen Dank für diese gute Stunde, die Sie sich Zeit genommen haben, Herr Müller. Das war wirklich ein sehr spannendes Gespräch und ein sehr schöner Einblick auch in Ihr Arbeiten und in Ihr Tun. Ich wünsche Ihnen, dass Sie noch möglichst lang so ein dickes Fell haben und vielleicht auch, dass wir uns bei einer Reihe am Bildungszentrum mal wiedersehen und eben in diesen kritischen Dialog kommen, den Sie gerade vorhin beschrieben haben. Würde mich sehr freuen. Vielen Dank noch mal! #01:05:32-1#
Tobias Wildner: Ja, vielen Dank für die, für die Einladung und auch für die Gesprächsbereitschaft. Und genau. Ich hoffe auch, dass wir uns dann einfach mal baldmöglichst wieder sehen können und auch vielleicht mal wieder in Präsenz, weil diese ganzen Onlineveranstaltungen und virtuellen Diskurse, die machen schon auch Spaß. Ist schon auch aufregend, aber ich bin dann doch eher ein Fan und Freund von Präsenzveranstaltungen. Also vielen Dank für die Einladung. #01:05:56-2#
Jonas Miller: So machen wir das. Danke auch. Tschüss. #01:05:58-5#
Tobias Wildner: Tschüss. #01:05:59-2#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Im Gespräch verrät der Journalist, wie er in der rechten Szene recherchiert, warum der NSU längst nicht abgeschlossen ist und was die Anti-Corona-Demos so gefährlich macht
Jonas Miller ist Journalist aus Leidenschaft. Er schreibt unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und ZEIT Online und recherchiert dafür seit über 15 Jahren in der rechten Szene. “Das Wichtigste ist, dass man sich nicht einschüchtern lässt”, ist Jonas Miller überzeugt. Grund dafür hätte er durchaus. Denn als jemand, der AfD-Funktionäre zum Rücktritt zwingt, indem er sie mit der Verbreitung antisemitischer Verschwörungserzählungen in Chatgruppen konfrontiert, macht man sich nicht unbedingt Freunde. Als Kenner der rechten Szene insbesondere in Nordbayern beobachtete Jonas Miller von Beginn an auch die Aufarbeitung der NSU-Morde. Ganz klar sei, so Miller, dass der NSU in Gänze nicht aufgearbeitet wurde. Das Netzwerk dahinter gäbe es weiterhin. “Die Gefahr, die von Rechtsextremen ausgeht, die ist natürlich omnipräsent.” Auch in rechtsextremen und rassistischen Tendenzen in Polizei und staatlichen Behörden sieht er ein Problem, dass man keinesfalls ignorieren sollte. Nicht überrascht hat ihn, dass das Thema Rechtsextremismus von Anfang an auch bei den Anti-Corona-Demos eine Rolle spielte. “Die Leute, die ich dort getroffen habe, kenne ich aus der rechten und rechtspopulistischen Szene.” Dass viele Menschen sich nicht mehr über die klassischen Medien informierten, sei eine große Herausforderung für den Journalismus, den er in einem starken Wandel sieht. Für Jonas Miller jedoch kein Grund für Selbstmitleid. Umso wichtiger sei es für die seriösen Medien, auch auf nicht-linearen Programm und Plattformen wie YouTube oder TikTok präsent zu sein “und dadurch zu punkten, dass sie einordnen können und dass ein Faktencheck stattfindet, um journalistische Grundsätze zu vermitteln.”
Weitere Informationen:
- Alles von und über Jonas Miller findet sich auf seiner Webseite
- Am Bildungszentrum konnte man Jonas Miller als Referent im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Der NSU in Franken – viele offene Fragen“ erleben.
- Ein Preprint der erwähnten Studie “Die Verengung der Welt. Zur medialen Konstruktion Deutschlands unter Covid-19 anhand der Formate ARD Extra - Die Coronalage und ZDF Spezial” von den Literatur- und Medienwissenschaftlern Dennis Gräf und Martin Hennig ist auf researchgate.net verfügbar.
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Aufgenommen am: Dienstag, 24.November 2020
Veröffentlicht am: Donnerstag, 3. Dezember 2020
Moderation: Tobias Wildner
Im Gespräch: Jonas Miller
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Jede Woche, immer donnerstags, veröffentlichen wir ein neues Gespräch.
Wen sollen wir noch befragen - haben Sie Ideen und Anregungen? Oder möchten Sie Ihre eigenen „Glücksmomente“ (manchmal am Ende des Interviews zu hören) an uns schicken? Schreiben Sie uns an!
Foto: BR