Hans Jürgen Prömel und Isa Jahnke, wie gründet man eine komplett neue Universität?

Ansage: KontaktAufnahme. Der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. #00:00:10-7#
Tobias Wildner: Ja, Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Folge von KontaktAufnahme, dem Podcast des Bildungszentrums Nürnberg. Mein Name ist Tobias Wildner, und ich sitze hier gegenüber von Herrn Professor Hans Jürgen Prömel, an der technischen Uni Nürnberg, eine Uni, die es eigentlich noch gar nicht gibt, oder vielleicht doch? Das werden wir gleich rausfinden. Hallo, Herr Prömel, schön, dass wir uns unterhalten können heute. #00:00:44-2#
Hans Jürgen Prömel: Hallo, freut mich, dass wir uns unterhalten können. #00:00:46-8#
Tobias Wildner: Ja, wir sind ja hier in der Ulmenstraße, jetzt noch in Interimsgebäuden, das heißt, das Gebäude der Uni ist eigentlich noch gar nicht da. Wie fühlt sich das denn an, der Präsident einer Uni zu sein, die es vielleicht noch gar nicht so richtig gibt? #00:01:00-0#
Hans Jürgen Prömel: Ist ein ungeheuer spannendes Gefühl. Ich war ja lange Jahre Präsident von Universitäten, die es gibt und die auch alt sind. Die Herausforderung, wirklich eine Universität neu zu gründen, und das von Anfang an, ist eine ungeheuer spannende Herausforderung. #00:01:15-4#
Tobias Wildner: Hat ja auch so ein bisschen Start-Up Feeling vielleicht hier, oder? #00:01:18-4#
Hans Jürgen Prömel: Es hat Start-Up-Feeling! Genau ein Start-Up, und man wundert sich, wenn man lange Präsident einer großen Universität war, was man alles tun muss, um eine neue Universität zu gründen. Also, man kommt in Ebenen rein, die man in einer großen Institution nie wahrgenommen hat. #00:01:33-0#
Tobias Wildner: Das, glaube ich. Da gibt es wahrscheinlich jede Menge, was man gar nicht auf dem Schirm hatte, vielleicht. #00:01:37-6#
Hans Jürgen Prömel: Also das am ersten Tag, an meinem ersten Dienstag. Der Kanzler und der Präsident gemeinsam den Briefkasten anschrauben müssen, damit der Post empfangen können, war für mich ein bleibendes Erlebnis. #00:01:47-4#
Tobias Wildner: Ja, das wird sicherlich in Erinnerung bleiben. Ja, also, vielleicht können sie ganz kurz noch sagen, wie der Fahrplan aussieht. Also, jetzt sind sie erst mal hier eingezogen. Das schaut ja, wenn man hier reinkommt, schon nach einer echten Uni aus. Es gibt Büroräume, es gibt auch Räume, habe ich gerade schon sehen dürfen, die für lernen auch irgendwie da sind, für Seminarbetrieb. Wir sitzen hier in einem Besprechungsraum mit eher Sofa-Möbeln, die auch diesen Start-Up-Hauch irgendwie haben. Wann starten denn so die ersten Studis, und wann und wo? Ist das hier? Ist das in den neuen Gebäuden? #00:02:19-6#
Hans Jürgen Prömel: Ich fange mal anders rum an. Das erste, das erste neue Gebäude, wird hoffentlich Ende Januar nächsten Jahres fertig werden, sodass wir das Sommersemester im nächsten Jahr schon auf dem Campus hoffen machen zu können, da wir im Wintersemester, in diesem Wintersemester beginnen wollen. Mit der ersten kleinen Kohorte werden wir die auch hier unterrichten. #00:02:41-9#
Tobias Wildner: Das ist praktisch die Testkohorte #00:02:43-4#
Hans Jürgen Prömel: Das ist die Test Kohorte. Es ist quasi einen Probedurchlauf, aber mit echten Studierenden, die auch einen wirklichen Abschluss hier machen können. In gewisser Weise sind wir im Moment dabei, eine Test-Kohorte durchlaufen zu lassen, weil wir einen ersten Master Studiengang, ein Modul Online machen. Herr Burgard, zusammen mit Frau Janke bietet einen solchen Studiengang an. Wir haben international 30 Studierende ausgewählt, und das machen sie online. Das ist dann die nullte Phase. Auch mit eigenen studierenden werden wir es in diesem Herbst beginnen. #00:03:17-7#
Tobias Wildner: Und da läuft bisher alles auch nach Plan. Oder gab es schon so ein paar Anpassungsnotwendigkeiten? Also gerade bei so einem riesigen Neubau ist es wahrscheinlich keine Überraschung, wenn da nicht alles so nach Plan läuft. #00:03:26-8#
Hans Jürgen Prömel: Also, es läuft alles nach Plan, aber man muss wöchentlich den Plan ändern. #00:03:29-7#
Tobias Wildner: Okay, haha. Also ganz im Sinne von agilem Vorgehen. #00:03:33-9#
Hans Jürgen Prömel: Ich glaube, man kann, wenn man so etwas neu gründet und aufbaut, nicht vorhersehen, wie die Dinge genau laufen. Man hat eine grobe Struktur, man hat Eckpunkte wie beispielsweise, dass im Wintersemester die erste kleine Kohorte unterrichtet werden soll. Es gibt einige andere Eckpunkte, aber wie man da hinkommt, ist extrem volatil, weil wir haben ja keine bestehenden Strukturen. Wir wissen ja auch nicht, welche Menschen wir wann gewinnen. Wir haben in den ersten zwei Jahren jetzt 55 Personen eingestellt, da haben wir noch Kanzler und Präsident sehr viele Dinge händisch selber getan. Aber wer dann kommt und wer dann etwas später kommt, das lässt sich nicht genau prognostizieren. Und wie Leute zusammen agieren, ist eine ungeheuer spannende Situation. Ich glaube, man muss das Ziel im Auge behalten, nur der Weg zum Ziel der ist volatil. #00:04:21-6#
Tobias Wildner: Und wenn ich ihnen jetzt so zuhöre, dann scheint ihnen das auch Spaß zu machen. #00:04:24-4#
Hans Jürgen Prömel: Das macht ihr Spaß. #00:04:25-1#
Tobias Wildner: Ja, ich würde jetzt am Anfang so ein bisschen auf die, auf den Aufbau mal schauen in dieser neuen Universität, die ja dann auch ein großes Gelände in Lichtenreuth, im Süden von Nürnberg, haben wird. Sie planen ja so mit, wenn ich richtig informiert bin, 5000 bis 6000 Studierenden, bis zu 240 Professuren, also schon auch ein richtiges Gewicht. #00:04:45-0#
Hans Jürgen Prömel: In der Endausbaustufe ist das vorgesehen, in dem Konzept. #00:04:48-4#
Tobias Wildner: Und jetzt haben wir natürlich in Nürnberg und in der Metropolregion Nürnberg noch ein paar andere Unis, die große FAU, wir haben die TH, die technische Hochschule, die ja schon auch gewisse Ähnlichkeiten, wahrscheinlich inhaltlicher Art, hat. Es gibt die TU München, die schon vom Namen her irgendwie ganz ähnlich ist und vom Aufbau wahrscheinlich auch nicht ganz entfernt. Eine Stunde Zugfahrt. Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum braucht jetzt Nürnberg oder warum braucht Bayern nochmal eine Uni? #00:05:17-0#
Hans Jürgen Prömel: Ich versuche mal, auf verschiedenen Ebenen zu Antworten. Sie hatten als erstes das Stichwort Nürnberg gebracht, das ist für Nürnberg natürlich eine fantastische Chance, dass wir den Bildungsraum Nürnberg signifikant stärken. In enger Zusammenarbeit mit den beiden von ihnen genannten Hochschulen, aber auch in enger Zusammenarbeit mit den außeruniversitären Forschungsinstitutionen, die wir haben. Das größte Frauenhofer Institut Deutschlands ist hier in Nürnberg, wir haben ein recht starkes Max Plank Institut, und es gibt einige andere Institutionen noch. Also, es wird eine signifikante Stärkung des Wissenschaftsraum Nürnberg sein und damit ein Stückchen weit auch ein Gegengewicht zu München, was sie gerade genannt haben. Also strategisch ist das, glaube ich, für die Region eine hervorragende Initiative. Wenn ich jetzt mal global politisch denke, haben wir die Chance wirklich in den neuen, in den alten Bundesländern ist das die erste Universitäts Neugründung seit über 40 Jahren. Also hier in Bayern war Passau die letzte, und wenn sie sich mal 40 Jahre zurückdenken, vielleicht können sie das nicht so gut, aber wenn man das mal gerade so fällt, dann sah die Welt ganz anders aus. Und gerade, wir werden ja eine technische Universität werden, gerade was die Technologie angeht. Also, ich habe mein eine Doktorarbeit in Anfang der 80 er Jahre als Mathematiker auf einer Schreibmaschine geschrieben, wo ich jedes Zeichen einzeln einsetzen musste, weil es gab noch keine PCs, so. Da sieht man, was sich in den letzten 40 Jahren alles getan hat. Da eine neue Universität zu gründen, die diesen Formen Rechnung trägt, ist, glaube ich, ein wunderbares Experiment, was auch eine Dynamik für die anderen Universitäten entwickeln wird, weil wir können Dinge ausprobieren. Wir sind ja quasi ein kleiner Experimentierkasten. Wir können neue Lehrstrukturen ausprobieren, wir brauchen nicht umzusteuern. Wir können wirklich neue Forschungsstrukturen ausprobieren. Und ich war lange Präsident einer großen technischen Unversität, und ich weiß, wie schwer es ist, ein neues Gebiet zu etablieren, weil eine Professorin einen Professor, den ich berufe, beruflich für 30 Jahre, und der wird 30 Jahre das tun, für was ich ihn berufen habe. Und ein neues Gebiet zu etablieren, heißt, man muss mühsam Dinge absparen oder muss auf Programme der Landesregierung warten, die zusätzliche Professuren bereitstellt, und dann kann man eine Universität ganz langsam umsteuern. Und hier haben wir wirklich die Möglichkeit, neue Strukturen zu schaffen in Lehre, in Forschung, aber auch in Administration und Verwaltung, und das wollen wir sehr konsequent denken, um damit ein Role-Model für andere Universitäten zu werden. #00:07:50-9#
Tobias Wildner: Zu werden, das heißt, wenn sie es Mittagessen gehen mit den Präsidenten der Th oder der FAU, dann können sie denen noch gut in die Augen schauen. Oder sind die neidisch? #00:07:57-3#
Hans Jürgen Prömel: Ob Sie neidisch sind, da müssten sie die Präsidenten der anderen beiden Universitäten fragen, weil wir haben natürlich schon Möglichkeiten, die man in einer bestehenden Universität nicht macht, nicht hat. Ich hoffe aber, dass es eine sehr gute Kooperation hier im Wissenschaftsraum Nürnberg geben wird, dass wir so ein bisschen Innovationsmotor sind, aber die anderen auch mitnehmen. Also ich möchte nicht in Konkurrenz, sondern in Kooperation, gerade mit den anderen Hochschulen hier in der Region, agieren. #00:08:21-9#
Tobias Wildner: Jetzt ist ja dieses Riesenprojekt, so kann man es, glaube ich, nennen, irgendwie mit 1,2 Milliarden auch ein großer Kostenfaktor. Wir leben in einer Zeit mit sehr vielen, auch wirtschaftlichen Krisen, wo man so schlagwortartig Corona, dann die Energiekrise, der Ukraine-Krieg jetzt... Ist es für sie auch Glück, dass die Entscheidung vor, ich weiß nicht, fünf, sieben Jahren fiel, diese Uni zu bauen. #00:08:48-8#
Hans Jürgen Prömel: Es kann sein, dass es Glück ist, weil die Entscheidung der Landesregierung ist von daher einfacher gewesen, als wenn sie das heute entscheiden müssten. Aber strategisch ist es doch klug, gerade in Umbruch, in Krisensituationen auf so etwas Neues zu setzen, damit man vernünftig aus Krisen rauskommt. Politisch ist natürlich schwieriger, Geld für etwas locker zu machen, wenn es eine Krise ist, und es muss gespart werden, und es muss Geld gegeben werden für Maßnahmen gegen Corona und für andere Dinge, Ost-West-Konflikt und was immer im Moment ansteht. Also von daher, ich glaube, es war ein guter Zeitpunkt, aber die Entscheidung ist, glaube ich, jetzt noch umso richtiger gewesen, als sie es damals war. #00:09:30-7#
Tobias Wildner: Hm, jetzt ist so ein Aufbau einer Uni von null Weg ist ja schon auch, wie sie schon erwähnt hatten, eine sehr einmalige Sache. Sie sind der Gründungspräsident. Wie kann man sich das vorstellen? Sitzt man dann erstmal da irgendwie vorm leeren Blatt Papier, oder inwiefern ist das von Anfang an auch Teamarbeit für Leute, die es nicht jeden Tag in der Uni aufbauen? Wie kann man sich das vorstellen? #00:09:52-5#
Hans Jürgen Prömel: Also ich glaube, gerade wenn man in ein System kommt, was es noch nicht gibt, ist es Teamarbeit. Wenn ich in einem großen System Präsident werde, kann ich von Anfang an delegieren, und ich habe für alle Aufgaben die Menschen, denen ich sagen kann, was sie tun müssen, und ich habe auch keine Chance, die Dinge selber zu tun. So hier muss man selber tun, und wenn man selber tun muss, dann muss man in einem Team agieren. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Element, dass wir uns als Team verstehen. Natürlich gibt's eine gewisse Hierarchie und gewisse Verantwortlichkeiten, aber das ist mir ganz wichtig, und ich möchte auch generell die Universität als Universität mit relativ flachen Hierarchien aufbauen, also nicht die klassischen Lehrstühle, die werden wir auch in den Departments nicht haben. Es gibt einen starken Department Share, und dann gibt es Professorinnen und Professoren, aber schon so banale Dinge wie Sekretariats-Kapazität wird gepoolt, und nicht jeder Professor hat in seinem Vorzimmer eine Sekretärin sitzen. Also, da versuchen wir doch, modernere Strukturen, wie sie sich auch in anderen Ländern finden, hier gleich von Anfang an einzuführen. #00:10:52-0#
Tobias Wildner: Ist diese Departmentstruktur auch das Merkmal der TU Nürnberg, dass sie jetzt von anderen Unis unterscheidet, oder gibt es da noch andere Dinge, wo sie sagen, da stechen wir hoffentlich auch dann raus? #00:11:02-5#
Hans Jürgen Prömel: Es ist ein kleines Element. Es wird ganz viele Dinge geben, wo wir uns unterscheiden. Wir wollen ganz viele Dinge anders machen. Natürlich, die Departmentstruktur, hatte ich gesagt, ist ein Unterscheidungsmerkmal, was man dann leicht sieht, weil man das von außen sieht. Aber wir werden beispielsweise auch in der, in der Lehre ganz anders agieren. Es wird bei uns kein Grundstudium mehr geben mit großen Vorlesungen. Wir bauen eine Universität, die nur einen Hörsaal haben wird, nämlich ein Audimax für Veranstaltungen. Der Rest wird anders konzipiert werden. Da werden sie ja dann, Frau Jahnke noch nach fragen, wie wir unser Grundstudium vorstellen. Das wird ein modulares System sein, wo die Studierenden, was den Vorlesungsbetrieb angeht, nach eigener Geschwindigkeit lernen können, und das werden wir denen mit gleichen technischen Hilfsmitteln zur Verfügung stellen. Ja, und wenn Sie Vorlesungen gehört haben, wissen sie selber, wenn sie in einer großen Vorlesung sind. Als Lehrender halte ich die Vorlesung vür etwa 30 Prozent der Studierenden. 20 Prozent langweilen sie sich, weil es viel zu langsam ist, und 50 Prozent kommen nicht mit, und da kann ich das Tempo variieren und ein anderes Segment wählen. So, da haben wir heute mit den technischen Möglichkeiten ganz andere Möglichkeiten, und wir werden dann das Gelernte in kleinen Gruppen einüben. Die Präsenz und die menschliche Interaktion ist etwas, was mir ganz wichtig ist, und das ist ja auch persönlichkeitsbildend. Aber da wird es eine einen deutlichen Unterschied geben, auch zu anderen Universitäten, was die Lehrformen angeht und was die Struktur der Universität angeht. #00:12:32-5#
Tobias Wildner: Auch die Interdisziplinarität spielt eine große Rolle, nicht wahr? #00:12:34-6#
Hans Jürgen Prömel: Die Interdisziplinarität ist ein weiteres Element. Wir sind eine technische Universität, aber wir haben uns vorgenommen, dass in jedem, und ich bleibe jetzt mal bei den Ingenieurwissenschaften, in jedem ingenieurwissenschaftlichen Studiengang 20 Prozent Naturwissenschaften sind. Das ist überall schon, weil ein Ingenieur ohne Mathematik und Physik geht nicht, aber 20 Prozent Geistes- und Sozialwissenschaften. Und zwar als integraler Bestandteil und nicht nur, als, was so ein bisschen aufgesetzt ist, so. Darum wird auch der zweite Share, wo ich jetzt hoffentlich am Ende der Berufungsverhandlungen bin, wird der Share von Liberal Arts in Sciences sein, und der zweite Masterstudiengang wird in dem Gebiet sein, damit wir von Anfang eine Balance herstellen und auch signalisieren, dass das ein wichtiges Element der Universität ist. Wie der Masterstudiengang aussehen wird, wird sich entscheiden, sobald der Share angenommen hat, weil der wird natürlich den ersten Masterstudiengang maßgeblich mitgestalten. Wir haben da Ideen, aber da kann ich ihnen vielleicht demnächst ein bisschen mehr zu erzählen, so, aber das ist so, da möchte ich eine Balance auch haben. Die Naturwissenschaften kommen dann etwas später, und die werden auch kommen, weil sie notwendig sind. Natürlich werden wir Mathematik, Physik, Chemie brauchen und irgendwann noch vielleicht Biologie brauchen, aber das kriegt man immer in der technischen Universität implantiert, und das hat eine eine Notwendigkeit, eine klare Daseinsberechtigung. Meine Sorge war, wenn wir die Geistes- und Sozialwissenschaften zu spät in die Universität holen, dann führen sie ein Schattendasein. #00:14:03-8#
Tobias Wildner: Spannender Ansatz! #00:14:05-4#
Hans Jürgen Prömel: Und ich möchte auch den Share aus diesem Department von Anfang an mit am Tisch haben bei strategischen Entscheidungen. Also das ist auch ein konstitutives Element in dieser Universität, dass die Rolle der Geisteswissenschaften vielleicht stärker ist, als sie zumindest an einigen anderen Universitäten ist. Und der Grund ist, glaube ich, offensichtlich, weil wir brauchen die Reflexion dessen, was die Ingenieure tun. Also die Gesellschaft muss sich frühzeitig einbringen können. Ingenieure können viele Probleme des täglichen Lebens lösen, und diese Lösungen werden von der Gesellschaft nicht akzeptiert. Es gibt da viele gute Beispiele. Natürlich kann man Atomkraftwerke bauen und die Energieversorgung sicherstellen. Sie wissen, dass das im Moment in diesem Lande nicht Akzeptanz findet, und so gibt es viele Dinge, wo ich sagen kann, die Ingenieure lösen das Problem, und die Bevölkerung steht davor und lacht. #00:14:53-1#
Tobias Wildner: Und das wäre dann auch im Prinzip der Punkt, wo sie sagen, wenn der Studierende, die Studierende hier den Bachelor macht, oder den Master, zeichnet sie oder ihn das dann auch aus, wenn man mit dem Abschluss in der Tasche rausgeht und sich auf den Job bewirbt. #00:15:07-5#
Hans Jürgen Prömel: Er muss, er muss diese Reflexionsebene durchlebt haben und sich mit den Argumenten auseinandergesetzt haben. Ja, das soll ein Element sein, was die Personen auszeichnen. #00:15:16-6#
Tobias Wildner: Jetzt ist ja gerade im technischen Bereich es auch gängig, dass man viel, also nicht nur im technischen Bereich, aber auch Drittmittelförderungen hat, dass man Unternehmenskooperationen hat. Es gibt ganze Lehrstühle, die von großen Konzernen finanziert werden, zum Teil. Wie sichern sie die Freiheit der Forschung an ihrer Universität vor diesem Hintergrund? Wie garantieren sie, dass das auch erhalten bleibt? Wie wichtig ist ihnen das? #00:15:42-3#
Tobias Wildner: Also, sie haben jetzt zwei Dinge genannt, die beide wichtig sind, und da muss man schauen, dass man sie ausbalanciert. Zum ersten, für eine technische Universität ist Kooperation mit der Industrie essenziell, weil sonst leben wir im Elfenbeinturm. Wir müssen wissen, welche Probleme es da gibt, und wir müssen die auch in Interaktion mit Industrieunternehmen lösen. Da werden wir vermutlich eher die theoretische Seite machen, die Industrie, die Anwendung. Aber da kann ich ihnen viele gute Beispiele nennen, wie so etwas wunderbar funktioniert, und das wird eine wichtige Rolle sein. So, wir werden nicht Service-Leister der Industrie werden. Wenn wir Projekte mit der Industrie machen, müssen die auf Augenhöhe und partnerschaftlich sein. So das muss man sicherstellen. Es gibt immer wieder, ich will nicht sagen Versuche aber doch. Manchmal hätte die Industrie gerne, dass Universitäten oder Hochschulen verlängerte Werkbänke werden, gewisse Dinge auslagern. Ich glaube, da muss man mit Augenmaß darauf achten, dass das nicht passiert. Wir sind eine wissenschaftliche Institution, und Wissenschaft kann man mit der Industrie gut machen, werden auch einen theoretischen Teil haben, der vielleicht nicht diese Anknüpfungspunkte hat, aber es wird bei der Technologie auch den praktischen Teil sein, wo wir Dinge mit der Industrie machen, und das wird verschiedene Elemente haben. Wir werden beispielsweise auch Dinge wie Ausgründungen oder so fördern, und das ist auch eine ganz natürliche Brücke zu Anwendungen und Dingen, die in die Industrie rein reichen. Also das ist Ausgründungen, ist für eine technische Universität auch ein wichtiges Element. #00:17:15-0#
Tobias Wildner: Ja, Sie sprechen da jetzt auch ein bisschen den Kontext an, von so einer Universität. Die ist ja jetzt nicht im luftleeren Raum. Die steht in Nürnberg, in der Metropolregion. Wie ist ihr Blick da drauf, wie so eine Universität gerade eine neue Universität, so eine Region wie Nürnberg prägen kann? Auch also, wo gibt's da Anknüpfungspunkte in die Stadtgesellschaft? Wie nehmen Bürgerinnen und Bürger so eine Uni wahr? Irgendwie ist das, was, was für sie wichtig ist, wo sie drauf schauen oder das ist. #00:17:43-4#
Hans Jürgen Prömel: Das ist für mich sehr wichtig, weil wir sind eine Universität in Nürnberg. Wir wollen eine internationale Universität werden. Wir werden ja auch eine einsprachige Universität sein, aber man braucht, man braucht Wurzeln und Flügel, und die Wurzeln sind in Nürnberg, und dazu stehen wir auch, und im Moment ist meine Wahrnehmung, werden wir von der Stadtgesellschaft sehr positiv wahrgenommen. Also wo immer ich Menschen begegne, und das mache ich auch teilweise sehr bewusst und gehe auch in Gremien in der Stadt rein, werden wir sehr positiv wahrgenommen mit einer hohen Erwartungshaltung. Also, ich habe den Eindruck, Nürnberg ist stolz und erwartet etwas von uns. Wir machen Führungen über den Campus, wir versuchen, die Menschen mitzunehmen, und das ist mir ein wichtiges Anliegen, und wir sind eine Universität dieser Stadt, und ich finde es großartig, wenn die Bürger dieser Stadt sich mit uns identifizieren. #00:18:30-8#
Tobias Wildner: Jetzt gibt's ja auch viele, gerade in Nürnberg auch viele, zivilgesellschaftliche Gruppen, Vereine, die auch zum Teil wissenschaftlich arbeiten, die die Stadt gestalten, gibt es ja auch kleinere Vereine, die im Bereich Nachhaltigkeit arbeiten, die versuchen, was aus der Stadt aufzumachen. Wo sehen sie da Anknüpfungspunkte von der Uni, von der Hochschule mit diesen Vereinen und Aktivitäten, die hier stattfinden? #00:18:54-0#
Tobias Wildner: Gut, man muss dann schauen, wo es wirklich Anknüpfungspunkte gibt und wo es nur von Seiten der Vereine Informationsbedarf gibt. Herr Zanner ist, glaube ich, unser Kanzler, ist morgen bei dem Bürgerverein Hasenbuck. Also da versuchen wir natürlich, die haben ein ein virulentes Interesse, das ist ihr Stadtteil, wo die Universität entsteht, und da muss man, mit den Bürgern, muss man reden, man muss sie mitnehmen. Das ist ja Teil ihrer Stadt, die sich da entwickelt, und das ist ganz wichtig. Und dann muss man schauen, wo es vielleicht Vereine, Initiativen gibt, wo man inhaltlich Anknüpfungspunkte findet. Wann hat man schon mal eine Möglichkeit? Ich meine, eine Universität zu gründen, ist das eine. Aber wir gründen eine Universität in einer Stadt, wir haben einen Campus, der zentral in einer Stadt ist, in einer Großstadt. Normalerweise, die letzten Universitätsgründungen, die ich kenne, waren am Stadtrand irgendwo. #00:20:10-9#
Tobias Wildner: Auf der grünen Wiese. #00:20:10-9#
Hans Jürgen Prömel: Auf der grünen Wiese, ja. Da hatte man da einen Campus und abends um 5 Uhr wird der Campus abgeschlossen, morgens um 9 Uhr geht es wieder los, oder so. Und da versuchen wir integraler Bestandteil der Stadt zu sein. Wir werden auch Studierendenwohnheime auf dem Campus bauen. Also wir möchten Teil der Stadt sein, da wird es keine Mauern geben, sondern da werden wir versuchen offen zu sein zur Stadt und die Stadtgesellschaft zu integrieren. #00:20:10-9#
Tobias Wildner: Ja, sie haben vorhin schon angesprochen, dass Reflexionsfähigkeit eine wichtige Sache ist, die sie vermitteln wollen und werden in den Studiengängen. Wir haben ja jetzt als große Herausforderung unserer Zeit den Klimawandel, die Klimakrise und die sozialökologischen Fragen, die damit einhergehen. Bei so einem Riesenprojekt muss man natürlich sich auch dazu verhalten, und ich hoffe, man will sich auch dazu verhalten. #00:20:35-9#
Hans Jürgen Prömel: Man wird sich dazu auch verhalten. #00:20:36-6#
Tobias Wildner: Welche Antworten gibt die technische Uni Nürnberg auf so eine große Frage in unserer Zeit? #00:20:41-1#
Hans Jürgen Prömel: Das hat ja jetzt zwei Ebenen. Das eine ist, wir bauen eine Universität und werden alle Möglichkeiten, die man uns gibt,... Wir sind nicht selber Bauherr. Von daher muss ich die Aussage unter Vorbehalt stellen.... Wir werden alles tun, was möglich ist, um einen klimaneutralen Campus zu bauen und einen Campus nach modernsten energetischen Überlegungen und Erkenntnissen. So. Da haben wir natürlich einen immensen komparativen Vorteil, weil wenn sich andere Universitäten angucken, was die investieren müssen, um die Gebäude zu sanieren und einigermaßen energetisch aufzuarbeiten, ist das immens. Da haben wir eine Chance, einen Campus zu bauen, der wirklich den modernen Anforderungen genügt. So. Jetzt hoffen wir mal, dass das alles so passiert, wie wir das wollen. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, um darauf hinzuwirken, weil das wäre peinlich für uns, wenn wir das nicht schaffen würden. So, das ist das eine. Das zweite ist dann, wie bilden wir Leute aus, und wie sensibilisieren wir Leute, was diese Themen angeht? Gut, es wird natürlich immer Teil des Studiums sein, dass man diese Dinge in die Studiengänge mit reinnimmt. Wie sehr wir dann Studiengänge haben werden, die das direkt thematisieren, kann ich ihnen noch nicht sagen. #00:21:51-6#
Tobias Wildner: Das wird sich noch ergeben? #00:21:52-8#
Hans Jürgen Prömel: Ich hatte ja ein bisschen gesagt, wir müssten im Moment, wir sind angefangen mit künstlicher Intelligenz und Robotik, aus zwei Gründen. Zum einen, weil es ein Thema ist, was im Moment ein Thema ist, was sehr zeitgemäß ist, wo sehr viel passiert. Aber es hat auch einen starken pragmatischen Grund, wenn sie sind hier in einer alten Schuhfabrik. Was für ingenieurwissenschaftlichen Studien kann man in einer alten Schuhfabrik machen? Wir können keine Biotechnologie machen oder Dinge, die große apparative Räumlichkeiten brauchen. Wir müssen etwas machen, was sehr niederschwellig ist bei der, beim Computer Science geht das, weil man kann eine eine Leitung zu einem Großrechner, sei es nach München, sei es nach Erlangen, machen, und dann brauchen wir noch ein bisschen Fläche, wo vielleicht ein Roboter laufen kann, aber das ist mit limitierten Möglichkeiten der Infrastruktur darstellbar. Gewisse Dinge können wir einfach im Moment nicht machen und müssen bis zwei 2028/29 warten, bis wir die ersten Gründungsgebäude haben. Dann haben wir viel größere Gestaltungsmöglichkeiten, welche Gebiete wir dann noch nehmen. Im Moment ist es so. Ich hatte ihnen gesagt, der nächste Masterstudiengang wird dann in den Geist- und Sozialwissenschaften, und ich bin sicher, dass mit den Geisteswissenschaften sein, mit Anknüpfungspunkten zu den Ingenieurwissenschaften. Also, wir werden darauf achten, dass jetzt nicht getrennt ist, sondern es muss ja für die ingenieurwissenschaftlichen Studierenden ein Interesse an dem jeweiligen Fach sein. Und wenn man da irgendwas abgedrehtes macht, dann macht das keinen Sinn. Aber das haben wir. Die Botschaft haben wir, glaube ich, schon gut vermittelt, dass es eine Überlappung geben muss, und dann fangen wir jetzt gerade an, und ich führe gerade erste Interviews, was der zweite Schwerpunkt in den Ingenieurwissenschaften sein wird. Wir werden dann dritten Masterstudiengang, dann vermutlich 25, 26 machen, in einem anderen ingenieurwissenschaftlichen Fach. Das wird nicht Computer Science sein. In Computer Science werden wir weiter aufbauen, vielleicht auch noch einen zweiten Master Track machen. Aber es wird dann ein weiteres Fach geben, und ich führe Expertengespräche jetzt im ersten halben Jahr diesen Jahres, um eine Ausrichtung zu identifizieren. Wir haben gewisse Ideen, aber es ist dann immer gut, wenn man mit Menschen spricht, die eine breite Übersicht haben, auch mit internationalen, um sich ein Bild zu machen. Was ist ein zukunftsträchtiges Thema? Und da werden wir hoffentlich Ende des Jahres eine Entscheidung fällen, was der zweite Schwerpunkt Bereich ist. Und die Idee ist dann immer, dass man für einen solchen Masterstudiengang brauche ich sechs bis sieben Professuren, vielleicht, um den breit abzudecken. Wir können ungefähr 35 Professuren besetzen, bis wir dann die Gründungsgebäude haben. Mehr Kapazität haben wir nicht, so, und damit kann ich drei Masterstudiengänge machen und soweit aufbauen, dass, sobald wir die Gründungsgebäude haben, wir den ersten Bachelorstudiengang machen können. Dazu war euch zwölf bis 15 Professuren. #00:24:49-5#
Tobias Wildner: Das hört sich an wie Tetris spielen. #00:24:50-9#
Hans Jürgen Prömel: Nein, man muss ja einen Plan haben. Ich habe ihnen gesagt, wir machen einen Plan und dann wird alles anders. Aber zunächst mal muss man den Plan haben. #00:24:58-9#
Tobias Wildner: Ja, es interessiert uns natürlich als Bildungszentrum auch ganz besonders das Thema lernen, und dafür gibt es ja hier im Gründungspräsidium eine Expertin, nämlich Professorin Isa Jahnke und wir schalten jetzt ganz kurz mal rüber zu Frau Jahnke. #00:25:12-6#
Tobias Wildner: Ja, Frau Jahnke, danke schön, dass sie sich die Zeit nehmen, mit uns über das Thema lernen zu sprechen und wie man sich das Lernen an der neuen technischen Uni in Nürnberg vorstellen kann. Herr Prömel hat gerade schon angesprochen, an der TU Nüberg wird es genau einen Hörsaal ergeben, nämlich den Audimax für große Veranstaltungen und sonst aber keinen. Das müssen sie uns jetzt erst mal erklären. #00:25:34-0#
Isa Jahnke: Sehr schön, vielen dank, dass ich hier sein darf. Ja, wir wollen tatsächlich keine Hörsäle, weil wir wollen weg von dem Bulimie-Lernen der Vorlesungen, wo man nur sitzt und zuhört, und da ist es dann dem Studenten oder der Studentin überlassen zu lernen. Und wir haben die letzten Jahre gibt es sehr viel lernwissenschaftliche Forschungserkenntnisse, wie man denn besser lernen unterstützen kann. Und in diesen Ergebnissen wissen wir, aktivierende Lernmethode für die Zuschauer unter uns oder Höherer unter uns, die ein bisschen Englisch sprechen, das heißt "Active Learning" im internationalen Bereich. Dieses Aktive Learning, diese aktivierenden Lernstrategien, die kann man eben nicht in diesen Hörsälen durchführen. Da braucht man erstens kleinere Gruppen, so 20, 25 Leute pro Raum, und man, man hat dann andere Möglichkeiten, mit den Studierenden in Interaktion zu treten. Und das kann man in Vorlesungsräumen weniger. Da hat man ja da 300 und oder je nach Größe auch 600 Leute sitzen, und dieses Zuhören von 90 Minuten, da wissen wir, da bleibt nichts hängen, und zeitgemäße Lehre sieht anders aus, nämlich insofern: Lernziele. Was sind die Lernziele, die wir mit diesem Kurs oder mit dieser Veranstaltung erreichen wollen, und dann diese Methoden daraufhin abstimmen, dass die Lernziele erreicht werden können, und da sind Vorlesungen und Hörsäle out, da passt das nicht mehr. #00:26:57-9#
Tobias Wildner: Ja, sehr spannend! Sie haben ja auch schon vor der Pandemie mitgedacht bei der Idee dieser Universität, das sehr vielfältige, auch digital unterstützte Formen des Lernens Teil des Lernens an der TU sein werden. Wie würden sie jetzt die letzten zwei, drei Jahre bewerten? War das jetzt für für das, was sie vorhaben, eher förderlich, weil man sagen könnte, naja, es gab dem ganzen Bereich Digitalem auch so ein gewissen Booster. Oder ist das eher ein Problem, dass jetzt alle nur noch denken, na ja, die Zoom-Lehre, das ist digitales Lernen, und das ist, wie wir müssen ja natürlich ein sehr verkürzter Begriff von von dem, was wir unter Lernen in der Digitalität verstehen. #00:27:38-0#
Isa Jahnke: Die Frage beantworte ich gerne mit zwei verschiedenen Richtungen. Also genau sie haben Recht. Ich fange mal von hinten an, dass jetzt viele das Zoom-Lernen erlebt haben, nach dem Motto, ich mach die ganzen Veranstaltungen einfach 90 Minuten, dann in Zoom. Das ist eben nur verkürztes Online Lernen. Das nennt man auch wieder so was wie "Emergency Remote Teaching". Also da hat man einfach auf die schnelle, weil die Pandemie da war auf die schnelle eine Lösung finden müssen. Echtes Online Lernen funktioniert aber anders in asynchronen Lernphasen, dass man zum Beispiel montags, Dienstag sich einloggt in das Lern-Management System, hat da die Lernziele hat, die Materialien, hat dann aber auch schon Aufgaben, die sie dann alleine oder gemeinsam mit anderen Studierenden lösen. Da reicht man dann was ein, vielleicht schon am Mittwoch der gleichen Woche oder am Donnerstag oder am Sonntag, je nachdem, wie das designed wurde von den Lehrenden. Man bekommt dann auch Feedback direkt am Montag, nämlich von den Lehrern, ob die Aufgabe in die richtige Richtung bearbeitet worden ist. Also sehr viel mehr Interaktion als nur das Zuhören in Zoom. Waren jetzt die zwei Jahre Hilfe frech? Naja, das kann ich gar nicht beantworten, denn, liebe Zuhörer, ich war ja zehn Jahre im Ausland, vier Jahre in Schweden, sechs Jahre in den USA, fast sieben Jahre und habe seit 2015 in einem Master Programm gelehrt, der teilweise oder fast komplett online war, und hab da schon alle Sachen der Forschung durchgeführt, denen wir in Deutschland hinterherhängen. Also für mich hat sich in den zwei Jahren überhaupt nichts geändert. Als Covid kam, haben wir den USA einfach so weitergemacht wie immer, weil wir den Online Kurs bereits schon hatten, und da hatten wir also gar kein Problem. Deswegen kann ich das mit Deutschland gar nicht so beurteilen, weil da war ich noch im Ausland, und ich bin erst im Juni zurückgekommen nach Nürnberg, dann im Januar 2022 angefangen. Und was ich aber so mitbekomme, ist, dass viele eben einfach schnell eine Lösung brauchten und wie sie sagen, dass Zoom ist da nicht das beste. Also, wir versuchen hier an der UTN tatsächlich was anderes zu machen, also den Vorteil den hatte diese Pandemie, die Leute sind offener, und Leute, die wir jetzt suchen, Professorinnen, Professoren, die kommen, und wir wollen Lehre anders machen. Da kann man dann schneller sagen, sie haben das vielleicht jetzt schon mal die letzten zwei Jahre gehört, sonst die meisten Leute aus anderen Fachbereichen, die das nicht wie ich auch in der Forschung gemacht haben, die haben möglicherweise gar keine Idee, was online lernen bedeutet. Aber so hat man halt schon mal eine Idee, allerdings auch den Nachteil, dass viele mit der falschen Vorstellung kommen, nach dem Motto, Prima, dann mache ich jetzt meine Vorlesung 90 Minuten in einem Podcast, und das Nee, das ist es nicht. Ja, wir haben kleinere Vorträge, auch 20 minütige Vorträge oder auch Podcast, aber eben keine 90 minütigen Vorlesungen mehr im Online Bereich, sondern wir werden das asynchron aufbereiten, dass man sehr viel mehr asynchron machen kann. Wir werden auch "Blended Learning"-Veranstaltungen haben, das heißt, man trifft sich weiterhin in Präsenz, aber diese Präsenz ist dann dafür da, dass man das, was man online gemacht hat, vertieft, miteinander in kleinen Gruppen diskutiert, vielleicht Lösungen erarbeitet. Wir haben jetzt gerade hier einen Prototyp Kurs entwickelt, ich glaube Herr Prömel hat es angedeutet, und in diesem Prototyp Kurs haben wir schon festgestellt mit den Lehrenden, mit denen wir das jetzt mal testen, also unter anderem unsere Professor Burgert, als auch seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die haben gemerkt, wie viel Aufwand das ist in der Online-Phase, dann auch regelmäßig Feedback zu geben. Weil wir möchten ja einmal die Woche dann auch jedem Student, Studentin Feedback zu ihrem Lernfortschritt geben, und dazu braucht man andere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man da nicht mehr sagen, man hat vier bis fünf Kurse oder Veranstaltungen, die man betreut, wie in der typischen Uni, sondern man hat da nur noch zwei Veranstaltungen im Semester, dass man aber die zwei, die man dann hat, sehr viel intensiver betreut, und somit stellen wir sicher, dass die Studierenden dann auch diese Lernziele erreichen können. Das heißt, wir haben einen höheren Arbeitsaufwand für diese online Phase und müssen dem gerecht werden mit einer Umstellung in dem organisatorischen Bereich. Dass man weniger Kurse hat als an üblichen Unis, aber dafür halt häufigeren Interaktionen mit den Studierenden. Und das ist die Herausforderung bei diesem Blended Learning. Was machen wir, damit die Onlinephase für Studierende super interessant ist, dass sie aber auch weiterhin zu uns zur Uni kommen wollen. Und was ist in dieser Präsenzphase dann so viel anders und besser, dass jeder auch gerne noch in die Präsenzphase kommt? Was ist der Mehrwert, und das wird die Herausforderung sein, und da bin ich ja auch gerade in Diskussionen mit unseren Professorinnen hier, was ist der Mehrwert dieser Präsenz, wenn man das vertieft oder ein klar ein Gruppen mit Lösungen erarbeitet oder vielleicht noch mal etwas durchdenken, dass man in der Onlinephase nicht verstanden hat? Da kann man dann als Campus Universität diesen Mehrwert haben für diese Blended Learning University, die wir gerne werden wollen. #00:32:16-9#
Tobias Wildner: Da werden die Professorinnen und Professoren natürlich auch eine ganze Menge Arbeit vor sich haben, da diese Motivation zu entfalten. #00:32:23-0#
Isa Jahnke: Absolut mehr Arbeit, und wir suchen Leute, die Lust haben, mit uns diese neuen Wege zu gehen. Ich habe das aus Schweden und den USA, diese zehn Jahre schon erlebt. Da ist das, also außerhalb Deutschlands ist das schon ein bisschen mehr Standard. Klar, jetzt habe ich in dem Bereich auch geforscht, und wenn man was forscht, dann ist man da auch anders motiviert was zu probieren. Aber natürlich ist es mehr Arbeit, aber da geben wir dann auch viel Unterstützung. Wir haben so ein "Digital LEAD Lab", das steht für "Learning Experience and Active Design", und da haben wir dann Leute, die wir ausbilden im Didaktikbereich, im Instructional Bereich, Learning Technology Bereich, die mit den Professorinnen sehr eng zusammenarbeiten, diese Kurse vorbereiten, iterativ diese Kurse testen, läuft die Technik, läuft die Didaktik? Passt das zu den Lernzielen? Haben die Leute hinterher mehr gelernt als vorher? Ist das nur Wissensabfrage, oder sind das tatsächlich vertiefte, kompetenzorientierte Lernziele, die dort ermöglicht werden? Also, welche Kompetenzen kann man in den einzelnen Kursen erarbeiten? Aber das wird tatsächlich in eins zu eins Coaching, in Workshops, in sehr vielen engen Zusammenarbeiten mit den Lehrenden zusammen erarbeitet. Erleichterung der Arbeit kann auch sein, dass, wenn man mal neue Kurse entwickeln will, dass man dafür Semesterwochenstunden angerechnet bekommen kann, damit man das den Einstieg erleichtert, weil diese Kurse, die man online macht, das dauert so ein, zweimal, meistens so im dritten Mal, dann läuft es wirklich rund. Aber die ersten Male, da ist immer was, was man sich überlegt hat, was aber eben nicht so klappt, was man in der Praxis erst merkt. Das merkt man vorher auch gar nicht, und dann muss man das zwei, drei mal machen, und beim dritten Mal läuft es dann relativ simpel in Routine. Aber wenn sich, wie in der Informatik, schnell die Inhalte ändern, muss man auch regelmäßig die Kurse wieder anpassen. #00:34:03-3#
Tobias Wildner: Jetzt haben sie ja die spannende Situation, dass sie in der Uni von null weg mitgestalten können, wo ja noch nicht mal die Gebäude stehen. Das ist ja wirklich ein völliges Norm eigentlich. Normalerweise hat man zumindest irgendeinen Bau, mit dem man zurechtkommen muss, beim gedanklichen Entwickeln von Lernszenarien. Sie können jetzt im Prinzip wahrscheinlich noch, so stelle ich mir das jetzt vor, noch mitreden, was die Raumgestaltung anbelangt. Wie schauen also solche zeitgemäßen Lernräume an der TU aus? Wie kann man sich das vorstellen? #00:34:34-6#
Hans Jürgen Prömel: Ja, schade, dass ich jetzt nichts teilen kann und Fotos zeigen kann. Ich habe jetzt vor kurzem auch, genau weil wir die Möglichkeiten haben, das zu gestalten, nochmal in meine internationale Community, auf Twitter, Facebook, Facebook nicht, da bin ich nicht mehr, LinkedIn, Instagram, als auch per E-Mail, Leute gefragt, schickt mir bitte Fotos von euren innovativen Unis. Also, wie sehen diese aktivierenden Lernstrategien, das heißt so "Active Learning Classrooms" im internationalen Bereich, wie sieht das bei euch aus? Da sammle ich gerne mal die Fotos, und da gibt es ganz tolle Beispiele! Eine Doktorandin von mir, die, als ich noch in Schweden war. Die hat zum Beispiel die Uni Wien verglichen, eine Uni in Schweden verglichen. Da waren, glaube ich, Frankfurt mit dabei, eine amerikanische Uni. Also von daher hatte ich da schon erste Ideen, wie Räume anders aussehen müssen. Ja, keine, wie muss es jetzt anders aussehen? Keine Hörsäle. Es müssten viele Stühle mit Rollen da sein, weil man braucht dann vielleicht manchmal so drei, vier Gruppen zusammen als Projektgruppe. Dann braucht man natürlich braucht man Technikausstattung, Tische, wo man dann Gruppenarbeit durchführen kann, aber auch natürlich hybride Möglichkeiten, wenn jemand mal krank ist, der dann hybrid sich zuschalten kann, neueste Technologien, natürlich Strom und W-Lan, aber ein sehr einladender Raum, der offen ist, hell, begrünt, wo man reinkommen will, sich wohl fühlt und etwas lernen möchte, gemeinsam mit den anderen und den Interaktionen mit den anderen sich weiterentwickeln will und seine Kompetenzen. Das heißt, wenn man so ein bisschen mal Active Learning Classroom googelt, bekommt man gute Fotos von der ganzen Welt, wie solche Räume aussehen können. Aber weg von diesen klassischen festen Stuhlreihen. Das ist klar, weil diese Stuhlreihe bedeutet, ich sitze da, ich bin nur der Konsument von Hören, ich höre da quasi nur zu. Ich muss nichts machen. Und diese Active Learning Classrooms sind schon vom Setting so angelegt, dass ich da anders sitze, dass ich die Möglichkeit habe, zu dritt an einem runden Tisch zu sitzen oder zu fünft, dass ich da einen Bildschirm habe, mit dem ich teilen kann. Der, der der Lehrende, ist vielleicht in der Mitte des Raumes und bewegt sich anders. Ich kann natürlich auch Vorträge dort in diesem, in diesen Räumen halten, aber es ist eben eher für diese Interaktion gedacht. Dann haben wir natürlich informelle Räume, wo ich einfach oder auch informelle Spaces, wo ich einfach mal zum Essen da sein kann, mit anderen Studenten oder Studentinnen und will mich mit denen zusammensetzen, und hab dann auch die Möglichkeit, mich auf dem Flur zusammenzusetzen und hab kleinere Projektarbeitsgruppenräume, kann als Student, als studentische Gruppe auch vielleicht einen kleineren Raum mal Mieten mit zwei, drei Leuten, wo ich jetzt gerade mal zusammensitzen möchte, weil ich ein Projekt bearbeite. Also, da gibt es verschiedene Einrichtungen, aber wir werden in der Regel kleinere Räume haben, und die, die sind flexibel ausgestattet, also dass das alles auch von den Farben her eher einladend ist, sich dahin zu setzen. Wir haben jetzt hier in der TU Nürnberg in dritten Stock tatsächlich mal einen so Raum eingerichtet. Das kann man sich gerne ansehen. Aber es gibt genügend andere Unis, die auch bereits schon auf dem Weg sind. Wie gesagt, ÜMIO hat da vor zehn Jahren angefangen. Ich weiß, als ich in Missouri war, in den USA, die haben in der Business School, hatten die auch diese Räume, die alten Hörsäle rausgerissen und diese Active Learning Classrooms ausgestaltet. Also, da gibt es mittlerweile schon mehrere Unis, oder die TU Dortmund hat jetzt dieses neue HyLeC und Maker-Space Bereich. Das ist ein ganz tolles Projekt, wo man hingehen kann. Da gibt es schon einige, die da auch jetzt was machen. Nur, wir machen es komplett für die gesamte Universität. Zumindestens versuchen wir, das von Anfang an so zu denken. #00:37:57-9#
Tobias Wildner: Herzlichen Dank für diesen Einblick in das zukünftige Lernen an der TU NÜrnberg. Wir wünschen natürlich weiterhin ganz viel Freude bei diesen sehr vielfältigen Aufgaben und sind gespannt, was dann da sich in den nächsten Jahren noch draus entwickelt. #00:38:11-1#
Isa Jahnke: Herzlichen Dank für die Einladung nochmal und tschüss, bis bald! #00:38:15-0#
Tobias Wildner: Dankeschön, und wir gehen zurück zu Herrn Prömel. #00:38:21-3#
Tobias Wildner: Jetzt haben wir einiges über die, das zukünftige Lehren und Lernen hier an der technischen Uni Nürnberg, wie es aussehen soll, erfahren. Am Bildungszentrum ist Lernen ein großes Thema, und wir sind eine großstädtische Volkshochschule. Deshalb jetzt erst mal die Frage auch nochmal an sie, Herr, wie ist denn ihr Blick auf die Institution der Volkshochschule? #00:38:41-2#
Hans Jürgen Prömel: Die Volkshochschule ist doch eine hervorragende Ergänzung zu den anderen Lehrinstitutionen, die wir in dieser Stadt, in diesem Land haben. Sie decken ein Segment ab, was eine Universität nicht abdecken kann und auch nicht abdecken will. Wir haben ein System in Deutschland, was spezialisiert ist. Jeder spielt seine Rolle, und die Rollen passen aus meiner Sicht recht gut zusammen. Manchmal gibt es so ein bisschen Reibungskonflikte. Ich sehe die nicht mit den Volkshochschulen. Hin und wieder gibt es was zwischen Universitäten und University of Applied Sciences, weil da die Rollenverteilung nicht ganz klar ist. Aber ansonsten haben wir in Deutschland eigentlich ein sehr gutes System der verschiedenen Bildungseinrichtungen, die sich gut ergänzen. #00:39:25-5#
Tobias Wildner: Wenn sie da einen Kurs am Bildungszentrum anbieten würden, was wäre das? #00:39:29-4#
Hans Jürgen Prömel: Oh, da müsste ich jetzt mich mit ihnen unterhalten, was überhaupt da nachgefragt werden könnte. #00:39:34-5#
Tobias Wildner: Also, wenn sie frei wählen könnten, wir geben ihnen eine, eine Karte Blanche, und sie können können sich ein Kursthema auswählen. #00:39:41-2#
Hans Jürgen Prömel: Ich kann natürlich über das Deutsche Bildungssystem sehr viel erzählen, weil ich sehr viele Erfahrungen habe im deutschen, gerade im universitären Bildungssystem. Ich könnte noch aus meiner früheren Zeit etwas über Mathematik und Anwendung der Mathematik erzählen. Also so ein bisschen schlägt ja auch noch das Herz des Wissenschaftlers in mir, obwohl ich fast 20 Jahre aus der Wissenschaft raus bin. Also da kann ich mir verschiedene Dinge vorstellen. #00:40:05-9#
Tobias Wildner: Sie sind ja von Haus aus Mathematiker. Wirtschaftswissenschaften haben sie auch studiert, hatten auch mal eine Professur für diskrete Mathematik, schöner Name, in Los Angeles und Bonn, und sind dann so in die Leitung von von Hochschulen, ins Hochschulmanagement, reingekommen. Sie hatten es am Anfang schon angesprochen, 2000 ging das meines Wissens los in Berlin als Vizepräsident für Forschung, ab 2007 dann in Darmstadt an der TU. Was war so der Punkt, wo sie gesagt haben, ich gehe vom fachlichen Weg, und ich interessiere mich jetzt eher für für das Leiten von Hochschulen, für Hochschulmanagement? #00:40:43-9#
Hans Jürgen Prömel: Also, das ist ein Karriereschritt, den ich nie gehen wollte. Und das hat einen einen sehr banalen Grund gehabt. Ich war, ich bin an die Humboldt Universität gegangen und bin dann relativ schnell Dekan der Informatik geworden, und dann ist uns der Präsident der Humboldt Universität, sozusagen ist nicht wiedergewählt worden, und es hat eine Findungskommission gegeben, die einen neuen Präsidenten suchen musste. Und als Dekan ist man ja, man hat, man hat mich gefragt, ob ich da mitmache, und dann bin ich in diese Findungskommission gegangen, und wir hatten fünf Kandidaten. Und jeder, jedem der Findungskommission wurde ein Kandidat zugeteilt, um die Universität, die zu zeigen und ihn bekannt zu machen, und am Ende hatte ich das Glück oder das Pech, dass der Kandidat, der mir zugeteilt war, Präsident wurde. Und dann hat er mir gesagt, dass er das ganz toll findet, wenn ich, weil er mich kannte, und wir einen guten Kontakt aufgebaut hatten, wenn ich Vizepräsident würde. Dann hatte ich eine Sonderrolle, weil ich wollte nicht Vizepräsident werden. Ich hatte einen klaren Plan, was ich in der Wissenschaft tun wollte, und dann hat er mir eine Sonderrolle zugestanden. Alle anderen Vizepräsidenten sind für fünf Jahre gewählt worden. Ich bin nur für drei Jahre gewählt worden, und ich habe gesagt, dann helfe ich ihm, ich mach das drei Jahre, und dann gehe ich aber wieder in die Wissenschaft. Das ist dann so ein Rutsch-Effekt. Dann fängt man an, Dinge zu tun, man setzt Projekte auf, die in drei Jahren nicht fertig werden, und dann habe ich eine zweite Wahlamtszeit gemacht, und dann gab es einen neuen Präsidenten, der mich unbedingt als Vizepräsident behalten wollte. Dann habe ich dann noch eine dritte Amtszeit, bin ich angefangen und hatte aber gesagt, nach spätestens sieben Jahren steige ich aus, und dann kam die Gelegenheit, dass ich in Darmstadt zum Präsidenten gewählt wurde, und dann... also, das war so eine schiefe Ebene. Ich bin Schritt für Schritt reingerutscht. Ich wollte das nie. #00:42:44-9#
Tobias Wildner: Rutscht man in so einen Gründungspräsidenten auch rein, oder ist das dann doch ein bisschen gezielter? #00:42:48-6#
Hans Jürgen Prömel: Nein, das war das war gar nicht gezielt. Ich bin ja dann nach zwölf Jahren in Darmstadt, war ich 66, bin regulär in Pension gegangen. Und irgendwann ereilte mich ein Anruf und die Frage, ob ich mir nicht noch vorstellen könnte, noch mal was neues zu machen. Das war derart spannend, dass ich mir das vorstellen konnte. Aber das hatte ich eingangs ja schon erzählt, dass ich sehe, nach langjähriger Erfahrung in Leitungsfunktionen, was man anders machen sollte, um eine moderne Universität aufzubauen. Hier hat man wirklich die Chance, das zu tun! #00:43:21-3#
Tobias Wildner: Die haben Sie dann auch wirklich beim Schopfe ergriffen! #00:43:23-4#
Hans Jürgen Prömel: Es ist eine fantastische Gelegenheit, also nicht nur für mich, sondern für das Universitätssystem, für dein Freistatt Bayern, für die Regierung, Nürnberg. #00:43:30-2#
Tobias Wildner: Sie waren ja auch international viel unterwegs, auch in Asien, USA. Wenn sie jetzt die Wahl hätten, eine Uni aufzubauen an einem beliebigen Ort in der Welt, würden sie das wieder in Deutschland machen, oder gäbe es noch ein anderes Land, wo sie sagen, ach, das wäre noch mal ein bisschen spannender? #00:43:47-0#
Hans Jürgen Prömel: Aber natürlich würde ich sie in Deutschland machen. #00:43:48-9#
Tobias Wildner: Hier müssen sie es sagen! #00:43:49-7#
Hans Jürgen Prömel: Nein, aber hier bin ich sozialisiert. Das deutsche Unversitätsystem ist anders als andere. Es ist an einigen stellen verbesserungsbedürftig, aber da arbeiten wir ja gerade dran. Aber sobald sie in ein, also wenn ich sie haben jetzt gerade USA und China genannt, und ich sage einfach mal zu den beiden Ländern etwas. In China hat man ein sehr dirigistisches Land. Ich war im Hochschulrat der Tongji Universität. Ich kenne China sehr gut. Ich war 20 mal, größenmäßig zwanzigmal in China, kenne etliche Universitäten. Das ist auch, das Unversitätsystem ist politisch stark beeinflusst. Also der Polit-Kommissar der Universität ist mächtiger als der Präsident. Der Präsident hat das zu tun, was der sagt, so. Das ist etwas, was ich mir überhaupt nicht vorstellen kann. So also, das ist, ich habe nur ein negatives Element rausgenommen. Wenn ich in die USA gucke. Ich kenne einige Universitäten in den USA sehr gut. Ich war mal ein Assistant-Professor an der UCLA. Das ist eine Universität, was auf Studiengebühren basiert, also ein ganz anderes System mit teilweise extrem hohen Studiengebühren. Die Studierenden gehen verschuldet aus der Universität raus, wenn sie kein reiches Elternhaus haben. Es ist ein ganz anderes System, das kann man wollen oder nicht wollen, aber von daher funktioniert unser System anders. Ich finde unser System sehr sympathisch. Ich finde, Investitionen in Bildung, da muss der Staat dann natürlich zu stehen, die Universitäten zu haben. Finde ich eine fantastische Investition in die Zukunft der eigenen Bürgerinnen und Bürger. Aber es hat ja auch die Chance, Menschen in dieses Land zu bringen, die dann hier ausgebildet werden, und dann müssen wir gemeinsam gucken, dass ein Teil dieser Menschen hier bleibt. Weil wir haben nicht das Geschäftsmodell der amerikanischen und auch der britischen Universitäten, die Leute ins Land zu holen, Studiengebühren zu kassieren und sie dann nach Hause zu schicken. Wenn wir sie ins Land holen und hier, dann müssen wir sie gesellschaftlich integrieren, und sie müssen zumindestens in Teilen hier dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen oder aber als Botschafter für Deutsche Firmen dann in ihr Heimatland zurückzugehen. Also, es ist ein anderes Geschäftsmodell, das kann aber gut funktionieren und da haben wir eine Tradition und eine Erfahrung drin. #00:45:55-3#
Tobias Wildner: Sie sind ja jetzt nicht aus der Region hier. Haben sie schon einen Lieblingsplatz in Nürnberg? #00:46:03-5#
Hans Jürgen Prömel: Da ich nicht aus der Region bin und die erste Zeit ja ein bisschen gehandicapt war durch durch die Pandemie, man konnte sich ja kaum was angucken, kenne ich nur die Haupt touristischen Orte, die ich aber sehr spannend finde. Also die Nürnberger Burg, finde ich sehr spannend, und das germanische Nationalmuseum, da war ich schon mehrmals, finde ich wirklich hervorragend. Und ansonsten ein Kleinod, was mir sehr gefallen hat, wo ich auch schon zweimal war, ist der Friedhof, Sankt Johannes heißt der glaube ich, wo die alten, wo Dürer beispielsweise liegt, da lernt man die Stadtgeschichte kennen, indem man über einen Friedhof geht. Das habe ich noch in keiner anderen Stadt so erlebt. Das fand ich ungeheuer spannend. Also ich hoffe, dass ich jetzt im nächsten Sommer ein bisschen mehr dann auch von der Umgebung kennenlerne. #00:46:45-0#
Tobias Wildner: Mhm, ja, herzlichen Dank, Herr Prömel für diesen, für dieses Gespräch, für diese Einblicke in die Neugründung, der TU Nürnberg und alles, was noch kommt. Wir wünschen natürlich jetzt erstmal auch spannende kommende Zeiten. Viel Erfolg bei dem, was sie sich vorgenommen haben, sind ganz gespannt, wenn dann das neue Gebäude oder die neuen Gebäude stehen, in Lichtenreuth. Wir werden das natürlich auch ein bisschen verfolgen, und sollten sie irgendwann in Rente gehen und dann noch Zeit haben und Lust haben auf einen Mathekurs, dann dürfen sie sich natürlich jederzeit gerne beim Bildungszentrum auch mal melden. #00:47:14-5#
Hans Jürgen Prömel: Vielleicht komme ich darauf zurück. Ich danke ganz herzlich für das Interview. #00:47:17-3#
Tobias Wildner: Danke Ihnen! #00:47:20-9#
Dieses Projekt/Diese Maßnahme/Initiative leistet einen wichtigen Beitrag, Nürnberg schrittweise inklusiver zu gestalten. Es/Sie ist Teil des Nürnberger Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Den Ersten Aktionsplan hat der Nürnberger Stadtrat im Dezember 2021 einstimmig beschlossen. Um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in Nürnberg zu verwirklichen, wurden und werden umfangreiche Maßnahmen entwickelt und umgesetzt. Weitere Informationen finden Sie unter www.inklusion.nuernberg.de.


Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel und Prof. Dr. Isa Jahnke über den Aufbau der neuen Technischen Universität Nürnberg (UTN) und die Frage, wie zeitgemäßes Lernen aussehen kann.
Es passiert Unglaubliches in Nürnberg: eine neue Universität wird von null auf gegründet und aufgebaut. Die Technische Universität Nürnberg soll in einigen Jahren Platz für bis zu 6.000 Studierende und 240 Professuren bieten. Das Milliardenprojekt lässt nebenbei in Lichtenreuth ein neues Quartier entstehen, das neben dem Campus der Uni auch Wohnungen und Gewerbe beherbergen wird. Gründungspräsident und damit oberster Chefstratege ist der Mathematiker und Hochschulmanager Jürgen Prömel. Nach langjähriger Leitung verschiedener deutscher Universitäten wollte er sich eigentlich schon in den Ruhestand verabschieden – bis ein Anruf aus Nürnberg mit einem allzu verlockenden Angebot kam. Im Gespräch berichtet er davon, wie sich die neue Universität in die Metropolregion einfügen wird, warum sie anders sein soll als bestehende Universitäten und wie es dazu kommt, dass der erste Studiengang ein geisteswissenschaftlicher sein wird. Unter anderem für das Lehren und Lernen an der UTN zuständig ist Vizepräsidentin Isa Jahnke. Sie erklärt, warum es an der UTN nur noch einen einzigen Hörsaal geben wird und wie digitale und analoge Lernformen ganz natürlich in der Lehre zusammenwirken.
- Die UTN im Aufbau: ab Min. 0’
- Die UTN im Kontext der Metropolregion Nürnberg und darüber hinaus: ab Min. 17’30
- Lehren und Lernen an der UTN: ab Min. 25’15
- Die Person Hans Jürgen Prömel: ab Min. 38’20
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Aufgenommen am: Donnerstag, 12. Januar 2023
Veröffentlicht am: Donnerstag, 26. Januar 2023
Moderation: Tobias Wildner
Im Gespräch: Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel und Prof. Dr. Isa Jahnke
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Alle weiteren Folgen von KontaktAufnahme – der Podcast des Bildungszentrums Nürnberg finden Sie hier. Wir sind mindestens jeden zweiten Donnerstag mit einer neuen Folge online, manchmal öfters.
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