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Tobias Burdukat, wie fühlten sich die 90er Jahre auf dem sächsischen Land an?

Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-9#

Katharina Mittenzwei: Hi, herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe der Kontaktaufnahme. Mein Name ist Katharina Mittenzwei und ich darf heute Tobias Burdukat gegenübersitzen. Hallo Tobias. #00:00:29-7#

Tobias Burdukat: Hallo Katharina. #00:00:31-0#

Katharina Mittenzwei: Schön, dass du da bist. Diesmal bei uns im Bildungszentrum am Gewerbemuseum splatz. Es ist auch eher was Besonderes für uns, hier in unseren Büros aufzunehmen. Tobias Ich freue mich sehr auf das Gespräch. Vorher würde ich einmal die Zeit nutzen und dich kurz vorstellen. Du kannst alles berichtigen, was ich falsch recherchiert habe. #00:00:46-9#

Tobias Burdukat: Ich bin gespannt. Ich freue mich immer grundsätzlich über meine Vorstellungen. #00:00:51-1#

Katharina Mittenzwei: Das setzt jetzt die Erwartung ganz hoch. Du bist geboren 1983 im sächsischen Grimma, durftest sehr idyllisch in der Nähe eines Waldes oder am Waldrand aufwachsen und bis dann mit Übertritt ins Gymnasium oder bist in Colditz aufgewachsen, Mitte der 90er und in den Nullerjahren. Und du schreibst, dass du in der Zeit, dass sich diese Zeit einfach sehr stark für den Rest geprägt hat, weil du dort das erste Mal mit Rechtsradikalität in Kontakt gekommen bist während deiner Schulzeit. Jetzt, heute großer Cut bist du Jugend Sozialarbeiter und Dozent an der Ohm, an der Technischen Hochschule in Nürnberg und du sagst Selbst, Zitat Anfang: "Wenn ich mich subkulturell verorten müsste, dann bin ich wahrscheinlich am ehesten ein Hardcore Kid der Refused Generation.", Zitat Ende. Kannst du das erklären? Was ist das? #00:01:40-6#

Tobias Burdukat: Refused ist eine Band, die sich Ende der 90er aufgelöst haben. An dem Moment, in dem Moment, wo sie eigentlich gerade durchgestartet sind. Und denen war das damals alles zu viel. Die wollten das nicht, weil das ist eigentlich nicht die Philosophie, die sich hinter Hardcore Punk verbirgt, dass wir kommerzielle Musik in großen Stadien und Hallen machen, sondern Hardcore Punk ist eine Musik von Leuten für Leute, die in kleinen Räumlichkeiten Konzerte besuchen. Und dazu gehört halt ein bisschen mehr als nur ein Konzerterlebnis zu konsumieren, sondern irgendwie gehört da auch alles mit dazu. Also da ist DIY, Do it yourself ist die große Überschrift über allen. Also das heißt Konzerte selber veranstalten, selber Plattenlabels haben, selber Fansigns Schreiben und und und und. Ja und um das musikalisch einzugrenzen das ist eine spezielle und eine spezielle Form von Hardcore, was Refused gemacht hat, hat einen Emo Touch, das ist noisig. Genau. #00:02:51-1#

Katharina Mittenzwei: Das heißt, wir sprechen jetzt zeitlich von Mitte der 90er bis Nullerjahre. Bist du denn da schon in dieser Jugendzeit in Kontakt gekommen zu Jugendsozialarbeit? Zu einer funktionierenden Sozialarbeiterstruktur? #00:03:04-5#

Tobias Burdukat: Erst später. Also ganz am Anfang, als ich angefangen habe, mich subkulturell zu verorten und angefangen habe die, da kommt man wieder auf die, auch auf die Musik also. Im Endeffekt hatte man damals die Wahl, entweder hört man die Nazi Mucke, die grottenschlecht war, oder man hört Skatepunk, 90er Jahre Punkrock, Deutschpunk. So was ich dann gehört habe, weil mich das irgendwie. Erstens hat mich das musikalisch mehr angesprochen, weil es halt auch qualitativ besser war und vor allen Dingen waren die Texte auch mehr, haben mein Innenleben mehr repräsentiert, weil ich eben kein Wut, keine Wut hatte auf Menschen mit Migrationshintergrund, weil es bei uns gar keine Menschen mit Migrationshintergrund gab. Deswegen hat sich mir auch damals immer nicht erschlossen, warum man denn auf die Leute wütend ist. Weil die waren real einfach nicht vorhanden. So, und aber darum ging es ja in den Texten und irgendwie war ich auch so aufgewachsen und geprägt, dass ich jetzt auch das ist in meiner Familie niemand den Nationalsozialismus irgendwie cool fand oder irgendwie gesagt hat, früher war alles besser, sondern das. Deswegen hatte sich das auch alles inhaltlich für mich nicht erschlossen. Bin ich da auch so ideologisch mit den damaligen Texten der Nazibands gar nicht konform gegangen. Dann hat mir die Musik nicht gefallen und somit war das dann tatsächlich. Es ist interessant, weil aus heutiger Perspektive hätte ich auch genauso gut Neonazi werden können. Also der es waren alle um einen rund herum, die so alt waren wie man selbst. Warte, war die Mehrheit. Sie wollten halt zu dem starken Neonazi Gruppen dazugehören. So in der. Also das wär ein leichtes gewesen oder so, aber ja, da ich auch immer viel zu viele Fragen hatte für die Neonazis, habe ich da auch nicht so richtig reingepasst und die wollten mich auch ehrlich gesagt nicht. Also ich war da nicht brutal oder irgendwie ja genug oder auch nicht cool genug, tatsächlich so, weil das war damals schon so, dass die Neonazi Cliquen die Coolen waren, die coolen Jungs. #00:05:29-6#

Katharina Mittenzwei: Die coolen Jungs mit Wut. #00:05:30-7#

Tobias Burdukat: Genau die coolen Jungs mit Wut und aber wir hatten ja auch Wut dann, je länger man damit auseinandergesetzt, sich auseinandergesetzt hat und je mehr man auch die Wut von den Neonazis in seinem Alter gespürt hat, körperlich und verbal hatte man ja auch da selber ist ja die Wut in einem selber immer größer geworden und das bringt einen dann wieder zurück zu der Musik. Weil das war dann Deutschpunk. Kann sich jeder was drunter vorstellen. So ein aber Hardcore und auch gerade speziell Refused das ist noch mal eine ganz andere Liga von auch Brutalität in der Musik, so muss man so ehrlich sagen. Und das hat mir damals geholfen, auch mit dem Frust, der in mir war, irgendwie auch umzugehen. So, na also, weil das war dann auch ein Ventil, Ob nun auf einem Konzert oder selber im Proberaum. Die Art von Musik zu machen, hat mir geholfen, selber damit klarzukommen, dass ich wütend bin und eben nicht rausgehe und andere verprügle, sondern diese Wut konnte sich quasi dann da entladen und so war das für mich. Und so ist es auch heute noch. Ich brauche nach wie vor Konzertbesuche, Ich brauch nach wie vor eine Regelmäßigkeit in den Bandproben, weil diese. Diese Frustration oder die Wut Es ist ja heute nicht besser geworden, wenn wir in unsere Gesellschaft gucken. Und tatsächlich hilft mir das dabei, mich da selber auch tatsächlich oder diese Wut, diese Aggression, diese ja zu verarbeiten. Und da das nach wie vor heute immer noch so dass mir, wenn ich meine Gitarre in der Hand habe, also meine Bassgitarre und im Proberaum stehe oder auf einer Bühne stehe oder auch auf einem Konzert bin, dass mir das hilft, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Mehr als alles andere da, das schafft nichts anderes. Bergsteigen, vielleicht Klettern, aber das ist nichts. Das ist nicht das Gleiche. Ne. #00:07:37-4#

Katharina Mittenzwei: Das kann auch nicht so plötzlich und unkompliziert passieren. Das muss man #00:07:40-6#

Tobias Burdukat: Genau das muss man dann planen. Da hängt ein ganz anderer Organisationsaufwand dahinter. Na da. Und das Ach ja, das ist nicht das gleiche, weil da muss man ja auch konzentriert sein, weil voll mit Adrenalin irgendein Lied spiele und ich verspiele mich, ist drauf geschissen. Wenn ich auf dem Berg halt voll Adrenalin den falschen Schritt mache, kann es mein Ende gewesen sein. So. #00:08:03-7#

Katharina Mittenzwei: Ja. Ja. Wenn wir jetzt noch mal einen Schritt zurückgehen in die 90er Jahre, das wird ja so im gesellschaftlichen Diskurs und zum Beispiel auch in der Literatur, als Baseballschlägerjahre bezeichnet. Du sprichst jetzt viel von Wut und auch von von rhetorischer Gewalt, aber sicherlich auch von körperlicher Gewalt. Oder hast du schon so eine sehr rohe Jugend und junges Erwachsensein, in dem man da groß wird. #00:08:25-7#

Tobias Burdukat: Wir haben alle Gewalterfahrungen gemacht, körperliche Gewalterfahrungen. Ich war auch mal eine längere Zeit im Krankenhaus nach einer nach einem Vorfall. Ja, also das war an der Tagesordnung und es ist die Frage, ob dieser Begriff Baseballschlägerjahre tatsächlich so glücklich gewählt ist und ob das so korrekt ist, weil der bringt so eine, der bringt so eine Konnotation da mit rein, weil unterm Strich hatten wir auch Baseballschläger. So ehrlich muss man, so ehrlich muss man sein. Es waren nicht nur die die Nazis, die Baseballschläger hatten, sondern wir hatten auch welche, um uns einfach auch zu verteidigen. Also das waren ganz, das war logisch, weil du warst in so einem permanenten, in so einem permanenten Selbstverteidigungsmodus und natürlich und es gibt Leute aus der damaligen Zeit und mir geht es manchmal auch noch so, ich hab's, denke ich, ganz gut unter Kontrolle mittlerweile. Aber tatsächlich ist das so, wenn man, wenn man abends alleine irgendwo lang läuft, hat man immer noch wie so eine Art Verfolgungswahn, dass man guckt okay, welches Auto fährt jetzt an mir vorbei Und das habe ich auch heute noch. Und es ist tatsächlich manchmal so, wenn es jetzt so eine, wenn so unstete Situation sind. Also in Großstädten geht das, aber in kleineren Städten, wo jetzt nachts gar nicht so viele Autos fahren und dann fahren dann plötzlich Autos mehrmals an einem vorbei. Wenn ich manchmal abends in Grimma, dann merke ich noch, wie ich mein Schlüsselbund präventiv schon in der Hand nehme, sodass ich quasi das halt in der Hand habe, falls irgendwas ist das, dass ich damit schnell reagieren kann und deswegen und das ist bei anderen Leuten noch krasser, also es gibt, ich kenne Leute, die gehen auch heute noch nicht ohne eine Waffe aus dem Haus, weil die das so gewohnt sind über all die Jahre, weil die früher solche Angst haben, dass die halt. Nun wird debattieren ja über Messerverbot und und und und. Also. Wir hatten wir auch. Also das ist und das ist auch finde ich in den Debatten manchmal schwierig, weil das hat uns eine gewisse Sicherheit gegeben, dass wir selber auch Waffen getragen haben damals. Und es ist wahr, gerade in den ländlichen Regionen, auch hier in Franken sehr ähnlich. Und in Sachsen, in den gerade in ländlichen Regionen war das ein normaler Umgang. Ja, also das war und das wird, wenn man das so als Baseballschlägerjahre beschreibt, will man ja etwas negatives ausdrücken, also dass quasi die Neonazis eben marodierend mit Baseballschlägern umhergezogen sind, was so war, aber wir, die eben ihr Feindbild halt waren als Punks und als Zecken und alternative Leute, weil man kann das tatsächlich so sagen es gab wenige Menschen mit Migrationshintergrund in Ostdeutschland, das heißt, wir waren die, wir waren halt so quasi das halbe Feindbild. Wir hatten aber genauso auch eben nur, um uns zu schützen, genau eben auch Waffen dabei, so ne. Und das wird, das wird vergessen in der Debatte. Und es wird auch vergessen, dass wirklich viele Leute, die so ja, das betrifft ja eine bestimmte, eine bestimmte Alterskohorte von Menschen, sagen wir mal Anfang, jetzt Anfang 40-jährige bis Ende 40-jährige, so die na die Altersaltersspanne, die betrifft das ja real und also da ist auch, finde ich immer, ich denk da wirklich in letzter Zeit viel drüber nach, dass da auch wie es uns damit geht, wie die Zeit damals war. Das ist viel zu wenig aufgearbeitet. Na und Viele Leute haben davon bleibende, bleibende Schäden einfach tatsächlich, ne wie eben diese Angst, dass manche Leute, die erzählen mir heute noch "Ich checke immer noch nachts, wenn ich irgendwo lang laufe in meinem Kopf. Ich merke mir jedes Nummernschild von jedem Auto, was an mir vorbei fährt." Ne, das ist tatsächlich auch ich bei uns in unserem Projekt, was wir in Grimma haben. Ich habe so eine Liste, schreibe ich mir, wenn ich ein Auto nicht kenne und das steht dort irgendwie in der Nähe von dem Gelände ich schreib mir die Nummernschilder auf. Das ist so und das sind so Ticks, die man da immer noch mitnimmt. Es völlig, das sind Leute, die parken dort, weil die dort spazieren gehen., völligst ne, so aber ne, das ist so, das ist so drin, dass man sich das dann aufschreibt. Das ist total krass. #00:13:26-0#

Katharina Mittenzwei: Was du so erzählst, veranlasst mich zu dem Gedanken, dass es ja gerade in solchen ruralen Gebieten und in Gebieten, wo die Rechtsradikalität und die Aggression, die Gewalt so hoch ist. Dringend notwendig ist, subkulturelle Projekte, Vereine zu installieren, Fördergelder locker zu machen, um so eine Art Vernetzung zu ermöglichen und sich gegenseitig so zu unterstützen, um die demokratischen Strukturen zu fördern. #00:13:54-5#

Tobias Burdukat: Das, was du gerade gesagt hast, ja, das liegt auf der Hand und es brauchts, aber wir merken immer mehr, dass das gar nicht mehr so einfach ist, sowas zu initiieren und vor allen Dingen auch am Leben zu erhalten, weil de facto über diese, über die lange Zeit und wir reden ja nicht nur von, sag ich mal, in den ländlichen Räumen. Ich meine in in Westdeutschland, in den ländlichen Räumen geht das noch halbwegs, weil da diese Migrationswellen von Leuten, die aus diesen ländlichen Gegenden wegziehen, noch nicht so häufig waren, wie das in Ostdeutschland der Fall war. Sondern hier hat das in ländlichen Räumen in Westdeutschland, dort beginnt das halt langsam auch, aber da haben so die ersten großen Wegzugs Wellen, wo so dann diese ländlichen Sozialstrukturen zusammengebrochen sind, das hat erst irgendwann in den Neunzigern quasi angefangen und die Folgen spürt man auch jetzt. Deswegen beginnt das dort auch. Aber gerade in Ostdeutschland muss man ja mitberücksichtigen, dass ja während der gesamten während der gesamten DDR Zeit Leute schon das Land verlassen haben und in eine in Größenordnungen ja, vor dem Bau der Mauer, das sind ja schon mal ganze Bevölkerungsteile, die sind ja einfach mal weggezogen, die waren einfach dann auch nicht mehr da. So, und das hat ja, das hat ja vor dem Zweiten Weltkrieg schon stattgefunden. Na so, und das heißt, das hat sich da über die Jahrzehnte, über die letzten 100 Jahre hat sich dort diese Bevölkerungsstruktur so fundamental verändert, dass quasi das schwierig ist, solche Projekte auf lange Sicht am Leben zu erhalten, weil eben die Leute fehlen. Das sind immer nur vereinzelte Menschen, die für solche alternative Projekte empfänglich sind heute und das sind weniger und die werden dann aber auch noch von Kommunen und von dem von der ganzen hegemonialen Struktur unter Druck gesetzt. Und irgendwann haben die dann meistens keinen Bock mehr und sagen okay, dann lebe ich lieber hier mein Leben in meinem Haus und wenn ich Kultur haben will, fahr ich halt in die Stadt. So, das passiert ganz oft, weil es zu wenige Leute sind, die eben solche Vereine und solche Projekte und vor allen Dingen subkulturelle Projekte in den ländlichen Gegenden über lange Zeit am Leben erhalten können, weil eben auch die irgendwann dir die Kraft, die die Kraft verlieren, das quasi zu initiieren. Deswegen ist das eine spannende Frage, weil, ich stelle mir die Frage auch permanent. Wie kriegt man das? Wie kriegt man das hin? Und ich sage, es ist nicht damit getan zu sagen, man installiert subkulturelle Angebote oder Vereine. Das funktioniert nicht. Gerade wenn man sich mit ländlichen Räumen auseinandersetzt, weiß man das, weil wenn da also bei uns ist es besonders extrem, wenn jemand quasi aus Leipzig nach nach Grimma kommt und dort irgendwie ein Projekt initiiert oder macht, der wird erstmal als Fremdkörper wahrgenommen. Der wird überhaupt nicht als Teil dieser Teil dieser ländlichen Gesellschaft wahrgenommen. Ich denke auch, dass ich viel von dem, was ich in den letzten Jahren gemacht habe, vor Ort nur machen konnte, weil ich eben von dort komme. Dadurch habe ich, ich habe dort eine Familie in beide Richtungen mütterlicherseits, väterlicherseits. Die haben auch Firmen, haben mal irgendwo gearbeitet. Das heißt, die sind Teil von, also ich bin automatisch Teil von etwas, ne, weil eben meine Familie auch schon Teil von von etwas war. Und das kann man so einfach nicht weg ignorieren. Das heißt Leute reden mit mir erstmal auf Grundlage, ne auf Grundlage ich gehöre halt irgendwie dazu, weil ich eben auch dort geboren bin. Ich habe quasi so eine. Ich habe von Haus aus schon erstmal eine Zugehörigkeit und das hat jemand, der quasi von. Also von einer von einer Stadt kommt,ne bei uns eben Leipzig und dann vor Ort was machen will, der hat das nicht automatisch, der hat der hat komplett andere Startvoraussetzungen, der hat es viel, viel schwerer. Deswegen ist das nur deswegen mit dem Installieren und wie kriegt man das hin? Das ist echt ein großes Fragezeichen. #00:18:35-0#

Katharina Mittenzwei: Und Du hast an dem Fragezeichen schon viel geknabbert und gearbeitet, weil du dieses Dorf der Jugend gegründet hast. Bzw. Es war ja wahrscheinlich partizipatives Projekt mit Jugendlichen von vor Ort. Hast da auch den taz Panter Preis gewonnen dafür. Gibt es das noch? Oder erzähl uns erstmal, wie kam es dazu, was ist das? #00:18:56-1#

Tobias Burdukat: Da muss man ein bisschen weiter ausholen. Also tatsächlich hängt das viel mit dem zusammen, was wir als Jugendliche gemacht haben. Also wir haben als Jugendliche dann, als wir dann auch in Kontakt gekommen sind mit Sozialarbeit und mit Jugendarbeit, was dann irgendwann passiert ist. Da waren wir dann aber auch schon älter. Da waren wir dann schon 17 oder so glaub ich, weil wir einen Proberaum gesucht hatten. Und da gab es bei uns quasi von der Kirche so ein Jugendhaus, wo wir zwischendurch mal proben konnten. Dort haben wir dann aber nicht lange geprobt, weil auch dieses Jugendhaus quasi das Modell der akzeptierten Jugendarbeit gefahren hat. Das heißt, wir hatten da unseren Proberaum drin und jedes Mal nach der Probe mussten wir durch 30 Faschos durch, was natürlich immer irgendwie zu Problemen geführt hat, so was überhaupt nicht funktioniert hat. Deswegen haben wir dann sind wir dann auch irgendwann wieder raus. Aber nichtsdestotrotz haben wir mit den Sozialarbeitern dort und auch mit anderen Sozialarbeiterinnen dann angefangen. Okay, was können wir denn irgendwie mal als alternative Angebote auch so machen und haben quasi dann ein Festival initiiert, ein kostenloses Festival, was es heute immer noch gibt. Das Crossover Festival in Grimma. Und die Idee von dem Festival war, ein Festival von Jugendlichen für Jugendliche durchzuführen. In dessen Folge haben wir dann auch 2016 den Verein gegründet, den es heute auch noch gibt, um das Festival auch formal durchführen zu können und nicht immer das über einen Träger der Sozialarbeit laufen lassen zu müssen. So, das war uns alles irgendwie ja machbar, aber umständlich. Machbar, aber umständlich. Tatsächlich ist das auch der Grund, warum ich soziale Arbeit studiert habe, weil auch da war das dann noch so, wir hatten dann zwar einen Verein, aber ich konnte auch als Vorstandsvorsitzender oder als Geschäftsführer dann von dem Verein als nicht studierter Sozialarbeiter nirgendwo trotzdem so richtig Fördergelder beantragen, weil das immer irgendwie ein Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin unterschreiben musste. Und da bin ich ehrlich Das hat mich genervt, dass ich mir Konzepte habe einfallen lassen, wie man Jugendkultur Arbeit machen kann oder Jugendsubkulturelle Angebote gestalten kann, die auch finanzieren kann. Und dann hatte ich das geschrieben und musste aber noch einen Sozialarbeiter oder eine Sozialarbeiterin finden, die ihre Unterschrift darunter setzt. Und tatsächlich war das der Grund, warum ich dann soziale Arbeit studiert habe, weil ich gesagt habe, ich will das selber unterschreiben. So und aus diesem Festival heraus war ja dann so, dass fand dann immer statt und irgendwann, ne ich habe dann soziale Arbeit studiert und habe was von den ganzen formalen, also ich hab vorher schon eine andere Ausbildung gemacht. Und hab halt auch kein Abitur, weil ich keinen Bock mehr hatte auf die Schule zu gehen. Da bin ich auch ehrlich, was auch schwierig ist dann nach wie vor noch. Wenn man jetzt als Dozent arbeitet, man hat gar kein Abitur, wenn man da weitermachen will. Promovieren will, ist alles mega umständlich. #00:21:57-8#

Katharina Mittenzwei: Aber durch eine Ausbildung ist es ja kein Problem dann. #00:21:59-4#

Tobias Burdukat: Genau. Ich hatte dann halt genügend. Ich konnte dann durch die Ausbildung und aber musste dann noch so eine Zulassungsprüfung machen. Das war schon mega kompliziert. Also damals, das ist heute besser geworden. Aber in Nuller Jahren war das alles noch mega umständlich und hatte dann studiert und hatte dann natürlich was von Was ist Jugendarbeit überhaupt und was ist soziale Arbeit? Und habe dann so ein bisschen was von den ganzen Konzepten gehört und dachte mir, na ja, das könnte man doch irgendwie auch ein bisschen anders zusammensetzen, weil so richtig das, was ich so an Jugendarbeit wahrgenommen habe, so, da gab es gute Sachen, aber irgendwie, so im Großen und Ganzen funktioniert das nicht, weil es waren dann schon. Es war dann Ende der Nullerjahre, ne, so 2010, 2011 und man merkte da schon, dass irgendwie die Jugendhäuser werden immer leerer, es war einfach nicht so attraktiv. Es war einfach nicht mehr attraktiv irgendwie, weil in den 90er Jahren war das noch anders. Diese Jugendclubs, die es in den 90er Jahren gab wo auch viel diese akzeptierte Jugendarbeit gerade in Ostdeutschland durchgeführt wurde und hier in Westdeutschland auch die ganzen Jugendzentren, die es gab. Es gab ja keine vergleichbaren konsumierbaren Angebote, die ja dann aber immer mehr geworden sind. Das ist ja ein 90er Jahren und dann in Nullerjahren ist es ja extrem angestiegen, dass es quasi durch diese ganze Kommerzialisierung von den Jugendkultursparten, wie so ein Ausverkauf. Es wurden immer mehr Festivals, die wieder Schweinegeld kosten Und und und. Das wurde zu der Zeit tatsächlich immer mehr. Also, und das heißt, es gab dann quasi unheimliche, unheimlich viele Angebote, an denen Jugendliche, auch wenn sie Geld gekostet haben, aber teilnehmen konnten. Da war dann natürlich irgendwie der Jugendclub nicht mehr cool genug so, oder sie wurden zugemacht, weil dann halt plötzlich klar war, okay, da finden Faschos Konzerte statt. Und das heißt es. Und dann gab's 2010 auch eine riesige Kürzungswelle, wo dann auch nochmal viel gestrichen und zugemacht wurde. Damit wurde diese Jugendarbeitslandschaft mega ausgedünnt, gerade bei uns in Sachsen. Und das was es dann noch gab, war für Jugendliche nicht mehr attraktiv. Und für mich stellte sich die Frage okay, wie kriegt man denn das jetzt hin? Weil wir werden ja immer älter und wir veranstalten hier schon seit Jahren Festival, was aber von Jugendlichen für Jugendliche ist. Und je älter wir werden, desto weniger können wir ein Festival veranstalten, was von Jugendlichen für Jugendliche gedacht ist. Also war so die Überlegung okay, wie kriegt man denn so einen Generationenwechsel hin? Oder wie kann man so ein Festival von einer Generation junger Menschen auf die nächste übertragen? Und wie kann man überhaupt im ländlichen Raum noch darüber hinaus Angebote schaffen, die sich direkt an die jungen Menschen richten und die von jungen Menschen auch irgendwie gestaltet werden? Und eben diese Diversität, die man braucht, weil, ich meine, in einer Stadt wie Nürnberg, da findet jeder junge Mensch irgendwie seine seine Nische und das Angebot, was er jetzt genau haben will. Diese Nischen sind in einer Stadt wie Nürnberg und auch in einer Stadt wie Leipzig vorhanden. Auf dem Land aber nicht. Du und Aber es braucht, damit du die Jugendlichen erreichen kannst und die jungen Menschen brauchst diese Diversität. Und das ist das Problem, dass du quasi das gleiche Angebot, was du in einer Stadt wie Nürnberg für 50 Leute machst, machst du auf dem Land für fünf, wenn es gut kommt und es braucht aber dieses Angebot, weil ansonsten verlierst du die fünf. Und das war eben diese Idee, dass über über die Möglichkeit, dass die Jugendlichen sich untereinander unterstützen, irgendwie hinzubekommen. Und das bestimmt quasi diese Konzeption "Dorf der Jugend", das ist ja im Endeffekt ist es eine Konzeption, ne so und wir haben dann aber zufällig. Nun, am Anfang war alles auf das Festival ausgerichtet. Als ich die Arbeit angefangen 2011, 2012 sag ich mal auch planvoll mit mit der, die Konzeption war dann noch nicht fertig. Aber ich hatte so meine Eckpunkte Was will ich machen? Wie will ich die Jugendlichen erreichen und was sind so meine Ziele? Das heißt seit 2011, 2012 habe ich angefangen, strukturiert gemäß der Konzeption zu arbeiten. Und da war aber alles ausgerichtet auf das Festival, das am Ende quasi dieses Festival immer wieder stattfinden kann und das eben dieser Übergang passiert. Und dann haben wir aber zufällig 2013, 2014 hat sich zufällig die Möglichkeit ergeben, dass wir ein altes Fabrikareal dafür nutzen können. Und da hat das einen ganz anderen Drive genommen. Also ich würde sagen, ohne das Fabrikareal hätte das, hätte das nicht so funktioniert, wie es funktioniert hat und es hat funktioniert. Und jetzt auf deine Frage zurückzukommen, ob es das heute noch gibt. Das Fabrikareal gibt es noch. Aber durch Corona. Und. Ähm. Also, da muss man ja. Also, wir haben dann versucht, mit Jugendlichen eine Baugenehmigung zu bekommen für dieses Areal. Die haben wir auch bekommen und hatten damals den Deal, dass wir, wir machen eine Veranstaltung und die Jugendlichen organisieren eine Veranstaltung. Bei der Veranstaltung würden Betrag X eingenommen und mit jeder Veranstaltung, die stattfindet, wird im Bauabschnitt realisiert und in diese Zeit, also wir haben die 2018 bekommen und hatten uns drei Jahre Zeit genommen. So nun da sind wir bei 2021 und 2020 kam dann halt Corona, das heißt wir konnten diese Baumaßnahmen nicht realisieren. Dann kamen die ganzen Kontaktbeschränkungen, was natürlich junge Menschen besonders hart getroffen hat und auch uns hart getroffen hat, weil da waren wir dann in so einem Zwiespalt. Auf der einen Seite wollten wir den Jugendlichen trotzdem irgendwie die Möglichkeit geben, sie sich irgendwie zu begegnen. Auf der anderen Seite hattest du aber mit den ganzen Kontaktbeschränkungen zu kämpfen, was wirklich schwierig war für die Jugendarbeit und was wirklich hart war, weil da ist echt viel kaputt gegangen, weil wir eben nicht drauf vorbereitet waren, da schnell. Und ich sehe auch jetzt nicht, dass man sich auf solche Eventualitäten vorbereitet, nur weil da bräuchte es eigentlich irgendwie ganz andere Infra, ganz andere Social Media Infrastrukturen und da rede ich nicht von Jugendarbeit oder Sozialarbeit muss in den vorhandenen Netzwerken aktiv sein, sondern es braucht eigene Netzwerke. Aber dass wir die auf die Kette kriegen, dass das sehe ich nicht, weil das interessiert auch niemanden. Das will auch niemand finanzieren sollen. Aber um konkurrenzfähig zu bleiben auf diesem Markt, müsste das quasi, das müsste so ein Highend-Produkt sein wie TikTok oder Instagram. Das müsste genauso funktionieren. Und nur dann hat man eine Chance, dass man ein reales, sinnvolles Angebot in den sozialen Medien für Jugendliche macht. Aber auf diesen Plattformen mitzuspielen, das ist was anderes. Das ist, wie wenn ich Jugendarbeit machen will, und ich gehe dafür ständig irgendwie zum Fußballverein. Das ist Quatsch. Das hat nichts mit Jugendarbeit und sinnvoller Sozialarbeit zu tun. Und dadurch konnten wir den Bauantrag nicht realisieren. Wir hatten, die Jugendlichen hatten bei uns einen Skatepark noch nebenan gebaut. Da gab es dann natürlich auch Beschwerden. Die sind dann während Corona natürlich noch immenser geworden und das hat dann wirklich zu extrem vielen Konflikten geführt, sodass wir dann, 2021 wurde der Skatepark geräumt durch die Stadt und wir haben eine Nutzungsuntersagung für dieses Areal bekommen. Und jetzt haben wir dieses Jahr endlich wieder eine Baugenehmigung, die mega viel Geld gekostet hat. Also irrsinnig. Wir haben Gutachten erstellen lassen für. Also war also alles. Es ist alles Wahnsinn. Es läuft noch weiter. Weil dagegen sind Anwohner und auch die Stadt Grimma in Widerspruch gegangen. Ich habe ja jeden Tag irgendwie einen Anwaltstermin, telefonisch oder via Email und quasi weil wir kämpfen halt jetzt gegen die Widersprüche. Also die wollen halt einfach den Bau nicht und aber das hat alles dazu geführt, dass quasi sich dieses aufgebaute Netzwerk unter den Jugendlichen halt, weil wir nichts mehr machen konnten. Das hat sich halt. Also es waren mehrere Faktoren, aber dadurch hat sich das zerstreut und man kann heute sagen, eigentlich gibt es das Projekt "Dorf der Jugend" so in der Form, wie es mal war und wie es auch angedacht ist, nicht mehr. Es gibt noch das Fabrikareal und ich muss halt jetzt zusehen, wie wir eine Struktur hinbekommen, dass wir dieses Areal bewirtschaften und betreiben können, perspektivisch, weil ausbauen werden wir es jetzt auf jeden Fall, aber ich brauche irgendwie eine Struktur, dass wir es betreiben können. Und da kann ich aktuell tatsächlich nicht nur auf Jugendliche zurückgreifen, sondern ich muss versuchen, das gesamte Gemeinwesen hineinzustrahlen. Das ist schon schwer genug, weil wir sind natürlich in der Ja, wir sind halt Linksextremisten, aus welchen Gründen auch immer so, weil halt bei uns auf dem Klo "kacken ist wichtiger als Deutschland" steht, was die Jugendlichen da mal hingesprüht haben. Und ja, aber das kann man den Leuten bei uns vor Ort alles nicht mehr erklären. Genau. Wir haben genauso oft wie wir Antifa Graffitis haben, haben wir auch Anti Antifa Graffitis oder es sind irgendwo Hakenkreuze auf dem Gelände. Das ist natürlich, wenn wir eine Graffiti-Wall haben, wir die halt auch von den Leuten besprüht, mal so, mal so, dass wir natürlich ein Hakenkreuz wegmachen. Ist ja logisch. Nur so ich lasse ja nicht ein Hakenkreuz an unserer Graffiti-Wall stehen. Wenn da aber Antifa steht, dann stört mich das nicht. Das stört dann aber wiederum die Politik. Die Kommunalpolitik oder irgendwelche anderen Leute, die dann sagen das müsst ihr aber auch wegmachen, dann sagt mir dann gib mir die Farbe, dann mach ich das auch weg. Ist kein verfassungsfeindliches Symbol, Warum soll ich das wegmachen? Das ist völliger Nonsens. Aber auf dieser Ebene findet halt die die Diskussion und die Kommunikation statt. Und das macht es halt schwierig für uns, halt überhaupt ein stabiles Netzwerk aufzubauen, weil ja hinter unserem Projekt ja auch die Idee liegt, dass wir eben die Jugendarbeit, die wir vor Ort machen wollen, aus eigener Kraft heraus finanzieren können. Deswegen bin ich auch Dozent an der Hochschule, weil ich eben vor Ort kein ausreichendes Einkommen habe, um davon, davon zu leben. Und außerdem möchte ich auch gerne die Ideen zu den Projekten und zu sozialer Arbeit, die ich halt habe, auch gerne Studierenden weitervermitteln, damit sich solche Projekte vielleicht ja. Dass da vielleicht auch mal andere Projekte gibt, weil tatsächlich und ich bin viel unterwegs mit der Ausrichtung, so ein Projekt gibt's leider nicht nochmal und gab's auch so nicht noch mal, da könnte man am ehesten noch alte Projekte aus den 70er Jahren Jugendzentrums Bewegung vielleicht mit ins Feld führen, die vergleichbar sind. Aber aus heutiger Perspektive, wo der Fokus wirklich zu 100 % auf den jungen Menschen und ihren Ideen liegt. Weil das die Schwierigkeit daran ist, ja, dass das eben keine Jugendarbeit ist, die sich vorschreiben lässt, was die Jugendlichen wie machen. Wenn die Jugendlichen ein Problem mit irgendwelchen Kommunalpolitikern haben, dann ist das Ziel der Jugendarbeit die, die wir verfolgen, dass die auch das zu den Kommunalpolitikern sagen, dass die auch mal in den Stadtrat gehen und da mal richtig Palermo machen und nicht bloß irgendwie in Form von einem geschliffenen Jugendparlament dann mal "Ja, ich hab auch noch eine Frage und würde gerne noch was sagen" und Na aber haben dann tatsächlich kein Stimmrecht. Nee, die Idee, die wir in der Jugendarbeit sehen ist, wenn die Jugendlichen was ankotzt, dann sollen die das auch. Dann sollen die sich selber so organisieren, dass die Stadtgesellschaft das auch mitkriegt. Na, dass sie das merken, Weil das ist ja das Problem, mit dem wir uns ja aktuell herumschlagen, dass die Bedürfnisse und Wünsche von jungen Menschen, den Erwachsenen, der Politik und allen, in Teilen auch der sozialen Arbeit völlig egal sind. Das interessiert niemanden. #00:34:42-8#

Katharina Mittenzwei: Das bezieht sich natürlich nicht nur auf Sachsen, sondern #00:34:45-0#

Tobias Burdukat: Das bezieht sich, genau, so und deswegen kommt es ja zu solchen Ergebnissen, dass jetzt alle plötzlich erschrocken sind Oh, die jungen Menschen wählen eine AfD oder irgendwas. Ja oder was weiß ich, die Jugendlichen mit Migrationshintergrund radikalisieren sich in irgendwelche islamistischen Netzwerke na ja, ist doch klar. Das ist eine logische Folge von: Euch ist völlig egal, was, was in den jungen Menschen abgeht. Das. Das ist logische Konsequenz. Wenn sich das nicht ändert und das muss sich gesamtgesellschaftlich ändern. Das kann man nicht nur auf Sozialarbeit und Jugendarbeit abladen, sondern das betrifft auch alle Leute, die Kinder haben zu Hause, in ihren Haushalten. Wenn die ihren Kindern, die ihre Kinder, gerade wenn die dann Jugendliche sind, ständig nur unter Druck setzen und du musst, du musst und überhaupt das, was die Kids wollen, keine Rolle spielt. Dann wird das. Dann wird sich das nicht bessern. #00:35:40-2#

Katharina Mittenzwei: Wo liegt denn dein Hauptaugenmerk? Was Das, was die Arbeit gegen Rechtsradikalität anbelangt, auf der Prävention? Bei den ganz Jungen oder auf der Auseinandersetzung und Diskussion mit den Jugendlichen oder jungen Erwachsenen, die sich anfällig für die Radikalisierung zeigen? Oder gehst du eher auf Abschottung? Was hältst du für sinnvoll? Wie gehst du mit diesem Thema um? #00:36:03-2#

Tobias Burdukat: Das ist eine gute Frage. #00:36:04-2#

Katharina Mittenzwei: Abgrenzung. #00:36:05-0#

Tobias Burdukat: Da gibt es unterschiedliche. Da muss man. Da kann man eben nicht von den Jugendlichen sprechen, sondern hier muss man über bestimmte Phasen sprechen, die die Jugendlichen durchlaufen. So, die sind ja erstmal grundsätzlich Wenn die in die Pubertät kommen, sind die erstmal auf der Suche. Da haben die erstmal ganz viele Fragen und die spüren, dass irgendwas in unserer Gesellschaft, in unserer Welt irgendwie nicht hinhaut. Das heißt, es baut sich erst mal ein Frust auf, so ob der berechtigt ist oder nicht, das spielt überhaupt keine Rolle. Der baut sich auf. So, und dann muss ich das entladen. So, das ist alles überhaupt. Das hat überhaupt alles in bestimmten Lebensphasen überhaupt kein Fundament. Die können den Eintrag Nazis cool finden und den anderen Tag finden die der Antifa cool, ne? Die Antifa gibt's ja so auch nicht, oder was weiß ich, schwarzer Block oder was auch immer. Wie man das dann benennen möchte. Es ist teilweise völlig irrational. Das passiert aber in so der ersten Phase. Sagen wir mal, da kann es, da wechselt sich die die Meinung oder was sie jetzt sind. Das kann sich wechseln wie die Klamotten die sie tragen. So, das ist. Das hat überhaupt gar kein Fundament. Und da kann man quasi meiner Meinung nach mit Prävention und mit Aufklärungsarbeit viel machen, indem man sich einfach die Zeit nimmt und mit den Kids mal darüber spricht und denen sagt Ja, ich verstehe deine Wut, aber du musst ja deswegen nicht gleich Fascho werden so, weil denk doch mal an deinen Banknachbar aus Syrien, wie findet der denn das? Na, da kommt dann meistens. "Ja, stimmt, habe ich ja noch gar nicht drüber nachgedacht.", "Ach, naja, der macht bestimmt auch mit". Wenn du da noch ein bisschen weiter drüber nachdenkst, wirst du feststellen, der macht dann da nicht mit. Na also, das ist in dieser Altersspanne so und dann werden die aber älter und dann kristallisiert sich das eben raus, was bei uns damals eben schon das Ding war. Es gewinnt die stärkere und coolere Gruppe. Und da. Da wird es dann schon ganz schwierig. #00:38:19-3#

Katharina Mittenzwei: Was ist cool? #00:38:20-1#

Tobias Burdukat: Na genau. Was ist cool? Was ist gerade? Was liegt gerade obenauf? Was ist gerade? Was ist gerade so der, was erreicht gerade Jugendlicher und scheinbar. Und das ist. Das ist traurig und krass, dass das eben wieder so ist. Also, was ist 2018, 2019 war es cool, freitags bei Fridays for Future mitzulaufen. Na, das hat unheimlich gezogen. Aktuell ist es halt aus irgendwelchen Gründen, Die sind vielschichtig. Ich lass mich da nicht hinreißen, das mit irgendwas zu begründen, weil da, da sagen ganz viele Leute ganz viel dazu, aber das, das ist total individuell. Das kann man weder auf Social Media schieben, das kann man aber auch nicht einzig und allein auf die AfD oder die Identitäre Bewegung schieben oder was auch immer das. Das ist vielschichtig und das ist auch bei jedem anders, so, aber was, was Fakt ist? Es ist aus irgendwelchen Gründen eben gerade für eine gewisse Bevölkerungsgruppe cool, Neonazi zu sein und sogar so, dass er die 90er Jahre Neonazis cool sind, na das ist ja teilweise gerade hipp wieder, ne, in diesen in diesen Klamotten alles rumzurennen. Obwohl damals schon. Wenn man sich mit Punkrock auseinandersetzt und da und weiß auch wo Skinheads herkommen, dann hat das ja eigentlich nichts mit den Nazis zu tun. Aber aus irgendeinem Grund ist es gerade wieder cool, sich wie die 90er Neonazis anzuziehen und so rumzurennen. Das ist total, ne so und da ist es schwierig. Da muss man dann natürlich, da kann man in eine Konfrontationshaltung gehen und kann wirklich mit denen das auch mal ausdiskutieren. Aber da ist ja dann die Frage, wer macht denn das? Wer soll denn das machen? Na also, da sehe ich wenige Leute, die dazu in der Lage sind, auf die Kids zuzugehen und mit denen da auch so eine, ja das ist eine harte Diskussion. Und das, da kann man auch nicht mit, das ist ja dann immer das Problem, da kann man auch nicht mit Wohlfühlpädagogik ankommen, das funktioniert da nicht da, da muss auch sich in den ihrer Sprache, den ihre Sprachwelt reinbegeben werden. Ansonsten erreichst man die ja gar nicht. Na so und ich denke da, da könnte man was erreichen in dieser Konfrontation mit so einer Konfrontationslinie, dass man da wirklich mit denen in einen knallharten Diskurs geht. Aber keine Ahnung. Fallen mir ganz wenige Leute ein, wo ich sage, ja, die wären dazu in der Lage und könnten das, könnten das hinkriegen. Die wären dazu erstens von ihrem Wissen her in der Lage, da wirklich auf sämtliche Argumente irgendwie zu reagieren und das in den Kontext zu setzen, weil das darf ja auch dann nicht, das hätte ja nur viel mit Sprache zu tun. Ich kann denen das, Politikwissenschaftlich gibt es bestimmt sehr viele Leute, die denen das erklären können. Das verstehen die aber nicht, sondern ich muss das in den ihre Sprache übersetzen. Na so und muss den verdeutlichen, dass es eben um am aktuellen Jugendwort dran zu sein eben einer -1000 Aura ist was da gerade, was sie da gerade machen. Das muss ich den irgendwie erklären. Wenn ich da aber dazu nicht in der Lage bin, dann werden sie das auch nicht sehen wollen. Und dann danach kommt eigentlich eine Phase und das ist dann meistens kann man schon so sagen, wenn die dann so 18,19, 20 sind. Also wenn man es bis dahin nicht geschafft hat, mit denen in den Austausch zu gehen, dann kommt meistens so eine Phase, wo man dann eigentlich bloß noch hoffen kann. Es klingt jetzt krass, wenn ich mir das jetzt überlege, was ich jetzt sagen will, aber weil ich weiß, dass das bei einigen tatsächlich dann funktioniert hat. In meinem, in meiner Altersstruktur, kann man im Endeffekt bloß darauf hoffen, dass sie irgendwie eine Straftat begehen, die noch halbwegs glimpflich abläuft, wo sie niemanden töten oder irgendwie oder lebensgefährlich verletzen, sondern was weiß ich, Sachbeschädigung oder irgendwas dafür verurteilt werden und dann da irgendwie mal anfangen, darüber nachzudenken und dann vielleicht auch die Auflagen kriegen, dass sie sich mit Sozialarbeiterinnen auseinandersetzen müssen oder was auch immer. Weil wenn die immer da drinne sind, dann wird es echt schwer, weil das. Dieses Weltbild formt sich ja dann aus. Und jemand, der ein geschlossenes nationalsozialistisches und menschenfeindliches Weltbild hat, von was anderem zu überzeugen ist, es ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit. #00:43:15-2#

Katharina Mittenzwei: Zumal wenn das soziale Umfeld genau das auch verkörpert. Das möchte man natürlich nicht verlassen. Ganz klar. #00:43:20-6#

Tobias Burdukat: Das macht es dann echt schwer. Und das heißt, es bräuchte eigentlich. Eigentlich bräuchte es genau jetzt, weil wir haben nicht die Zeit. Es reden jetzt alle drüber, wir brauchen was für Jugendliche. Ja, ist schön, dass ihr jetzt alle drüber redet. Bevor es das aber mal gibt, ist einfach vorbei. Da ist durch. Da könnt ihr zehnmal eure Projekte machen. Die werden niemanden mehr erreichen, weil die sind dann, die sind einfach schon drüber. Na, weil, das müsste es jetzt geben und das gibt's jetzt nicht. Deswegen werden wir das jetzt nicht stoppen können. Und ich finde es halt gefährlich, wenn man sich dann, weil es verschwenden gerade übelst viele Leute Energie darauf. Wie können wir das denn jetzt stoppen, wo man auch mal so ehrlich sein muss und sagen Ihr könnt das jetzt nicht mehr stoppen, ihr könnt, wir können jetzt nur versuchen, dass es nicht noch mal nicht noch eine Alterskohorte in fünf Jahren erwischt. Hm, also das ist jetzt das wie sagt man da der der Drops ist gelutscht. #00:44:21-6#

Katharina Mittenzwei: Der Drops ist gelutscht. Jetzt bist du Dozent, hast Studierende vor dir, als Dozent, die soziale Arbeit studieren an der Ohm, die vermutlich auch schon viel Praxiserfahrung gesammelt haben, aber noch mehr sammeln werden in Zukunft. Kannst du denn da erkennen, dass es ähnliche Themen in der Nürnberger Region gibt, was bei Jugendsozialarbeit anbelangt? Oder gibt es eine Themenverschiebung, Schwerpunktverschiebung? #00:44:43-9#

Tobias Burdukat: Das ist eine spannende Frage. Es gibt ähnliche Themen bei Studierenden, die quasi sich auch in ländlichen Gegenden bewegen. Die Problemlagen hier in der Stadt sind teilweise nochmal andere, weil eben durch Das haben Städte so an sich. In den Städten werden Jugendliche sukzessive immer aus dem öffentlichen Raum vertrieben. Schon seit Jahren. Es werden Bauwerke geschaffen, die total jugendunfreundlich sind. Die auch. Die sind nicht nur jugendunfreundlich, sie sind auch für Menschen, für obdachlose Menschen total unfreundlich. Und also das, das nimmt zu. Und das nimmt bei uns und auch hier zu. Also das ist gleich, das quasi so eine Vertreibung aus dem öffentlichen, aus dem öffentlichen Raum stattfindet. Was ich aber merke, das ist schon hier in Nürnberg noch eine andere Struktur von Angeboten der Jugendarbeit und auch der Sozialarbeit im Allgemeinen gibt, als bei bei uns. Wobei es bei uns in Städten wie Leipzig auch halbwegs noch geht. So, aber in den ländlichen Gegenden ist es dunkel, finster. Und das ist hier, das nimmt hier zu. Und wenn man da nicht aufpasst, wird das hier auch irgendwann so sein, dass kaum noch Angebot in ländlichen Gegenden gibt. Da muss man. Da muss man wirklich aufpassen. Deswegen kann man schon sagen, die Themen sind ähnlich. Es ist teilweise vergleichbar, weil Jugend existiert ja nicht in der Existenz, im luftleeren Raum. Die Jugendlichen hier treiben die gleichen Fragen um wie, wie in Ostdeutschland. Was ich, was ich merke und auch, also hier positiv zum Beispiel sehe, dass es hier viel mehr Diversität unter den Studierenden gibt. Na also, quasi bei uns zum Beispiel. Wir haben in Ostdeutschland, gerade bei uns in Sachsen aktuell in den ländlichen Regionen das Problem, dass wir keine Sozialarbeiter, Sozialarbeiterinnen mit Migrationshintergrund finden. Die sind real nicht existent. Also ne gibt halt einfach keine Leute. Und wir haben aber Jugendliche mit Migrationshintergrund als unsere Zielgruppe. Und das ist aber echt schwierig als Deutscher. Ich meine, als Kartoffel. #00:47:13-0#

Katharina Mittenzwei: Kartoffel? #00:47:13-4#

Tobias Burdukat: Na ja ne, also. Ich sage mal, ich krieg es manchmal hin, dass die noch, also, dass die auf mich reagieren, aber wenn quasi und teilweise unsere Mitarbeiterinnen dann eine deutsche Frau das ist für die, gerade für die männlichen Jugendlichen ist das echt schwierig so dass das das sind die halt nicht gewohnt und da reagieren die auch nicht drauf und das ist ein reales Problem. Und da habe ich hier die Hoffnung, dass man da diese das man, dass man hier da die Möglichkeit hat, das abzufangen, weil tatsächlich, wenn ich bei uns in der Hochschule das Studieren genügend, die quasi einen Migrationshintergrund haben. Und da kann da auch eine gute Arbeit gemacht werden. So, das ist. Das ist auf jeden Fall, das unterscheidet Ost von West fundamental rein weg, die Struktur, wer wie Soziale Arbeit studiert, auch die Landschaft ist ja eine andere in Ost und Westdeutschland. Deswegen gibt es bei uns auch andere Probleme. Aber die Themen unter den Jugendlichen und auch die Themen, den sozialen Problemlagen, diesen eigentlich gleich. Na, es wird halt nur anders damit umgegangen. Das ist tatsächlich, das muss man so sagen. #00:48:27-4#

Katharina Mittenzwei: Aber und sag mal, gibt es so ein paar besondere Skills, die du deinen Studierenden mit gibst, die jetzt vielleicht nicht so klassisch auf dem Soz. Päd. Tablett liegen? #00:48:36-9#

Tobias Burdukat: Na, was mir immer wichtig ist und das liegt so ein bisschen daran, dass ich mein also bisher mein ganzes Arbeitsleben damit verbracht habe, quasi Konzeption und Methoden zu entwerfen und zu entwickeln. Die soziale Arbeit greift ja auf unendlich viele Methoden zurück, die man den Sozialarbeitstudierenden vermitteln kann, was auch viel passiert. Und ich fahre aber eher oder meiner. Meine Devise ist eher, ihnen zu vermitteln, wie sie solche Methoden entwickeln können, angepasst an die Bedürfnisse von Ihrer Zielgruppe, mit der Sie aktuell arbeiten. Weil eben sich das alles ständig und immer und immer wieder wandelt und die Methoden sich auch wandeln müssen. Und das sind Skills, wo ich, die ich während des Studiums nicht vermittelt bekommen habe und wo ich auch merke, dass das teilweise fehlt. So die Überlegungen wie können wir denn, wir haben jetzt ein Problem und wollen quasi uns dem Problem stellen. Wir kennen auch die Ursache. Warum ist das Problem so und warum entsteht dieses Problem überhaupt? Und dann aus diesen Sachen etwas zu entwerfen, was vielleicht bestenfalls auch gemeinsam mit der mit den Adressatinnen und den Klientinnen entworfen wird, Das ist was, wo ich sage, dass es so dass ist mir wichtig, dass ich denen das quasi mitgebe, weil, wenn es, also wenn man soziale Arbeit studiert und man beherrscht das, dann ist das völlig egal, mit welcher Zielgruppe ich arbeiten muss, ich kann dann, danach kann ich mit allen Zielgruppen arbeiten. Da muss ich mir nicht die Überlegung machen, mit wem will ich denn jetzt gerne arbeiten und wo fühl ich mich denn am sichersten. Das spielt dann überhaupt gar keine Rolle mehr, weil ich bin einfach in der Lage, angepasst an die Zielgruppe die Arbeit zu gestalten, zu entwickeln und weiterzuentwickeln und im Sinne quasi der Hilfe zur Selbsthilfe mit den Leuten gemeinsam etwas zu machen. Das ist so ein, ich glaube, das unterscheidet mich. Wobei ich jetzt ja, ich kann ja jetzt nicht, ich sitze ja nicht in anderen Vorlesungen, ich habe ja jetzt bloß als Referenz mein eigenes Studium damals, was jetzt in Sachsen stattgefunden hat. #00:51:06-1#

Katharina Mittenzwei: Jeder bringt seine eigene Geschichte mit, das ist ganz klar. Eine allerletzte Frage noch, weil du jetzt auch schon berichtet hast, so das Dorf der Jugend, das ist Corona zum Opfer gefallen und gewissen anderen Schwierigkeiten, die sich euch da so in den Weg gestellt haben. Aber trotzdem gibt es Möglichkeiten und und ihr oder du bist dabei was aufzubauen. Was wünschst du dir denn für das, für die nächste Zeit? #00:51:26-5#

Tobias Burdukat: Also ich wünsche mir für das große Ganze in Ost und Westdeutschland, weil ich nehme gerade so eine Aufregung war, dass jetzt alle ein bisschen alarmiert sind wegen den Wahlergebnissen und man nicht so richtig weiß.,wie geht man damit, wie geht man damit um? Was macht man jetzt? Und mehr oder weniger immer mehr, also es finden ganz viele so Vernetzungsveranstaltungen statt, was alles gut und wichtig ist. Aber da ist so ein Punkt, wo ich sage, in der Vergangenheit habe, ist es eher immer als einen Mehraufwand wahrgenommen, der dazu geführt hat, dass ich irgendwie auch den Bezug dazu verloren habe, mich darum zu kümmern. Wer macht denn jetzt die Barschicht am Wochenende, beim Konzert? Und ich denke, dass man und das ist mein Wunsch, dass man endlich dazu kommt, dass man solche hehren Ziele mal ein bisschen downgraded und jeder und jeder guckt okay, was kann ich real erstmal in meinem Umfeld machen? Und da muss ich nicht irgendwie von Vernetzungsveranstaltung zu Vernetzungsveranstaltung fahren, sondern erst mal gucken, okay, wie kann ich denn meine Mutti jetzt davon überzeugen, mal bei der KüFa mit zu kochen? Die noch nie, die weder mal ne KüFa besucht hat, noch überhaupt weiß im ersten Moment, was eine Küche für alle überhaupt ist. So, weil ich bin der Meinung, dass die Zeiten quasi härter werden. Und wenn wir in, in sozialen Projekten, völlig egal über welche Zielgruppe wir hier reden, das nicht hinbekommen, die Strukturen, die wir haben, auf stabile Netzwerke vor Ort zu stellen, dann dann nützen uns auch die großen Netzwerkveranstaltungen nichts, weil da kommt dann auch bloß keiner und kocht bei der Küche für alle, oder da kommt auch keiner und bringt drei Schlafsäcke vorbei, weil der Straßensozialarbeitsbus gerade für die obdachlosen Menschen. Schlafsäcke braucht da. Ne, und das wünsche ich mir, dass wir hier irgendwie ein wie ein Downgrade machen und von denen, ich nehme das ja in den sozialen Netzwerken auch wahr. Es gibt so unendlich viele Sachen, wo ich mir denke ja, was bringt das jetzt, was bringt das jetzt den Kids vor Ort? Also das ist ja schön und gut, irgendwelche medial aufgeblasenen Veranstaltungen, aber. Also ich bin da halt auch wirklich müde und ich wünsche mir einfach, dass da irgendwie ein Downgrade passiert und man sich auf die Arbeit vor Ort konzentriert. Die Jugendlichen, die halt auch um einen drumherum da sind. So also das wünsche ich mir. Und der Wunsch geht dann eben fließend über in was ich mir auch bei uns konkret wünsche, dass wir es irgendwie schaffen eben auch. Wir hatten am Wochenende einen total tollen Herbstmarkt, da waren Leute, da hätte ich nie damit gerechnet, dass die dieses mit Stickern und Graffiti zugetaggte Gelände betreten. Aber die waren da und die Leute gilt es irgendwie auch irgendwie für die Sache zu gewinnen, weil die da sind auch viele Leute dabei, die ein Problem damit haben, was in einer was in der AfD für eine Politik machen möchte. Und da kann man auch noch andere Parteien mit benennen, die ja eben gerade diese Politik machen. So, und das endet ja nicht bei der AfD, sind ja im Endeffekt nur die Spitze des Eisbergs. Solange das so ist, wünsche ich mir, dass wir das auf die Kette kriegen untereinander. Gedowngraded soziale Strukturen in unserem Umfeld im Sinne einer Gemeinwesenarbeit oder was auch immer. Dass wir einfach füreinander da sind. Weil es wird Leute um uns herum treffen, auf allen Ebenen. So, und wir werden uns perspektivisch Gedanken darum machen müssen, wie kriegen wir das alles irgendwie hin? Was weiß ich, genau solche Angebote Küche für alle, das kann nicht nur ein Angebot sein, was quasi in irgendwelchen AJZs stattfindet und von Politgruppen irgendwie veranstaltet wird. Das muss eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einem Nachbarschaftskollektiv sein, das wenigstens einmal in der Woche so ein gemeinschaftliches Kochen für alle in der Nachbarschaft gibt, wo auch die Leute mitkommen können, die sich das sonst nicht leisten können. Und dafür brauchst du aber Leute. Und deswegen wünsche ich mir für uns konkret, dass wir Leute finden, die vor Ort real praktische Unterstützungsleistungen machen und sich einfach mit mit einbringen. Wir müssen irgendwie wieder zusammen kommen. Also wir haben uns überall alle viel zu weit voneinander entfernt. Im Großen wie im Kleinen. #00:56:40-8#

Katharina Mittenzwei: Danke für das Gespräch. Tobias Burdukat. #00:56:43-7#

Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.

Tobias Burdukat über seine Jugend in den 90er Jahren in Sachsen, die Wut und warum wir alle mal für die „Küche für Alle“ kochen sollten.  

Als Sozialarbeiter aus dem sächsischen Grimma hätte Tobias Burdukat allen Grund zu klagen. Über fehlende kommunale Unterstützung der Jugendarbeit, über sich rechts-radikalisierend (junge) Menschen und das Fehlen von Menschen überhaupt. Von Resignation aber keine Spur. Sein Projekt „Dorf der Jugend“, 2016 mit dem taz Panter Preis ausgezeichnet, ist eine beispiellose Initiative gemeinwesenorientierter, emanzipatorischer Jugendarbeit, welche weit über die Grenzen Sachsen von sich reden machte. Aber wie geht er als Jugendsozialarbeiter um mit jungen Menschen, die Fremdenhass als Ventil ihrer Wut nehmen? Und wie beeinflusst ihn hier seine eigene Jugend in den 90ern und den Nullerjahren? Wie wird mensch eigentlich zum Nazi? In seiner Rolle als Dozent an der Technischen Hochschule Ohm ermutigt er, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und Jugendlichen zu Teilhabe zu empowern. Ein Gespräch über Wut und Musik, solidarische Umnutzung von leerstehenden Gebäuden und Nachbarschaft.

Foto: Beatrice Bauer

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Aufgenommen am: 21. Oktober 2025
Veröffentlicht am: Moderation: Katharina Mittenzwei
Im Gespräch: Tobias Burdukat

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